Classement thématique série 1848–1945:
II. RELATIONS BILATÉRALES
A. AVEC LES ÉTATS LIMITROPHES
1. Allemagne
1.2. Affaires économiques.
Imprimé dans
Documents Diplomatiques Suisses, vol. 13, doc. 406
volume linkBern 1991
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Archives | Archives fédérales suisses, Berne | |
▼ ▶ Cote d'archives | CH-BAR#E2001D#1000/1553#6198* | |
Ancienne cote | CH-BAR E 2001(D)1000/1553 304 | |
Titre du dossier | Die Stellung des Dritten Reichs zur schweiz. Neutralität. Erklärung Hitlers vom 23.2.1937 Unterredung zwischen alt BR Schulthess u. Hitler (1935–1945) | |
Référence archives | B.51.12 • Composant complémentaire: Deutschland |
dodis.ch/47163
Le Président de la Commission fédérale des banques, Ed. Schulthess1, au Président de la Confédération, M. Pilet-Golaz2
NOTIZEN ÜBER DIE REISE NACH BERLIN.
1. Die Reise muss ihrer Tendenz nach in erster Linie4 informatorischen Charakter haben. Man muss versuchen, zu vernehmen, welche Rolle man der Schweiz im europäischen Konzert zudenkt und welches ihre politische und wirtschaftliche Stellung sein soll.
In Beziehung auf zwei Punkte wird die Schweiz von Anfang an ihre Stellungnahme markieren müssen. Sie steht auf dem Boden, dass ihre Unabhängigkeit und Selbständigkeit erhalten werden soll und dass in allen internen Dingen ihr Wille entscheidet. Als Bindungen können nur völkerrechtliche in Betracht fallen, nicht staatsrechtliche. Der zweite Punkt ist die Neutralitätspolitik. Diese soll zweifellos fortgesetzt werden. Indessen ergibt sich in dieser Beziehung eine gewisse Verschiebung5. Bisher war unsere Neutralität durch die Wiener Akte anerkannt und gewährleistet. Es wird kaum zu erreichen sein, dass Deutschland und Italien mit ändern Ländern zusammen die Neutralität der Schweiz anerkennen und garantieren und eine einseitige Garantie würde Gefahren bergen, auf die ich nicht näher einzutreten brauche. Unsere Neutralitätspolitik wird also in Zukunft m.E. wohl ausschliesslich auf unsern Willen gestellt sein.
2. In wirtschaftlicher Beziehung ist es natürlich Aufgabe des Delegierten6, herauszubringen, welche Rolle man uns zudenkt. Aber gerade weil wir in grundsätzlichen Dingen unsere Selbständigkeit aufrecht erhalten wollen, müssen wir uns hüten, einfach nur in die Negation zu verfallen. Wir werden unsern Willen, an der Wiederaufrichtung Europas tatkräftig mitzuwirken, zum Ausdruck bringen müssen. Weil wir aber nicht schlechthin mit Deutschland und Konsorten mitarbeiten wollen, so wird man von uns erwarten, dass wir, wenigstens beispielsweise, gewisse Vorschläge machen, und ich glaube, wir sollten solche machen, soweit sie unsere Interessen nicht verletzen und unsere Selbständigkeit nicht antasten.
3. In erster Linie stehen wohl die Fragen der Handelspolitik, über die seinerzeit im einzelnen verhandelt werden muss. Diese Fragen sind nun durch die innere Ordnung Deutschlands und Italiens und die dirigierte Wirtschaft dieser beiden Länder viel wichtiger geworden und drohen die politischen Fragen zu überschatten und eventuell auch unsere Entschlussfähigkeit zu beschränken. Mit dieser Feststellung ist auch gesagt, in welchen Fällen wir uns prinzipiell zustimmend und wo ablehnend verhalten müssen7.
