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Documents Diplomatiques Suisses, vol. 22, doc. 32
volume linkZürich/Locarno/Genève 2009
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Archives | Archives fédérales suisses, Berne |
▼ ▶ Cote d'archives | CH-BAR#E2804#1971/2#329* |
Ancienne cote | CH-BAR E 2804(-)1971/2 43 |
Titre du dossier | Négociations en vue de l'Association à la Communauté Economique Européenne (1961–1962) |
Référence archives | 066.2 |
Archives | Archives fédérales suisses, Berne | |
▼ ▶ Cote d'archives | CH-BAR#E2200.36-09#1976/154#998* | |
Ancienne cote | CH-BAR E 2200.36-09(-)1976/154 133 | |
Titre du dossier | Verhältnis der Neutralen zur EWG, INSB. Schweiz (1960–1965) | |
Référence archives | N.51.2.3 |
dodis.ch/30142
Wie wir Ihnen schon mitgeteilt haben, werden wir am 15. Dezember in Brüssel dem Sekretariat des Präsidenten des EWG-Ministerrates unser formelles Verhandlungsgesuch einreichen2. Gleichzeitig sollen dem Präsidenten der EWG-Kommission und den Aussenministerien in den Kapitalen der EWG-Staaten Kopien des Schreibens überreicht werden. Das Verhandlungsgesuch liegt diesem Schreiben bei3. Wir möchten zu Ihrer persönlichen Information folgende Kommentare zum Text anbringen.
1. Es handelt sich um eine individuelle Bestätigung seitens der Schweiz der Verhandlungsbereitschaft der EFTA-Staaten, die in der Erklärung vom 31. Juli4 der EWG kollektiv schon angezeigt worden ist. Der Brief bedeutet nicht, dass wir die sofortige Aufnahme von Verhandlungen wünschen. Wir wünschen einzig, dass die Verhandlungen zu einem Zeitpunkt aufgenommen werden, der das gleichzeitige Inkrafttreten der Lösungen für alle EFTA-Staaten gewährleistet (siehe Formel im 2. Abschnitt des Briefes).
2. Wie dies im Gesuch verschiedene Male betont ist, wünscht die Schweiz eine Beteiligung am integrierten Markt, also nicht eine Lösung, die sich z. B. auf Zollsenkungen für die wichtigsten schweizerischen Exportgüter beschränkt. Die letztere Lösung wird bekanntlich von verschiedenen Personen des Monnet-Kreises bevorzugt. Durch die Betonung unseres Willens, am integrierten Markt teilzunehmen, haben wir mit aller Deutlichkeit unterstreichen wollen, worum es uns in diesen Verhandlungen geht.
3. Durch die Betonung der «vollen Aufrechterhaltung der ständigen Neutralität» unterstreichen wir, dass wir zur Regelung unseres Verhältnisses zur EWG keine Revision oder Anpassung unserer bisherigen Neutralitätskonzeption ins Auge fassen werden. Eine Assoziation, die auf dem Gedanken einer allmählichen Aufgabe der Neutralität zugunsten einer Verschmelzung mit einem europäischen politischen Gebilde basieren würde, ist durch die Terminologie des Verhandlungsgesuches bewusst ausgeschlossen worden.
4. Gleich wie die Schweiz hofft, dass die EWG-Staaten die Neutralität als Gegebenheit respektieren werden, ist sie sich bewusst, dass jede Lösung «die Integrität der Gemeinschaft» wahren muss. Bei der Suche nach einer Lösung wird die Schweiz diese Gegebenheit stets voll berücksichtigen.
5. Wenn im Gesuch die Formel «Art. 238 des Römer Vertrags scheint …»5 verwendet worden ist, so vor allem deshalb, weil es nicht unsere Sache sein kann zu bestimmen, welches der Anknüpfungspunkt im Römer Vertrag ist, welchen die EWG-Staaten für eine Beteiligung der Neutralen am europäischen Markt am geeignetsten betrachten.
6. Um gegenüber Drittstaaten jeden Eindruck einer Bereitschaft, die poli tischen Zielsetzungen der EWG auch nur indirekt zu übernehmen, zu vermeiden, haben wir nicht zuletzt auf Wunsch der Österreicher im Verhandlungsgesuch den Ausdruck «Assoziation» nicht gebraucht. Sollten Sie wegen dieser Auslassung angesprochen werden, so wäre Ihrerseits die Vermutung auszudrücken, sie sei wohl unbeabsichtigt; denn erstens beziehe sich der erwähnte Art. 238 ausdrücklich auf die «Assoziierung» und zweitens hatten die neutralen Staaten im Wiener Communique vom Oktober dieses Jahres6 ausdrücklich erklärt, sie suchten eine «Assoziierung in geeigneter Form».
Anlässlich der Überreichung des Briefes sollte unserer Auffassung nach vermieden werden, auf eine Diskussion über das schweizerische Verhandlungsgesuch einzutreten. Der mündliche Kommentar sollte nur eine Höflichkeitsformel (siehe Punkt 1 unten) und eine Erklärung betreffend des Zeitpunkts der eigentlichen Verhandlungen (Punkt 2 unten) umfassen:
1. Die Schweiz ist mit den Ländern der EWG schon jetzt eng verflochten. Sie würde es deshalb begrüssen, wenn die bestehenden engen Bande auch im Zeitalter der wirtschaftlichen Integration, an der die Schweiz teilnehmen möchte, aufrechterhalten und weiter entwickelt werden können.
