dodis.ch/49452Notiz für den Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartements, E. Brugger1

Wirtschafts- und Exportförderungsseminar, Spiez, 24.-27. Mai 19772

Stichworte für Ihr Votum anlässlich Ihres Besuches der Kellereien im Schloss Spiez, Donnerstag, den 26. Mai 1977, 18:30 bis ca. 19:30 Uhr.

1. Ich bin nicht gekommen, um eine lange Ansprache zu halten, zumal Sie über Sinn und Zweck des Seminars bereits anlässlich der Eröffnung durch die Veranstalter orientiert wurden3. Ich möchte Sie vielmehr begrüssen und beglückwünschen, dass Sie vom Angebot, an diesem Seminar teilzunehmen, Gebrauch gemacht haben, was ich umsomehr zu schätzen weiss, als die Teilnahme auf freiwilliger Basis erfolgt und Sie Ihren Urlaub dafür eingesetzt haben. Es ist Ihnen hoch anzurechnen, dass Sie erkannt haben, wie wichtig heute die Weiter- oder gar die Umschulung auf dem Gebiet der praktischen Wirtschaftsförderung ist.

2. Die Rezession ist noch nicht überwunden, und abgesehen davon finden innerhalb der schweizerischen Wirtschaft Restrukturierungsvorgänge statt4. Als Folge davon sehen sich zahlreiche Unternehmen gezwungen, auf die Auslandsmärkte auszuweichen oder ihre dortige Präsenz zu verstärken. Dazu kommt, dass das Konkurrenzklima auf den Exportmärkten unerhört hart geworden ist. Die einzelnen schweizerischen Unternehmen sind veranlasst, mehr noch als zuvor zusammenzustehen, und seitens des Staates und der Verwaltung muss alles in den Möglichkeiten einer liberalen Wirtschaft liegende unternommen werden, um der schweizerischen Exportwirtschaft den Weg zu ebnen5. Diese Aufgaben haben unter den gegenwärtigen Umständen für das Personal auf unseren Aussenposten erste Priorität.

3. Dies bedeutet, dass diejenigen Märkte mit besonderer Aufmerksamkeit gepflegt werden müssen, die für uns entweder durch ihre Solvenz interessant sind, wie die Ölstaaten, oder durch ihr Nachfragepotential, wie die Entwicklungsländer6. Daneben dürfen wir indessen die grossen und unproblematischeren Möglichkeiten nicht übersehen, die noch innerhalb der klassischen Märkte, also vor allem in Europa und den USA für viele Exporteure bestehen.

4. Die Angebotspalette der von den schweizerischen Aussenposten der Exportwirtschaft zur Verfügung gestellten Dienstleistungen und Hilfen ist daher der Situation entsprechend zu bereichern, und die Bemühungen zur Hilfestellung sind zu intensivieren. Alle mit den wirtschaftlichen Angelegenheiten betrauten Mitarbeiter sollten im Grunde genommen als Handelsdelegierte bezeichnet werden können, wie diejenigen, die von uns anfangs dieses Jahres an fünf neuralgischen Punkten des Welthandels eingesetzt worden sind7.

5. Von Seiten der Wirtschaft hören wir zuweilen kritische Stimmen über die Tätigkeit unserer Aussenvertretungen, wobei uns klar ist, dass diese Kritiker häufig die Grenzen zwischen der Tätigkeit des Staates und der Verantwortung der Privatwirtschaft nicht deutlich genug ziehen8. Kurse wie dieses Seminar sind geeignet, solche Stimmen zum Verstummen zu bringen.

Es freut mich anderseits stets – und ich habe immer häufiger Gelegenheit dazu – wenn ich positive Meldungen über das Engagement der schweizerischen Vertretungen im Ausland zugunsten der Wirtschaft höre.

6. Den Veranstaltern möchte ich danken für die Vorbereitung und die Durchführung des Seminars, das, wie ich hoffe, das erste in einer Reihe von weiteren dieser Art darstellt9. Allen Teilnehmern danke ich für Ihre zukünftige Tätigkeit im Interesse der Schweiz im allgemeinen und der schweizerischen Exportwirtschaft im besonderen und wünsche Ihnen allen Erfolg und Glück.