98.051. Rapport du Conseil fédéral sur les relations entre la Suisse et l'Organisation des Nations Unies (ONU) établi en réponse au postulat n° 97.3320, déposé le 18.6.1997 par le Conseiller national Andreas Gross
98.051. Rapporto del Consiglio federale sulle relazioni tra la Svizzera e l'Organizzazione delle Nationi Unite (ONU) in risposta al postulato n. 97.3320 del 18.6.1997 del Consigliere nazionale Andreas Gross
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Die Schweiz und die Konstruktion des Multilateralismus, Bd. 3. Diplomatische Dokumente der Schweiz zur Geschichte der UNO 1942–2002, vol. 15, doc. 46
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern |
Old classification | CH-BAR FF, 1998 V, pp. 4606-4672 |
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern |
Old classification | CH-BAR FF, 1998 IV, pp. 4163-4229 |
dodis.ch/60381Bericht des Bundesrats1
Verhältnis zwischen der Schweiz und der Organisation der Vereinten Nationen (UNO)
[...]2
Im «Bericht des Bundesrates über die Aussenpolitik der Schweiz in den 90er-Jahren» vom 29. November 19933 wurden fünf Kernbereiche genannt, denen im Lichte der Globalisierung bei der aussenpolitischen Interessenswahrung besondere Bedeutung zukommt und auf die in der Aussenpolitik spezielles Gewicht gelegt wird:
– Wahrung und Förderung von Sicherheit und Frieden;
– Förderung von Menschenrechten, Demokratie und Rechtsstaat;
– Förderung der Wohlfahrt;
– Abbau sozialer Gegensätze;
– Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen.4
Die im aussenpolitischen Bericht des Bundesrats genannten Ziele sind dieselben, die auch schon in der UNO-Charta erwähnt sind. Die Ausführungen im Kapitel 2 haben die Bemühungen der UNO aufgezeigt, um diese Ziele zu erreichen.5
Im aussenpolitischen Bericht wurde auch festgestellt, dass
«... Unabhängigkeit, verstanden als möglichst hoher Grad der Selbstbestimmung der eigenen Zukunft, am Ende des 20. Jahrhunderts enge internationale Zusammenarbeit und umfassende Mitwirkung in internationalen und supranationalen Organisationen bedeutet.»6
Zunehmende Notwendigkeit multilateraler Zusammenarbeit
Nutzung und Ausbau des multilateralen Engagements der Schweiz ist heute ein Gebot der Zeit. Die internationale Vernetzung verunmöglicht es zunehmend, dass ein Staat die von ihm gesteckten Ziele im Alleingang erreichen kann. Dies gilt sowohl für den wirtschaftlichen Bereich als auch immer mehr für Fragen von Frieden und Sicherheit. Schon im «Bericht 90 über die Sicherheitspolitik der Schweiz»7 vom 1. Oktober 1990 hat der Bundesrat festgehalten, dass der Beitrag der Schweiz zur internationalen Stabilität ein grundlegendes Ziel unserer Sicherheitspolitik ist.
Mit dem 1992 vollzogenen Beitritt zu den Bretton Woods-Institutionen hat die Schweiz eine wichtige Lücke in der globalen Wirtschafts- und Finanzzusammenarbeit geschlossen.8 Zwar war die Schweiz schon seit 1948 Mitglied des GATT gewesen,9 der Beitritt zur neu geschaffenen Nachfolgeorganisation WTO10 hat aber ein merklich ausgeweitetes Instrumentarium für die globale Handelspolitik gebracht.
Friedenspolitisches Engagement
Daneben hat sich der Bundesrat international in den letzten Jahren vermehrt im Bereich der Friedenssicherung im weitesten Sinne engagiert:
– Seit 1990 beteiligt sich die Schweiz autonom an den von der UNO beschlossenen Wirtschaftssanktionen.11
– Ihr personelles und finanzielles Engagement hat sie im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten ausgebaut.12
– Sowohl für die UNPROFOR als auch für die IFOR/SFOR-Operation in Bosnien-Herzegowina hat der Bundesrat Überflugsrechte gewährt.13
– Mit der Übernahme des OSZE-Vorsitzes im Jahre 199614 hat sich bestätigt, dass der multilaterale Rahmen heute ein privilegiertes Forum ist, um im Bereich von Frieden und Sicherheit tätig zu werden. Die Schweiz hat sich im OSZE-Rahmen mit der Entsendung von unbewaffneten «Gelbmützen» an der Friedenssicherung in Ex-Jugoslawien beteiligt.15
– Einen weiteren Schritt der Öffnung vollzog der Bundesrat mit der Teilnahme an der «Partnerschaft für den Frieden» und am Euro-Atlantischen Partnerschaftsrat.16
– Im Juni 1996 ist die Schweiz als Vollmitglied in die Genfer Abrüstungskonferenz aufgenommen worden.17
– Mit der Gründung des «Zentrums für Sicherheitspolitik»18 und des «Zentrums für humanitäre Entminung»19 in Genf hat der Bundesrat weitere Beiträge zur Förderung der internationalen Stabilität geleistet.
