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Documents Diplomatiques Suisses, vol. 24, doc. 132
volume linkZürich/Locarno/Genève 2012
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Archives | Archives fédérales suisses, Berne | |
▼ ▶ Cote d'archives | CH-BAR#E4320C#1995/392#1220* | |
Ancienne cote | CH-BAR E 4320(C)1995/392 216 | |
Titre du dossier | Schweizer / BüHRLE & Co / Prozess - Akten Nr.3 / (018)231.0/161 (1967–1970) | |
Référence archives | 231.0/161 |
Archives | Archives fédérales suisses, Berne | |
▼ ▶ Cote d'archives | CH-BAR#E5001G#1982/19#2475* | |
Ancienne cote | CH-BAR E 5001(G)1982/19 137 | |
Titre du dossier | Bericht der Expertenkommission an den Bundesrat über die schweizerische Kriegsmaterialausfuhr (Motion Renschler) (1969–1970) | |
Référence archives | 79.1 |
Archives | Archives fédérales suisses, Berne | |
▼ ▶ Cote d'archives | CH-BAR#E2001E#1980/83#495* | |
Ancienne cote | CH-BAR E 2001(E)1980/83 125 | |
Titre du dossier | Bührle AG, Oerlikon. Übertretung von Beschlüssen betr. die Kontrolle der Waffenausfuhr (1968–1970) | |
Référence archives | B.51.14.21.20.(05a) |
dodis.ch/33268
In Ihrem Schreiben vom 27. Februar 19692 haben Sie im Zusammenhang mit der Angelegenheit Werkzeugmaschinenfabrik Oerlikon Bührle AG (WO) zwölf Fragen gestellt3. Auftragsgemäss lasse ich Ihnen die Antworten der direkt betroffenen Funktionäre auf diese Fragen zugehen (Beilage)4. Dazu erlaube ich mir folgende Hinweise allgemeiner Art:
– Die Kontrollstelle für den Handel mit Kriegsmaterial (KHK) ist ein «Einmannbetrieb». Schon aus diesem Grund sind ihrer Kontrolltätigkeit relativ enge Schranken gesetzt. Es fehlen namentlich die personellen und materiellen Voraussetzungen für eine Überwachung in kriminaltechnischer Hinsicht. Die äusserst sparsame Ausgestaltung des Kontrollsystems schien vertretbar, weil für die Herstellung und Ausfuhr von Waffen, Munition und Sprengmitteln nur ganz wenige bestens bekannte Schweizer Firmen in Frage kommen. Die Beziehungen zwischen den zuständigen Dienststellen des Eidg. Militärdepartements und den leitenden Personen dieser Firmen sind wegen unserer eigenen Entwicklungs- und Beschaffungsaufträge sehr eng. Über den Charakter dieser Beziehungen schrieb Dr. D. Bührle in seinem Memorandum5 über die Besprechung beim Vorsteher des Eidg. Politischen Departements vom 19. Dezember 1963 folgendes:
«Abschliessend möchte die Oerlikon-Bührle-Gruppe ihren aufrichtigen Willen zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem Eidg. Politischen Departement, dem Eidg. Militärdepartement und der Kriegstechnischen Abteilung, als dem für die Industrie zuständigen Verbindungsorgan, zum Ausdruck bringen und versichern, dass sie alles in ihren Kräften Stehende tun wird, im gegenseitigen Einvernehmen den Interessen des Landes zu dienen.»
Es muss wohl als ausserhalb der normalen Erwartung liegend bezeichnet werden, dass Vertreter dieser gleichen Gruppe die Bundesbehörden mit falschen Angaben und durch Vorlage gefälschter Dokumente arglistig täuschten.
Die Nachteile, die in kontrolltechnischer Hinsicht aus der gegebenen Organisation resultieren, können nicht den beteiligten Funktionären zur Last gelegt werden. Sie lassen sich nur durch eine entsprechende Ergänzung des Kontrollapparates beseitigen. Eine Einschaltung der Bundesanwaltschaft erscheint notwendig.
– Die Minimaldotation der KHK in personeller Hinsicht wurde einigermassen kompensiert durch ein an sich sehr zweckmässiges Formularsystem und die Mitwirkung der eidgenössischen Zollbehörden. Wenn man von der Möglichkeit krimineller Verletzungen des Kriegsmaterialbeschlusses absieht, so ergeben sich für die KHK keine Probleme von besonderer Bedeutung. Die wichtigen und grundsätzlichen Entscheide im Zusammenhang mit der Ausfuhr von Kriegsmaterial werden durch das Eidg. Politische Departement6, allenfalls sogar den Bundesrat, getroffen. Nur wenn dabei militärische Interessen geltend zu machen sind, ergibt sich die Notwendigkeit der Einschaltung des Departementes (Meinungsaustausch mit Eidg. Politischem Departement, Mitberichtsverfahren vor Bundesrat). In allen übrigen Fällen ist jedoch «durch den Formularfluss» in einfacher Weise Gewähr dafür geboten, dass der KHK je nach politischer Opportunität das «grüne oder rote Licht» erteilt wird.
Die nun vorliegenden negativen Erfahrungen sind zum Teil eine Folge des «Formularautomatismus». Im Eidg. Militärdepartement stellte man darauf ab, dass die wichtigen Entscheide im Eidg. Politischen Departement gefällt werden. Dieses seinerseits konnte sich darauf verlassen, dass Kontrolle und Prüfung der Dokumente – da Sache der KHK – beim Eidg. Militärdepartement erfolge.
