dodis.ch/48951Notiz des stv. Direktors der Politischen Direktion, A. Hegner, an die Direktion für internationale Organisationen des Politischen Departements1
Jugoslawische Verhandlungsvorschläge2 betreffend die Schulung von Gastarbeiterkindern, die wissenschaftliche Zusammenarbeit und den akademischen Austausch
Zu Ihrer Notiz vom 16. August 19763 in der randvermerkten Angelegenheit nehmen wir wie folgt Stellung:
Wir teilen Ihre Auffassung, wonach die jugoslawischen Vorschläge im Hinblick auf mögliche Verhandlungen des Amtes für Wissenschaft und Forschung mit den zuständigen Belgrader Behörden eher restriktiv auszulegen sind.
Unsere Beziehungen mit Jugoslawien haben sich zwar in den letzten Jahren auf verschiedenen Teilgebieten in erfreulichem Masse entwickelt4, können jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass zwischen den beiden Ländern erhebliche ideologische und sozialpolitische Differenzen bestehen. Das wirkt sich gerade beim Problem der Schulung von ausländischen Gastarbeiterkindern in der Schweiz aus. Das Schulungsanliegen an sich ist zweifellos berechtigt. Andererseits sind aber Klagen5 über Praktiken der jugoslawischen Konsulate in der Schweiz laut geworden, welche darauf ausgerichtet sind, ihre Landsleute politisch unter Kontrolle zu halten. Das zeigt sich etwa in der Versuchen, sich in die Tätigkeit, namentlich das Unterrichtswesen, der jugoslawischen religiösen Missionen in der Schweiz einzuschalten und Zusatzkurse in der Heimatsprache und -kultur im Sinne des sozialistischen Patriotismus zu vermitteln. Wenn auch die erhaltenen Informationen nicht über alle Zweifel erhaben sein dürften, so hat dieses Vorgehen dennoch zur Folge, dass in gewissen religiösen jugoslawischen Kreisen sowie in einem Teil der Gastarbeiterschaft aus diesem Lande Misstrauen und Furcht gesät werden. Die Ansicht der Eidgenössischen Konsultativkommission für das Ausländerproblem – die bis zu einem gewissen Grad von der Bundesanwaltschaft und der Fremdenpolizei geteilt wird – wonach die Machenschaften der jugoslawischen Konsularbeamten einen unstatthaften Eingriff in unsere politische Ordnung darstellen, ist vor diesem Hintergrund verständlich.
Bei der Behandlung der Schulung von Kindern jugoslawischer Gastarbeiter in der Schweiz gilt es diesem Sachverhalt Rechnung zu tragen. Mit Ihnen sind wir der Ansicht, dass diese Angelegenheit schon rein materiell gesehen und angesichts der offensichtlichen Bedeutung, welche ihr die jugoslawische Seite beimisst, von den Vorschlägen betreffend wissenschaftliche Zusammenarbeit und den akademischen Austausch gesondert betrachtet werden soll.
Zu den Abschnitten [wissenschaftliche Zusammenarbeit] und [akademischer Austausch] haben wir uns nicht zu äussern. Hingegen befürworten wir im Sinne Ihrer Ausführungen, dass der schweizerischen Delegation im Hinblick auf Verhandlungen auf jeden Fall ein Vertreter unseres Departements zur klaren Absteckung der vertraglichen Möglichkeiten beigegeben wird6.