Im Folgenden soll dargestellt werden, inwiefern die Schweiz im Rahmen der UNO ihre eigenen Ziele zu verwirklichen und so ihre Interessen in den verschiedenen Bereichen wahrzunehmen sucht.
Die Beteiligung an friedenserhaltenden Massnahmen, darunter auch an Bemühungen im Bereich Konfliktprävention und -bewältigung im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit, die Unterstützung multilateraler Abrüstungsbemühungen, die Mitarbeit im Kampf gegen die Verbreitung von ABC-Waffen, das Anbieten «Guter Dienste», die Mitwirkung an der Stärkung der internationalen Rechtsordnung und eine zurückhaltende Waffenexportpolitik gehören zu den wichtigsten Mitteln des schweizerischen Engagements für Frieden und Sicherheit. Verschiedene dieser Instrumente könnten mit einem Beitritt zur UNO wirksamer eingesetzt werden, was sich schon aus der Tatsache ergibt, dass die Schweiz bereits heute in einzelnen dieser Bereiche eng mit der UNO zusammenarbeitet.
Langjährige Zusammenarbeit
Das schweizerische Engagement für friedenserhaltende Operationen der UNO hat Tradition. Es begann 1953 mit der Teilnahme an der Waffenstillstandskommission in Korea20 und wurde bis in die Achtzigerjahre weitergeführt mit Beiträgen an Einsätze in Ägypten,21 im Kongo,22 im Mittleren Osten23 und in Zypern.24 In den vergangenen Jahren stellte die Schweiz folgendes ziviles Personal oder unbewaffnete Militärpersonen zur Verfügung:
– Eine Sanitätseinheit von 150 Personen von 1989–1990 im Rahmen der GANUPT in Namibia;25
– eine Sanitätseinheit von 80 Personen von 1991–1994 im Rahmen der MINURSO in der Westsahara;26
– Beobachterkontingente im Rahmen der internationalen Wahlbeobachtungen27 (mit einem besonders grossen Kontingent 1994 in Südafrika);28
– Militärbeobachter29 und Zivilpolizeibeobachter (seit 1993)30 sowie zivile Experten für Feldmissionen oder am Sitz der UNO;
– Brigadier Peter Arbenz als Generalinspektor der UNPROFOR 1994.31
Ausserdem stellte die Schweiz ein Ambulanzflugzeug der schweizerischen Rettungsflugwacht für verschiedene friedenserhaltende Operationen seit 198832 und ein Flugzeug vom Typ Fokker F-27 für die UNOMIG zur Verfügung.33
[...]34
Das System der kollektiven Sicherheit mit Zwangsmassnahmen gegen Friedensstörer wirft die Frage auf, ob unsere dauernde Neutralität eine Mitgliedschaft in der UNO zuliesse. Ausschlaggebend ist dabei die Verträglichkeit des UNO-Sanktionssystems mit der Neutralität.35
Das Neutralitätsrecht gibt auf diese Frage nur noch beschränkt eine Antwort. Da es auf den klassischen zwischenstaatlichen Konfliktfall zugeschnitten ist, hilft es bei neuen Formen von Gewalt (Minderheitenkonflikte, massive Menschenrechtsverletzungen, Befreiungskriege), gegen welche die UNO teilweise mit Zwang vorgeht, oft nicht weiter. Gerade die jüngsten weltpolitischen Entwicklungen zeigen aber auf, dass die Neutralität dann als taugliches Hilfsmittel für die schweizerische Aussenpolitik dienen kann, wenn sich deren Konzept als anpassungsfähig für die gegenwärtigen und zukünftigen Herausforderungen erweist.
Zur Zeit des Kalten Krieges hat das Sanktionssystem der Charta selten funktioniert. Seither hat sich die weltpolitische Lage, wie aufgezeigt, verändert. Stellenwert, Legitimität und Rechtsdurchsetzungsanspruch der UNO haben sich deutlich erhöht. So konnte 1990 in der Kuwait-Krise gegen Irak wegen flagranter Verletzung des völkerrechtlichen Aggressionsverbotes ein umfassendes Wirtschaftsembargo beschlossen36 und die Grundlage für ein militärisches Eingreifen37 gelegt werden.
