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Die Schweiz und die Konstruktion des Multilateralismus, Bd. 3. Diplomatische Dokumente der Schweiz zur Geschichte der UNO 1942–2002, vol. 15, doc. 34
volume linkBern 2022
Plus… |Documents Diplomatiques Suisses, vol. 27, doc. 145
volume linkZürich/Locarno/Genève 2022
Plus… |▼▶2 emplacements
Archives | Archives fédérales suisses, Berne | |
▼ ▶ Cote d'archives | CH-BAR#E2003A#1990/3#1906* | |
Ancienne cote | CH-BAR E 2003(A)1990/3 841 | |
Titre du dossier | Conseil éxécutif, Vol. 1-3 (1976–1978) | |
Référence archives | o.734.53 |
Archives | Archives fédérales suisses, Berne | |
▼ ▶ Cote d'archives | CH-BAR#E2210.3A#1992/76#27* | |
Ancienne cote | CH-BAR E 2210.3(A)1992/76 4 | |
Titre du dossier | Instructions du Département politique (1977–1980) | |
Référence archives | 132.3 |
dodis.ch/50891Die Sektion für kulturelle und UNESCO Angelegenheiten an die Chefin der Politischen Abteilung III des EPD, Botschafterin Pometta1
Der politische Charakter von UNESCO-Aktivitäten
An der letzten Sektionschefsitzung wurde u. a. die Frage angetönt, ob es der UNESCO überhaupt zustehe, sich mit einem Thema wie Abrüstung zu befassen. Ich darf meine damaligen mündlichen Bemerkungen noch wie folgt ergänzen:
Man ist hierzulande weithin geneigt, Fragen der erwähnten Art von vornherein zu verneinen, wobei man von der Vorstellung der UNESCO als einer «unpolitischen» Spezialorganisation mit rein kulturellen Aufgaben ausgeht. Wir mögen es ungern zur Kenntnis nehmen, aber diese Vorstellung ist – und war schon immer – falsch. Wenn sie sich in der Schweiz als besonders zählebig erweist, dann wohl deshalb, weil wir bekanntlich aus Neutralitätsgründen lange Zeit glaubten, einen scharfen Trennungsstrich zwischen «technischen» und «politischen» UN ziehen zu müssen.2 Man wird rückblickend feststellen dürfen, dass dabei viel manichäistisches Wunschdenken im Spiel war, das uns gewisse Dinge nicht sehen liess, die wir nicht sehen wollten.
Im Falle der UNESCO trifft dies sicher insofern zu, als wir uns bis heute zu wenig Rechenschaft darüber geben, dass die Präambel der UNESCO-Charta («acte constitutif») mit der Feststellung beginnt «Que, les guerres prenant naissance dans l’esprit des hommes, c’est dans l’esprit des hommes que doivent être élevées les défenses de la paix», während der Zweckartikel 1 desselben Dokuments stipuliert: «L’Organisation se propose de contribuer au maintien de la paix et de la sécurité en resserrant, par l'éducation, la science et la culture, la collaboration entre nations...»
Dass damit der UNESCO ein Mandat übertragen ist, dem zwangsläufig politische Implikationen innewohnen, liegt auf der Hand. In der Tat bedurfte es nicht des Prozesses der «Politisierung», von der in den letzten Jahren viel die Rede war,3 um aus der UNESCO eine politische Organisation zu machen; sie ist es weitgehend schon seit ihrer Geburtsstunde und gemäss ihrem prioritären statutarischen Auftrag.