Dieser Dualismus ist einer wirksamen Kontrolle nicht förderlich. Bei einer Revision der Vorschriften wird man diesem Punkt Beachtung schenken müssen. Auch aus diesem Grund drängt sich die Schaffung einer «Zentralstelle» bei der Bundesanwaltschaft auf.
– Es ist kritisiert worden, dass vom Auftauchen ernster Verdachtsgründe bis zur Anzeige lange Zeit verstrichen sei. Der Verdacht, dass Waffen der WO illegal ins Ausland (Nigeria) gelangt sein konnten, konkretisierte sich anfangs 19687. Erstmals sah sich das Eidg. Politische Departement veranlasst, nicht nur die Kopien der Berichte des Botschafters in Lagos8 zuzustellen, sondern in einem Schreiben ausdrücklich dazu Stellung zu nehmen (Brief9 vom 10. 1. 68). Durch dieses Schreiben bekam auch der Unterzeichnete erstmals Kenntnis von der Angelegenheit. Nach Absprachen mit den Sachbearbeitern des Eidg. Politischen Departements schlug mir der Chef des Rechtsdienstes10 vor, durch Abklärungen im Ausland das Beweismaterial sicherzustellen, das nötig war, um die Funktionäre der WO zu überführen. Der Firma gegenüber sollten diese Massnahmen verschleiert werden. Insoweit sich Verdachtsmomente konkretisierten, sollten ohne eingehendere Begründung die erteilten Bewilligungen gesperrt werden. Dieses Vorgehen schien sinnvoll und in Anbetracht aller Umstände zweckmässig. Es wurde von mir gebilligt und bis zur Anzeige konsequent angewendet. Die Nachforschungen im Ausland beanspruchten notgedrungen einige Zeit. Die Verfolgung einer durch den Botschafter in Lagos aufgezeigten, möglicherweise falschen Fährte dauerte einige Wochen11. Schliesslich gelang es im Falle Äthiopien nicht nur die Fälschung der Endverbraucherzeugnisse nachzuweisen, sondern auch darzutun, dass WO mit fiktiven Vertragspartnern arbeitete12. Damit war die Möglichkeit der Gutgläubigkeit der WO ausgeschlossen. Die Anzeige konnte auf sichern Grundlagen erstattet werden.
Ich legte Wert darauf, Ihnen neben den Antworten der direkt betroffenen Funktionäre auch noch diese allgemeinen Gesichtspunkte darzulegen. Einige der Fragen sind eher summarisch beantwortet, weil sich die Akten bei Ihnen befinden. Sollten Sie mehr Einzelheiten wünschen, wäre wohl ein Befragen der Herren Clerc und Grognuz unter Konsultation der Akten angezeigt.
- 1
- Schreiben (Kopie): E 5001(G) 1982/19 Bd. 137 (79.1).↩
- 2
- Das Dokument befindet sich vermutlich in einem Dossier, in welches die Einsicht verweigert wurde; vgl. Anhang X, Verzeichnis nicht freigegebener Dossiers der Eidgenossenschaft im Schweizerischen Bundesarchiv.↩
- 3
- Die Bundesanwaltschaft befragte auch das Politische Departement über seine Funktion bei der Kontrolle der Kriegsmaterialausfuhr. Vgl. das Schreiben von M. Gelzer an H. Walder vom 26. März 1969, dodis.ch/33449. Zum Verfahren gegen die Oerlikon- Bührle AG vgl. auch das BR-Beschlussprot. II der 42. Sitzung vom 30. Oktober 1968, dodis.ch/33276; das BR-Beschlussprot. II der 4. Sitzung vom 29. Januar 1969, dodis.ch/33288 sowie das Schreiben von R. Ochsner an C. Weidenmann vom 13. März 1969, dodis.ch/33469.↩
- 4
- Vgl. Doss. E2001E#1980/83#495* (B.51.14.21.20.(05a)).↩
- 5
- Memorandum über die Besprechung beim Vorsteher des Eidg. Politischen Departementes vom 19. Dezember in Bern von D. Bührle vom 22. Januar 1964, dodis.ch/31930.↩
- 6
- Zur Frage, in welchen Fällen dem Politischen Departement Bewilligungsgesuche für Kriegsmaterial unterbreitet werden sollten, vgl. das Schreiben von M. Gelzer an A. Kaech, dodis.ch/33425.↩
- 7
- Vgl. das Schreiben von F. Real an P. Micheli vom 29. Dezember 1967, E2001E#1980/83#3506* (B.51.14.21.20).↩
- 8
- F. Real. Vgl. DDS, Bd. 24, Dok. 118, dodis.ch/33266, bes. Anm. 3.↩
- 11
- Dabei handelte es sich um Kriegsmaterialexporte nach Niger. Vgl. dazu die Antwort von W. Spühler auf verschiedene parlamentarische Vorstösse im Nationalrat vom 19. Dezember 1968, dodis.ch/33440, S. 8–9. Vgl. dazu auch das Schreiben von H. Monfrini an P. Micheli vom 10. Mai 1969, dodis.ch/33454 und die Notiz von P. Dietschi vom 15. August 1969, dodis.ch/33478.↩
- 12
- Vgl. dazu DDS, Bd. 24, Dok. 118, dodis.ch/33266.↩
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