Autonomer Sanktionsvollzug
Die Schweiz hat diese Wirtschaftsmassnahmen freiwillig und aus eigenem Antrieb mitgetragen.38 Dieser Entscheid legte den Grundstein für die Praxis, die vom Sicherheitsrat beschlossenen Massnahmen zur Friedenserhaltung und -durchsetzung autonom mitzuvollziehen. Es sei an dieser Stelle auf Anhang 5 verwiesen.39 Dieser gibt zur besseren Synopse in tabellarischer Form einen Überblick über die wichtigsten Wirtschaftssanktionen der UNO seit 1945 mit Angaben über das betroffene Land, die Dauer, die Art und Wirksamkeit der Sanktion und die Beteiligung der Schweiz. Der Bundesrat ist sich in diesem Zusammenhang durchaus bewusst, dass Wirtschaftssanktionen in den betroffenen Ländern zahlreiche Menschen in Not und Elend stürzen. Verstärkte humanitäre Hilfe soll diese Sanktionsauswirkungen für die in Mitleidenschaft gezogene Bevölkerung lindern.
In seinem Neutralitätsbericht vom 29. November 1993,40 in dem der Bundesrat eine angepasste Gewichtung seiner Neutralitätspolitik vornimmt, trägt er diesen Veränderungen Rechnung:
– Er kommt unter Abstützung auf die vorherrschende Völkerrechtslehre zum Schluss, dass eine Teilnahme der Schweiz an Sanktionen der UNO selbst als Nicht-Mitglied im Einklang mit der Neutralität stehe, sofern die Sanktionen von der Staatengemeinschaft weitgehend geschlossen angewandt bzw. durchgesetzt werden.
– Sanktionen sind kein kriegerischer Akt, sondern bilden vielmehr ein legitimes Mittel gegen einen Rechtsbrecher, um den völkerrechtskonformen Zustand wiederherzustellen.
– Die Neutralität ist ein Mittel, um die politischen Ziele Unabhängigkeit, Frieden und Sicherheit zu erreichen. Sie kann daher nicht im Gegensatz stehen zu Sanktionen, die einzig Frieden und Sicherheit zum Ziel haben.41
Neutralität und UNO-Mitgliedschaft
Als UNO-Mitglied wäre die Schweiz verpflichtet, die vom Sicherheitsrat beschlossenen Sanktionen (militärische Zwangsmassnahmen und nichtmilitärische Sanktionen) wie folgt mitzutragen:42
– Militärische Zwangsmassnahmen: An rein militärischen Zwangsmassnahmen gemäss UNO-Charta Art. 42 unter der UNO-Fahne (Beispiel: Korea) würde und müsste sich die Schweiz mangels des in Art. 43 der Charta dafür vorgesehenen Sonderabkommens mit dem Sicherheitsrat nicht beteiligen. Dasselbe gilt für Einsätze, wo eine «Koalition der Willigen» zu militärischen Aktionen unter nationalen Fahnen (Beispiel: Irak) ermächtigt wird. Die genannten zwei Arten von Einsätzen wurden finanziell bisher von den direkt beteiligten Ländern selber getragen. Was den finanziellen Beitrag der Schweiz angeht, so müsste sie über ihren Pflichtbeitrag andere (bewaffnete) Einsätze gemäss Kapitel VII der Charta unterstützen, die beispielsweise zum Ziel haben, Demokratie wiederherzustellen oder humanitäre Hilfe zu schützen (Haiti, Somalia, UNPROFOR/Bosnien-Herzegowina).
– Wirtschaftssanktionen: Die Schweiz könnte ihre Beteiligung nicht mehr einfach von der identischen Haltung der grossen Mehrheit der Staaten abhängig machen, sondern müsste die Sanktionen nach Artikel 41 der Charta automatisch und als Pflicht mitvollziehen und alle dazu nötigen Massnahmen ergreifen. Zusammensetzung und Beschlussverfahren des Sicherheitsrates gewähren in der Praxis, dass jede zu Stande gekommene Zwangsmassnahme den Willen der grossen Mehrheit der Staaten reflektiert.