4. Damit die Diskussion ins Rollen kommt und man vernimmt, was die andere Seite denkt, anstrebt und will, wird es meines Erachtens nützlich sein, positive Vorschläge zu machen, die Deutschland interessieren und uns in keiner Weise unangenehm treffen.
Ich würde vorschlagen zu betonen, dass die Schweiz, die im Herzen Europas mitten zwischen den Achsenmächten liegt, bestrebt sein wird, eine kontinentale Verbindung zwischen den beiden Wirtschaftsgebieten herzustellen und nach Möglichkeit zu entwickeln. Sie wird also - würde ich sagen - alles tun, was möglich ist um die Eisenbahnverbindungen zu verbessern und die höchstmögliche Leistungsfähigkeit zu erzielen. Dies gilt für die Lötschbergbahn, insbesondere aber für die Gotthardlinie, die man stark auszubauen im Zuge ist.
Ferner ist es naheliegend, wenn wir darauf hinweisen, dass wir bereit sind, die zum guten Teil an unsern Grenzen liegenden, aber auch die im innern befindlichen Wasserkräfte auszubauen und die elektrische Energie für einmal bis auf weiteres Deutschland zur Verfügung zu stellen8.
In die gleiche Kategorie gehört die Entwicklung der Schiffahrt bis zum Bodensee und die Erleichterung des Automobilverkehrs durch Herstellung von Autostrassen.
Alle diese Forderungen decken sich auch mit dem Erfordernis der Arbeitsbeschaffung und verhindern, dass die daherigen Ausgaben gemacht werden, ohne dass Gegenwerte geschaffen werden.
5. Auf handelspolitischem Gebiete werden wir uns auf den Boden stellen müssen, dass die Schweiz leben können muss. Deshalb darf man erwarten, dass man ihr die Arbeitsgebiete überlässt, in denen sie bisher eine besonders wichtige Stellung einnahm. Das gilt für den Fremdenverkehr. Die Schweiz soll Verkehrs- und Reiseland bleiben. Aber weiter auch für gewisse Industrien, wie die Uhrenindustrie. Nicht minder müssen Konkurrenzfähigkeit und Absatzgebiete für unsere weitern Industrien, so Maschinenindustrie, Textilindustrie und chemische Industrie, gewahrt werden. Mit einem Wort, die Schweiz muss verlangen, dass man ihr ermöglicht, zu leben und zu arbeiten. Sie darf aber erklären, dass sie bereit ist, ihre Arbeit so einzustellen, dass sie möglichst im Interesse des europäischen Wiederaufbaues und einer vorteilhaften europäischen Entwicklung liegt.
6. Ein heikles Thema werden die Fragen der Niederlassungsverträge und die Fragen bilden, die sich auf die Einwanderung Fremder beziehen. Meines Erachtens sind diese Dinge jetzt noch nicht zu diskutieren. Immerhin ist so viel zu bedenken, dass auch die Schweiz an der freien Niederlassung in dem Gebiete des deutschen Wirtschaftsblocks grosses Interesse hat, und dass der Umstand, dass in Frankreich und England die freie Niederlassung existierte, einen Hauptgrund für die Prosperität der schweizerischen Volkswirtschaft bildete. Allerdings sind auf der ändern Seite auch die Gefahren zu würdigen, die in der Einwanderung nach der Schweiz liegen.
- 1
- Schulthess a agrafé à ce document un carton avec ces mots: Mon cher Président, Voilà les notes approuvées aujourd’hui par Messieurs Wetter et Stämpfli. Bien à vous. Sur les conditions d’élaboration de ce document, cf. la notice du 17 octobre 1940 du Chef de la Division des Affaires étrangères du Département politique, P. Bonna, reproduite en annexe.↩
- 2
- E 2001 (D) 3/304.↩
- 3
- Pilet-Golaz a apposé ses initiales sur le document le 1er novembre 1940↩
- 6
- Idem.↩
- 7
- Idem.↩
- 8
- Idem.↩
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