Les nouvelles perspectives générales quant au recrutement de la main-d'oeuvre étrangère. En prévision d'une éventuelle récession, il convient d'éviter tout nouvel accord en la matière. Tour d'horizon concernant les principaux pays fournisseurs de main-d'oeuvre.
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Documents Diplomatiques Suisses, vol. 22, doc. 155
volume linkZürich/Locarno/Genève 2009
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Archives | Archives fédérales suisses, Berne | |
▼ ▶ Cote d'archives | CH-BAR#E7170B#1977/67#1391* | |
Ancienne cote | CH-BAR E 7170(B)1977/67 265 | |
Titre du dossier | Abkommen und Verhandlungen mit Spanien (1961–1970) | |
Référence archives | 241.2 |
dodis.ch/30019 Interne Notiz des Bundesamtes für Industrie, Gewerbe und Arbeit1
Zukünftige Deckung des Bedarfes an ausländischen Arbeitskräften
Wie ich Ihnen bereits bekanntgegeben habe und wie ich auch am letzten Amtsrapport kurz antönte, beschäftigen uns gegenwärtig nicht bloss die mit der Beschränkung der Zahl ausländischer Arbeitskräfte im Zusammenhang stehenden Probleme, sondern auch die Fragen, ob und in welcher Weise wir in Zukunft die für die Aufrechterhaltung aller Sparten unserer wirtschaftlichen Tätigkeit einschliesslich der öffentlichen Dienste, Spitäler usw. unerlässlichen ausländischen Arbeitskräfte beschaffen können. Selbstverständlich steht nach wie vor die Vorkehr zur Eindämmung einer weiteren starken Zunahme des Ausländerbestandes im Vordergrund, und es ist zu hoffen, dass bereits die Augustbestandeserhebung 1963 ein günstiges Bild über die direkten oder indirekten Auswirkungen des BRB vom 1. 3. 632 sowie über andere, gegen ein allzu starkes Ansteigen der Ausländer wirkende Kräfte wie Dämpfung der Konjunktur, Bestellungsrückgänge, weniger optimistische Beurteilung der künftigen Wirtschaftsaussichten, Schwierigkeiten in der Beschaffung ausländischer Arbeitskräfte usw., vermitteln wird. Wir werden uns im übrigen bald schon darüber Klarheit verschaffen müssen, ob und bejahendenfalls welche Vorkehren zur Ablösung des BRB vom 1. 3. 63 in Aussicht zu nehmen sind. Hierüber hat anlässlich der Konferenz mit den Arbeitsämtern vom 11. Juni 1963, welche den Fragen der Durchführung des BRB vom 1. 3. 63 und den allfälligen Massnahmen zur Ablösung dieses BRB gewidmet war, eine ausgiebige Aussprache stattgefunden, über deren Verlauf und Ergebnis ich Sie bald schon mit einem ausführlichen Bericht orientieren werde.
Die Frage, ob wir in Zukunft die unerlässlichen Arbeitskräfte werden beschaffen können, beschäftigt nicht nur uns, sondern noch viel stärker weiteste Kreise unserer Wirtschaft. Ich habe mich hierüber schon eingehend mit Herrn Dr. Schwarb vom Zentralverband, aber auch mit Vertretern anderer Arbeitgeberorganisationen und der Landwirtschaft, unterhalten und dabei immer den Standpunkt vertreten, dass vorläufig die Frage der Beschränkung der Zahl der ausländischen Arbeitskräfte im Vordergrund steht und dass bei dieser Situa tion vor allem aus politischen Gründen nicht erwartet werden könne, dass z. B. bald schon neue Rekrutierungsabkommen mit Ländern wie Griechenland, der Türkei usw. in Erwägung gezogen werden. Ich gab aber zu verstehen, dass angesichts der zunehmenden Rekrutierungsschwierigkeiten in Italien (Ziff. 1), besonders aber in Spanien (Ziff. 2) jetzt schon abgeklärt werden müsse, welche Möglichkeiten bestehen, vor allem für Mangelberufe in weiter entfernteren Ländern wie Griechenland, der Türkei und Portugal die andernorts nicht mehr rekrutierbaren unerlässlichen ausländischen Arbeitskräfte zu beschaffen, und welche Voraussetzungen rechtlicher, administrativer, organisatorischer und anderer Natur erfüllt sein müssen, um, ohne ein Rekrutierungsabkommen abzuschliessen, aus solchen Ländern die Arbeitskräfte zu beschaffen (Ziff. 3). Dabei konnte ich darauf hinweisen, dass das BIGA sich nicht erst heute, sondern, soweit es um die Türkei und Griechenland geht, schon seit Jahren mit diesen Fragen befasst und dass unser Amt auf Grund einer eingehenden Korrespondenz mit unseren Botschaften in Athen und Ankara, aber auch gestützt auf andere Informationsquellen, über die Situation verhältnismässig gut unterrichtet sei, so dass, sofern etwas unternommen werden müsse, es bloss noch darum gehen könne, gewisse zusätzliche Abklärungen vorzunehmen und Unterlagen zu beschaffen.
