Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 23, doc. 90
volume linkZürich/Locarno/Genève 2011
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E7110#1976/21#241* | |
Old classification | CH-BAR E 7110(-)1976/21 40 | |
Dossier title | Internationaler Währungsfonds - Weltbank (1965–1965) | |
File reference archive | 712 |
Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2804#1971/2#445* | |
Old classification | CH-BAR E 2804(-)1971/2 72 | |
Dossier title | Weltbank (1963–1965) | |
File reference archive | 170.4 |
Archive | Swiss Federal Archives, Bern |
Old classification | CH-BAR E 6100(B)-02/1986/168 166 |
Dossier title | Weltbank - Darlehen (1956–1968) |
File reference archive | 972.212 |
dodis.ch/31743
Besprechungen2 mit Herrn Wilson, Vizepräsident der Weltbank, und Herrn Miller, Direktor des europäischen Bureaus
Die Vertreter der Weltbank3 haben folgende Fragen aufgeworfen:
1. Zugang zum schweizerischen Kapitalmarkt
Die Weltbank4 ist verstimmt über die Schwierigkeiten, auf die sie bei den Schweizerbanken mit Bezug auf die Auflage eines neuen Anleihens gestossen ist. Die Verhandlungen hätten sich über 2½ Jahre hinausgezogen. Dies stehe im Widerspruch zu den Erklärungen, die der Bundesrat in den verschiedenen Botschaften5 abgegeben habe, wonach die Schweiz ein Interesse besitze, die Anleihenstätigkeit der Weltbank als eine Form der Entwicklungshilfe aktiv zu unterstützen. Die Herren wollten daher wissen:
a) ob die schweizerische Regierung ihre Politik geändert habe;
b) wenn nicht, wie diese Politik zum Ausdruck gebracht werden könne, insbesondere ob es möglich sei, der Weltbank als allgemeine Regel jährlich die Aufnahme eines Anleihens auf dem schweizerischen Kapitalmarkt zuzusagen, dessen Höhe sich nach den jeweils bei uns herrschenden Verhältnissen richten würde, wobei im Falle besonderer Schwierigkeiten gelegentlich auch ein Jahr übersprungen werden könnte.
Die Herren Bundesrat Wahlen und Bundesrat Bonvin versicherten beide, dass in der schweizerischen Politik keine Änderung eingetreten sei, wohl aber in den Verhältnissen auf dem schweizerischen Kapitalmarkt. Unter Hinweis darauf, dass der Bund keine Möglichkeit besitzt, eine Prioritätsordnung für die Auslandsanleihen festzulegen, wurden die Vertreter der Weltbank angewiesen, sich mit Bezug auf ein neues Anleihen im Jahre 1966 vorerst wiederum an die Banken zu wenden. Wir liessen durchblicken, dass wir im Falle besonderer Schwierigkeiten bereit wären, den Banken gegenüber erneut auf die Wünschbarkeit der Berücksichtigung der Weltbank hinzuweisen. Die Schweiz als traditioneller internationaler Kapitalmarkt dürfe jedoch auch die übrigen Kunden nicht vernachlässigen. Herr Bundesrat Wahlen unterstrich in diesem Zusammenhang den Unterschied gegenüber Kanada, das einen höheren prozentualen Anteil der Auslandsanleihen der Weltbank zukommen lässt.
Die Herren der Weltbank schienen für diesen Aspekt wenig Verständnis aufzubringen. Sie betonten, dass die Weltbank auch als Kunde der schweize rischen Wirtschaft eine Vorzugsbehandlung verdiene, indem bereits 550 Millionen Franken für Bezüge schweizerischer Investitionsgüter und Dienstleistungen und 270 Millionen Franken für Zinsen ausgegeben worden seien.
In einem weiteren Gespräch mit Herrn Vizedirektor Müller und dem Unterzeichneten warf Herr Wilson erneut die Frage auf, ob die Ablehnung des früheren Gesuches6, Weltbankobligationen als gesetzliche Reserven für die Versicherungsgesellschaften zu anerkennen, in Wiedererwägung gezogen werden könnte. Herr Müller liess diesbezüglich wenig Hoffnung.
2. Direkte Bundesdarlehen
Die Weltbank ist enttäuscht darüber, dass die beiden Bundesdarlehen nicht verlängert worden sind, sodass heute nur noch 133 Millionen Franken ausstehend sind gegenüber 233 Millionen Franken im Jahre 19627. Die Schweiz möchte die Gewährung eines neuen Darlehens in Erwägung ziehen.
