Language: German
5.5.1922 (Friday)
CONSEIL FÉDÉRAL Procès-verbal de la séance du 5.5.1922
Secret minutes of the Federal Council (PVCF-S)
La revendication suisse au sujet de la régularisation du Rhin se heurte aux objections françaises. Nouveau projet d’accord germano-franco-suisse. Nouvelles instructions aux délégués suisses à la conférence de Strasbourg.

Classement thématique série 1848–1945:
V. LA COMMISSION CENTRALE DU RHIN
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Antoine Fleury, Gabriel Imboden (ed.)

Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 8, doc. 189

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Bern 1988

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dodis.ch/44831
CONSEIL FÉDÉRAL
Procès-verbal de la séance du 5 mai 19221

Rheinfrage

Mündlich

Der Bundespräsident teilt mit, Herr Herold habe gestern wissen lassen, auf Grund der durch die Beratung des von der Schweiz abgeänderten Vergleichsentwurfes in der Rheinfrage (vgl. Prot, vom 1. Mai 1922)2 geschaffenen Lage habe die Rheinzentralkommission beschlossen, sich bis Dienstag zu vertagen, damit die Delegierten neue Instruktionen einholen können. Auf der Durchreise in Basel hat Herr Herold Vertreter der Regierungen von Basel-Stadt und Basel-Landschaft mit der gegenwärtigen Sachlage vertraut gemacht. Heute Nachmittag treffen die Vertreter der genannten Regierungen zu einer Konferenz mit dem Bundesrat hier ein.

Herr Herold führt aus: Sobald die schweizerische Abordnung den am l.Mai vom Bundesrat genehmigten Vergleichsvorschlag bekannt gegeben habe, sei eine oft etwas stürmische Erörterung entstanden. Den Hauptanstoss bilde gegenwärtig der Abs. 2 der Ziffer I dieses Vergleichsvorschlages, wonach die Ersteller des Kraftwerkes im Kembserkanal eine schweizerische, nach schweizerischem Recht zu erteilende Konzession einzuholen haben. Hiegegen erhob die französische Abordnung sofort Einwände, die deutlich dem sie beherrschenden Geist des Misstrauens in allen zwischenstaatlichen Dingen entsprangen. Sie machte geltend, diese Forderung der Schweiz könnte zur Verhinderung des Kanalbaues überhaupt missbraucht werden, Frankreichs Recht aus dem Versailler-Vertrag werde mit Annahme dieser Forderung der Willkür der Schweiz und Deutschlands, das ja auch vom Rückstau berührt wird und ihm zustimmen muss, ausgeliefert. Es bestehe die Möglichkeit, die Konzessionserteilung nach Belieben zu verschleppen und an sie unerfüllbare finanzielle Bedingungen zu knüpfen. Demgegenüber wandte ich ein, es handle sich bei unserer Forderung um die Wahrung eines schweizerischen Hoheitsrechtes, das die Schweiz nicht preisgeben könne, und erklärte, unter Hinweis auf das Beispiel der Konzessionserteilung für das Kraftwerk von Chancy unterhalb Genf, Frankreich müsse der Schweiz das Zutrauen entgegenbringen dass sie von ihrem Recht keinen unbilligen Gebrauch machen werde. Nachdem die Verhandlungen so wieder auf einem toten Punkt angelangt waren, wurde angeregt, für die Erteilung der Konzession eine Frist anzusetzen. Ich nahm die Anregung unter Vorbehalt der Berichterstattung nach Bern entgegen und nannte als vielleicht mögliche Frist ein Jahr. Darauf wurde sofort die Frage aufgeworfen, was zu geschehen habe, wenn innert der Frist eine Einigung nicht zu Stande komme. Meine Anregung, dann ein technisches Schiedsgericht entscheiden zu lassen, stiess auf den heftigsten Widerstand. Die Franzosen erklärten, sie wollen kein Schiedsgericht, die Rheinzentralkommission habe in diesen Dingen zu entscheiden. Zu ihrer Sicherung verlangten sie dann die Aufnahme einer Bestimmung, wonach, wenn innert der Frist die Konzession nicht erteilt werde, Frankreich berechtigt sein soll, den Kembser-Kanal nach dem jetzt vorliegenden Projekt zu bauen. Hingegen erhob ich nun vor Allem den Einwand, eine solche Bestimmung sei nicht wohl denkbar, da ja die im jetzigen Kanalprojekt vorgesehene Wassergeschwindigkeit von 1,2 Sekundenmetern allerseits als unannehmbar bezeichnet worden sei. Allein da zeigte sich das Überraschende, dass sämtliche technischen Sachverständigen der ändern Staaten bereit waren, für den Fall des Kanalbaues auf Grund gescheiterter Verhandlungen über die Konzessionserteilung, die Geschwindigkeit von 1,2 Sekundenmetern anzunehmen. Für den eben genannten Fall haben wir also keine Unterstützung unserer Einwände gegen die Wassergeschwindigkeit zu gewärtigen. Bei diesem Stand der Sache erklärte ich dann, ich müsse dem Bundesrat neuerdings berichten.

