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Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 26, doc. 17
volume linkZürich/Locarno/Genève 2018
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001E-01#1987/78#3055* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(E)-01/1987/78 577 | |
Dossier title | Reise von Sir Alec Douglas-Home in die Schweiz (1971–1975) | |
File reference archive | B.15.21.(2) • Additional component: Grossbritannien |
dodis.ch/38892
KURZE REKAPITULATION DER SCHWEIZERISCHEN BELANGE IN AFRIKA IM HINBLICK AUF DEN BESUCH VON SIR ALEC DOUGLAS HOME2
1. Rhodesien
a) Gestützt auf die Sanktionsmassnahmen des UNO-Sicherheitsrates hat der Bundesrat bereits am 17. Dezember 19653 in autonomer Weise und ohne An erkennung einer Rechtspflicht die Einfuhr aus Rhodesien im Rahmen des «courant normal» (Durchschnitt der Jahre 1964/65 bzw. 1964/66) der Be - willigungspflicht unterstellt. Damit soll verhindert werden, dass sich auf schweizerischem Territorium für den Rhodesienhandel Möglichkeiten bieten, die Sanktionsmassnahmen zu umgehen4. Die Bewilligungspflicht für die Ausfuhr nach Rhodesien ist für den Fall vorgesehen, dass der «courant normal» überschritten würde.
b) Mit dem unter a) erwähnten Bundesratsbeschluss wurde auch die Kriegsmaterialausfuhr nach Rhodesien verboten.
c) Die Transferangelegenheit der drei Boeing 7205von Calairan die Air Rhodesiawird zurzeit vom Eidg. Luftamt in Verbindung mit der Bundespolizei geprüft. Es soll bei der Flugplatzdirektion Basel-Mülhausen Beweismaterial vorliegen, wonach der Abflug der Flugzeuge nach Lissabon gestützt auf eine provisorische Flugerlaubnis des Luftfahrtbundesamtes (Braunschweig) erfolgte. Alle drei Flugzeuge waren beim Abflug mit westdeutschen Immatrikulationszeichen versehen. Ungewiss sei, ob die Flugzeuge von der schweizerischen Firma Jet Aviation SA in Basel aus der Konkursmasse der Calairgekauft und dann an die Air Rhodesiaverkauft worden sind. Dieses Basler Unternehmen hat den vom Luftamt auf den 15. Mai verlangten Bericht noch nicht eingereicht und angeblich einen Aufschub verlangt, weil sein in internationalen Rechtsfragen versierter Anwalt6 landesabwesend sei. Die oft genannte Firma IAC (Liechtenstein) soll nach Angabe aus Vaduz fingiert sein und dieser Missbrauch bleibe noch abzuklären.
2. Republik Südafrika
a) Die Schweiz unterhält mit der Republik Südafrika normale Beziehungen und der gegenseitige Warenverkehr ist keinen Restriktionen unterworfen7.
b) Im Finanzverkehr besteht insofern eine Ausnahme, als Investitionen, die den Betrag von 10 Millionen Sfr. übersteigen der Nationalbank zur Begutachtung zu unterbreiten sind8. Die Eidg. Finanzverwaltung und das EPD müssen sich dazu ebenfalls äussern. Einsprüche wären nur äusserst schwer zu erheben.
c) Die Kriegsmaterialausfuhr in die Republik Südafrika wurde mit Bundesratsbeschluss vom 6. 12. 19639 verboten.
3. Namibia(Südwestafrika)
a) Die Schweiz unterhält dort keine Konsularvertretung.
b) Namibia-Reisedokumente, die vom UNO-Ratfür Namibia ausgegeben werden, werden seit dem 15. 11. 1971 unter gewissen Voraussetzungen durch die Schweiz anerkannt10.
c) Der Handelsverkehr mit Namibia, der unbedeutend ist, untersteht keinen Einschränkungen.
4. Portugiesische Überseestaaten11(Angola, Mozambique und Port. Guinea)
a) Der Handels- und Finanzverkehr ist keinen Einschränkungen unterworfen.
b) Beim Bau des Kraftwerkes «CaboraBassa» (Mozambique) sind schweizerische Unternehmen nicht direkt beteiligt. Die BBC-Mannheim soll mit westdeutscher Garantieleistung die Fernübertragungsleitung nach Südafrika erstellen.
c) Im Hinblick auf die politische Lage ist unser in Lissabon residierender Botschafter12 angewiesen worden, seine Besuche in den portugiesischen Überseestaaten bis auf weiteres einzustellen13.
