dodis.ch/46337
Le Chef de la Division des A ffaires étrangères du Département politique,
P. Bonna, au Ministre de Suisse à
Berlin, P.
Dinichert1
Wir beehren uns, Ihnen beiliegend einen Bericht der schweizerischen Delegation in der Rheinzentralkommission vom 27. April d.J.2 zu übermitteln. Aus dem Bericht geht hervor, dass auch die vergangene Session der Rheinzentralkommission wenig Klarheit über die Zukunft des internationalen Regimes der Rheinschiffahrt gebracht hat. Die Kommission bereinigte den Text einer in langen Jahren vorbereiteten revidierten Rheinschiffahrtspolizeiordnung. Der Versuch eines gemeinsamen Vorgehens der in der Kommission verbliebenen Staaten, um Deutschland zur Annahme und gleichzeitigen Inkraftsetzung der revidierten Rheinschiffahrtspolizeiordnung auf dem Rhein zu bewegen, scheiterte jedoch an der Haltung der Niederlande. Der endgültige Beschluss über die Annahme der Polizeiordnung ist auf die nächste Session verschoben worden, in der Meinung, dass in der Zwischenzeit die Möglichkeit einer gemeinsamen Inkraftsetzung durch alle beteiligten Staaten geprüft werden solle.
Unserem Antrage gemäss hat der Bundesrat beschlossen, Sie zu ersuchen, entsprechende Sondierungen bei der deutschen Regierung vorzunehmen. Es wird sich unseres Erachtens darum handeln, in Erfahrung zu bringen, ob deutscherseits Geneigtheit besteht, dem von der Zentrakommission aufgestellten Entwurf, an dessen Ausarbeitung die Experten Deutschlands massgeblichen Anteil genommen haben, zuzustimmen und gegebenenfalls an einem unter den Rheinuferstaaten zu vereinbarenden Datum in Kraft zu setzen.
Es lässt sich wohl kaum bestreiten, dass Erlasse wie gerade derjenige der Rheinschiffahrtspolizeiordnung ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie auf dem ganzen Rhein gleichlautend angewendet und durchgeführt werden. Der Anlass scheint uns daher günstig zu sein, um möglichst unauffällig das Gespräch mit Deutschland über die Rheinfrage wieder aufzunehmen. Beharrt Deutschland in den Rheinschiffahrtsangelegenheiten auf seinem freiwilligen Beiseitestehen oder lässt es sich vielleicht heute doch unter gewissen Bedingungen für die Wiederaufnahme der Beziehungen mit der Rheinzentralkommission gewinnen? Wir haben schon früher zum Ausdruck gebracht, dass wir bereit wären solche Bedingungen gegebenenfalls zu prüfen. Das früher mit Nachdruck gestellte Begehren Deutschlands beispielsweise, den Kreis der Mitgliedstaaten der Rheinzentralkommission auf die Uferstaaten mit Einschluss von Belgien zu beschränken, würde unseres Erachtens heute nicht mehr auf unüberwindliche Schwierigkeiten stossen.
Deutschland hat seinerzeit, wie Sie wissen, das Versprechen abgegeben, dass unter dem Vorbehalt der Gegenseitigkeit das Regime der Rheinschiffahrt auch nach der Note vom 14. November 19363 praktisch nicht geändert werden solle. Da uns bisher keine Klagen über Behinderung der Schiffahrt zugekommen sind, ist anzunehmen, dass hüben und drüben die Parole befolgt worden ist. Das will aber doch wohl heissen, dass jedermann sich an die bestehenden vertraglichen Bestimmungen (Mannheimer Konvention, Regiemente etc.) die ihrerseits die Rhdnufevstaaten-Gemeinschaft voraussetzen, gehalten hat. Wäre es nicht auch für Deutschland wünschenswert, diesen Zustand rechtlich neu zu verankern?
Wir denken uns, dass es möglich sein wird, die in Frage stehenden Erkundigungen offiziös und mehr nur im Vorbeigehen, bei Anlass der Überreichung des Entwurfes der Rheinschiffahrtspolizeiordnung, einzuziehen. Sollten Sie indessen den Eindruck haben, dass es verfrüht wäre, im gegenwärtigen Zeitpunkt die Rheinfrage im allgemeinen erneut aufzurollen, so hätten wir nichts dagegen einzuwenden, wenn Sie sich vorerst darauf beschränken wollten, die Stellung Deutschlands zu dem Entwurf der Rheinschiffahrtspolizeiordnung in Erfahrung zu bringen.