Willen der Staatengemeinschaft
Zuständig für die Wahrung des Weltfriedens ist der Sicherheitsrat. Dessen Entscheidungsmechanismen, verbunden mit seiner politischen und geographischen Zusammensetzung, gewährleisten, dass die Resolutionen dem Willen der Staatengemeinschaft entsprechen. Sollten die im Rahmen der UNO-Reform geführten Diskussionen zu einer geographisch und politisch ausgewogenen Erhöhung der Mitgliederzahl des Sicherheitsrates führen, würde die Repräsentativität der Entscheide noch verbessert. Bei einem Auseinanderbrechen der nun seit bald zehn Jahren andauernden Konsensfähigkeit des Rates jedoch kämen infolge Vetos oder mangelnder Mehrheiten ohnehin keine zwingenden Beschlüsse zu Stande.
Die UNO-Mitgliedschaft ist mit unserer Neutralität vereinbar. Weder bedingt eine UNO-Mitgliedschaft die Aufgabe unserer Neutralität noch bilden unsere Neutralitätspflichten ein Hindernis für diese.
Anerkannte Neutralität
Andere neutrale Länder spielten bzw. spielen eine überaus aktive und geschätzte und in den Friedensbemühungen erfolgreiche Rolle in der UNO. Daraus darf geschlossen werden, dass die Neutralität anerkannt ist und kein Hindernis für ein starkes Engagement darstellt. Offizielle UNO-Positionen zum Stellenwert der Neutralität eines Mitglieds gab es bis 1995 nicht. Damals anerkannte und unterstützte die Generalversammlung im Konsens die ständige Neutralität des UNO-Mitglieds Turkmenistan ausdrücklich und empfahl den Mitgliedern deren Achtung.43 Sie betonte auch, dass die Neutralität einen Beitrag zur erhöhten Sicherheit im regionalen Kontext darstelle. Erstmals liegt damit eine formelle Stellungnahme vor, die ganz im Gegensatz steht zur Skepsis der UNO-Gründer, welche damals keinen Neutralitätsvorbehalt der Schweiz akzeptierten. Die Resolution zeigt:
– Ein ständig neutrales Land hat seinen Platz in der UNO.
– Die Neutralität geniesst seitens der Organisation und seitens der Mitglieder oppositionslos Anerkennung und Achtung.
Aufgrund der im Postulat Gross44 gestellten Fragen wollte der vorliegende Bericht aufzeigen, wie und wo die Schweiz sich als Nicht-Mitglied aktiv an der Tätigkeit der UNO beteiligt. Diese Mitwirkung hat sich im Rahmen der Globalisierung, der Verschärfung grenzüberschreitender Probleme und der Auflösung der politischen bipolaren Weltordnung in den vergangenen zehn Jahren in umfassender und substantieller Weise verstärkt. Dies gründet in der Tatsache, dass die Ziele und Schwerpunkte der UNO und diejenigen unseres Landes in vielen Belangen deckungsgleich sind. Die Hauptaktivitätsgebiete sind in der Tat dieselben: Einsatz für Frieden und Sicherheit, Einsatz für die Menschenrechte, Förderung der Wohlfahrt, Abbau sozialer Gegensätze sowie Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen.
Die Umwälzungen und Herausforderungen der vergangenen zehn Jahre haben die multilaterale Zusammenarbeit immer wichtiger werden lassen. Die Probleme wirken sich heute weltweit aus und können nur in einer ausgeweiteten und verfeinerten Kooperation über die Grenzen hinweg gelöst werden. In diesem Rahmen kommt der UNO eine grosse Bedeutung zu. Da die Probleme eher zunehmen, wird diese Bedeutung in Zukunft noch wachsen, was für die Organisation eine grosse Herausforderung darstellt und ihr bedeutende Leistungen abverlangt. Die UNO ist einer der Orte, wo die Schweiz ihre aussenpolitischen Ziele und Interessen effektiver verfolgen könnte. Nur eine umfassende internationale Mitwirkung und Mitgestaltung stellen den Erfolg dieser Bemühungen sicher.
Pflichten ohne Rechte
Mit dem neutralitätsrechtlich unbedenklichen Nachvollzug der Sanktionen, den freiwilligen Beiträgen an die friedenserhaltenden Operationen, den übrigen namhaften Beiträgen an UNO-Organe und dem aktiven Engagement auf allen im Bericht beschriebenen Gebieten übernimmt die Schweiz die meisten Pflichten eines Mitgliedes. Sie verzichtet aber gleichzeitig auf die wichtigsten Rechte der Mitglieder (Stimm- und Wahlrecht in der Generalversammlung) und begibt sich der Möglichkeit, ihre Interessen optimal zu vertreten.
Mit der Mitgliedschaft könnte die Schweiz diese Lücke schliessen, was anderseits bedeutete:
– die rechtliche Verpflichtung, Beschlüsse des Sicherheitsrates basierend auf Kapitel VII der Charta umzusetzen;
– ein politisches Engagement zur Umsetzung der Beschlüsse und Empfehlungen der verschiedenen UNO-Hauptorgane.