2. Die Schweiz drängt nicht auf eine möglichst rasche Aufnahme der Verhandlungen. Sie begreift, dass die Verhandlungen mit Grossbritannien zuerst die Chancen eines Erfolges klarer erkennen lassen und den «point of no return» erreicht haben müssen, bevor die EWG das Gespräch mit den Neutralen nutzbringend einleiten kann. Wir begreifen auch, dass der Verhandlungsapparat der EWG gegenwärtig überbeansprucht ist. Woran uns aber liege, sei, dass gemein sam mit der EWG eine Regelung gefunden werde, welche es ermögliche, dass die Lösungen für alle EFTA-Staaten gleichzeitig in Kraft treten.
Sollte von Ihrem Gesprächspartner die Frage der Verhandlungsprozedur angeschnitten werden, so wäre es wohl vorteilhaft, wenn Sie sich auf die Rolle des Zuhörers beschränken könnten. Es mag Ihnen aber dienen zu wissen, dass wir an einem Verfahren interessiert sind, welches demjenigen gleicht, welches die EWG im Falle Grossbritannien zur Anwendung gebracht hat. Wir möchten mit andern Worten Gelegenheit erhalten, in einer mündlichen Erklärung den Ministern der EWG-Staaten und den Vertretern der Kommission unsere Stellungnahme und unser Verhandlungsziel gesamthaft darzulegen, wie dies Lordsiegelbewahrer Heath am 10. Oktober 1961 getan hat. Wir möchten es wenn immer möglich vermeiden, dass vorgängig dieser Präsentation des schweizerischen Standpunkts die EWG-Staaten in sogenannten «exploratory talks» Gelegenheit erhielten, uns zu erklären, was der Inhalt unserer Stellungnahme sein sollte bzw. nicht sein kann. Wir möchten unsere Verhandlungsposition nicht in Vorabklärungen preisgeben. Insofern Ihr Gesprächspartner selbst eine Prozedur anregen sollte, die diesen unsern Gedankengängen entspricht, so sollte ihm erklärt werden, dass nach Ihrer persönlichen Auffassung Bern diesen Überlegungen wahrscheinlich zugänglich wäre. Zu Ihrer persönlichen Orientierung teilen wir Ihnen mit, dass als Zeitpunkt für eine solche Präsentation des schweizerischen Standpunkts auf Ministerebene frühestens der Monat März in Frage käme.
Sollte weiter Ihr Gesprächspartner auf allfällige Unterschiede in den Briefen der drei neutralen Staaten hinweisen, so wäre zu betonen, dass diese Unterschiede – die tatsächlich nur Fragen der Formulierung betreffen – rein zufälliger Natur sind. Die drei neutralen Staaten seien sich darüber einig, dass eine rein wirtschaftliche Assoziierung mit der EWG angestrebt werden soll. Sollte von Ihrem Gesprächspartner angeregt werden, dass die Besprechungen z. B. über die Neutralitätserfordernisse von der EWG mit den drei neutralen Staaten gemeinsam geführt werden sollen, so wäre diese Anregung lediglich zur Kenntnis zu nehmen. Persönlich und vertraulich teilen wir Ihnen mit, dass der Entscheid über diese Frage gegenwärtig noch nicht gefällt werden kann. Es wird davon abhängen, wie sich der Meinungsaustausch unter den Neutralen weiter entwickelt.
Weiter möchten wir Sie bitten, mit den Botschaftern Österreichs und Schwedens in der nächsten Zeit engsten Kontakt zu pflegen und uns sofort Mitteilung zu machen, wenn Sie den Eindruck haben, dass deren Vorgehen bei den Behörden Ihres Gastlandes grosso modo nicht dem unsrigen entsprechen sollte.
Was die Reaktionen Ihres Gesprächspartners oder der Presse Ihres Gastlandes anbetrifft 6, so bitten wir Sie jetzt schon, eine Kopie Ihrer Berichte an Herrn Minister Jolles, den Leiter des neu geschaffenen Integrationsbüros7, zu senden. In den nächsten Tagen werden Sie über die Schaffung dieses den Chefs des Eidg. Politischen Departements und des Eidg. Volkswirtschaftsdepartements sowie der ständigen Wirtschaftsdelegation unterstehenden Dienstes orientiert werden.
- 1
- Schreiben: E 2804(-)1971/2/43.↩
- 2
- Vgl. Nrn. 30 und 34 in diesem Band. Siehe auch das BR-Prot. Nr. 2277 vom 11. Dezember 1961 (dodis.ch/30138) und das Pressecommuniqué des Bundesrates vom 15. Dezember 1961 (dodis.ch/30163).↩
- 3
- Nicht abgedruckt.↩
- 4
- Nicht abgedruckt.↩
- 5
- Vgl. Nr. 30, insbesondere Anm. 14, in diesem Band.↩
- 6
- Nicht abgedruckt.↩
- 7
- Zur Gründung des Integrationsbureaus vgl. das BR-Prot. Nr. 2276 vom 7. Dezember 1961 (dodis.ch/30134) und DDS, Bd. 22, Dok. 37, dodis.ch/30168.↩
Liens avec d'autres documents
http://dodis.ch/30143 | voir aussi | http://dodis.ch/30142 |
http://dodis.ch/30145 | voir aussi | http://dodis.ch/30142 |
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