5. Guinea
Der am 18. 4. 1972 in die Schweiz eingereiste frühere guineische Botschafter in Moskau, Cheick Mohammed Cherif, hat am 1. 5. 1972 ein Asylgesuch gestellt, das ihm am 9. 10. 1972 gewährt wurde. Solange das Gesuch hängig war, zeigte die Regierung Sékou Touré lebhaftes Interesse für diesen Abtrünnigen. Seit dem «fait accompli» sind die Anfragen verstummt14.
6. Zaire
Am 19. 7. 1972 kam der ehemalige Aussenminister Batwanyele Losembe(alias Mario Cardoso) nach Genf. Mit Note vom 23. 8. 197215 ersuchte die Botschaft von Zaire um Auslieferung Losembes, gestützt auf einen Haftbefehl wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder. Am 17. 1. 197316 hat der Bundesrat beschlossen, die Einsprache Losembes gegen seine Auslieferung abzuweisen und einzig die Frage des Ausnahmegerichts dem Bundesgericht zur Beurteilung zu unterbreiten. Ein Entscheid des Bundesgerichts steht noch aus. Staatspräsident Mobutu zeigt persönliches Interesse für diesen Fall17.
7. Uganda
Im Rahmen der Ausweisung der Asiaten aus Uganda, hat die Schweiz rund 200 Flüchtlinge aufgenommen18. Diese sind anfangs November 1972 in die Schweiz eingereist. Nach einer relativ kurzen Übergangszeit sind diese Asiaten bereits in verschiedenen Berufen tätig und ihre Kinder in die öffentlichen Schulen integriert worden.
Die Regierung von Grossbritannien hat kein weiteres Gesuch für die Erhöhung dieser Quote an die Schweiz gerichtet. Hingegen hat der UNO-Hoch - kommissar für das Flüchtlingswesen19 ein solches Gesuch gestellt, was aber abgewiesen wurde.
8. Ghana
a) Die Regierung von Ghana hat am 30. 6. 1972 ein «Patents Registration (Amendment) Decree 1972» erlassen, wonach sämtliche Patente für Heilmittel aufgehoben werden und hängige sowie künftige Patentgesuche zurückzuweisen sind20. Die drei in der Interpharmazusammengeschlossenen Basler Chemie-Unternehmen21 widersetzen sich dieser Verordnung. Zusammen mit britischen und westdeutschen Interessengruppen hat Interpharmain Akkra entsprechende Schritte eingeleitet.
b) Die im Zuge der «Ghanaisierung» kürzlich entzogenen Arbeits- und Aufenthaltsbewilligungen für eine grosse Anzahl Ausländer hat auch die dortige Schweizerkolonie hart getroffen. Gegen diese interne Massnahme kann leider nichts unternommen werden22.
Beides sind Schwerpunktländer für die schweizerische technische Zusammenarbeit. Die Unruhen von April/Mai 1972 in Burundi23 und März 1973 in Ruanda24 haben diese Hilfe zum Teil zunichte gemacht. Für Burundi hat man beschlossen, die begonnen Projekte zu Ende zu führen25. In welcher Weise die Hilfe an Ruanda weitergeführt werden kann, wird zurzeit von Herrn Botschafter Marcuard an Ort und Stelle geprüft26.
10. Verstaatlichungen27
a) Sudan: Im Sommer 1972 wurden drei schweizerische Firmen28 betroffen. Die nun vorliegenden Bewertungen wurden angefochten und alle drei Fälle sind noch pendent29.
b) Tanzania: Bei der Verstaatlichung von Gebäuden sind drei schweizerische Interessenten betroffen worden. Die Regierung von Tanzania lehnt eine Vergütung ab, obschon ein Investitionsschutzabkommen30 mit diesem Land abgeschlossen wurde. Der Entscheid wird schweizerischerseits angefochten31.
c) Uganda: Eine einzige Schweizerfirma32 wurde am 16. 12. 1972 verstaatlicht; dann aber nach vier Monaten wieder freigegeben. Der in dieser Zeitspanne entstandene Schaden an Material und Kulturen wurde vom Eigentümer in Rechnung gestellt. Die Regierung von Uganda hat darauf noch nicht reagiert.
