Büro des KSZE-Schlichtungs- und Schiedsgerichtshofs vor.
Darin: Antrag des EDA vom 27.10.1992 (Beilage).
Darin: Co-rapport du DFF du 27.10.1992 (Beilage).
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 1992, doc. 50
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
Archival classification | CH-BAR#E7001C#2000/124#507* | |
Dossier title | Kandidatur Genfs als Sitz für das Büro des Schlichtungs- und Schiedsgerichtes der KSZE (1992–1992) | |
File reference archive | 123-15 |
Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E1004.1#1000/9#1024* | |
Old classification | CH-BAR E 1004.1(-)1000/9 1498 | |
Dossier title | Beschlussprotokolle des Bundesrates Oktober 1992 (4 Bände) (1992–1992) | |
File reference archive | 4.10prov. |
dodis.ch/61464Antrag des EDA an den Bundesrat1
Kandidatur Genfs als Sitz für das Büro des Schlichtungs- und Schiedsgerichtshofes der KSZE
1. Vom 12.–23. Oktober 1992 fand in Genf ein KSZE-Treffen über die friedliche Streitbeilegung statt,2 dessen Abhaltung von den Staats- und Regierungschefs der Teilnehmerstaaten an ihrem Treffen vom 9./10. Juli 1992 in Helsinki beschlossen worden war.3 Obwohl provisorisch schon eine zweite Verhandlungsrunde für November 1992 vorgesehen war,4 ist es den Teilnehmerstaaten bereits jetzt gelungen, sich auf ein substantielles Paket von Massnahmen für die friedliche Streitregelung zu einigen. Der mit Konsens angenommene Beschlussentwurf mit vier Beilagen, darunter eine Konvention über Schlichtung und Schiedssprechung in der KSZE, wird dem KSZE-Rat (Gremium der Aussenminister) am 14./15. Dezember 1992 in Stockholm5 zur formellen Annahme vorgelegt. Die Konvention ist danach zur Unterzeichnung bereit.
2. Neben der Verbesserung des im Jahre 1991 angenommenen Mechanismus von Valletta,6 dem von Grossbritannien eingebrachten Vorschlag für ein neues Vergleichsverfahren und dem US-Anliegen für Streitschlichtung auf Anordnung ist die Annahme einer Konvention über Schlichtung und Schiedssprechung in der KSZE herausragendstes Ergebnis des Genfer Expertentreffens. Der Vorschlag für diese Konvention und den damit zu schaffenden Schlichtungs- und Schiedsgerichtshof wurde am KSZE-Folgetreffen in Helsinki zwar von Frankreich und Deutschland eingereicht, die Grundidee geht aber auf einen Vorschlag der Schweiz zurück, den der damalige Rechtsberater des EDA, R. Bindschedler, im Jahre 1973 gemacht hat.7 Die Schweiz vertritt dieses Anliegen mithin schon seit fast zwanzig Jahren, das indessen noch im Januar 1991 am Treffen von Valletta unter anderem von Frankreich abgelehnt worden war.
Die Schweiz hat sich schon in Helsinki und danach am Genfer Treffen stark für die Schaffung des Schlichtungs- und Schiedsgerichtshofes eingesetzt und sieht den Erfolg nicht zuletzt als Krönung eines seit Jahrzehnten hartnäckig vertretenen Anliegens.8 Ausserdem ist der frühzeitig erreichte Konsens über den Dokumentsentwurf mit seinen umfassenden Massnahmen ein grosser Erfolg für die KSZE, die sich seit der Wende in Europa um mehr operationelle Aktivitäten zur Konfliktverhütung und Krisenbewältigung bemüht.
3. Die Konvention sieht die Schaffung eines Büros des Gerichtshofes vor, das aus einem Präsidenten, einem Vizepräsidenten und drei anderen Mitgliedern besteht; ferner sind ein Gerichtsschreiber und eine Sekretariatsperson vorgesehen.