Nach diesen einleitenden Bemerkungen möchte ich mich nun konkret zu der Situation bezüglich der einzelnen Länder äussern und Vorschläge und Anregungen unterbreiten.
1. Soweit es um unser wichtigstes Rekrutierungsland, um Italien 3, geht, ist die Situation bekanntlich die gleiche wie sie in den vergangenen Jahren war. Abgesehen von der Landwirtschaft haben im grossen und ganzen unsere schweizerischen Arbeitgeber sei es im Rahmen der normalen Rekrutierung, sei es vor allem dank der Einreise der sogenannten faux-touristes, die üblicherweise aus Italien stammenden Arbeitskräfte erhalten, wobei allerdings die Rekrutierungsgebiete sich immer mehr nach Süden verlagerten und parallel damit auch eine Abnahme der Qualifikation verbunden war. Interessant ist, dass, soweit es um die Zahl der erstmaligen Bewilligungen an italienische Arbeitskräfte geht: zum ersten Mal seit Jahren im ersten Quartal 1963 ein starker Rückgang (10’000, etwa 7–8% weniger als im 1. Quartal 1962) eingetreten ist, weshalb es nicht verwunderlich wäre, wenn im August der Bestand an Italienern statt wie bisher zuzunehmen zum ersten Mal zurückgehen würde. Es hält schwer, sämtliche Ursachen dieser Entwicklung festzuhalten. Sie stehen teilweise im Zusammenhang mit der Situation in Italien, teilweise gehen sie aber auch auf die direkten und indirekten Auswirkungen unseres BRB vom 1. 3. 63 zurück, insbesondere auf das Verhalten gewisser Arbeitgeber, soweit es um die Einstellung nicht qualifizierter italienischer «faux-touristes» geht.
Da wir nicht wissen, ob die Verhandlungen über das Emigrationsabkommen bald wieder aufgenommen4 und welchen Verlauf und welches Ergebnis sie allenfalls haben werden, steht einzig fest, dass für die Zukunft noch mit einem weiteren Unsicherheitsfaktor zu rechnen ist. In diesem Zusammenhang möchte ich nochmals betonen, wie dringend notwendig es ist, das Junctim zwischen dem bereits unterzeichneten Sozialversicherungsabkommen5 und der zur Diskussion gestellten Revision des Emigrationsabkommens für solange aufrecht zu erhalten, als letzteres Abkommen nicht im Sinne unserer Vorschläge vom vergangenen November bereinigt wird bzw. die Italiener in rechtsgültiger und bindender Weise erklären, sie verzichten auf die Weiterführung der Revisionsverhandlungen.
2. Die Entwicklung in diesem Jahr hat unsere Annahme, dass die Einwanderung aus Spanien mit dazu beitragen werde, den unerlässlichen Bedarf der Wirtschaft vor allem in Mangelberufen wie der Landwirtschaft zu decken und Ausfälle in andern Rekrutierungsländern wie Italien auszugleichen, erneut bestätigt. Während, wie erwähnt, im ersten Quartal die erstmaligen Bewilligungen der Italiener um 10’000 zurückgegangen sind, haben sie, soweit es um die Spanier geht, um etwa 5000 zugenommen.
Aber auch mit den Aussichten bezüglich der Weiterentwicklung der Einwanderung aus Spanien ist es nickt zum besten bestellt. In meinem Bericht über Verlauf und Ergebnis meiner Abklärungen und Besprechungen in Madrid in der zweiten Aprilhälfte6 habe ich dargelegt, dass vor allem in letzter Zeit in der Einstellung der spanischen Behörden zur Auswanderung in dem Sinn ein starker Wandel eingetreten ist, als diese Auswanderung angeblich aus wirtschaftlichen, in Wirklichkeit aber wohl aus politischen Erwägungen, statt gefördert immer stärker gehemmt wird. Die Landwirtschaft hat trotz abgegebener Versprechen immer noch nicht die angeforderte Zahl spanischer Landarbeiter erhalten, und das, was für Teile unserer Wirtschaft und einzelne Betriebe viel schwerwiegender ist, ist inzwischen eingetreten, nämlich eine ausserordentliche Behinderung der namentlichen Rekrutierung. Auch auf diese Möglichkeit habe ich bereits im Bericht hingewiesen, und ich möchte im folgenden kurz auf den gegenwärtigen Stand der Dinge und auf das weitere Vorgehen eintreten.
