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Documenti Diplomatici Svizzeri, vol. 24, doc. 29
volume linkZürich/Locarno/Genève 2012
Dettagli… |▼▶Collocazione
Archivio | Archivio federale svizzero, Berna | |
▼ ▶ Segnatura | CH-BAR#E1003#1994/26#8* | |
Vecchia segnatura | CH-BAR E 1003(-)1994/26 4 | |
Titolo dossier | Protokolle der 1.-84. Sitzung des Bundesrates (1967–1967) | |
Riferimento archivio | 4.3 |
dodis.ch/33283
BUNDESRAT
Verhandlungsprotokoll der 39. Sitzung vom 9. Juni 19671
Verhandlungsprotokoll der 39. Sitzung vom 9. Juni 19671
Lage im Nahem Osten2
Herr Spühlerführt aus, der politische Aspekt der Lage liege in den Schwierigkeiten, welche die Sowjetunion trifft, wegen der Situation in China und ihrer Haltung zu den USA. Sie hat feststellen müssen, dass das stillschweigende Abkommen mit der USA keine Früchte trägt und dass der Vietnamkonflikt weiter geht. Deshalb hat sie gerne die Gelegenheit benützt, sich im Konflikt zwischen den arabischen Staaten und Israel eine günstige Position zu schaffen. Dabei hat sie sich aber offensichtlich verrechnet. Sie hat aus der zahlenmässigen Übermacht geschlossen, dass sich die Situation für Israel ungünstig gestalten werde. Offensichtlich arbeitet die kollektive Führung langsam und muss auf die verschiedensten Widersprüche bedacht nehmen. Man weiss nicht, wie weit Gromyko die Fäden in Kairo gespannt hat. Auch in diesem Fall zeigte sich ein innerer Widerspruch. Auf der einen Seite die Deklamation in der Öffentlichkeit und auf der andern Seite der Versuch, auf dem Wege der Diplomatie die Araber zur Mässigung zu bringen. Es kommt dazu, dass die Israeli ganz anders in der Lage sind, die modernen Kriegsmaschinen einzusetzen, als die Araber. Sie haben bewiesen, dass sie allein im Stande sind, den Sieg zu erringen. Damit ist die Spekulation der Russen nicht aufgegangen. Man hat wieder einmal erkennen können, dass sie nicht bereit sind, zum Letzten zu greifen. Beide Supermächte schrecken zurück vor dem Einsatz der atomaren Waffen. Die Situation ist wieder durch das Gleichgewicht des Schreckens gerettet worden. Die Sowjetunion hat eine diplomatische Niederlage erlitten. Es ist selbstverständlich, dass die Russen nun versuchen werden, mit den Arabern auf dem diplomatischen Felde erneut zu Erfolgen zu kommen. Es sieht so aus, wie wenn man in diesem Teil der Welt für ein Dezennium Ruhe bekäme. Ob aber die Araber einverstanden sind, das hängt weitgehend von den Russen ab.
Der Sprechende gibt nun einen Überblick über den Abbruch der diplomatischen Beziehungen der kriegführenden Staaten vor allem mit den USA und Grossbritannien. Die Schweiz wurde am 6. Juni angegangen, die Interes sen Grossbritanniens in Syrien zu vertreten. Die Übernahme dieses Auftrages wurde durch Präsidialverfügung3 entschieden, nachdem sich Syrien einverstanden erklärt hat. Am 7. Juni hat Israel um Übernahme der diplomatischen Vertretung in Guinea ersucht4. Bisher fehlt eine Antwort. Weitere Gesuche stellten die USA für Algerien5 und Grossbritannien gegenüber Marokko6, für den Fall, dass die Beziehungen abgebrochen werden sollten. Der Sprechende ersucht den Bundesrat damit einverstanden zu sein, dass auch diese und weitere Gesuche durch Präsidialverfügung erledigt werden. Offensichtlich sind ja Leib und Gut von Amerikanern und Briten in vielen dieser Staaten bedroht.
Herr Spühler erwähnt nun weitere Staaten, an welche Schutzmandate erteilt wurde, u. a. vertritt Spanien die amerikanischen Interessen in der VAR, während die VAR ihr Mandat an Indien gegeben hat. Der Generalsekretär der UNESCO7 hat telegraphisch unter Berufung auf das Haagerabkommen für Kulturgüterschutz angefragt, ob wir bereit wären, den Kulturgüterschutz durch Ernennung von Generalkommissären zu übernehmen. Nach dem Abkommen kann unter gewissen Voraussetzungen ein neutraler Staate ersucht werden, die Funktion der Schutzmacht zu übernehmen. Herr Spühler hat telegraphisch die Bereitschaft der Schweiz erklärt.