Bei der Frage der Konzessionserteilung kann natürlich auch daran gedacht werden, dass Frankreich das Zustandekommen einer Einigung innert der Frist unmöglich macht. Ich erhob diesen Einwand und die Franzosen gestanden zu, dass sie in diesem Fall natürlich keinen Anspruch auf die Ausführung des Kanals nach dem jetzigen Plan hätten; auch erklärten sie, wenn im elften Monat der einjährigen Frist vorauszusehen sei, es werde im 13. Monat nach Einreichung des Konzessionsgesuches eine Einigung zu Stande kommen, so würden sie selbstverständlich nicht auf ihrem Schein mit 12 Monaten bestehen. Zu beachten ist auch, dass, da der Rückstau bis zur Birs den Bau des Kembser Kanales entschieden wesentlich erleichtert und die Kosten des Baues verringert, Frankreich kaum einen Grund hat, eine Einigung über die Konzession innert nützlicher Frist zu verunmöglichen.

In letzter Stunde versuchten die Franzosen dann noch, für die Regulierung ganz unannehmbare Bedingungen aufzustellen, die aber zurückgewiesen wurden, so dass es in dieser Hinsicht bei dem blieb, was früher beschlossen wurde, abgesehen von einer schärferen Betonung der Förderung der Schiffahrt durch die Regulierung (vgl. letzten Absatz des projet d’accord entre les délégations allemande, française et suisse).

Der neue Vorschlag, der auf Grund der Verhandlungen aufgesetzt wurde, hat folgenden Wortlaut:

Projet d’accord entre les délégations allemande, française et suisse.

Dans le but d’apporter au projet de dérivation de Kembs, présenté par le Gouvernement français, en exécution de l’article 358 du Traité de Versailles, les modifications recommandées par la Commission Centrale pour la navigation du Rhin, les représentants soussignés à la Commission Centrale des Etats allemands, de France et de Suisse sont tombés d’accord sur les stipulations suivantes:

1. Le remous produit par le barrage de Kembs sera étendu en amont jusqu’à la Birse.

2. La concession de la chute correspondant au remous sur le territoire suisse et l’autorisation pour l’emprise supplémentaire sur territoire badois seront accordées aux bénéficiaires désignés par le Gouvernement français, dans le délai d’un an après le dépôt de la demande dans les formes et sous les conditions fixées par la législation des pays intéressés.

En outre, les soussignés sont également d’accord, en ce qui concerne la régularisation du Rhin entre Bâle et Strasbourg, sur les stipulations suivantes:

1. Les travaux de régularisation seront entrepris au fur et à mesure de leur approbation par la Commission Centrale pour la Navigation du Rhin et après accomplissement des formalités réglementaires.

2. Les trois Etats s’entendront entre eux au sujet de la répartition des dépenses relatives à ces travaux et au sujet du choix des secteurs dont la régularisation sera la plus urgente dans l’intérêt de la navigation.

Projet de Résolution

rédigé, d’accord entre les délégations allemande, française et suisse, pour être présenté à l’approbation de la Commission Centrale.

La Commission Centrale pour la Navigation du Rhin, prenant acte de l’accord intervenu entre les délégations allemande, française et suisse en date de ce jour, adopte la résolution suivante:Le projet français du canal de Kembs, tel qu’il a été amendé et modifié par la résolution du 16 décembre 1921 (première partie ci-annexée) remplit les conditions indiquées par l’article 358 du Traité de Versailles, étant entendu que la vitesse dans le canal d’amenée sera réduite de 1,20 m à environ 0,70 m par seconde au moyen de l’extension du remous jusqu’à la Birse.