In Ziffer 2 meines Schreibens vom 1. Mai 1963 an den Generaldirektor der spanischen Auswanderungsanstalt7, von dem ich eine Lichtpause beilege (Beilage l8), habe ich unter Hinweis auf das Abkommen, die Verhandlungen der Commission mixte sowie die schweizerische Praxis dargelegt, was wir unter namentlicher Rekrutierung verstehen und wie wir sie durchgeführt haben möchten. Da der Leiter der Auswanderungsanstalt in einem Schreiben vom 16. Mai 1963 (Beilage 29) eine einschränkende Auslegung des Begriffes gab, ersuchte ich sofort Herrn Coigny von unserer Botschaft in Madrid, abzuklären, welches nun eigentlich die Haltung und das Vorgehen der spanischen Behörden seien. Der Generaldirektor der Auswanderungsanstalt wich einer Aussprache mit dem zuständigen Mitarbeiter unserer Botschaft aus und erliess dann Ende Mai eigenmächtig und unilateral, ohne uns, die Arbeitgeber und ihre Organisationen vorher hierüber orientiert zu haben, eine Anordnung, die eine einschneidende Einschränkung der namentlichen Rekrutierung bewirken wird (Beilage 310). Einem grossen Teil der schweizerischen Arbeitgeber, welche Gesuche um namentliche Rekrutierung eingereicht hatten, wurden dieses Schreiben und gleichzeitig ihre Gesuche und Arbeitsverträge zugestellt mit der Aufforderung, bekanntzugeben, ob eine der Voraussetzungen, die nach spanischer Ansicht für die Bewilligung eines namentlichen Gesuches bestehen (Arbeit beim Arbeitgeber, enge familiäre Beziehungen usw.) erfüllt sei.
Ich habe nach Fühlungnahme mit den Arbeitgeberorganisationen unverzüglich dem Sozialattaché der spanischen Botschaft in Bern bekanntgegeben, dass wir mit diesem im Widerspruch zum Abkommen und zu andern Abmachungen stehenden Vorgehen nicht einverstanden seien, und als ich von ihm erfuhr, dass der Generaldirektor der spanischen Auswanderungsanstalt Anfang Juni für einige Tage in Genf weile und auch nach Bern zu kommen beabsichtige, habe ich eine Aussprache mit Herrn Garcia-Trevijano vereinbart (Beilage 411). In den Verhandlungen mit Herrn Garcia-Trevijano konnte erreicht werden, dass die spanische Auswanderungsanstalt bis Ende Juni Gesuche um namentliche Rekrutierung gleich behandle wie bis anhin und dass sie sich bereit erklärte, die Ende 14. Mai zurückgeschickten Gesuche, sofern sie bis Anfang Juli wieder nach Madrid retourniert werden, in Wiedererwägung zu ziehen und zu erledigen. Die Organisationen der Wirtschaft, die Arbeitsämter und die Arbeitgeber, von denen wir wussten, dass sie solche Gesuche zurückgeschickt erhalten haben, sind gemäss beiliegenden Zirkularschreiben über die Situation orientiert worden (Beilagen 512 und 613). Ich brauche an dieser Stelle nicht besonders zu betonen, dass das Vorgehen der Spanier heftige Reaktionen bewirkte und dass die inzwischen eingetretene Ruhe nur vorübergehend sein wird. Wir müssen uns deshalb darüber klar werden, was nach dem 1. Juli geschieht und was wir vorzukehren haben.
In diesem Zusammenhang schlage ich folgendes vor:
a. Ich werde dem Generaldirektor der spanischen Auswanderungsanstalt unter Bezugnahme auf mein Schreiben vom 1. Mai 1963 und in Bestätigung dessen, was ich an der Aussprache vom 6. Juni 1963 mündlich bekanntgab, kurz und bündig erklären, dass wir uns mit dem spanischen Vorgehen, soweit es um die namentliche Rekrutierung geht, nicht einverstanden erklären können, da es im Widerspruch zum Auswanderungsabkommen vom 2. März 196114, zu den Vereinbarungen in der Conmission mixte und zur schweizerischen Praxis bei der namentlichen Rekrutierung in allen Ländern steht. Dieses Schreiben wird kaum die gewünschte Wirkung haben.