Herr Bundesrat Bonvin wies darauf hin, dass diese Darlehen zu einer Zeit hoher Budgetüberschüsse gewährt wurden, während sich in Zukunft bei der Staatsrechnung eher Defizite ergeben werden. Er erwähnte in diesem Zusammenhang die für Hochschulen, Forschung, Gewässerschutz etc. erforderlichen neuen Aufwendungen.
Herr Bundesrat Wahlen bemerkte seinerseits, dass der Bund in letzter Zeit bedeutende zinsfreie Darlehen internationalen Organisationen für den Bau neuer Verwaltungsgebäude in Genf gewährt habe8, sodass das Parlament wenig geneigt wäre, zusätzliche Mittel für die Weltbank zur Verfügung zu stellen.
3. Schweizerische Beitragsleistung an die IDA
Die Vertreter der Weltbank haben diesen dritten Punkt mit schwächerer Insistenz als die beiden ersten vorgetragen, indem es sich hier nicht um die Weiterverfolgung einer bereits beschlossenen Politik, sondern um ein für die Schweiz neues Gebiet handle9. Der Zeitpunkt für einen schweizerischen Beitrag wäre jedoch jetzt besonders günstig, da in den nächsten Monaten ein neues Dreijahresbudget aufgestellt werden müsse. Die Varianten seien die gleichen, wie in den früheren Memoranden10 dargelegt, nämlich:
a) Beitritt der Schweiz zur IDA;
b) Beitrag in Form einer «supplementary contribution»;
c) Bundesdarlehen zu identischen Bedingungen, wie sie von der IDA den Entwicklungsländern gewährt werden, d. h. Laufzeit von 50 Jahren mit 10 Jahren Karenz, Amortisation von 1% während 10 Jahren, Amortisation von 3% während 30 Jahren, zinsfrei mit maximal ¾% «handling charge».
Herr Wilson wies auf die zunehmenden Bedürfnisse der Entwicklungs länder hin, die sich aus der übermässigen kurz- und mittelfristigen Verschuldung ergeben. Diese sei in der 5-Jahresperiode 1959–1964 von 11 Milliarden auf 21 Milliarden Dollar und der Schuldendienst von 1,3 Milliarden auf 2,8 Milliarden angestiegen.
Ich antwortete wie folgt:
Wir sind im Begriffe, die schweizerische Konzeption der Entwicklungshilfe einer neuen Überprüfung zu unterziehen11. Ein erster Anstoss dazu sind die zunehmenden Konsolidierungsbegehren12. Neben diesen rasch ansteigenden bilateralen Leistungen werden wir jedoch auch multilaterale Formen der Finanzhilfe prüfen und neben der IDA auch die Frage einer allfälligen schweizerischen Beteiligung an den neuen von der UNCTAD vorgeschlagenen Fonds abklären müssen.
Herr Wilson erklärte dazu, dass das Bestreben der Weltbank dahingehe, die Einheit der Beitragsleistungen an die IDA zu wahren und diese neuen Fonds, falls sie beschlossen werden, aus den Mitteln der IDA zu finanzieren. Dies gelte insbesondere für den Ausgleichsfonds für Rohstoffpreise (englisch/ schwedischer Vorschlag). Die Weltbank werde ihre Studie dieses Vorschlages in den nächsten Monaten abschliessen und ihre diesbezüglichen Empfehlungen publizieren. Die Frage von Herrn Bundesrat Wahlen, ob ein schweizerischer Beitrag an die IDA für ein bestimmtes Projekt ausgeschieden und identifiziert werden könnte, wurde kategorisch verneint.
Im übrigen erklärten sich die Herren von unseren allgemeinen Erklärungen befriedigt.
Abschliessend überreichte uns Herr Wilson das beiliegende Memorandum13 mit der Bitte, ihm allfällige Bemerkungen und eine über die mündliche Aussprache hinausgehende Stellungnahme zukommen zu lassen.
Herr Bundesrat Wahlen benützte die Gelegenheit, auf die Wünschbarkeit einer engen Zusammenarbeit mit der Weltbank im Falle Italo-Argentina14 hinzuweisen. Herr Wilson erklärte, dass Präsident Woods sowie die für Lateinamerika zuständigen Direktoren diesen Fall genau kennen. Er werde jedoch das schweizerische Interesse nochmals Washington melden. Die Angelegenheit soll von unserer Botschaft in Washington mit der Weltbank weiterverfolgt werden15.