11. Organization for African Unity
a) Am 18. und 19. 4. 1972 stattete eine Delegation der OAUder Schweiz einen offiziellen Besuch ab. Unter der Leitung des mauretanischen Staatspräsidenten Ould Daddah waren auch Vertreter aus Algerien, Kamerun, Kenya, Mali und Zambia, einschliesslich Diallo Telli, Generalsekretär, delegiert worden. In einer ruhigen Atmosphäre konnten beidseitig die Standpunkte zu einzelnen Problemen dargelegt werden33.
b) Ein im Kreise der OAU organisiertes Seminar für Fragen der Flüchtlingshilfe, das im Herbst 1973 in Addis Abeba durchgeführt werden soll, wird von der Schweiz mit 15’000 US $ (⅗ der Kosten) mitfinanziert. Die Zahlung wird über den UNO-Flüchtlingskommissar geleitet34.
- 2
- Zum Besuch von A. Douglas Home vom 18. Mai 1973 vgl. das Protokoll von J.-J. Indermühle, F. Nordmann und P.-Y. Simonin vom 21. Mai 1973, dodis.ch/38636.↩
- 3
- BR-Prot Nr. 2189 vom 17. Dezember 1965, dodis.ch/31953.↩
- 4
- Vgl. dazu DDS, Bd. 26, Dok. 183, dodis.ch/40605.↩
- 5
- Vgl. dazu die Notiz von H. Grob vom 24. April 1973, dodis.ch/39332; das Schreiben von M. Gelzer an P. R. Jolles vom 30. Mai 1973, dodis.ch/39333; das Schreiben von M. Gelzer an B. Turrettini vom 23. August 1973, dodis.ch/39334; die Notiz von M. Gelzer an die Direktion für internationale Organisationen und die Direktion für Völkerrecht des Politischen Departements, an das Luftamt des Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartements und an die Handelsabteilung des Volkswirtschaftsdepartements vom 14. März 1974, dodis.ch/39335; die Notiz von M. Gelzer vom 10. Juni 1974, dodis.ch/39337 und das Schreiben von A. R. Hohl an H. Langenbacher vom 15. November 1974, dodis.ch/39338.↩
- 7
- Zu den Handelsbeziehungen zwischen der Schweiz und Südafrika vgl. DDS, Bd. 26, Dok. 162, dodis.ch/38916 sowie das Schreiben von H. Strauch an M. Ludwig vom 23. Oktober 1975, dodis.ch/40376.↩
- 8
- Zu den Finanzbeziehungen zwischen der Schweiz und Südafrika vgl. DDS, Bd. 26, Dok. 60, dodis.ch/38915, bes. Anm. 7.↩
- 9
- BR-Prot. Nr. 2284 vom 6. Dezember 1963, CH-BAR#E1004.1#1000/9#681*. Vgl. ferner DDS, Bd. 22, Dok. 187, dodis.ch/30436.↩
- 10
- Vgl. dazu das Schreiben von M. Gelzer an B. Turrettini vom 5. November 1971, dodis.ch/35834. Zur allgemeinen Haltung der Schweiz betreffend Namibia vgl. DDS, Bd. 25, Dok. 86, dodis.ch/35680, Anm. 21; die Notiz der Politischen Direktion des Politischen Departements vom 19. November 1973, dodis.ch/40861 sowie das Schreiben von A. R. Hohl an W. Kobe-Kaegi vom 15. Januar 1974, dodis.ch/40862.↩
- 11
- Vgl. dazu DDS, Bd. 26, Dok. 101, dodis.ch/38885 und Dok. 166, dodis.ch/38886.↩
- 13
- Vgl. dazu die Notiz von M. Gelzer an die Verwaltungsdirektion des Politischen Departements vom 11. Januar 1973, dodis.ch/40016.↩
- 14
- Vgl. dazu die Notiz von A. R. Hohl vom 21. Juni 1972, dodis.ch/40863; die Note von S. Touré an N. Celio vom 14. Oktober 1972, dodis.ch/40864 sowie das Schreiben von M. Gelzer an die Bezirksanwaltschaft Zürich vom 6. Februar 1973, dodis.ch/40865.↩
- 15
- Note der zairischen Botschaft in Bern an das Justiz- und Polizeidepartement vom 23. August 1972, CH-BAR#E4264#2004/103#26025* (B-0019364).↩
- 16
- BR-Prot. Nr. 87 vom 17. Januar 1973, CH-BAR#E1004.1#1000/9#790*.↩