Die schweizerische Delegation9 hat bereits am Treffen informell verlauten lassen, dass sie am Sitz dieses Büros interessiert ist und Genf dafür vorschlägt. Dieses Anliegen ist im allgemeinen wohlwollend aufgenommen worden. Die Bereitschaft, das eben zu Ende gegangene Treffen zu beherbergen, vor allem aber das langjährige Eintreten der Schweiz für ein bindendes Streiterledigungsverfahren, könnte in einem gewissen Sinne mit der Wahl Genfs als Sitz belohnt werden. Andererseits haben aber auch zahlreiche andere Staaten ihr Interesse für den Sitz des Büros angemeldet. Zu nennen sind Schweden, das als Depositärstaat der Konvention fungieren wird, sowie Malta (Valletta), Österreich (Wien), die Niederlande (Den Haag), Italien (Venedig) und Ungarn (Budapest).
Die Chancen für Genf sind als gut einzustufen. Die Stadt hat eine jahrhundertealte Tradition als Sitz von Schiedsverfahren.10 Sie ist an zentraler Stelle in Europa gelegen, hat grosse Erfahrung mit internationalen Organisationen und verfügt über ausgezeichnete Kommunikationsmöglichkeiten. Zahlreiche Bibliotheken garantieren umfassende Bestände mit Schwergewicht im Bereich Völkerrecht. Zu nennen sind auch die mögliche logistische Unterstützung der Streitparteien durch ihre Missionen bei der UNO in Genf sowie das reiche Reservoir an ad hoc Personal (Übersetzer, Dolmetscher, etc.), das kurzfristig mobilisierbar ist.11 Nun geht es darum, rasch zu handeln und den Teilnehmerstaaten noch vor dem nächsten Treffen des Ausschusses Hoher Beamter der KSZE, das anfangs November 1992 stattfindet,12 die Kandidatur der Schweiz formell anzukündigen.13 Ausserdem wäre es äusserst wünschenswert, die nötigen Räumlichkeiten für das Büro kostenlos anzubieten; ein solches Angebot scheint nötig, um im bevorstehenden Konkurrenzkampf bestehen zu können, und könnte vor allem die Staaten Zentral- und Osteuropas, denen die Kosten des zukünftigen Gerichtshofes gewisse Sorgen bereiten, in günstigem Sinn beeinflussen.
4. Der Ausschuss Hoher Beamter der KSZE wird noch vor dem Ratstreffen in Stockholm vom 14./15. Dezember 1992 über den Sitz des Büros befinden, obwohl die Konvention mit grösster Wahrscheinlichkeit nicht vor 1994 in Kraft tritt. Sie soll vom 15. Dezember 1992 bis zum 31. März 1993 bei der schwedischen Regierung zur Unterzeichnung aufgelegt werden und bedarf der Ratifikation. Ihr Inkrafttreten erfolgt zwei Monate nachdem der zwölfte Teilnehmerstaat seine Ratifikations- oder Beitrittsurkunde hinterlegt hat.14
5. Au vu de ce qui précède, nous vous proposons d’annoncer au Comité des hauts fonctionnaires la disponibilité de la Confédération à accueillir ladite cour d’arbitrage et son secrétariat à Genève, à lui procurer des locaux répondant à ses besoins, à mettre à disposition les salles de réunion nécessaires pour la cour dans le cadre des disponibilités du Centre international de Conférences de Genève (CICG) et à octroyer une contribution forfaitaire pour la prise en charge du loyer, des frais d’infrastructures et d’installation.15
Cette aide financière est accordée à la cour d’arbitrage en se fondant, par analogie, sur les contributions versées aux Secrétariats intérimaires de conventions établis à Genève.16 Ainsi, dans une première phase, l’engagement serait limité, conformément à la pratique constante en la matière, à une durée de trois ans, renouvelable pour deux ans. Il s’agit ainsi de faciliter la mise en place et le fonctionnement initial de la cour d’arbitrage.
Compte tenu de la forte compétition prévisible en raison du nombre des candidatures pour l’accueil de cette cour et de son secrétariat, il conviendrait également d’autoriser la délégation suisse à faire état, le cas échéant, d’une aide financière aux frais de personnel du secrétariat de la cour d’arbitrage, afin de garder une chance d’obtenir le siège de la cour à Genève. Il est entendu que la délégation suisse n’évoquera cette possibilité qu’en dernier recours.17
Conformément à la pratique suivie jusqu’ici (FF 1984 II 1461/1462, 1989 I 1584 et 1200),18 le Conseil fédéral peut accorder des montants destinés à la prise en charge de loyers pour un tel secrétariat en se fondant directement sur sa compétence en matière de politique étrangère telle que prévue à l’article 102, chiffre 8, de la constitution fédérale.19 La compétence budgétaire des Chambres fédérales est réservée.