- 1
- Notiz: E 7110(-) 1976/21 Bd. 40 (712). Kopien an F. T. Wahlen, R. Bonvin, E. Stopper, P. Micheli, A. R. Lindt, H. Bühler, J.- D. Vermeil, H. Hofer, H.- U. Greiner sowie an die schweizerischen Botschaften in Washington und Buenos Aires.↩
- 2
- Zur Vorbereitung der Besprechung vom 11. Juni 1965 vgl. das Schreiben von B. Müller an R. Bonvin vom 10. Juni 1965, E 6100(B)-02 1986/168 Bd. 167 (972.34).↩
- 3
- Vgl. das Schreiben von E. Stopper an J. D. Miller vom 2. Juni 1964, Doss. wie Anm. 1: Generally we would like to discuss the relations of Switzerland with the Bank and I. D. A. That means, of course, chiefly our financial relations. Until 1962 the Bank was able to have regular issues on the Swiss market and then we had to wait three very frustrative years. I well understand the reason in terms of the market but we wonder whether it would not be possible for us to be taken out of the herd of “foreign borrowers” so that we do not have to take our place at the back of a long line of commercial borrowers each time.↩
- 4
- Zu den Beziehungen der Schweiz zum Internationalen Währungsfonds und zur Weltbank vgl. DDS, Bd. 23, Dok. 58, dodis.ch/31749, Anm. 2.↩
- 5
- Vgl. die Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Genehmigung des zwischen der Schweiz und der Internationalen Bank für Wiederaufbau und Förderung der Wirtschaft abgeschlossenen Abkommen über die Gewährung eines Darlehens vom 12. Oktober 1956, BBl, 1956, II, S. 446–459; den Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Verlängerung des von der Schweizerischen Eidgenossenschaft der Internationalen Bank für Wiederaufbau und Förderung der Wirtschaft im Jahre 1956 gewährten Darlehens vom 8. Juni 1960, BBl, 1960, II, S. 270–281 sowie die Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Gewährung eines Darlehens der Schweizerischen Eidgenossenschaft an die Internationale Bank für Wiederaufbau und Förderung der Wirtschaft vom 27. Juni 1961, BBl, 1961, II, S. 1–7.↩
- 6
- Nicht identifiziert. Vgl. dazu aber Dossier E 6100(B)-02 1986/168 Bd. 167 (972.32).↩
- 7
- Vgl. dazu das Schreiben von J. Bourgknecht an E. Black vom 9. Februar 1962, dodis.ch/30180.↩
- 8
- Zur Immobilienstiftung für internationale Organisationen in Genf vgl. DDS, Bd. 23, Dok. 50, dodis.ch/31620.↩
- 9
- Zur erstmaligen Unterstützung der International Development Association durch die Schweiz vgl. BR-Prot. Nr. 1357 vom 5. Juli 1966, dodis.ch/31754 und Doss. E 2001(E) 1978/84 Bd. 207 (C.41.103).↩
- 10
- Nicht ermittelt.↩
- 11
- Für eine Übersicht über die schweizerische Entwicklungszusammenarbeit vgl. DDS, Bd. 23, Dok. 100, dodis.ch/31763.↩
- 12
- Zur Frage von Konsolidierungsabkommen vgl. DDS, Bd. 23, Dok. 62, dodis.ch/31530.↩
- 13
- Nicht ermittelt.↩
- 14
- Zum Fall der Compañia Italo-Argentina de Electricidad vgl. DDS, Bd. 23, Dok. 114, dodis.ch/31450.↩
- 15
- Zum weiteren Verlauf der Angelegenheit vgl. das Schreiben der schweizerischen Nationalbank an R. Bonvin vom 25. Oktober 1965, dodis.ch/31946; das Schreiben von G. Woods an F. T. Wahlen vom 12. November 1965 und das Antwortschreiben von F. T. Wahlen an G. Woods vom 13. Dezember 1965, Doss. E 2200.36(-) 1976/154 Bd. 122 (N.50.2.). Vgl. auch DDS, Bd. 23, Dok. 150, dodis.ch/30945.↩
Relations to other documents
http://dodis.ch/31743 | is quoted in | http://dodis.ch/31941 |
http://dodis.ch/31743 | is quoted in | http://dodis.ch/13336 |
http://dodis.ch/31743 | is quoted in | http://dodis.ch/13334 |
http://dodis.ch/31743 | is quoted in | http://dodis.ch/31942 |
http://dodis.ch/31743 | is quoted in | http://dodis.ch/31943 |
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