b. Deshalb schlage ich vor, dass jetzt schon ein Schreiben an unsere Botschaft in Madrid vorbereitet wird, mit welchem sie ersucht wird, beim Auswanderungsamt und wenn nötig bei der vorgesetzten Stelle zu intervenieren, um zu erreichen, dass auf diese Einschränkungen bei der namentlichen Rekrutierung verzichtet wird. Bei dieser Gelegenheit wäre wiederum zu betonen, dass, weil diese einseitige Massnahme im Widerspruch zum Abkommen und zu den bisherigen Abmachungen steht, uns Gelegenheit geboten werden müsse, z. B. in Verhandlungen der Commission mixte unseren Standpunkt nochmals zu vertreten, um dann zu schauen, ob eine beidseits akzeptable Regelung zustande kommt.
c. Nach meiner Auffassung muss, wie ich bereits in meinem Bericht über meine Reise nach Madrid und später Ihnen gegenüber mündlich bekanntgegeben habe, schweizerischerseits gestützt auf Art. 18 des Auswanderungsabkommens vom 2. 3. 61 die sofortige Einberufung der Commission mixte zur Behandlung dieses Problems gefordert werden. An sich wäre es das beste, wenn diese Kommission schon vor den Ferien zusammenkommen würde; wenn dies nicht möglich ist, ist eine Zusammenkunft für den Frühherbst in Aussicht zu nehmen.
Abschliessend möchte ich betonen, dass ich die Chancen, mit Spanien zu einer auch für uns günstigen Regelung nicht nur der Frage der namentlichen Rekrutierung, sondern auch jener der Rekrutierung weiterer grösserer Zahlen spanischer Arbeitskräfte, vor allem solcher für die Landwirtschaft für das Jahr 1964, zu gelangen, nach den gemachten Erfahrungen nicht als sehr aussichtsreich beurteile. Diese Auffassung wird von Herrn Dr. Schwarb und auch von der Leitung des Schweiz. Bauernverbandes geteilt. Wie einleitend erwähnt, werden gegenwärtig und wohl auch in nächster Zukunft Bedeutung und Auswirkungen der vorübergehenden Auswanderung spanischer Arbeitskräfte nach westeuropäischen Staaten von höchster Stelle negativ gewertet, und dies hat seine Rückwirkungen auf das Verhalten des Auswanderungsamtes und der Provinzialbehörden. Unsere Situation ist, soweit es um die namentliche Rekrutierung geht, auch deswegen ungünstig, weil, soweit ich vernommen habe, die Deutschen sich mit der Einschränkung, die Spanien bezüglich der namentlichen Rekrutierung auch uns gegenüber festlegen möchte, bereits einverstanden erklärt haben. Es wird schwer halten, von den Spaniern eine für uns günstigere Behandlung zu erwirken. Sollten die Spanier auf einer für uns unakzeptable Ordnung der namentlichen Rekrutierung und anderer Fragen bestehen und sollte die Mitwirkung der Auswanderungsanstalt bei der offiziellen Rekrutierung zunehmend wirkungsloser und fragwürdiger werden, so wird man bald schon schweizerischerseits zu verstehen geben müssen, dass auch wir für eine korrekte Durchführung des Abkommens nicht mehr garantieren können und dass wir für uns und die Arbeitgeber sowie für ihre Organisationen volle Handlungsfreiheit vorbehalten müssten. Man muss sich dessen bewusst sein, dass bei einer solchen durchaus möglichen Stellungnahme für das Jahr 1964 an eine kollektive Rekrutierung nicht mehr gedacht werden könnte, was weitgehendste Konsequenzen haben müsste. Hierüber habe ich auch schon mit der Leitung des Schweiz. Bauernverbandes gesprochen, und dieser Sachverhalt ist für den Bauernverband massgebend für die Umschau nach andern Rekrutierungsgebieten (vor allem Portugal und Tunesien).
Auf alle Fälle steht fest, dass uns die Spanier immer mehr Schwierigkeiten bereiten werden. Bei dieser Sachlage vertrete ich den Standpunkt, dass man mit der früher auch von uns befürworteten baldigen Revision des Sozialversicherungsabkommens15 zuwarten sollte, eine Ansicht, die ich letzthin Ihnen und auch Herrn Vizedirektor Motta gegenüber vertreten habe.
