Abgedruckt in
Die Schweiz und die NNSC. Diplomatische Dokumente der Schweiz zur Geschichte der Neutral Nations Supervisory Commission in Korea 1951–1995, Bd. 21, Dok. 47
volume linkBern 2023
Mehr… |▼▶2 Aufbewahrungsorte
Archiv | Schweizerisches Bundesarchiv, Bern | |
Signatur | CH-BAR#E2001E-01#1988/16#2807* | |
Dossiertitel | Administrative Fragen 1.1.1971 - 31.12.1978 (1971–1978) | |
Aktenzeichen Archiv | B.73.0.3 • Zusatzkomponente: Korea, Republik |
Archiv | Schweizerisches Bundesarchiv, Bern | |
▼ ▶ Signatur | CH-BAR#E2001E-01#1988/16#2728* | |
Alte Signatur | CH-BAR E 2001(E)-01/1988/16 662/10 | |
Dossiertitel | Schweiz. Delegation in der Neutralen Kommission für die Überwachung des Waffenstillstandes in Korea, 1.1.1971 - 31.12.1978 (1971–1978) | |
Aktenzeichen Archiv | B.73.0.1 • Zusatzkomponente: Korea, Republik |
dodis.ch/39307Der Vorsteher des EPD, Bundespräsident Graber, an Ständerat Bächtold1
[Vorschläge für Sparmassnahmen bei der schweizerischen NNSC-Delegation]
Am 4. Juni hatten Sie anlässlich der Debatte zum Abschnitt «Politisches Departement» des Geschäftsberichtes des Bundesrates Sparmassnahmen angeregt in Bezug auf die schweizerische Delegation der Neutralen Überwachungskommission in Panmunjom (Korea).2 Es liegt uns daran, mit einigen Überlegungen zu Ihrer Anregung Stellung zu nehmen.
Der heutige Bestand der Schweizer-Delegation beträgt sieben Mann und umfasst folgende Funktionen: Delegationschef, Stellvertreter/Generalsekretär, zugeteilter Sekretär, Verwaltungsoffizier, Funkchef, Funker II und Küchenchef. Dazu sei festgehalten, dass Artikel 36 ff des Waffenstillstandsvertrages für jede Delegation der Neutralen Überwachungskommission neben dem Delegationschef einen Stellvertreter und Stabsassistenten zwingend vorschreibt.3 Die Doppelbesetzung der Funkstation ergibt sich aus der Tatsache, dass die Präsenz rund um die Uhr gewährleistet sein muss. Vergleichsweise sei festgehalten, dass die schwedische Delegation derzeit ebenfalls sieben Mann umfasst, während die tschechische acht und die polnische gar neun Mitglieder zählen.
Der gegenwärtige Bestand unserer Delegation ist den gestellten Aufgaben angemessen und stellt das gerade noch verantwortbare Minimum an Mitarbeitern dar, um bei Abwesenheiten die Funktionsfähigkeit der Delegation jederzeit zu garantieren. Hierzu sei darauf verwiesen, dass es wenig Zeiten gibt, in denen die Delegation an Ort und Stelle in Panmunjom ihren Vollbestand erreicht. Gründe für Abwesenheiten von Delegationsmitgliedern sind u. a.:
– Erfüllung des Kurierverkehrs zwischen Panmunjom/Seoul und Tokio; dies geschieht abwechslungsweise mit den Schweden alle zwei Wochen für die Dauer von ca. 8–10 Tagen je nach vorhandenen Transportmöglichkeiten.
– Abwesenheiten auf dienstlich bedingten Informationsreisen in Süd- wie Nordkorea.
– Abwesenheiten durch Ferien; gemäss schweiz. Obligationenrecht müssen jedem Delegationsmitglied in dem mit der Eidgenossenschaft abzuschliessenden Arbeitsvertrag bei einem Aufenthalt von 6 Monaten 2 Wochen Ferien zugestand werden; bei längerer Einsatzdauer erhöht sich der Ferienanspruch auf 3 resp. 4 Wochen im Jahr.