Vor diesem Hintergrund ist es denn nicht erstaunlich, dass die Mitglieder des Conseil exécutif in der kürzlichen Debatte4 über den Ihnen bekannten Resolutionstext5 zum Thema Abrüstung die eingangs gestellte Frage ganz überwiegend bejaht haben.6 Viele Redner verwiesen auf Artikel 1 der UNESCO-Charta und leiteten daraus sogar eine Verpflichtung für die Organisation ab, mit ihren eigenen Mitteln, d. h. über den Weg der Erziehung, einen Beitrag an die Verbreitung des Abrüstungsgedankens zu leisten.7
Der in Paragraph 18 der Resolution enthaltene Vorschlag zur Durchführung eines «Congrès mondial sur l'éducation en matière du désarmement» basiert auf einer im Budget 1979/80 unter dem Titel «élaboration de mesures pratiques pour l'éducation en faveur du désarmement» bereits programmierten UNESCO-Aktivität, die wie folgt formuliert ist:
«Afin de dégager les mesures pratiques permettant de donner suite, dans les États membres, aux recommandations sur l'éducation en faveur du désarmement formulées en particulier par l'Assemblée générale des Nations Unies lors de sa session spéciale consacrée au désarmement (1978), un congrès international (catégorie IV) sur l'éducation en faveur du désarmement sera organisé hors Siège en 1980.»
Für diese Aktivität ist ein Aufwand von $ 52 600 vorgesehen. Über die Höhe diese Budgetpostens wird im Rahmen der Beratung des Zweijahres-Programms an der kommenden Generalkonferenz diskutiert werden können.
Über den Nutzen dieses Kongresses zur Förderung des Abrüstungsgedankens mache ich mir selbstverständlich keine Illusionen. Nicht bestreiten lässt sich aber, dass die Initianten solcher problematischen Veranstaltungen sich durchaus auf ein zentrales Postulat der UNESCO-Philosophie berufen können.
- 1
- CH-BAR#E2003A#1990/3#1906* (o.734.53), DDS, Bd. 27, Dok. 145. Diese an die Chefin der Politischen Abteilung III des EPD, Botschafterin Francesca Pometta, gerichtete Notiz wurde vom Chef der Sektion für kulturelle und UNESCO Angelegenheiten der Politischen Abteilung III des EPD, Paul Stauffer, sowie von dessen Stellvertreterin Irène Hofer verfasst und von ersterem unterzeichnet. Kopien der Notiz gingen an den ständigen Vertreter der Schweiz bei der UNESCO in Paris, Botschafter Charles Hummel, an die Sektion Vereinte Nationen und internationale Organisationen, an das Sekretariat der nationalen schweizerischen UNESCO-Kommission sowie an Herbert von Arx und Frédéric Dubois vom EPD.↩
- 2
- Vgl. dazu auch QdD 15, Dok. 31, dodis.ch/51501. ↩
- 3
- Zu den von der Schweiz festgelegten Strategien in Bezug auf die Politisierung der UNO-Sonderorganisationen vgl. dodis.ch/51524 und dodis.ch/51535.↩
- 4
- Zur Position der Schweiz in Bezug auf das Engagement der UNESCO in Abrüstungsfragen vgl. die Notiz des EPD vom 18. April 1978, dodis.ch/51517; das Telegramm Nr. 214 von Botschafterin Pometta an die schweizerische Delegation für die UNESCO-Generalkonferenz in Nairobi vom 25. November 1976, dodis.ch/51534 sowie die Notiz des EPD vom 28. Dezember 1976, dodis.ch/51031.↩
- 5
- Zum Resolutionsentwurf vgl. das Telegramm Nr. 172 von Irène Hofer an Paul Stauffer vom 10. Mai 1978 im Dossier CH-BAR#E2003A#1990/3#1906* (o.734.53). Für den definitivien Resolutionstext vgl. die Resolution anlässich der UNESCO Exekutivratssitzung vom 24. April bis zum 9. Juni 1978, Contribution de l’Unesco à la session extraordinaire de l’Assemblée générale des Nations Unies consacrée au désarmement, in: Organisation des Nations Unies pour l’éducation, la science et la culture - Conseil exécutif (Hg.): Décisions adoptées par le Conseil exécutif à sa 104ème session, Paris 1978, S. 48 f.↩
- 6
- Zur Diskussion im Exekutivrat der UNESCO vgl. dodis.ch/51518.↩
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ONU (Organisations spécialisées)