Dans le canal de fuite, la vitesse pourra être maintenue à 1 m environ par seconde en aval du barrage.

Vu la diminution de la vitesse et le raccourcissement du canal, la Commission Centrale se réserve de reviser les conditions posées en 1921 au sujet des barrages et du bassin de virage intermédiaire.

Toutefois, dans le cas où 12 mois après le dépôt de la demande, l’acte de concession n’aurait pas été passé ou l’autorisation accordée, le projet de dérivation, tel qu’il résulte des dispositions prévues dans le § 1 de la résolution du 16 décembre 1921, pourra être exécuté.

Il est entendu que la présente résolution ne saurait être en aucun cas invoquée à titre de précédent dans l’examen du projet des autres sections de la dérivation.II.

La Commission Centrale pour la Navigation du Rhin approuve la régularisation du Rhin entre Bâle et Strasbourg demandée par la Suisse qui présentera à la Commission les projets d’exécution.III.

La résolution ci-dessus ne modifie en rien les droits et obligations des Etats et les compétences de la Commission résultant des traités en vigueur et notamment du Traité de Versailles et de l’acte de navigation de 1868.

Der Vorschlag zerfällt in zwei Teile: 1. in eine Vereinbarung zwischen der Schweiz, Deutschland und Frankreich, der den Rückstau bis zur Birs und die Konzessionserteilungen hiefür nach den Gesetzgebungen der davon in Mitleidenschaft gezogenen Länder vorsieht, sowie Bestimmungen über die Regulierung des Rheins enthält und 2. in eine von der Rheinzentralkommission zu fassende Resolution, wodurch die Rheinzentralkommission von der Vereinbarung Vormerk nimmt und für den Kanalbau einige neue Bestimmungen aufstellt.

Auf folgende Einzelheiten ist besonders hinzuweisen:

Der den Rückstau betreffende Zusatz «à moins que des difficultés techniques insurmontables ne s’y opposent» ist weggefallen, was aber in Tat und Wahrheit kaum von allzugrosser Bedeutung sein dürfte.

Die Bestimmung in Ziffer I, Abs. 2, der Resolution über die Wassergeschwindigkeit im Auslaufkanal ist nach der Meinung unserer Techniker annehmbar.

In Abs. 3 der Ziffer I werden mit Rücksicht auf die Herabsetzung der ursprünglich vorgesehenen Kanalwassergeschwindigkeit von 1,2 auf 0,7 Sekundenmetern Abänderungen an den in der Resolution vom 16. Dezember 1921 festgelegten Abmessungen der Schleusenräume und Wendebassins vorgesehen.

Dann folgt die Bestimmung über die Folgen, die eintreten, wenn innert Jahresfrist nach der Einreichung des Konzessionsbegehrens die Konzession nicht erteilt sein sollte (Bau des Kembserkanals nach dem jetzt vorliegenden Projekt).

Der letzte Absatz der Ziffer I endlich stellt fest, dass die vorliegende Resolution in keiner Weise dem Entscheid über die weiteren Kanalstufen vorgreife.

Die von uns verlangte ausdrückliche Erwähnung der Aufsicht der Rheinzentralkommission über die Schiffahrt im Kanal wurde neuerdings mit Rücksicht auf die Ziffer 12 der Resolution vom 16. Dezember 1921 als überflüssig bezeichnet, in der Meinung, dass die ebengenannte Bestimmung unserem Wunsche schon Rechnung trage. Ich verlangte, dass hievon am Protokoll Vormerk genommen werde. Vielleicht liesse sich aber in diesem Punkt noch etwas erreichen.

Im Ganzen ist zu sagen: Die Lage hat sich seit dem 1. Mai eher verschlechtert, wachsendes Misstrauen und wachsende Verärgerung über unsere Hartnäckigkeit greifen nicht nur bei der französischen Delegation Platz. Namentlich besteht auch nach der Meinung des ersten holländischen Delegierten keinerlei Aussicht dafür, mit der Auffassung durchzudringen, dass die Beschlüsse der Rheinzentralkommission in dieser Angelegenheit nur beratenden Charakter haben und somit gemäss Art. 46 der Mannheimer Akte der Bestätigung durch die beteiligten Regierungen bedürfen. Die grosse Mehrheit der Delegationen steht auf dem Standpunkt, der Versailler-Vertrag gehe, soweit er in der Rheinfrage Bestimmungen aufstellt, der Mannheimer Akte vor.