Die Möglichkeit einer weiteren Reduktion des Delegationsbestandes ist sofort nach der Eidg. Volksabstimmung vom 8. Dezember 19744 in vollem Bewusstsein der Tatsache geprüft worden, dass im Rahmen des Verantwortbaren alles getan werden muss, um die finanzielle Belastung für den Bund auch hier zu verringern. Die zuständigen Behörden haben übrigens den finanziellen Belangen der Schweizer-Delegation nicht erst seit Ende 1974 Beachtung geschenkt. Wir verweisen in diesem Zusammenhang darauf, dass bereits in den Jahren 1959–1961 sukzessive die Posten des Quartiermeisters, des Verbindungsoffiziers und des Transportoffiziers in einem einzigen, denjenigen des heutigen Verwaltungsoffiziers zusammengelegt worden sind. Im Jahre 1967 wurden zudem die Funktionen des Stellvertreters und des Generalsekretärs in einer Person vereinigt, so dass die Delegation den heutigen Minimalbestand von sieben Mann erreichte.5
Neben diesen Bestandesreduktionen sind seit Jahresbeginn die folgenden Sparmassnahmen verwirklicht worden:
– Reduktion der Dauer der Kurierfahrten nach Japan um mehrere Tage, obwohl wegen der grossen Wechsel unterworfenen Transportmöglichkeiten keine feste Reisedauer fixiert werden konnte.
– Eventuelle Wartetage in Tokio wurden im Einverständnis mit den Delegationsmitgliedern bezüglich der Dienstreisevergütungen hälftig zwischen der Eidgenossenschaft und den einzelnen Delegationsmitgliedern geteilt, so dass nun die Delegationsmitglieder die Kosten einer offiziellen Dienstreise mittragen helfen.
– Heraufsetzung der Minimaleinsatzdauer von bisher 6 nach Möglichkeit auf 9 oder gar 12 Monate; damit werden Reduktionen der Ausbildungs- und Ausrüstungskosten erreicht; immerhin sei darauf verwiesen, dass dadurch die Auswahl geeigneter Kandidaten erschwert wurde, da kürzere Abwesenheiten eher als tragbar erachtet werden als längere.
– Reduktion der Überschneidungszeiten zweier Amtsinhaber an Ort und Stelle, wobei jedoch eine Minimalübergabezeit von der Dauer einer Woche von einem Amtsträger auf den Nachfolger für einen geordneten Gang der Dinge unbedingt notwendig ist.
Sie dürfen versichert sein, dass die Kostenentwicklung auch hier laufend auf Sparmöglichkeiten überprüft wird. Indessen scheint es nicht verantwortbar, aus Ersparnisgründen die Präsenz unseres Landes in der fraglichen Kommission weiter zu schwächen oder gar zu verunmöglichen. Die Schweiz hat seinerzeit dieses UNO-Mandat übernommen und ist verpflichtet, ihre Aufgabe voll zu erfüllen. Wir sind uns dabei sehr wohl bewusst, dass es sich um eine Präsenzaufgabe handelt und die Delegation nicht mit spektakulären Resultaten die Aufmerksamkeit von Parlament und Öffentlichkeit auf sich ziehen kann. Allein schon die Tatsache, dass u. a. dank der Tätigkeit der Neutralen Überwachungskommission seit mehr als 20 Jahren die Waffen in Korea geschwiegen haben und dem koreanischen Volk die unsäglichen Leiden eines Krieges erspart geblieben sind, ist u. E. ein wertvoller Erfolg. Die Schweiz erfüllt in Korea eine wichtige Aufgabe im Sinne ihrer Staatsmaxime der aktiven Neutralität. Wir sind der Auffassung, dass ein Jahresbudget von etwas über Fr. 500 000.– für diese Funktion auch in der heutigen Zeit noch eher als bescheiden zu bezeichnen ist.6
Wie Sie ebenfalls wissen, hat sich die Lage in Korea seit Beendigung des Indochinakrieges wieder verschärft. Es muss neuerdings mit vermehrten Schwierigkeiten in der koreanischen Halbinsel gerechnet werden. Wir würden es auch im Lichte dieser neuen Entwicklung als verfehlt erachten, gerade jetzt aus Ersparnisgründen eine weitere Reduktion des Bestandes unserer Delegation vorzunehmen. Es könnte sich u. U. sogar als notwendig erweisen, den Delegationsbestand zu erhöhen.
