Ausführungen zu den Umständen, unter denen die Schweiz bereit wäre, einen schweizerischen Administrator für den Kaschmirkonflikt zwischen Indien und Pakistan zu ernennen.
Abgedruckt in
Diplomatische Dokumente der Schweiz, Bd. 19, Dok. 71
volume linkZürich/Locarno/Genève 2003
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Archiv | Schweizerisches Bundesarchiv, Bern | |
▼ ▶ Signatur | CH-BAR#E2001E#1969/121#1138* | |
Alte Signatur | CH-BAR E 2001(E)1969/121 68 | |
Dossiertitel | Kandidatur von Minister W. Stucki und Altbundesrat Pilez-Golaz für das Plebiszit von Kaschmir (1949–1963) | |
Aktenzeichen Archiv | B.15.61.06 |
dodis.ch/9509 Interne Notiz des Politischen Departements1 NOTIZ ZUR FRAGE DER ERNENNUNG EINES SCHWEIZERISCHEN ADMINISTRATORS IM KASCHMIRKONFLIKT ZWISCHEN INDIEN UND PAKISTAN
1. Für den Posten des Plebiszitverwalters in Kaschmir stand bereits im Jahre 1949 eine schweizerische Kandidatur zur Diskussion2. Vorgeschlagen wurden damals die Herren alt Bundesrat Pilet-Golaz und Minister Walter Stucki. Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Trygve Lie, lehnte jedoch einen entsprechenden Vorschlag Indiens ab.
2. Als Plebiszitverwalter wurde in der Folge der amerikanische Admiral Nimitz bezeichnet. Er konnte aber sein Amt nicht antreten, weil zwischen Indien und Pakistan über die Art und Weise der Durchführung der Volksbefragung in Kaschmir keine Einigung zustande kam. Als Angehöriger einer Interessen- und Block-Politik treibenden Grossmacht ist Admiral Nimitz dem indischen Ministerpräsidenten Nehru nicht genehm. Nehru’s Antwort auf das kürzliche Memorandum des pakistanischen Ministerpräsidenten Mohammed Ali über die baldige Aufnahme der Tätigkeit des Plebiszitverwalters wird deshalb möglicherweise den Vorschlag enthalten, anstelle von Admiral Nimitz einen Schweizer als Plebiszitverwalter zu bezeichnen (Schreiben der Schweizerischen Gesandtschaft in Pakistan vom 12. September 1953)3.
3. Ein solches Mandat sollte von einem schweizerischen Staatsangehörigen nach konstanter Praxis nur unter folgenden Voraussetzungen übernommen werden:
a) Übereinkunft zwischen den am Kaschmirkonflikt beteiligten Staaten (Indien und Pakistan), ihre Differenzen in der Form einer Volksbefragung in Kaschmir zu bereinigen;
b) Zustimmung aller beteiligten Regierungen, nämlich jenen von Indien und Pakistan sowie auch jenen von Kaschmir und Azad Kaschmir, einen Schweizer zum Plebiszitverwalter zu haben und dessen Anordnungen anzuerkennen;
c) Die Funktion des Plebiszitverwalters darf keine politischen Aspekte aufweisen (nur technische Überwachungsfunktion);
d) Die Schweiz hat sich jeglicher Initiative zur Bestimmung eines Schweizers als Plebiszitverwalters zu enthalten.
4. Die Übernahme einer solchen Aufgabe entspricht der üblichen Bereitschaft der Schweiz, als neutrales Land im Sinne der Erhaltung des Friedens seine guten Dienste zur Verfügung zu stellen. Es besteht kaum eine Gefahr, dass dadurch die Schweiz in einen Krieg hineingezogen werden könnte. Die dauernde Neutralität der Schweiz wird keiner Gefahr ausgesetzt.
5. Eine ähnliche Mission durch schweizerische Staatsbürger ist ohne nachteilige politische Folgen anlässlich der Durchführung der Abstimmung über das zukünftige Schicksal der vier französischen Niederlassungen in Indien (p.B.15.61.4)4 bereits übernommen worden. Als schweizerische Mitglieder der 12-köpfigen internationalen neutralen Überwachungskommission waren tätig Herr Albert Perréard, Conseil d’Etat de Genève, und Herr Staatsrat Malche5.
6. Der Entscheid ist in erster Linie ein politischer. Rechtliche Hindernisse stehen der Wahl eines Schweizers zum Plebiszitverwalter in Kaschmir keine entgegen6.
- 1
- E 2001(E)1969/121/68. Paraphe: JK. Diese von W. Jäggi erstellte Notiz wurde von E. Diez unterzeichnet und an A. Zehnder, R. Bindschedler und M. Petitpierre weitergeleitet.↩
- 2
- Vgl. DDS, Bd. 18, Dok. 27, dodis.ch/8434(dodis.ch/8434).↩
- 3
- Vgl. das Schreiben von W. Hofer an M. Petitpierre vom 12. September 1953. Nicht abgedruckt (dodis.ch/9508).↩
- 4
- Zur Frage der Entsendung schweizerischer Beobachter vgl. E 2001(E)1967/113/157 und das Schreiben von A. Daeniker an A. Zehnder vom 16. April 1949 (dodis.ch/7380).↩
- 5
- Hier wurden die Vornamen und Funktionen verwechselt. F. Perréard war 1950 Staatsrat in Genf und Nationalrat, A. Malche war Ständerat vgl. ibid.↩
- 6
- Die Angelegenheit blieb ohne weitere Folgen.↩
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