Unverändert blieben die geltenden Verpflichtungen aus den von der Schweiz bereits ratifizierten UNO-Konventionen.
Unberührte Hoheitsrechte
Die staatliche Souveränität bleibt bei einem Beitritt unangetastet, da die UNO keine supranationale Organisation ist. Die zentralen Elemente der aussenpolitischen Gestaltung bleiben jedem UNO-Mitglied voll erhalten, während sich gleichzeitig mannigfaltige Möglichkeiten und Chancen der Zusammenarbeit ergeben. Durch eine Mitgliedschaft nicht berührt würden insbesondere:
– die Allianzfreiheit und die Neutralität;
– die Freiheit der Gestaltung des friedenspolitischen Engagements und die Freiheit, selbst über die personelle Beteiligung an Blauhelmeinsätzen45 gemäss der schweizerischen Rechtsordnung zu entscheiden;
– die Freiheit der Gestaltung des Engagements in den verschiedenen Politikbereichen, namentlich der Wirtschafts-, Entwicklungs- und Umweltpolitik sowie in der humanitären Hilfe.
[...]46
Weiteres Vorgehen
Für den weiteren Verlauf ist festzuhalten, dass der Bundesrat mit der Annahme der Motion von Nationalrat Remo Gysin vom 5. Juni 1997 (97.3269),47 welche ohne Fristansetzung Beitrittsvorbereitungen anregt, zum Ausdruck bringen wollte, dass er nun die Zeit für reif hält, um auf dem Weg zum Ziel des UNO-Beitritts zügig voranzukommen. Mit dem vorliegenden Bericht will der Bundesrat die wiederbelebte Diskussion über den UNO-Beitritt unterstützen. Den Bericht versteht er als ersten Schritt im Rahmen der Beitrittsvorbereitungen.
In den vergangenen Jahren haben sich die Prämissen tatsächlich derart geändert, dass heute der Vorbereitungsprozess in Angriff genommen werden kann:
Das Ziel des UNO-Beitritts ist nicht abhängig vom primären aussenpolitischen Ziel des Bundesrates, der Neuregelung der Beziehungen der Schweiz zur EU. Welcher Weg auch immer zur Konsolidierung der europäischen Stellung der Schweiz gewählt wird, keine der zur Zeit im Vordergrund stehenden Optionen wird von der Frage des UNO-Beitritts beeinflusst: Dieser kann eigenständig an die Hand genommen werden; denn zwischen den beiden strategischen Zielen des EU- und des UNO-Beitritts besteht weder direkt noch indirekt eine Verbindung und sie können nicht miteinander vermengt werden, wiewohl beide, je für sich betrachtet, dasselbe bedeuten: die stärkere Beteiligung und Mitsprache auf der internationalen Ebene.
Der Bundesrat hat davon Kenntnis genommen, dass im September 1998 eine Volksinitiative für den UNO-Beitritt lanciert werden soll.48 Sie strebt damit das gleiche Ziel an wie der Bundesrat. Es ist zu hoffen, dass diese Volksinitiative zu einer breit abgestützten Diskussion führt.
Der Bundesrat hält fest, dass er das strategische Ziel der Mitgliedschaft in der Organisation der Vereinten Nationen zum politisch frühestmöglichen Zeitpunkt erreichen möchte.