3. Nachdem zu befürchten ist, dass bald schon in Italien, vor allem aber in Spanien, aus den in Ziff. 1 und 2 angeführten Gründen und vielleicht auch aus weitern Ursachen zusätzliche Schwierigkeiten in der Rekrutierung ausländischer Arbeitskräfte entstehen werden, müssen wir uns im Interesse der in besondere Bedrängnis geratenen Zweige unserer Wirtschaf wohl oder übel bald schon und obgleich das Problem der Beschränkung der Zahl der ausländischen Arbeitskräfte nach wie vor vordringlich sein wird, mit der Frage befassen, was vorzukehren ist, um in andern Ländern die ausfallenden und allenfalls zusätzlich benötigten Arbeitskräfte zu beschaffen. Im Vordergrund steht die Beschaffung der Arbeitskräfte für die Landwirtschaft und von unqualifiziertem Personal der Nahrungsmittel- und Textilindustrie, der Anstalten sowie des Gast- und vielleicht auch des Baugewerbes. Mit der Beschaffung qualifizierter Arbeitskräfte, die ohnehin nur in verhältnismässig geringer Zahl in andern als unsern Nachbarländern gefunden werden können, möchte ich mich in diesem Zusammenhang nicht befassen, wobei allerdings gesagt sei, dass, sofern z. B. mit Griechenland und der Türkei eine allgemeine Regelung herbeigeführt werden könnte, diese sich selbstverständlich auch günstig für die Beschaffung kleinerer Zahlen qualifizierter Arbeitskräfte auswirken müsste.
Wie Ihnen bekannt und wie bereits einleitend erwähnt, kommen als mögliche Rekrutierungsländer in Betracht zunächst Griechenland und die Türkei, dann auch Portugal und allenfalls Jugoslawien, weshalb ich kurz auf die Situation bezüglich dieser Länder eintreten möchte.
a. Gegenwärtig werden in der Schweiz rund 5000 griechische Arbeitskräfte beschäftigt16 und zwar vor allem im Gastgewerbe, aber auch in der Textil- und Nahrungsmittelindustrie mit Schwergewicht in der Ostschweiz. Bemühungen im Rahmen von Einzelaktionen, zunächst für das Hotelgewerbe und dann für die Anstalten und den Hausdienst vor allem unqualifizierte Arbeitskräfte zu beschaffen, hatten wenig Erfolg (Hotelgewerbe) oder kamen bisher gar nicht zustande (Krankenanstalten). Hingegen gelang es einigen Arbeit gebern wie der Mikron in Biel, aber auch solchen der Ostschweiz, in grösserer Zahl griechische Arbeitskräfte zu beschaffen. Von Zeit zu Zeit bereiten die griechischen Behörden Schwierigkeiten. indem sie z. B. trotz Vorliegen der Zusicherung einer Aufenthaltsbewilligung und eines Arbeitsvertrages die Pässe nicht ausstellen.
Da Griechenland nach wie vor für die Rekrutierung einer beschränkten Zahl von Arbeitskräften interessant bleiben wird, sollte versucht werden, mit diesem Land zu einer Regelung der Angelegenheit zu gelangen, ohne dass ein eigentliches Rekrutierungsabkommen abgeschlossen zu werden braucht. Es bestehen Anhaltspunkte dafür, dass seitens Griechenlands vor allem Gewicht auf den Abschluss eines Sozialversicherungsabkommens gelegt wird. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf beiliegende Aktennotiz von Herrn Merlin über ein Gespräch mit Frau Römer-Spörri, die sich schon seit Jahren der Betreuung der griechischen Arbeitskräfte annimmt und mit welcher wir schon seit langem Kontakt haben (Beilage 717).
Nach meiner Auffassung sollte man über unsere Botschaft in Athen auf Grund von Aussprachen mit den zuständigen Ministerien abzuklären versuchen, wie die Situation eigentlich ist, und, sofern wirklich ein Sozialversicherungsabkommen genügen sollte, wären bald schon diesbezügliche Verhandlungen aufzunehmen, wobei darauf hinzuweisen wäre, dass bezüglich Rekrutierung, Einreise, Lohn- und Arbeitsbedingungen usw. die zuständigen schweizerischen Behörden in der Lage sei, alle Garantien zu leisten (vgl. Ziff. 4).
