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Die Schweiz und die NNSC. Diplomatische Dokumente der Schweiz zur Geschichte der Neutral Nations Supervisory Commission in Korea 1951–1995, vol. 21, doc. 59
volume linkBern 2023
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| Archives | Archives fédérales suisses, Berne | |
| Cote d'archives | CH-BAR#E7115A#1993/341#2056* | |
| Titre du dossier | Berichte - Allgemeines (1986–1986) | |
| Référence archives | 810 • Composant complémentaire: Korea, Republik |
| Archives | Archives fédérales suisses, Berne | |
| Cote d'archives | CH-BAR#E2010A#1996/397#2764* | |
| Titre du dossier | Schweizerische Delegation in der Neutralen Kommission für die Ueberwachung des Waffenstillstandes in Korea: Allgemeines (1985–1987) | |
| Référence archives | B.73.0.1 • Composant complémentaire: Corée |
dodis.ch/65547Der Delegierte des Bundesrats für Handelsverträge, Botschafter Blankart, an den Direktor der Politischen Direktion des EDA, Staatssekretär Brunner1
Schweizerische Überwachungskommission in Korea
Anlässlich der Handelsministerkonferenz von Seoul2 hatte ich am 2.6.86 Gelegenheit, im Camp Kitty Hawk die Schweizerische Koreamission zu besuchen. Da Sie Ihrerseits diese Exkursion schon unternommen haben,3 brauche ich Ihnen die dort herrschende eigentümliche Atmosphäre eines kristallisierten Kriegszustandes, dieses «Berlin auf dem Lande», nicht zu beschreiben. Es ist, als ob die Zeit seit 1953 stehengeblieben wäre, ein traumatischer Dornröschen-Schlaf.
Damit ist auch gesagt, dass im Prinzip das Erwachen jederzeit möglich ist, im bösen wie im guten Sinne, dies vor allem, wenn sich die Parameter ändern sollten. Letzteres hat unvermerkt und allmählich insofern stattgefunden, als die sowjetische Präsenz auf Seiten der Nordkoreaner (welche die viertgrösste Armee der Welt unterhalten) verstärkt worden ist, während die US- und ROK-Truppen, in perfekter physischer Verfassung, ausrüstungsmässig etwas in Rückstand geraten sind, nachdem Carter den Abzug seiner G. I. erwogen hatte. In einer überorganisierten Nation wie den Vereinigten Staaten zeitigt schon das präsidiale Erwägen logistische Folgen...
An einer Schnittstelle des kalten Krieges und in einem Zustand der fast völligen Kommunikationsunfähigkeit einen «Go between» zu stellen, ist eine diplomatische Chance erster Güte, auch eine Verpflichtung für ein Land wie die Schweiz. Da die Kommunikation so schwierig ist, bedient sie sich des Kanals vorgegebener Formen, d. h. des Protokolls. Denn gerade weil die beiden Staaten nicht durch die Rechtsordnung eines Friedensvertrages verbunden sind, kann deren Selbstdarstellung und damit Abgrenzung durch die diplomatische Form zu einer Weise von deren Vermittlung sowie zu einem nicht unwesentlichen Mittel werden, um zu verhindern, sie zum Gegenstand der Zweckmässigkeit anderer herabwürdigen zu lassen. Es versteht sich von selbst, dass die uns zukommende Chance nicht täglich Früchte trägt, sondern im langen Harren der Disponibilität, selten, dann aber nicht unwesentlich zum Tragen kommt.
Die Schweiz war demnach gut beraten, sich in der Kommission durch Offiziere vertreten zu lassen, welche die Bedeutung des geduldigen und perfekten Umgangs erkannt haben und die genügend diplomatische Hellhörigkeit mitbringen, um im entscheidenden Moment handeln zu können. Dass hierbei unsere Vertreter den ihrer Funktion entsprechenden und der Sache nutzbringenden militärischen Grad zu tragen haben, sollte selbstverständlich sein. Ist dies nicht der Fall, wird dies allsogleich als mangelnder Stellenwert gedeutet. Jedenfalls war es sicher richtig, einen Diplomaten zum Chef zu ernennen4 und ihn (neuerdings) mit der ordentlichen Divisionärs-Uniform auszurüsten und als dessen Stellvertreter de facto oder de jure einen Obersten zu bezeichnen.5
Die unter Div Jordan stehende Delegation hat mir einen ausgezeichneten Eindruck hinterlassen: diszipliniert, guten Mutes, auf Draht. Es handelt sich um eine Botschaft sui generis, deren Präsenz bemerkt sowie beobachtet und deren gute Dienste geschätzt werden. Das Verhältnis zwischen Delegation und Botschaft ist vorzüglich, was keine Selbstverständlichkeit darstellt.
