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Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 22, doc. 100
volume linkZürich/Locarno/Genève 2009
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E1001#1967/125#58* | |
Old classification | CH-BAR E 1001(-)1967/125 58 | |
Dossier title | Juli - September 1962 (1962–1962) | |
File reference archive | 1.7 |
Archive | Swiss Federal Archives, Bern |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E1004.1#1000/9#666* |
Old classification | CH-BAR E 1004.1(-)1000/9 665.2 |
Dossier title | Beschlussprotokolle des Bundesrates September 1962 (2 Bände) (1962–1962) |
dodis.ch/19042
Aufhebung des gebundenen Zahlungsverkehrs mit der Türkei
1. Die Zahlungen zwischen der Schweiz und der Türkei wickelten sich seit Kriegsende gemäss Abkommen über den Warenaustausch und die Regelung des Zahlungsverkehrs vom 12. September 19452 ab. Hauptzweck dieser und der früheren Zahlungsvereinbarungen war schweizerischerseits den Gegenwert der schweizerischen Einfuhr aus der Türkei in den Dienst der Förderung der Ausfuhr nach diesem Lande zu stellen. Das bisherige Abkommen bot jedoch keine wirksame Handhabung für die Wahrung der traditionellen Exportstruktur. Ausserdem konnte die Türkei frei über ihre Guthaben verfügen, so dass trotz der vertraglichen Rückzahlungspflicht praktisch keine absolute Bindung der Zahlungsmittel bestand. Seitdem der Warenaustausch zwischen beiden Ländern für die Schweiz aktiv geworden ist, vermochte das Abkommen auch nicht Zahlungsrückstände zu verhindern; für deren Heimschaffung mussten eine Reihe kompensationsähnlicher Geschäfte und Sondervereinbarungen abgeschlossen werden.
1958 sah sich die türkische Regierung zum Erlass eines Moratoriums für kommerzielle Schulden und zur Einführung eines Sanierungsprogramms genötigt. Diese Massnahmen, denen ein neues Aussenhandelsregime folgte, schufen den Ausgangspunkt für die Gewährung von massiven Krediten unter der Aegide der OECE; an diesen war auch die Schweiz mit 1,5 Mio. $ beteiligt. Dank diesen Krediten und der Konsolidierung von umfangreichen kommerziellen Schulden traten im Zahlungsverkehr mit der Türkei geordnete Verhältnisse ein.
Die türkischen Zahlungen gemäss dem schweizerisch-türkischen Kredit abkommen vom Dezember 19583 und den multilateralen Konsolidierungsabkommen sowie die laufenden Überweisungen für kommerzielle For derungen und für unsichtbare Leistungen erfolgen seit 1959 pünktlich. Fehlbeträge im bilateralen Zahlungsverkehr wurden jeweils von der Türkei über das Europäische Währungsabkommen und zum Teil aus ausländischen Krediten (USA, OECD, usw.) gedeckt.
Obwohl die Gründe, die 1945 zum Abschluss des Abkommens führten, dahingefallen waren und trotzdem die meisten OECD Staaten seit der Ersetzung der europäischen Zahlungsunion durch das europäische Währungsabkommen (Dezember 1958) den freien Zahlungsverkehr mit der Türkei einführten, hat die Schweiz einzig aus Vorsicht den gebundenen Zahlungsverkehr weiterhin aufrechterhalten. Diese Vorsichtsmassnahme kann nunmehr aufgehoben werden, nachdem es sich erwiesen hat, dass die 1958 eingeleitete internationale Kredithilfe an die Türkei weiterhin befriedigend funktioniert und aller Voraussicht nach sogar erweitert werden wird. Ein Rückfall, d. h. eine Rückkehr der Türkei vom EWA4 -Regime zum für ihre wirtschaftliche Entwicklung ungeeigneten Bilateralismus ist unter den gegenwärtigen Verhältnissen, trotz der noch unstabilen Finanzlage, undenkbar.