Pour ce qui est de l’engagement de la Confédération à plus long terme, il conviendra de réexaminer la question de la gratuité dans le cadre de l’élaboration du Message aux Chambres fédérales pour la ratification de la Convention de conciliation et d’arbitrage dans le cadre de la CSCE.20
Les coûts annuels pour la première phase ne peuvent être qu’estimés, à l’heure actuelle: environ frs. 60 000.– pour les loyers et frs. 6 000 pour les charges, soit au total frs. 66 000.–. À cela s’ajouteraient, le cas échéant, les salaires pour un greffier et trois auxiliaires, soit environ frs. 300 000.–, ainsi que, comme investissement unique, les frais d’ameublement, soit environ frs. 50 000.–.
Dès que l’emplacement du siège de la cour d’arbitrage aura été déterminé, nous serons en mesure de présenter une proposition au Conseil fédéral pour l’octroi des crédits nécessaires sur la base d’éléments concrets.21
- 1
- CH-BAR#E1004.1#1000/9#1024* (4.10prov.). Dieser Antrag wurde vom stv. Chef des KSZE-Diensts des EDA, Reto Dürler, unter der Verantwortung des Dienstschefs Raimund Kunz verfasst und vom Vorsteher des EDA, Bundespräsident René Felber, unterzeichnet. Im Mitbericht vom 27. Oktober 1992 zeigte sich das EFD nicht einverstanden mit dem Antrag und forderte aufgrund der angespannten finanziellen Lage des Bundes u. a. die Kompensation der zusätzlichen Ausgaben innerhalb des Budgets des EDA. Der Bundesrat beschloss lediglich, dass die Kosten für das Hilfspersonal des Büros nicht übernommen werden sollen, vgl. das BR-Prot. Nr. 2000 vom 28. Oktober 1992, Faksimile dodis.ch/61464. Den Einwand, dass die Kandidatur für das Büro des Schlichtungs- und Schiedsgerichtshofs der KSZE den potentiellen UN-Umweltstandort Genf gefährden könnte, entschärfte Bundespräsident Felber damit, dass es sich um zwei ganz unterschiedliche Institutionen und Entscheidungsmechanismen handle, vgl. das Verhandlungsprotokoll der 33. Sitzung des Bundesrats vom 28. Oktober 1992, CH-BAR#E1003#2003/92#3* (4.32), sowie für den Umweltstandort Genf DDS 1992, Dok. 56, dodis.ch/62551.↩
- 2
- Vgl. dazu die Zusammenstellung dodis.ch/C2209.↩
- 3
- Vgl. dazu DDS 1992, Dok. 27, dodis.ch/61951, sowie zum vierten Hauptfolgetreffen der KSZE im Allgemeinen den Bericht der schweizerischen Delegation vom 9. September 1992, dodis.ch/58860.↩
- 4
- Für die Verhandlungen in Sachen friedliche Streitregelung in Europa vgl. den Schlussbericht einer ad hoc Arbeitsgruppe, die im Rahmen des KSZE-Folgetreffens von Helsinki zwischen dem 12. und 22. Mai 1992 zusammenkam, dodis.ch/61885.↩
- 5
- Vgl. dazu den Wochentelex 52/92 vom 21. Dezember 1992, dodis.ch/61353.↩
- 6
- Zum KSZE-Expertentreffen über die friedliche Regelung von Streitfällen in Valletta vom 15. Januar bis 8. Februar 1991 vgl. die Zusammenstellung dodis.ch/C1819.↩
- 7
- Botschafter Rudolf Bindschedler erarbeitete einen ersten Vorschlag für ein System der friedlichen Streitbeilegung im Hinblick auf den Beginn der KSZE-Vorbereitungsverhandlungen im Dezember 1972, vgl. dazu DDS, Bd. 25, Dok. 173, dodis.ch/34487. ↩
- 8
- Zum schweizerischen Engagement für die Erarbeitung einer wirksamen Streitschlichtungsmethode im Rahmen der KSZE vgl. die thematische Zusammenstellung KSZE und friedliche Streitbeilegung, dodis.ch/T1874.↩
- 9