Frankreich beabsichtigt, im Herbst der Rheinzentralkommission ein Projekt für eine zweite Kanalstufe einzureichen, die es gleichzeitig mit dem Kembserkanal ausführen will, um die kostspielige Ausleitung des Kanals von Kembs in den Rhein zu ersparen.

Die Folgen einer Ablehnung des Vergleichsvorschlags wären eine zweifellos starke Trübung des Verhältnisses zu den übrigen Delegationen und Staaten in der Rheinzentralkommission, die Wahrscheinlichkeit, dass die Hoffnung auf die Regulierung überhaupt schwände, und die Sicherheit, dass, wenn auch etwas später der Kembserkanal doch und zwar in einer für die Schiffahrt weniger günstigen Weise als nach dem Vergleichsvorschlag gebaut würde.

In der Beratung wird betont, die Sachlage sei heute fast verwickelter und weniger befriedigend als am 1. Mai. Jedenfalls sei der Vergleichsvorschlag nur dann annehmbar, wenn die beiden zunächst beteiligten Kantone nicht dagegen Stellung nehmen. Die im Grunde genommen wichtigste Frage, ob es technisch möglich sei, innert Jahresfrist die Konzession mit den für uns nötigen sichernden Bedingungen zu erteilen, könne wohl, da der Rückstau und seine Folgen schon jetzt untersucht werden, bejaht werden.

Hier wird die Beratung um 11 Uhr 15 Minuten abgebrochen.

Die Sitzung wird um 14 Uhr 30 Minuten wieder aufgenommen. Ausser den Vorgenannten sind anwesend:

Als Vertreter der Regierung des Kantons Basel-Stadt die HH. Regierungsräte Im Hof, Miescher und Schneider.

Als Vertreter der Regierung des Kantons Basel-Landschaft Herr Regierungsrat Tanner.

Herr Dr. Mutzner, Chef des Amtes für Wasserwirtschaft.

Herr Bundespräsident Haab eröffnet nach Begrüssung der Vertreter der Kantone die Beratung.

Herr Herold gibt Aufschluss über den gegenwärtigen Stand der Dinge und beleuchtet die Folgen einer Ablehnung des Vergleichsvorschlages. Er fügt bei, der zweite schweizerische Delegierte sei der Meinung, es werde wohl, um Schlimmeres zu verhüten, auf der jetzt vorgeschlagenen Grundlage eine Einigung gesucht werden müssen und die technischen Sachverständigen hegen gegen die Annahme des Vergleichsvorschlages keine Bedenken, sofern die Konzessionserteilung innert der vorgesehenen Frist möglich ist.

In der Beratung wird zunächst das Fehlen einer Bestimmung über die Beaufsichtigung der Schiffahrt im Kanal aufgegriffen und der dringende Wunsch ausgesprochen, die schweizerische Abordnung solle sich trotz des Protokollvermerkes hierüber bemühen, die Aufnahme der Bestimmung des früheren Vergleichsvorschlages über die einschlägigen Befugnisse der Rheinzentralkommission auch in den neuen Vergleichsvorschlag zu erwirken.

Sodann führt Herr Mies eher Folgendes aus:

Der neue Vergleichsvorschlag bringt insofern eine Verbesserung, als er den Grundsatz der Beteiligung Deutschlands und Frankreichs an den Regulierungskosten aufstellt.

Ferner wird anerkannt, dass es zur Durchführung des Rückstaues der Einwilligung Deutschlands und der Schweiz gemäss ihrem Recht bedarf. Allein diese Anerkennung ist nun leider keine schrankenlose, denn die Konzessionserteilung wird befristet, und überdies wird für den Fall, dass die Konzession nicht innert der Frist erteilt wird, Frankreich berechtigt erklärt, sein jetziges Projekt für den Kembser-Kanal mit der für die Schiffahrt zweifellos sehr ungünstigen Kanalwassergeschwindigkeit auszuführen.