[...]49
- 1
- BBl, 1998, V, S. 5242–5307. Dieser Bericht des Bundesrats wurde von der Sektion UNO, IO der Politischen Abteilung III der Politischen Direktion des EDA unter Mitarbeit verschiedener Dienststellen verfasst. Für eine vollständige Liste der beteiligten Stellen vgl. die Verteilerliste des Schreibens der Sektion UNO, IO vom 8. Dezember 1997 im Dossier CH-BAR#E2010B#2007/183#254* (O.818.11-1). Am 16. April 1998 wurde ein erster Entwurf des Berichts zur Ämterkonsultation an die beteiligten Stellen übermittelt. Für eine Zusammenfassung der Ergebnisse der Ämterkonsultation vom 22. Mai 1998 vgl. dodis.ch/62448. Nach Abschluss des Mitberichtsverfahrens und auf Antrag des EDA vom 9. Juni 1998 wurde der Bericht am 1. Juli 1998 vom Bundesrat gutgeheissen. Mit dem Bericht erfüllte der Bundesrat gleichzeitig den Auftrag des Postulats 97.3320 Verhältnis zwischen der Schweiz und der Uno von Nationalrat Andreas Gross vom 18. Juni 1997, dodis.ch/62881, welches vom Nationalrat am 9. Juni 1998 überwiesen wurde, vgl. dodis.ch/62393. Der Bericht über das Verhältnis zwischen der Schweiz und den Vereinten Nationen wurde am 8. Oktober 1998 im Ständerat und am 10. März 1999 im Nationalrat angenommen, vgl. dodis.ch/62447 bzw. Amtl. Bull. NR, 1999, I, S. 272–276.↩
- 2
- Für das vollständige Dokument vgl. das Faksimile dodis.ch/60381.↩
- 3
- Anmerkung im Original: BBl 1994 I 153 ff. An dieser Stelle sei auch auf das «Leitbild Nord–Süd» hingewiesen, in welchem die strategischen Ziele der schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit und konkrete Massnahmen in der Ausgestaltung der Beziehungen der Schweiz zu den Ländern des Südens beschrieben werden. Für den Bericht über die Aussenpolitik der Schweiz in den 1990er Jahren vom 29. November 1993 vgl. QdD 15, Dok. 44, dodis.ch/54677. Für das Leitbild Nord–Süd. Bericht des Bundesrates über die Nord-Süd-Beziehungen der Schweiz in den 90er Jahren von 1994 vgl. dodis.ch/60115. ↩
- 4
- Vgl. dodis.ch/54677, S. 158.↩
- 5
- Vgl. das Faksimile dodis.ch/60381, S. 5246–5255.↩
- 6
- Vgl. dodis.ch/54677, S. 160.↩
- 7
- Anmerkung im Original: BBl 1990 III 847ff. Für den Bericht vgl. dodis.ch/56097.↩
- 8
- Vgl. dazu die thematische Zusammenstellung Beitritt der Schweiz zu den Bretton-Woods-Institutionen (1989–1993), dodis.ch/T1721. Die Beitrittsabkommen wurden am 29. Mai 1992 vom Vorsteher des EFD, Bundesrat Otto Stich, in Washington unterzeichnet, vgl. das BR-Prot. Nr. 979 vom 20. Mai 1992, dodis.ch/60632.↩
- 9
- Tatsächlich war die Schweiz erst seit 1958 provisorisches Mitglied des GATT, vgl. die Deklaration über den provisorischen Beitritt der Schweizerischen Eidgenossenschaft zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (GATT) vom 22. November 1958, AS, 1959, S. 1741–1744. Vgl. ferner die BR-Prot. Nr. 2074 vom 3. Dezember 1956, dodis.ch/11275 und Nr. 107 vom 16. Januar 1962, dodis.ch/30449. 1966 hiess der Bundesrat die Botschaft über den Beitritt der Schweiz zum GATT als Vollmitglied gut, vgl. das BR-Prot. Nr. 938 vom 10. Mai 1966, dodis.ch/32079 sowie die Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über den Beitritt der Schweiz zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (GATT) vom 10. Mai 1966, dodis.ch/32970.↩
- 10
- Anmerkung im Original: Die WTO gehört formell nicht zum UNO-System, hat mit diesem aber durch ihre Zusammenarbeit mit der UNCTAD Berührungspunkte. Die Generalversammlung der UNO thematisiert diese Zusammenarbeit regelmässig. Die Gründung der WTO (früher MTO) wurde während der Uruguay-Runde des GATT verhandelt, vgl. dazu die thematische Zusammenstellung Uruguay-Runde (1986–1994), dodis.ch/T1419. Spezifisch zum Beitritt der Schweiz zur WTO vgl. die Zusammenstellung dodis.ch/C2244.↩