- Die schweizerische Delegation setzte sich aus dem Rechtsberater des EDA, Botschafter Lucius Caflisch, dem stv. Chef der Direktion für Völkerrecht, Minister Blaise Godet, Linus von Castelmur vom KSZE-Dienst sowie Guillaume Scheurer von der Sektion Völkerrecht des EDA zusammen, vgl. das BR-Prot. Nr. 1842 vom 28. September 1992, dodis.ch/61924.↩
- 10
- Für einen historischen Überblick der schweizerischen Schiedspolitik vgl. das BR-Prot. Nr. 331 vom 20. Februar 1959, dodis.ch/14401.↩
- 11
- Vgl. dazu auch das Schlagwort Die internationale Rolle Genfs, dodis.ch/D982.↩
- 12
- Vgl. dazu den Wochentelex 49/92 vom 30. November 1992, dodis.ch/62397.↩
- 13
- Mit einem Schreiben vom 29. Oktober 1992 informierte Bundespräsident Felber die Aussenminister der KSZE-Staaten über die Absicht der Schweiz, für den Sitz des KSZE-Schiedsgerichts zu kandidieren und hob die Vorzüge der Stadt Genf als Sitzort hervor. Vgl. bspw. das Schreiben an den niederländischen Aussenminister, Hans van den Broeck, dodis.ch/62342. Reaktionen auf dieses Schreiben befinden sich im Dossier CH-BAR#E2010A#2001/161#5613* (B.72.09.15.1(40)).↩
- 14
- Übereinkommen über Vergleichs- und Schiedsverfahren innerhalb der KSZE, abgeschlossen in Stockholm am 15. Dezember 1992, in Kraft getreten für die Schweiz am 5. Dezember 1994, AS, 1995, S. 4392–4413.↩
- 15
- Le point 5 est probablement rédigé par le Ministre Blaise Godet, Directeur-suppléant de la Direction du droit international public du DFAE.↩
- 16
- Pour le financement de l’installation du Secrétariat provisoire de la convention sur la biodiversité à Genève, cf. le PVCF No 799 du 6 mai 1992, dodis.ch/60500.↩
- 17
- Lors de sa séance du 28 octobre 1992, le Conseil fédéral décide que les frais du personnel auxiliaire du Bureau ne sont pas pris en charge par la Confédération, cf. le PVCF No 2000 du 28 octobre 1992, facsimilé dodis.ch/61464.↩
- 18
- Cf. le Message concernant l’octroi d’une subvention pour l’établissement du programme général des festivités et manifestations commémoratives de 1991 du 29 août 1984, FF, 1984, II, pp. 1461–1462; la modification du Code des obligations (bail à loyer et bail à ferme) du 15 décembre 1989, FF, 1989, I, p. 1584, particulièrement l’article 253, et Message concernant le financement de nouveaux prêts à la Fondation des immeubles pour les organisations internationales (FIPOI) à Genève pour la construction d’un immeuble administratif à Montbrillant et d’une salle de conférence pour le GATT du 13 février 1989, dodis.ch/59815.↩
- 19
- Le Conseil fédéral «veille aux intérêts de la Confédération au dehors, notamment à l’observation de ses rapports internationaux, et il est, en général chargé des relations extérieures», RO, 1876, pp. 28–29 et RS, 1947, pp. 33–34.↩
- 20
- Cf. le Message concernant la Convention relative à la conciliation et à l’arbitrage au sein de la Conférence sur la sécurité et la coopération en Europe (CSCE), ainsi que les Traités de conciliation et d’arbitrage avec la Pologne et la Hongrie du 19 mai 1993, dodis.ch/62971.↩
- 21
- Lors de la troisième réunion du Conseil ministériel de la CSCE à Stockholm les 14 et 15 décembre 1992, Genève est choisie comme siège de la cour, cf. le télex hebdomadaire du 52/92 du 21 décembre 1992, dodis.ch/61353.↩
Tags
OSCE / CSCE / Conference on European Security
Geneva's international role CSCE and peaceful settlement of disputes