Ich werde Ihnen demnächst einen Entwurf für ein Schreiben an unsere Botschaft in Athen vorlegen.
b. Gegenwärtig werden in der Schweiz 1000 bis 2000 türkische Arbeitskräfte in den verschiedensten Branchen unserer Wirtschaft beschäftigt. Während die durch Vermittlung der Migros-Türk18 und ihres türkischen Mitarbeiters, Herrn Balkanli, vor allem für die schweizerische Maschinenindustrie beschäftigten etwa 100 qualifizierten Arbeitskräfte nach den uns zugekommenen Mit teilungen dank der ausgezeichneten Auswahl sehr befriedigen, wird die vom Schweiz. Bauernverband gemeinsam mit Migros-Türk/Balkanli letztes Jahr eingeleitete Aktion zur Rekrutierung von etwa 50 landwirtschaftlichen Arbeitskräften nicht so günstig beurteilt. Nur ein Teil der türkischen Arbeitskräfte ist im Rahmen der Bemühungen der Migros-Türk vermittelt worden – im letzten Jahr etwa 200 –, alle übrigen wurden auf Grund anderer Verbindungen beschafft. Zu einer wahren Plage ist die Flut der Offerten von Arbeitskräften durch mehr als zweifelhafte türkische Vermittlungsstellen, Schreibbüros usw. für die Behörden, die Arbeitgeberorganisationen, aber auch einzelne Arbeitgeber, geworden. In dieser Sache haben wir bekanntlich eine rege Korrespondenz mit unserer Botschaft in Athen gepflogen19, welche angeregt hat, man möge für die Vermittlung türkischer Arbeitskräfte der Migros-Türk sozusagen eine Monopolstellung einräumen, was wir jedoch aus rechtlichen und andern Erwägungen ablehnen mussten, obschon dieser Weg einigermassen Gewähr für eine zweckmässige Rekrutierung geboten hätte.
Dank der Korrespondenz mit unserer Botschaft in Athen und weiteren Abklärungen war es möglich, über das für die Rekrutierung türkischer Arbeitskräfte auch auf Grund der türkischen Gesetzgebung und Praxis einzuschlagende Verfahren Aufschluss zu erhalten, und diese Angaben sind im Entwurf für ein Merkblatt zuhanden der Arbeitgeber und ihrer Organisationen zusammengefasst worden. Dieses Merkblatt20, in welchem übrigens auch auf das Erfordernis eines Dienstvertrages aufmerksam gemacht wird, ist vor allem deshalb bisher nicht herausgegeben worden, weil es nicht opportun gewesen und nicht verstanden worden wäre, wenn in einem Zeitpunkt, in dem die Behörden auf eine Beschränkung der Zahl der ausländischen Arbeitskräfte dringen, die Wirtschaft gleichzeitig von den gleichen Behörden offiziell darüber informiert worden wären, welches Vorgehen zur Beschaffung türkischer Arbeitskräfte einzuschlagen sei.
Dieses Merkblatt kann aber wenn nötig bald schon herausgegeben werden. Im übrigen haben wir immer noch mit unserer Botschaft in Ankara Verbindung wegen der mit der Rekrutierung türkischer Arbeitskräfte im Zusammenhang stehenden Fragen, und ich werde Ihnen demnächst ein weiteres Schreiben in dieser Sache zur Unterschrift vorlegen.
Im übrigen habe ich letzthin anlässlich einer Vorsprache des Leiters der Migros-Türk, Herrn Kantonsrat Ketterer, Zürich, mit seinem türkischen Mitarbeiter, Herrn Balkanli, die Gelegenheit benützt, um zu erfahren, ob diese Stelle in der Lage wäre, auch grössere Zahlen vor allem auch von unqualifizierten türkischen Arbeitskräften für bestimmte Zweige unserer Wirtschaft, Anstalten usw. zu rekrutieren. Wie Herr Ketterer zu verstehen gab, wäre dies mit der gegenwärtigen Organisation und dem heutigen Personalbestand dieser Vermittlungsstelle nicht möglich.
c. Sie wissen, dass der Schweiz. Bauernverband im Einvernehmen mit unserem Amt und der Eidg. Fremdenpolizei abzuklären versucht, ob aus Portugal21 in grösserer Zahl Landarbeiter für unsere Landwirtschaft beschafft werden können. Herr Bundesrat Schaffner ist ebenfalls orientiert und befürwortet diese Abklärungen.
Mit Herrn Dir. Juri ist vereinbart worden, dass er mit Unterstützung unserer Botschaft in Lissabon anlässlich seines Aufenthaltes in dieser Stadt Anfang Juni dieses Jahres in Gesprächen mit Vertretern der Bauernorganisationen, aber auch im Rahmen von Vorsprachen bei den zuständigen Ministerien, abzuklären versucht, ob Möglichkeiten bestehen würden, im nächsten Jahr portugiesische Landarbeiter in grösserer Zahl (2’000 und mehr) zu rekrutieren. Ich werde demnächst in einem Gespräch mit Herrn Juri erfahren, welches Resultat seine Abklärungen hatten.