- 1
- CH-BAR#E2001E-01#1988/16#2728* (B.73.0.1). Dieses an Ständerat Kurt Bächtold gerichtete Schreiben wurde von Alfred Rüegg von der Politischen Abteilung II des EPD verfasst und vom Vorsteher des EPD, Bundespräsident Pierre Graber, unterzeichnet. Kopien gingen an die Abteilung für Adjutantur des EMD, die Verwaltungsdirektion des EPD, die schweizerischen Botschaften in Seoul, Tokio und Beijing, die schweizerische NNSC-Delegation in Panmunjom, den Chef der Politischen Abteilung II, Botschafter Jürg Iselin, sein Stellvertreter, Hansjakob Kaufmann, sowie den Sekretär des Departementschefs, Pierre-Yves Simonin. Die Stellungnahme des Vizedirektors der Abteilung für Adjutantur, Oberst Rolf Sprenger, an die Politische Direktion des EPD vom 11. Juni 1975 bildete die Grundlage für die Antwort an Ständerat Bächtold, vgl. dodis.ch/66747.↩
- 2
- An der Vormittagssitzung des Ständerats am 4. Juni 1975, an der über den Geschäftsbericht des Bundesrates, des Bundesgerichts, des Versicherungsgerichts, Bericht und Rechnung der Verrechnungsstelle, für 1974 beraten wurde, äusserte sich Ständerat Bächtold wie folgt: «Auf Seite 20 finden wir den üblichen jährlichen Hinweis auf Korea. Seit 1953 beteiligt sich die Schweiz bekanntlich an der neutralen Überwachungskommission. Das kostet den Bund jährlich ungefähr eine halbe Million Franken. Ich habe mich bei Kennern der Verhältnisse eingehend erkundigt, ob diese Mission heute noch sinnvoll und nötig sei. Die Auskunft lautet, dass sich die Schweiz nicht zurückziehen dürfe und dass die eingegangenen Verpflichtungen selbstverständlich einzuhalten seien. Hingegen wäre ein Personalabbau ohne Schaden möglich. Der Einsatz der Schweizer Delegation beschränkt sich auf mehr oder weniger rituale Begegnungen und Formalitäten. Ich möchte den Vorsteher des Politischen Departements ersuchen, diese Sparmöglichkeit zu überprüfen und wenn möglich eine Personalreduktion zu veranlassen. Meines Erachtens würde es genügen, wenn in Panmunjon ein gutes Jassquartett belassen bliebe», Amtl. Bull. SR, 1975, III, S. 268. Darauf antwortete Bundespräsident Graber noch in der Sitzung: «Mon dernier propos sera à l’adresse de M. Bächtold. Je puis lui donner l’assurance qu’avec les services du département, je vais examiner sans tarder la question de savoir si l’on peut ou non diminuer l’importance numérique de la délégation en Corée; s’il devait y avoir là un excès de personnel qui nous aurait échappé, mais vraiment échappé car, une fois encore, nous rappelons à tout moment tout ce que nous pouvons à Berne, prélevé sur les missions à l’étranger; eh bien! Si quelque chose nous a échappé, nous ne manquerons pas d’agir dans le sens de ses propos», Amtl. Bull. SR, 1975, III, S. 269. Vgl. zudem den Bericht über die Geschäftsführung des Bundesrates, des Bundesgerichts, des Eidgenössischen Versicherungsgerichts und der Schweizerischen Verrechnungsstelle im Jahr 1974, S. 20.↩
- 3
- Art. 36 bis 40 des Waffenstillstandsabkommens betreffen die Zusammensetzung der NNSC-Delegationen, die Frage der Stellvertreter (Alternates) und der Stabsassistenten wird in Art. 37 geregelt. Vgl. QdD 21, Anhang 2, dodis.ch/60000.↩
- 4
- Am 8. Dezember 1974 wurde u. a. über den Bundesbeschluss vom 4. Oktober 1974 zur Verbesserung des Bundeshaushalts abgestimmt. Er wurde mit 55,61% Nein-Stimmen abgelehnt. Vgl. BBl, 1975, I, S. 484.↩
- 5
- Zur sukzessiven Reduktion des Personalbestands der schweizerischen NNSC-Delegation ab 1959 vgl. QdD 21, Dok. 34, dodis.ch/66043; Dok. 38, dodis.ch/31366, sowie Dok. 39, dodis.ch/33827.↩
- 6
- Im Voranschlag 1975 wurde für die Kommission in Korea ein Betrag von 489 060 CHF, im Voranschlag 1976 ein Betrag von 553 000 CHF budgetiert, vgl. den Finanzvorschlag 1976.↩
Tags
Neutrale Überwachungskommission des Waffenstillstands in Korea (NNSC)
Gute Dienste Akteure und Institutionen Korea (Allgemein) Neutralitätspolitik Koreakrieg (1950–1953)