2. Aus Kreisen des Import- und Welthandels ist wiederholt das Begehren gestellt worden, das die Konkurrenzfähigkeit hemmende und durch die Entwicklung praktisch unnütz gewordene Abkommen aufzuheben. Anfangs dieses Jahres hat deshalb die Handelsabteilung im Einvernehmen mit den interessierten Wirtschaftskreisen den türkischen Behörden einen entsprechenden Vorschlag unterbreitet5. Nach langwierigen Bemühungen auf diplomatischer Ebene haben die türkischen Behörden nun anfangs August überraschenderweise vorgeschlagen, das Abkommen von 1945 sofort ausser Kraft zu setzen6. Um diese günstige Gelegenheit nicht zu verpassen und weitere Zeit zu verlieren, verzichtete die Handelsabteilung darauf, die Verständigung von der vorgängigen formellen Anpassung der schweizerischen Vorschriften abhängig zu machen. So wurde die Vereinbarung von 1945 samt Zeichnungsprotokoll und Protokollen I, II, III und beigelegten Briefen am 8. August 1962 durch den beiliegenden Notenaustausch7 mit sofortiger Wirkung aufgehoben. In einem ebenfalls beiliegenden Schreiben8 hat die Türkei gleichzeitig die vom Politischen Departement für die schweizerischen Finanzgläubiger gewünschte Zusicherung hinsichtlich des künftigen Transfers abgegeben. Durch Publikation im Schweizerischen Handelsamtsblatt vom 9. August wurden die an Verkehr mit der Türkei interessierten Kreise entsprechend unterrichtet und die Einzahlungspflicht suspendiert.
Damit ist der gebundene Zahlungsverkehr, wie er seinerzeit durch das schweizerisch-türkische Clearingabkommen vom 29. Dezember 19339 eingeführt und seither ununterbrochen beibehalten werden musste, dahingefallen.
3. Da das multilaterale Abkommen über die Handelsschulden von in der Türkei niedergelassenen Personen vom 11. Mai 1959 und das bilaterale Abkommen über die technischen Anwendungsmodalitäten vom 23. Juli 195910 in Kraft bleiben, ist es unerlässlich der Schweizerischen Verrechnungsstelle, die mit der Abwicklung dieser Vereinbarungen beauftragt bleibt, weiterhin die Möglichkeit zu geben, auf den Zahlungen im Rahmen dieser Abkommen nach der Schweiz die Gebühren zu erheben. Diesem Umstand wird in Art. 3 des beiliegenden Entwurfes11 für einen Bundesratsbeschluss12 betreffend den Zahlungsverkehr mit der Türkei Rechnung getragen.
Wir stellen den Antrag:
1. vom obigen Bericht in zustimmendem Sinne Kenntnis zu nehmen;
2. den beiliegenden Entwurf für einen sofort in Kraft tretenden Bundesratsbeschluss über den Zahlungsverkehr mit der Türkei zu genehmigen;
3. die Aufnahme des Notenwechsels und des Bundesratsbeschlusses in die Eidgenössische Gesetzessammlung anzuordnen13.
- 1
- Antrag: E 1001(-)1967/125/58.↩
- 2
- Vgl. das Abkommen über den Warenaustausch und die Regelung des Zahlungsverkehrs zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Türkischen Republik vom 12. September 1945, AS, 1945, S. 763–771.↩
- 3
- Vgl. das Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der türkischen Republik betreffend Gewährung eines Kredites an die Türkei vom 22. Dezember 1958, BBl, 1958, II, S. 842–861.↩
- 4
- Europäisches Währungsabkommen.↩
- 5
- Vgl. das Schreiben von P. R. Jolles an E. Kessler vom 30. Dezember 1961, E 2001(E)1976/17/624, und das Telegramm Nr. 4 von Kessler an die Handelsabteilung des Volkswirtschaftsdepartements vom 9. Februar 1962, ibid. Vgl. auch E 7110(-)1973/41/106.↩
- 6
- Vgl. das Telegramm Nr. 20 von der schweizerischen Botschaft in Ankara an das Politische Departement vom 3. August 1962, E 2001(E)1976/17/624.↩
- 7
- Nicht abgedruckt.↩
- 8
- Nicht abgedruckt.↩
- 9
- Vgl. das Schweizerisch-türkische [s]Clearingabkommen vom 29. Dezember 1933, AS, 1934, S. 189–192. Siehe auch DDS, Bd. 10, thematisches Verzeichnis: 22. Turquie. 22.1. Traité de commerce et de clearing.↩
- 10
- Zu diesen unveröffentlichten Abkommen vgl. K I/2029. Für weitere Angaben, siehe auch die Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Gewährung eines Kredites an die Türkei (vom 10. Oktober 1958), BBl, 1958, II, S. 842–847.↩
- 11
- Nicht abgedruckt.↩
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Turkey (General) Turkey (Politics)