Es ist mir bekannt, dass die Krankenanstalten, aber auch die Nahrungsmittelindustrie, hoffen, in Portugal Arbeitskräfte, die aus andern Ländern – vor allem unsern Nachbarländern – heute nur noch in ungenügender Zahl rekrutiert werden können und die möglicherweise aus den in Ziff. 2 genannten Gründen nicht mehr aus Spanien beschafft werden können, zu gewinnen.
Wir werden demnach Portugal als Rekrutierungsland im Auge behalten müssen, wobei man sich darüber im klaren sein muss, dass wahrscheinlich das Interesse der portugiesischen Regierung und Behörde an einer Auswanderung aus ähnlichen Gründen, wie dies für Spanien der Fall sein wird, ein äusserst geringes sein dürfte.
d. Es sei vermerkt, dass es dem Schweiz. Bauernverband gelungen ist, dank dem Entgegenkommen kantonaler Behörden der Westschweiz und im Einvernehmen mit der Eidg. Fremdenpolizei etwa 200 tunesische landwirtschaftliche Arbeitskräfte zu beschaffen. Angesichts der ausgezeichneten Erfahrungen mit diesen durch tunesische Stellen sorgfältig ausgewählten jungen Arbeitern (Söhne selbständiger Landwirte) hofft der Bauernverband, diese Aktion nächstes Jahr ausdehnen zu können, um vielleicht etwa 1000 Tunesier für die Erntearbeiten im nächsten Jahr einsetzen zu können.
Im weitern hat der Bauernverband vor Jahren schon sehr gute Erfahrungen gemacht mit der Beschäftigung jugoslawischer Landarbeiter22, die als Praktikanten in ausgewählten Bauernbetrieben während eines Erntejahres arbeiteten. Sollte sich zeigen, dass die kollektive Rekrutierung in Spanien nächstes Jahr auf noch grössere Schwierigkeiten wie im laufenden Jahr stossen würde oder überhaupt nicht zustande käme (Ziff. 2 oben am Schluss), so wird man behördlicherseits wohl oder übel Bemühungen des Bauernverbandes, aus Jugoslawien eine beschränkte Zahl landwirtschaftlicher Arbeitskräfte zu beschaffen, unterstützen müssen. Dabei sei vermerkt, dass in Deutschland heute mehr als 20’000 jugoslawische Arbeitskräfte beschäftigt werden, wobei die Rekrutierung in und die Ausreise aus diesem kommunistischen Land, obschon Deutschland mit Jugoslawien die diplomatischen Beziehungen abgebrochen hat, absolut in Ordnung und im Rahmen der geltenden jugoslawischen und deutschen Vorschriften geht.
4. Ich habe in der Einleitung die Gründe erwähnt, welche es gegenwärtig verunmöglichen, eigentliche Rekrutierungsabkommen mit Ländern wie Griechenland, Portugal, der Türkei usw. abzuschliessen. Da sich bei der Beschaffung und Beschäftigung von Arbeitskräften aus entfernteren Ländern aber zusätzliche besondere Fragen stellen, die irgendwie geregelt werden müssen, besonders wenn sich die Rekrutierung grösserer Zahlen als notwendig erweisen sollte, so erscheint es unerlässlich, dass zum mindesten schweizerischerseits die erforderlichen strengen Vorschriften nicht zuletzt zum Schutze dieser Arbeitskräfte erlassen werden.
Soweit es um die Einreise und die Zulassung dieser Arbeitskräfte geht, sind in den beiden Kreisschreiben des Eidg. Justiz- und Polizeidepartements vom Januar 196223 und April 196324 die notwendigen Vorschriften erlassen worden, wobei auf das Erfordernis der Zusicherung, auf die Garantieleistung für die Reise kosten, auf Vorsorge für Wohnungen und Betreuung, auf das Vorliegen eines schriftlichen Dienstvertrages usw. verwiesen sei. Dieser amtliche schriftliche Dienstvertrag sollte nun möglichst bald bereinigt werden, damit er gemeinsam mit dem ebenfalls im Entwurf vorliegenden Merkblatt den Arbeitgeberorganisationen zuhanden ihrer Mitglieder übergeben werden kann.