- 11
- Zur Übernahme der umfassenden Wirtschaftssanktionen der UNO gegen den Irak und Kuwait im Zuge der Golfkrise vgl. die Zusammenstellung dodis.ch/C1674 sowie QdD 15, Dok. 40, dodis.ch/54497 und Dok. 41, dodis.ch/56503.↩
- 12
- Zum Grundsatzentscheid bezüglich Ausbau der Beteiligung an den friedenserhaltenden Operationen der UNO vgl. das BR-Prot. Nr. 486 vom 14. März 1988 und das Konzept des EDA und des EMD vom 22. Februar 1988, QdD 15, Dok. 39, dodis.ch/57163 sowie die thematischen Zusammenstellungen Beteiligung an den Friedenstruppen der Vereinten Nationen (Blauhelme), dodis.ch/T2038 und Militärische Beobachtungsmissionen, dodis.ch/T2280.↩
- 13
- Der Bundesrat erteilte mehrmals Überflugsrechte für Aufklärungsflugzeuge Grossbritanniens und der NATO, welche die friedenssichernden Aktivitäten des UNPROFOR und nach Abschluss des Friedensvertrags von Dayton jene der IFOR unterstützen sollten, vgl. die BR-Prot. Nr. 2381 vom 22. Dezember 1993, dodis.ch/62498; Nr. 1377 vom 31. August 1994, dodis.ch/62405 sowie Nr. 2064 vom 18. Dezember 1995, dodis.ch/62406.Zur Beteiligung an der Schutztruppe der Vereinten Nationen (UNPROFOR) vgl. die Zusammenstellung dodis.ch/C2221. Zur Beteiligung an der Umsetzungstruppe der NATO (IFOR) vgl. die Zusammenstellung dodis.ch/C2220.↩
- 14
- Vgl. dazu das das BR-Prot. Nr. 1170 vom 29. Juni 1994, dodis.ch/62509; das Referat des Vorstehers des EDA, Bundesrat Flavio Cotti, vom 22. Januar 1996, dodis.ch/62392 sowie die Zusammenstellung dodis.ch/C2233.↩
- 15
- Vgl. dazu die Zusammenstellung dodis.ch/C2238.↩
- 16
- Zur Teilnahme an der Partnerschaft für den Frieden vgl. die Zusammenstellung dodis.ch/C2275. Zur Teilnahme am Euro-Atlantischen Partnerschaftsrat vgl. die Zusammenstellung dodis.ch/C2281, insbesondere die Antwort des Bundesrats vom 25. Juni 1997 auf die Dringliche Einfache Anfrage 97.1067 Von der Partnerschaft für den Frieden zum Euro-Atlantischen Partnerschaftsrat von Nationalrat Remo Gysin vom 3. Juni 1997, dodis.ch/62901.↩
- 17
- Vgl. dazu die thematische Zusammenstellung Genfer Abrüstungskonferenz, dodis.ch/T2175. Zum Schweizer Beitrittsgesuch für die Genfer Abrüstungskonferenz vgl. die Zusammenstellung dodis.ch/C2223.↩
- 18
- Zur Gründung der Stiftung «Genfer Zentrum für Sicherheitspolitik» (GZS) vgl. das BR-Prot. Nr. 1906 vom 29. November 1995, dodis.ch/62712 sowie die Botschaft über einen Rahmenkredit für zivile friedensfördernde Massnahmen im Rahmen des VBS vom 9. Dezember 2003, BBl, 2003, I, S. 625–628.↩
- 19
- Zur Gründung des Genfer Internationalen Zentrums für Humanitäre Minenräumung (GICHD) vgl. die Botschaft über einen Rahmenkredit für zivile friedensfördernde Massnahmen im Rahmen des VBS vom 9. Dezember 2003, BBl, 2003, I, S. 628–630.↩
- 20
- Vgl. dazu die thematische Zusammenstellung Neutrale Überwachungskommission des Waffenstillstands in Korea (NNSC), dodis.ch/T2067.↩
- 21
- Zur Übernahme der Transportkosten für Soldaten der Noteinsatztruppe I (UNEF I) während der Suezkrise vgl. das BR-Prot. Nr. 1992 vom 23. November 1956, dodis.ch/11273 sowie die Zusammenstellung dodis.ch/C2262.↩
- 22
- Zur Beteiligung an der UNO-Operation im Kongo (UNOC) vgl. die Zusammenstellung dodis.ch/C2228.↩
- 23
- Für die Zurverfügungstellung von Flugzeugen an die Organisation für die Überwachung des Waffenstillstandes in Palästina (UNTSO) vgl. die Zusammenstellung dodis.ch/C1635.↩
- 24
- Zur Beteiligung an der UNO-Friedenstruppe in Zypern (UNFICYP) vgl. die Zusammenstellung dodis.ch/C2203.↩
- 25
- Zur Beteiligung an der Unterstützungseinheit der UNO für die Übergangszeit in Namibia (UNTAG) vgl. die Zusammenstellung dodis.ch/C1719, insbesondere DDS 1990, Dok. 31, dodis.ch/56036 sowie dodis.ch/56313.↩
- 26