Es haben auch Demarchen seitens der arabischen Länder stattgefunden. Am 6. Juni sind sämtliche 8 Botschafter bei Herrn Spühler erschienen8. Sprecher war der libanesische Botschafter9. Dieser habe über den Standpunkt der arabischen Staaten orientiert. Er habe erklärt, dass wir uns nicht neutral verhalten. Dabei verwies er auf Erklärungen von Parlamentariern, auf Presseberichte und die Einstellung der öffentlichen Meinung. Der Vorsteher des EPD klärte ihn darüber auf, dass ein Unterschied zu machen sei zwischen der neutralen Haltung des Bundesrates und der Einstellung des Bürgers. Er habe auch versucht zu erklären, weshalb die öffentliche Meinung zu dieser Einstellung gekommen sei. Es handle sich bei Israel um einen Kleinstaat, der sich gegen eine Übermacht habe wehren müssen; auch habe die Erinnerung der Vernichtung der Juden mitgespielt. Die arabischen Staaten haben sich auch aufgehalten über die Stelle in der Erklärung des Bundesrates, wonach ein Kleinstaat auf sich selbst angewiesen sei. Herr Spühler hat diesem Vorhalt pariert durch den Hinweis, dass man von einem «neutralen Kleinstaat» gesprochen habe, was sich natürlich auf die Schweiz beziehe.
Der Sprechende hatte auch den privaten Besuch des tunesischen Botschafters10. Dieser habe damals schon die Niederlage Nassers vorausgesehen. Die tunesische Regierung sei von den Ereignissen im eigenen Lande überrascht worden. Sie habe geglaubt, alles in der Hand zu haben.
Der Herr Bundespräsident nimmt an, dass der Bundesrat die Präsidialverfügungen in dieser Sache genehmigen werde.
Herr Gnägiorientiert über den Flugverkehr zu den kriegführenden Länder und über die Ölzufuhr.
Herr Spühlerbemerkt, die PTT habe zu früh erklärt, dass sie den Postverkehr mit Israel eingestellt hat. Man soll sie darauf aufmerksam machen, dass sie vor solchen Entscheidungen das EPD zu konsultieren habe.
Herr Schaffnerhat veranlasst, dass die Brennstoffhändler und die Wiederverkäufer von Brennstoff aufgeboten werden, weil sie die Wiederbeschaffungspreise jetzt schon auf den Preis schlagen wollen. Er versuche mit diesen Leuten zu verhandeln. Er werde ihnen androhen, wenn sie nicht Zurückhaltung üben, dann werde man eine Vorlage an die Räte richten zur Einführung der Preisüberwachung, womit auch das Recht zur Preisfestsetzung verbunden sei. Er werde mit diesen Herren etwas Traktur reden, wenn der Bundesrat damit einverstanden sei. Allerdings werde man nicht viel machen können gegen die Preiserhöhungen der Grosslieferländer11.
[...] 12
- 1
- BR-Verhandlungsprot.: E1003#1994/26#8*. Vorsitz: R. Bonvin. Abwesend: niemand. Schriftführer: Ch. Oser und F. Weber. Beginn: 9 Uhr. Schluss: 11.05 Uhr.↩
- 2
- Vgl. dazu auch DDS, Bd. 24, Dok. 28, dodis.ch/33280; Dok. 50, dodis.ch/33287; die Notiz von M. Gelzer an W. Spühler vom 25. Mai 1967, dodis.ch/34022; die Notiz von J. A. Graf an W. Spühler vom 11. November 1967, dodis.ch/33962 sowie das BR-Verhandlungsprot. der 36. Sitzung vom 30. Mai 1967, E1003#1994/26#8*, S. 1.↩
- 3
- BR-Prot. Nr. 975 vom 7. Juni 1967, E1004.1#1000/9#723*.↩
- 4
- Vgl. dazu das BR-Prot. Nr. 980 vom 8. Juni 1967, dodis.ch/33690.↩
- 5
- Vgl. dazu das BR-Prot. Nr. 981 vom 8. Juni 1967, Doss. wie Anm. 3 und das BR-Verhandlungsprot. der 40. Sitzung vom 12. Juni 1967, E1003#1994/26#8*, S. 1.↩
- 6
- Vgl. dazu das BR-Prot. Nr. 985 vom 9. Juni 1967, Doss. wie Anm. 3.↩
- 7
- R. Maheu. Vgl. die Notiz von E. Diez an W. Spühler vom 7. Juni 1967, dodis.ch/33945.↩
- 8
- Zur Vorsprache der Botschafter bei W. Spühler und dessen Erklärungen vgl. DDS, Bd. 24, Dok. 28, dodis.ch/33280.↩
- 11
- Vgl. dazu die Notiz des Politischen Departements vom 21. November 1967, E2001E#1978/84#1090* (B.75.21.6).↩
- 12
- Für das vollständige Dokument vgl. dodis.ch/33283.↩
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