Nach meiner Auffassung ist angesichts der Sorge, welche die Arbeitgeber, vor allem auch die Vertreter der Spitzenverbände, bezüglich der Beschaffung der erforderlichen Arbeitskräfte in nächster Zukunft haben, und ihres Wunsches, für eine beschränkte Rekrutierung allenfalls weiter entferntere Länder in Aussicht zu nehmen, der Zeitpunkt für die Herausgabe eines Dienstvertrages ein günstiger. Ich habe bereits Herrn Dr. Schwarb angedeutet, dass, weil aus den ihm bekanntgegebenen Gründen der Abschluss von Rekrutierungs abkommen kaum in Erwägung gezogen werden können, auf andere Weise dafür gesorgt werden müsse, dass absolute Gewähr für eine richtige Rekrutierung und Beschäftigung von Arbeitskräften aus solchen Ländern geboten sein müsse, was nicht zuletzt auch diese Länder selber verlangen, und dass hiefür bestimmt der autonome schweizerische Dienstvertrag, der, wie er auf Grund eines Schreibens der Eidg. Fremdenpolizei wisse, gegen wärtig in unserem Amt bereinigt werde, das geeignete Instrument bilden werde. Im übrigen hat Herr Dr. Schwarb ersucht, dass bald das von der Eidg. Fremdenpolizei in Aussicht gestellte Gespräch wegen der Verwendung der Dienstverträge stattfinde, und ich habe ihm erklärt, ich werde Ihnen diesen Wunsch weiterleiten, was hiermit geschehen ist.
- 1
- E 7170(B)1977/67/265. Diese Notiz wurde von G. Pedotti unterzeichnet und war an M. Holzer gerichtet.↩
- 2
- Vgl. den Bundesratsbeschluss über die Beschränkung der Zulassung ausländischer Arbeitskräfte, AS, 1963, S. 190–192.↩
- 3
- Vgl. thematisches Verzeichnis: Konjunktur- und Migrationspolitik.↩
- 5
- Vgl. das Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Italienischen Republik über soziale Sicherheit, abgeschlossen in Rom, 14. Dezember 1962, AS, 1964, S. 727–742. Siehe auch das Exposé Les pourparlers italo-suisses sur les assurances sociales et l’immigration vom 11. Dezember 1961 (dodis.ch/18751).↩
- 6
- Vgl. den Bericht Rekrutierung spanischer Arbeitskräfte, insbesondere von Landarbeitern, für das Jahr 1963 von Pedotti vom 23. April 1963 (dodis.ch/30456).↩
- 8
- Nicht abgedruckt.↩
- 9
- Nicht abgedruckt.↩
- 10
- Nicht abgedruckt.↩
- 11
- Nicht abgedruckt.↩
- 12
- Nicht abgedruckt.↩
- 13
- Nicht abgedruckt.↩
- 14
- Vgl. das Abkommen zwischen der Schweiz und Spanien über die Anwerbung spanischer Arbeitskräfte und deren Beschäftigung in der Schweiz, AS, 1961, S. 981 ff.↩
- 15
- Vgl. das Abkommen zwischen der Schweiz und Spanien über Sozialsicherheit vom 21. September 1959, AS, 1960, S. 795–805.↩
- 16
- Vgl. die Notiz Main-d’œuvre grecque en Suisse von R. Probst vom 24. Oktober 1961 (dodis.ch/19023). Vgl. auch E 7170(B)1977/67/266 und E 2200.28(-)1976/11/6.↩
- 17
- Nicht abgedruckt.↩
- 18
- Zur Gründung der Migros-Türk vgl. E 2001(E)1978/84/1022 und E 2200.11(-)1978/77/24.Vgl. auch E 2200.159(-)1981/99/5.↩
- 19
- Nicht ermittelt.↩
- 20
- Vgl. das Merkblatt für Arbeitgeber betreffend die Anwerbung und Beschäftigung von Arbeitnehmern aus entfernteren Ländern vom 18. April 1963, E 7170(B)1977/67/248.↩
- 21
- Vgl. E 7170(B)1977/67/250.↩
- 22
- Vgl. das Schreiben Recrutement de main-d’œuvre yougoslave von Holzer an P. Micheli vom 31. Oktober 1962 (dodis.ch/30012).↩
- 23
- Vgl. das Kreisschreiben Conditions préalables pour la délivrance d’autorisations de séjour à des travailleurs étrangers provenant de pays éloignés vom 11. Januar 1962 (dodis.ch/30749).↩
- 24
- Vgl. das Kreisschreiben Voraussetzungen für die Zulassung von Arbeitskräften aus entfernteren Ländern: Ergänzungen zu unserem Kreisschreiben Nr. 1/62 vom 11. Januar 1962 vom 10. April 1963 (dodis.ch/30760).↩
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