- Zur Beteiligung an der UNO-Mission für die Organisation eines Referendums in der Westsahara (MINURSO) vgl. die Zusammenstellung dodis.ch/C1842, insbesondere DDS 1991, Dok. 60, dodis.ch/58732 sowie das BR-Prot. Nr. 2026 vom 10. November 1993, dodis.ch/62727.↩
- 27
- Vgl. das Schlagwort Wahlbeobachtungen, dodis.ch/D1742.↩
- 28
- Vgl. dazu das BR-Prot. Nr. 2384 vom 22. Dezember 1993, dodis.ch/62505.↩
- 29
- Vgl. dazu die thematische Zusammenstellung Militärische Beobachtungsmissionen, dodis.ch/T2280.↩
- 30
- Vgl. das BR-Prot. Nr. 2384 vom 22. Dezember 1993, dodis.ch/62505.↩
- 31
- Vgl. das BR-Prot. Nr. 558 vom 23. März 1994 im Dossier CH-BAR#E1004.1#1000/9#1040* (4.10prov.).↩
- 32
- Vgl. das BR-Prot. Nr. 1117 vom 20. Juni 1988, dodis.ch/57069.↩
- 33
- Zur Beteiligung an der Beobachtermission der UNO in Georgien (UNOMIG) vgl. die Zusammenstellung dodis.ch/C2249, insbesondere das BR-Prot. Nr. 2380 vom 22. Dezember 1993, dodis.ch/62504.↩
- 34
- Für das vollständige Dokument vgl. das Faksimile dodis.ch/60381.↩
- 35
- Vgl. dazu die Notiz vom 19. Juli 1991 über das Gespräch mit dem Rechtsberater des UNO-Generalsekretariats, Carl August Fleischhauer, im Rahmen der Studiengruppe Neutralität vom 26. Juni 1991, DDS 1991, Dok. 30, dodis.ch/57379.↩
- 36
- Resolution Nr. 661 des Sicherheitsrats der UNO vom 6. August 1990, UN doc. S/RES/661.↩
- 37
- Resolution Nr. 678 des Sicherheitsrats der UNO vom 29. November 1990, UN doc. S/RES/678.↩
- 38
- Zur Übernahme der Wirtschaftssanktionen gegen den Irak und Kuwait vgl. die Zusammenstellung dodis.ch/C1674 und QdD 15, Dok. 40, dodis.ch/54497, sowie Dok. 41, dodis.ch/56503.↩
- 39
- Vgl. das Faksimile, dodis.ch/60381.↩
- 40
- Anmerkung im Original: Im Anhang zum «Bericht über die Aussenpolitik der Schweiz in den 90er-Jahren». Für den Bericht vgl. dodis.ch/54677.↩
- 41
- Anmerkung im Original: Bereits in der UNO-Beitrittsbotschaft vom 21. Dezember 1981, also zu Zeiten des Ost–West-Gegensatzes, war der Bundesrat zum Schluss gekommen, die Neutralität stehe einem UNO-Beitritt im Zusammenhang mit den Sanktionen nicht entgegen. Zu den Wirtschaftssanktionen wurde festgehalten, dass sie die Pflichten des Neutralen nicht berühren und daher grundsätzlich unproblematisch sind. Für die Botschaft vgl. dodis.ch/53990.↩
- 42
- Anmerkung im Original: Artikel 25 der Charta lautet: «Die Mitglieder der Vereinten Nationen kommen überein, die Beschlüsse des Sicherheitsrates im Einklang mit dieser Charta anzunehmen und durchzuführen.»↩
- 43
- Anmerkung im Original: Resolution Nr. A/Res/50/80A. Es handelt sich um die Resolution Nr. 50/80A der Generalversammlung der UNO vom 12. Dezember 1995, UN doc. A/RES/50/80A. Vgl. dazu das Schreiben des schweizerischen Beobachters bei der UNO in New York, Botschafter Jenö Staehelin, an die Sektion UNO, IO des EDA vom 23. Juli 1998, dodis.ch/62663.↩
- 44
- Postulat 97.3320 Verhältnis zwischen der Schweiz und der UNO von Nationalrat Andreas Gross vom 18. Juni 1997, dodis.ch/62881.↩
- 45
- Vgl. dazu QdD 15, Dok. 43, dodis.ch/54910.↩
- 46
- Für das vollständige Dokument vgl. das Faksimile dodis.ch/60381.↩
- 47
- Motion 97.3269 Uno-Beitritt der Schweiz von Nationalrat Remo Gysin vom 5. Juni 1997, dodis.ch/62880.↩
- 48
- Die Volksinitiative wurde am 8. September 1998 durch ein überparteiliches Komitee, präsidiert von Nationalrat Remo Gysin, lanciert. Vgl. dazu die thematische Zusammenstellung Abstimmung über den UNO-Beitritt (2002), dodis.ch/T1773.↩
- 49
- Für das vollständige Dokument vgl. das Faksimilie dodis.ch/60381.↩
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Vote on UN Accession (2002) Questions concerning the Accession to International Organizations Military observer missions (1990...)