- 17
- Zur Angelegenheit Losembe vgl. DDS, Bd. 25, Dok. 118, dodis.ch/35748, Anm. 8 und DDS, Bd. 26, Dok. 90, dodis.ch/40604.↩
- 18
- Vgl. dazu DDS, Bd. 25, Dok. 165, dodis.ch/35578, und das Schreiben von H. Mumenthaler an A. R. Hohl vom 2. Februar 1973, dodis.ch/40375.↩
- 19
- S. Aga Khan.↩
- 20
- Vgl. dazu die Notiz von H. Jossen vom 15. März 1973, dodis.ch/40874.↩
- 21
- Ciba-Geigy, Hoffmann-La Roche und Sandoz.↩
- 22
- Vgl. dazu die Notiz von H. Jossen an M. Luy vom 16. März 1973, dodis.ch/40873.↩
- 23
- Vgl. dazu die Politischen Berichte Nr. 6 und Nr. 7 von R. Pestalozzi an P. Graber vom 2. Juni 1972, dodis.ch/36755 und vom 7. Juni 1972, dodis.ch/36756.↩
- 24
- Vgl. dazu DDS, Bd. 26, Dok. 15, dodis.ch/39603; das Schreiben der schweizerischen Lehrpersonen des Collège officiel de Kigali an S. Marcuard vom 21. Februar 1973, dodis.ch/40329; den Politischen Bericht Nr. 5 von R. Pestalozzi vom 15. März 1973, dodis.ch/40345 sowie die Schreiben von R. Pestalozzi an S. Marcuard vom 14. März 1973, dodis.ch/40321 und vom 5. April 1973, dodis.ch/40322.↩
- 25
- Vgl. dazu DDS, Bd. 26, Dok. 2, dodis.ch/39600 sowie die Notiz von H. Grob vom 16. Februar 1973, dodis.ch/40398.↩
- 26
- Zur Dienstreise von S. Marcuard nach Ruanda vgl. die Notizen von S. Marcuard vom 18. Mai 1973, dodis.ch/40882 und vom 21. Mai 1973, dodis.ch/40881. Vgl. ferner DDS, Bd. 26, Dok. 15, dodis.ch/39603; die Notiz von O. Hafner vom 26. Februar 1973, dodis.ch/40330; das Schreiben von R. Pestalozzi an S. Marcuard vom 6. März 1973, dodis.ch/40331 sowie die Notiz von R. Dannecker vom 16. Oktober 1974, dodis.ch/40315.↩
- 27
- Zur Frage der Entschädigung von Schweizerbürgern im Ausland vgl. die Notiz von H. Jossen an R. Bodenmüller vom 26. Februrar 1973, dodis.ch/40534; die Notiz von F. Moser vom 20. Dezember 1973, dodis.ch/40262; die Notiz von J.-P. Ritter vom 1. März 1974, dodis.ch/40536 sowie die Notiz von F. Moser an E. Diez vom 10. April 1975, dodis.ch/40533.↩
- 28
- Schmidheiny & Co., Hohmann (Sudan), Ltd. und Gebrüder Volkart. Vgl. dazu die Notiz von H. Grob vom 20. September 1972, dodis.ch/38291.↩
- 29
- Vgl. dazu das Schreiben von H. Béglé an H. K. Frey vom 22. März 1973, dodis.ch/38296; die Notiz von H. Grob vom 30. August 1973, dodis.ch/38303 sowie die Notiz von P. R. Jolles an E. Brugger vom 4. September 1974, dodis.ch/38301.↩
- 30
- Vgl. dazu das BR-Prot. Nr. 969 vom 1. Juni 1965, dodis.ch/32075.↩
- 31
- Vgl. dazu das Schreiben von R. Pestalozzi an E. Thalmann vom 8. Februar 1974, dodis.ch/40852; die Notiz von M. Leippert vom 22. August 1974, dodis.ch/40854 sowie das Schreiben von L. Mossaz an E. Thalmann vom 18. November 1974, dodis.ch/40855. Zur Problematik der Gewährung von Entwicklungshilfe im Zusammenhang mit der Entschädigung verstaatlichter schweizerischer Vermögenswerte vgl. DDS, Bd. 26, Dok. 112, dodis.ch/38914, Anm. 4.↩
- 32
- Agrex, Ltd. Vgl. dazu Doss. CH-BAR#E2001E-01#1988/16#4790* (B.34.66.0).↩
- 33
- Vgl. dazu DDS, Bd. 25, Dok. 86, dodis.ch/35680, bes. Anm. 5 und Dok. 132, dodis.ch/35682.↩
- 34
- Vgl. dazu das Schreiben von R. Keller an H. Langenbacher vom 20. Juni 1973, dodis.ch/39313.↩
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