Lingua: tedesco
21.8.1990 (martedì)
Besuch C EMD in Finnland. Hintergrundnotiz: Europäischen Sicherheitsordnung: - Rolle der Neutralen - Haltung der Schweiz
Appunto (No)
Überblick über den Einfluss der sicherheitspolitischen Veränderungen in Europa auf die Rolle der Neutralen und Skizzierung der schweizerischen Position zur Institutionalisierung der KSZE sowie der unterschiedlichen Haltung zwischen EMD und EDA.
Riferimento:
90-507/5.1
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▼▶Collocazione
Archivio | Archivio federale svizzero, Berna | |
Segnatura | CH-BAR#E5004A#2014/94#571* | |
Titolo dossier | Besuch von Bundesrat Villiger in Finnland von 3. -6.9.90 (1990–1994) | |
Riferimento archivio | 092.122-004 |
dodis.ch/55751
Notiz der Abteilung Friedenspolitische Massnahmen des EMD1
Besuch C[hef] EMD in Finnland. Hintergrundnotiz: Europäische Sicherheitsordnung: — Rolle der Neutralen — Haltung der Schweiz
Bern, 21. August 1990
1. Rolle der Neutralen2
Die sicherheitspolitischen Veränderungen in Europa und neue Tendenzen innerhalb der KSZE beeinflussen auch die Rolle der Neutralen in diesem Prozess:3
- - Einerseits Aufwertung der «Neutralität» (als Blockfreiheit) durch Äusserungen P[olen] , [Ungarn] , CSFR, neutral im Sinne von blockungebunden zu agieren (aber eher mit Neigung zu westlicher Wertegemeinschaft), sowie durch die schon jetzt in Nebenbereichen blockübergreifenden Kooperationsprojekte im Rahmen der VVSBM, an denen sich West, Ost und NN beteiligen.4
- - Andererseits ist die traditionelle Rolle der N[eutralen] im Schwinden: wachsende Direktkooperation von Allianz zu Allianz macht NN Mediation unnötig und künstlich.5
- - Besseres direktes Einvernehmen Block-Block erschwert auch die Interessenvertretung, da als Gruppe und als Individualstaaten die NN [neutralen und nichtgebundene Staaten] zunehmend marginalisiert werden, auch weil sie in anderen Kooperationsforen nicht vertreten sind (EG, WEU).
- - Die KSZE ist somit zum Hoffnungsträger für NN geworden, eine Rolle spielen zu können, wenn der KSZE-Prozess zum alleuropäischen si[cherheits]pol[itischen] Kooperationsforum werden sollte.6
- - Für die Neutralen und Nichtgebundenen stellt sich das Problem, wie sie in Anbetracht der im politischen Schönwetter schwindenden Vermittlerbedeutung ihre Interessen in einem neuen Europa geltend machen können, von denen die Allianzen meist annehmen, dass sie nicht existieren, bzw. mit jenen der Blöcke identisch seien.
- - Hauptproblem der Neutralen: Wahrung ihrer eigenen Sicherheit im Wandel.7 Frage: Wieviel Sicherheit bedarf der Neutrale noch? Wieviel neutrale Sicherheit verträgt die Umwelt des
Neutralen? Wo liegt die Reizschwelle für die Abrüstungsnotwendigkeit des Neutralen
- - aus seiner Sicht der äusseren Bedrohung?
- - aus der Aussenansicht der Neutralen als Bedrohungselement?
- - Manifestes Zeichen für die zunehmenden Schwierigkeiten, denen sich die Gruppe der N[eutralen] gegenübersieht, ist das Liebäugeln Österreichs mit der Pentagonale.8
- - Sollte [Österreich] der EG beitreten, ist angesichts der zunehmend gewichtigeren Rolle der 12 damit zu rechnen, dass künftig nur noch CH, F[innland] und S [chweden] der eigentlichen Gruppe der Neutralen zugerechnet werden können, was potentielle «Nordlastigkeit» der N-Gruppe zur Folge hat und CH in eine in Westeuropa isolierte, verlorene Position hineindrängt, wo sie — eigentlich von Freunden und Partnern umgeben — als letzter Mohikaner den Fellen nachtrauert, die den Bach hinabschwimmen.
2. Haltung der Schweiz
- - CH angesichts weitgehender Werte-Identität und Interessenkoinzidenz an Ausbau neutraler Zusammenarbeit interessiert.9
- - Die
CH Position zur Institutionalisierung der KSZE lässt sich wie folgt umschreiben:
- - Der KSZE-Prozess, als einziges Europa umspannendes und alle Bereiche der Sicherheit umfassendes Forum soll gestärkt werden. Gewisse Formen der Institutionalisierung können sich dafür als nützlich erweisen, sofern die Bedingungen, wie sie im Ingress zum Madrider Mandat (6.9.83)10 niedergelegt sind, eingehalten werden:
- «... auf der Grundlage der Gleichheit der Rechte, der Ausgewogenheit und Gegenseitigkeit, der gleichen Sicherheitsinteressen aller Teilnehmerstaaten der KSZE...», allerdings jedoch in einem nicht gleichmacherischen, sondern den Eigenheiten Rechnung tragenden Sinne, möglichst dabei nach föderativ–dezentralen statt zentralistischen Lösungen suchend.