Die Mission des Delegationschefs hat das Mandat des Waffenstillstandsvertrages überschritten, was nicht zuletzt auf dessen professionelle Arbeit zurückzuführen ist. Genannt seien seine Kontakte mit dem nordkoreanischen Aussenminister,6 die Möglichkeit der Schaffung von Beobachtergruppen, seine Beziehungen zu den Oberkommandos und den politischen Behörden, diplomatischen Vertretungen u. a. m., all dies nebst dem geistesgegenwärtigen und mutigen Eingreifen bei bewaffneten Zusammenstössen, wie dies – wie Sie wissen – vorgekommen ist.7 Bei alledem ist Div Jordan bestens sekundiert von seinem Stellvertreter Oberst Aellen und seiner Equipe junger und motivierter Offiziere.
Abschliessend noch einige Einzelpunkte, die eine Erwähnung verdienen:
– Der Auswahl jedes einzelnen Delegationsmitglieds ist auch weiterhin grösste Gewissenhaftigkeit zu leihen. Die ausgewählten Kandidaten bedürfen einer vorgängigen Ausbildung, dies auch in politisch-diplomatischer Hinsicht.
– Die Delegationsmitglieder und vor allem der Chef sollten mindestens drei Jahre auf ihrem Posten bleiben können, um sich die Finessen aneignen und alsdann nutzbar machen zu können.
– Die Anschaffung von Dienstwohnungen in Seoul ist zu erwägen, ev. auch der Unterhalt eines eigenen Dienstwagens.
– Es wäre aus der Sicht der Delegation zu begrüssen, wenn die Nord-Korea-spezifische Berichterstattung unserer Botschaft in Peking intensiviert werden könnte.
– Im Swiss Camp dürfen auf Geheiss der USA und Südkoreas die chinesischen und nordkoreanischen Delegationen, im Unterschied zu früher, nicht mehr empfangen werden.8 Dasselbe gilt für die Schweden. Dies ist neutralitätspolitisch nicht unbedenklich. Bisher wurden nur an Ort und Stelle Demarchen unternommen, um diesem Missstand zu begegnen. Ich bin der Meinung, dass es sich hier um eine politische Frage handelt, die nicht von den Militärs abschliessend zu regeln ist. Ich möchte deshalb vorschlagen, dass das EDA, koordiniert mit dem schwedischen Aussenministerium, eine Demarche auf politischem Niveau in Washington vornimmt, um diese Ungereimtheit zu beseitigen.
- 1
- CH-BAR#E2010A#1996/397#2764* (B.73.0.1). Diese Notiz wurde vom Delegierten des Bundesrats für Handelsverträge, Botschafter Franz Blankart, verfasst und unterzeichnet und richtete sich an den Direktor der Politischen Direktion des EDA, Staatssekretär Edouard Brunner. Kopien gingen an den Sektionschef des Bundesamts für Adjutantur, Oberst Adolf Kaufmann, sowie an den Delegierten des Bundesrats für Handelsverträge, Botschafter Silvio Arioli, und an den Chef der Sektion Asiatische und ozeanische Industrieländer des Bundesamts für Aussenwirtschaft (BAWI) des EVD, Max Krell.↩
- 2
- Zur Handelsministerkonferenz in Seoul vom 30. Mai und 1. Juni 1986 vgl. den Wochentelex 24/86 vom 9. Juni 1986, dodis.ch/66293. Für einen Bericht zur Korea-Reise vom 30. Mai bis 3. Juni 1986 des Direktors des BAWI, Staatssekretär Cornelio Sommaruga, in Begleitung von Botschafter Blankart, vgl. dodis.ch/66795.↩
- 3
- Vgl. dazu den Bericht zur Asienreise von Staatssekretär Brunner vom 27. April bis 16. Mai 1985, welche am 6. Mai 1985 einen Besuch in Panmunjom beinhaltete, dodis.ch/60133, bes. S. 9 f.↩
- 4
- Seit der Ernennung von Minister Alfred Escher zum Chef der schweizerischen NNSC-Delegation durch den Bundesrat am 17. September 1954 wurde diese stets von einem Diplomaten angeführt. Vgl. dazu das BR-Prot. Nr. 1560, dodis.ch/66797.↩
- 5
- Vgl. dazu die Verordnung über die persönliche Ausrüstung der Angehörigen der Schweizer Delegation der Neutralen Überwachungskommission für den Waffenstillstand in Korea (NNSC) des EMD vom 1. Mai 1986, dodis.ch/66824, sowie das BR-Prot. Nr. 2075 vom 2. Dezember 1985, dodis.ch/66823.↩
- 6
- Kim Yong-nam.↩
- 7
- Vgl. dazu QdD 21, Dok. 57, dodis.ch/65658.↩
- 8
- Vgl. dazu die Notiz des Chefs der schweizerischen NNSC-Delegation, Generalkonsul Pierre Jordan, an die Politische Abteilung II des EDA vom 13. August 1985, dodis.ch/66874.↩
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Commission de surveillance des nations neutres pour l'armistice en Corée (NNSC)


