dodis.ch/49051Notiz des Abteilungschefs, B. von Tscharner, an den Direktor der Handelsabteilung des Volkswirtschaftsdepartements, P. R. Jolles1

Besuch Ku Mu2

1. Der Besuch verlief bisher programmgemäss (vgl. Programm3 in der Beilage) und reibungslos. Ku Mu zeigt sich an allem interessiert und ist unermüdlich. Der Rest der Delegation folgt mit zunehmender Erschöpfung ...

2. Ankunft: Die Chinesen schätzten es ausserordentlich, dass Bundesrat Aubert sie in Kloten empfing. Sie wissen, dass das bei uns nicht üblich ist.

3. Höflichkeitsvisite bei Bundespräsident Ritschard: ausgezeichnete Stimmung (Photo von Ritschard bei Hua Kuo-feng4, Übergabe des Geschenks des Bunderats (Atmos-Pendule), usf.).

4. Arbeitssitzung mit Bundesrat Honegger: Dauerte 2 ½ Stunden! Zuerst langfädige Allgemeinheiten; dann wurde es plötzlich spannend, als Ku Mu aufzuzählen begann, welches die konkreten Bedürfnisse Chinas in den nächsten paar Jahren sein werden. Ich ermutigte Herrn Bundesrat Honegger, sofort sehr direkt nachzustossen und aufzuzählen (z. T. unter Nennung der Firmen), wo überall die Schweiz Produkte anzubieten hat, die diesen Bedürfnissen in besonders hohem Masse entsprechen. Für die Details verweise ich auf die von Herrn Clerc verfasste Protokollnotiz5.

Dass die Chinesen diese Wendung des Gespräches durchaus akzeptierten, ja wohl erwartet hatten, zeigt, dass Ku Mu am Ende betonte, er hoffe sehr, das Gespräch mit Herrn Bundesrat Honegger im Verlauf des Besuchs noch weiterführen zu können. Honegger drückte gleichen Wunsch aus.

Inzwischen wurde vereinbart, dass sich Ku Mu und Honegger am 18. Mai zu einem «Arbeitsfrühstück» im kleinsten Kreis (Honegger, Sigg, von Tscharner – 4 Chinesen) treffen, um Bilanz zu ziehen. Für meine Empfehlungen an Honegger vgl. beiliegende Kopie einer Notiz6.

Honegger hat in seinem Begrüssungsvotum7 Ihren bevorstehenden Besuch in China8 gebührend unterstrichen und Ku Mu informiert, dass er Sie am 18. Mai noch treffen werde.

5. Höflichkeitsvisite bei Bundesrat Aubert: Zuerst kurze Führung durchs Parlamentsgebäude. Sehr herzliche Stimmung. Hochinteressante Diskussion über Verhältnis zwischen China und UdSSR (lange Ausführungen Ku Mu's auf Frage von Aubert nach jüngstem Zwischenfall am Ussuri). Kürzer: Koreaproblem, Umsturz in Afghanistan, Konflikt Kambodscha-Vietnam. Hauptargument Ku Mus: Hütet Euch vor den Russen, ihre Hauptziele liegen in Europa, nicht im Fernen Osten!9.

6. Samstag: Kaltes, regnerisches Wetter für Besuch Kraftwerk Bannwil. Frau Tsien sehr interessiert an Escher-Wyss Turbogeneratoren. Sehr erfolgreicher Besuch auf prächtigem Bauernhof am Nachmittag (Fotos mit Kindern, Kühen, Katzen, Zuchtvieh – erläutert von Direktor Wyss vom Verband – reiches Berner Bauern-Zvieri etc. etc.).

7. Sonntag: Reise der Delegation nach Genf für Kontaktnahme mit chinesischer UN-Delegation. Nach Auskunft der Chinesen reibungslos verlaufen. Habe im letzten Augenblick noch Polizeieskorte mobilisiert, um Verkehrsabwicklung zu erleichtern.

8. Montag: Sehr gute Stimmung trotz wechselhaftem Wetter. Programm von bernischer Staatskanzlei bestens vorbereitet (landwirtschaftliche Schule Bäregg bei Langnau, Bergbauernhof im Oberemmental, Rathaus Thun: Orientierung über Wirtschaftsprobleme einer Bergregion, Mittagessen auf Motorschiff auf dem Brienzersee mit Regierungsrat Meyer, Besuch der Kraftwerke Oberhasli mit Helikopterflügen und Seilbahnfahrten – grosser Erfolg).

Botschafter Sigg wegen Grippe leider nicht dabei.

9. Dienstag: Zwei Gruppen

Frau Tsien (Elektrizitätsministerin) mit zirka 10 Leuten, begleitet von Roches und von Tscharner zu BBC Baden.

Rest mit Ku Mu zu Ciba-Geigy10, begleitet von Bettschart, Ruegg EPD etc.

BBC: Besuch Turbinenwerk Birr und Forschungszentrum. Lunch präsidiert von Herrn E. Bielinski, der kürzlich selber in China war. (Ich bedaure, dass ich erst jetzt Näheres über das Ergebnis seiner Reise erfahren habe.) Bei Tisch interessantes Gespräch über die beide Seiten interessierenden Probleme (u. a. 600 MW-Kraftwerk). BBC reagiert positiv auf chinesische Anregung nach Symposium im Juni über Elektrizitätserzeugung (inkl. nuklearer Brennstoffzyklus) im Herbst weiteres Symposium über Stromverteilung und -übertragung zu organisieren.

10.11 Mittwoch: Sehr reich befrachtetes Programm: Vormittag Zahnräder-Maag + Lunch. Nachmittag auf Wunsch Ku Mus statt Bootsfahrt Besuch der ETH (Empfang durch Prof. Ursprung, Besuch der modernen Bibliothek und des Instituts für Elektrotechnik, vor allem Computer und Automation). Anschliessend Besuch des Einkaufszentrums Glatt in Wallisellen. Ku Mu an allem interessiert und vom Gesehenen begeistert.

Sonderprogramme für kleinere Gruppen:

• - Sulzer
• - Nestlé12
• - Bucher-Guyer (im Hinblick auf Ausstellung in Peking im Herbst)

Alle Besuche reibungslos und zur Zufriedenheit beider Seiten. Empfang Vorort: Wirtschafts-Prominenz in grosser Zahl, sehr gediegen, sehr gute Stimmung (etwas lange Rede von E. Luk Keller).

11. Heute Omega, Abfahrt wegen Arbeitsfrühstück um ½ Std. verschoben.

12. Einziger Misston in der ganzen Geschichte: die Klagen derjenigen Firmen, die wir nicht besucht haben (Sandoz, Holderbank, Pilatus, Bühler-Uzwil etc.). Haben stets darauf hingewiesen, dass Programm gemäss präzisen Wünschen der Chinesen zusammengestellt wurde und dass diese Firmen bei anderer Gelegenheit berücksichtigt werden können (Commission mixte13 etc.).