- - KSZE muss als Forum souveräner Staaten erhalten bleiben. Prozesscharakter und politische Verbindlichkeit sind beizubehalten.
- - Bürokratisierung Europas ist zu vermeiden.
- - Institutionen sollen das Gleichgewicht der Körbe grundsätzlich nicht in Frage stellen und auf bestimmte, klar definierte Zwecke zugeschnitten werden unter Verzicht auf kollektive Zwangselemente und zentralistische Lösungen.
- - Keine substantiellen Unterschiede im Bereich Institutionalisierung
- - Im Gegensatz zu EMD ist das EDA von der Wünschbarkeit und Funktionsfähigkeit kooperativer Sicherheitsstrukturen, welche die militärischen Allianzen obsolet machen und Merkmal eines neuen Europas sein sollen, schon jetzt überzeugter als das EMD.
- - Was die allfällige Beteiligung der Neutralen, und damit auch der Schweiz an Abrüstungsverhandlungen aller 35 KSZE-Staaten betrifft, so erklären Vertreter des EDA, es sei seit Frühling 90 (Vorbereitung Neutralentreffen in Malta)11 offizielle Politik der Schweiz (vom EMD mitgetragen), solche Verhandlungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt anzustreben (Verpflichtung ohne Rücksicht auf allfällige Mandatsinhalte). Ausdruck dieser Interpretation war auch ein EDA-Vorschlag im Rahmen des Gipfel-Vorbereitungsausschusses, entsprechende Mandatsverhandlungen noch vor dem Abschluss der VKSE 1a zu beginnen.12
- 1
- CH-BAR#E5004A#2014/94#571* (092.122-004). Diese Hintergrundnotiz wurde vom Chef der Abteilung Friedenspolitische Massnahmen, Oberst Josef Schärli, sowie von Bruno Rösli vom Stab der Gruppe für Generalstabsdienste in Hinblick auf die Reise des Vorstehers des EMD, Bundesrat Kaspar Villiger, nach Finnland verfasst. Bundesrat Villiger weilte vom 3. bis 6. September 1990 auf Einladung von Verteidigungsministerin Elisabeth Rehn in Finnland, vgl. die Informationsnotiz an den Bundesrat vom 13. September 1990, dodis.ch/55739.↩
- 2
- Die Schweiz bildet zusammen mit Finnland, Österreich und Schweden die informelle Gruppe der vier Neutralen. ↩
- 3
- Vgl. dazu DDS 1990, Dok. 34, dodis.ch/56205.↩
- 4
- Vgl. die thematische Zusammenstellung Vertrauens- und sicherheitsbildende Massnahmen (VSBM), dodis.ch/T1718.↩
- 5
- Vgl. dazu DDS 1990, Dok. 24, dodis.ch/54523.↩
- 6
- Zur Zusammenarbeit der Neutralen und Nichtgebundenen (N+N-Staaten) im Rahmen des KSZE-Prozesses vgl. die Zusammenstellung dodis.ch/C1655.↩
- 7
- Vgl. dazu DDS 1990, Dok. 19, dodis.ch/54937, den Bericht 90 des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Sicherheitspolitik der Schweiz vom 1. Oktober 1990, dodis.ch/56097, sowie die Zusammenstellung dodis.ch/C1840.↩
- 8
- Vgl. dazu DDS 1990, Dok. 34. dodis.ch/56205.↩
- 9
- Vgl. dazu die thematische Zusammenstellung Zusammenarbeit mit den neutralen Staaten, dodis.ch/T1827.↩
- 10
- Für das Abschliessende Dokument des Madrider Treffens 1980 der Vertreter der Teilnehmerstaaten der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, welches auf der Grundlage der Bestimmungen der Schlussakte betreffend die Folgen der Konferenz abgehalten wurde vom 6. September 1983 vgl. die Beilage zum BR-Prot. Nr. 1847 vom 26. Oktober 1983, dodis.ch/60501. Vgl. zudem die thematische Zusammenstellung KSZE-Folgetreffen von Madrid (1980–1983), dodis.ch/T1412.↩
- 11
- Zum KSZE-Expertentreffen über die friedliche Regelung von Streitfällen in Valletta vom 15. Januar bis 8. Februar 1991 vgl. die Zusammenstellung dodis.ch/C1819.↩
- 12
- Vgl. dazu die thematische Zusammenstellung Vertrag über die Konventionellen Streitkräfte in Europa (KSE), dodis.ch/T1844.↩
Tags
Organizzazione per la sicurezza e la cooperazione in Europa (OSCE)
Politica di neutralità Finlandia (Generale) Riunione CSCE di Madrid (1980–1983) Cooperazione con gli Stati neutrali (1989–) Misure miranti a rafforzare la fiducia e la sicurezza (CSBM)