Das ist der Punkt, der zu grossen Bedenken Anlass gibt und zwar nicht sowohl vom Standpunkt der zunächst beteiligten Kantone als vom Standpunkt des Bundes aus.

Ob diese Fristansetzung und die Bestimmung, die an den Fristablauf, ohne dass die Konzession erteilt wäre, gewisse Folgen zu Gunsten Frankreichs knüpft, überhaupt annehmbar seien, darüber haben nicht die beteiligten Kantone, sondern der Bund zu entscheiden.

Diese Bestimmungen erwecken aber auch deshalb Bedenken, weil sie die Ausübung unseres Rechtes zur Konzessionserteilung bis zu einem gewissen Grade vom guten Willen der ändern abhängig machen. Denn ob die Frist eingehalten werden kann, hängt doch sehr davon ab, ob Frankreich zureichende Grundlagen für die Konzession rechtzeitig vorlegt. Der im Vergleichsvorschlag zur Bestimmung des Fristbeginns verwendete Ausdruck «après le dépôt de la demande» ist zu wenig scharf. Offenbar kann es doch nicht genügen, dass der Ersteller des Kraftwerkes im Kembserkanal, ohne Pläne usw. einzureichen, einfach einen Brief schreibt, man sollte ihm die Konzession erteilen. Allein der gerügte Wortlaut scheint dies dennoch zuzugeben. Er muss daher verschärft werden, um solchen Widersinn auszuschliessen. Sodann geben uns auch die vorgesehenen Bestimmungen keine Sicherung dagegen, dass, nachdem wir die Bedingungen für die Konzession aufgestellt haben, die Franzosen sich weigern sie anzunehmen, und nach Ablauf der Frist feststellen, die Konzession sei nicht erteilt und sie hätten damit freie Hand für den Kanalbau. Hingegen wären wir schutzlos, weil ja durch Aufnahme von Abs. 4 der Ziffer I der neu vorgeschlagenen Resolution eine Berufung gegen solches Vorgehen an die Rheinzentralkommission ausgeschlossen erscheint. Ob gegen diese Gefahren ein genügender Schutz in der Erwägung liegt, Frankreich würde gegen seinen eigenen Vorteil handeln, wenn es nicht alles täte, um den Rückstau zu verwirklichen und die dafür nötige Zustimmung Deutschlands und der Schweiz durch die Konzessionserteilung zu erlangen, scheint doch nicht völlig sicher.

Der Abklärung bedarf auch die weitere Frage, ob nunmehr die Regulierung so vom Bau des Kembser Kanals getrennt ist, dass die Schweiz das Recht auf Regulierung auch dann behält, wenn die Konzession für den Rückstau und das Kembserwerk nicht innert nützlicher Frist erteilt wird oder werden kann.

Wünschbar wäre auch eine Verdeutlichung von Abs. 3, Ziffer I, der neuen Resolution.

Herr Tanner weist ebenfalls darauf hin, dass eine Verlängerung der Frist oder eine Verdeutlichung der Fristbestimmung durch bessere Bestimmung dessen, was als Einreichung eines genügenden Konzessionsgesuches zu betrachten wäre, durchaus nötig sei, da zur Beurteilung der Folgen des Rückstaus selbst auf dem Gebiet des Kantons Basel-Landschaft (Geschiebeablagerung der Birs und der Ergolz, Grundwasserstand in Birsfelden), geschweige denn auf dem Gebiete des Kantons Basel-Stadt, eingehende und viel Zeit beanspruchende Erhebungen zu machen sind.

Wichtig ist es auch, darüber ins Klare zu kommen, was von dem Vergleich bestehen bleibt, wenn infolge der Nichterteilung der Konzession innert nützlicher Frist der Abs. 4 der Ziffer I der neuen Resolution in Wirksamkeit tritt.

Herr Schneider unterstützt die letzte Bemerkung mit dem Hinweis darauf, die Ansetzung der kurzen Frist von einem Jahr lege den Verdacht nahe, Frankreich hoffe auf die Nichteinhaltung der Frist.

Herr Miescher weist darauf hin, dass natürlich durch die Art und Weise der Leitung der Konzessionsverhandlungen durch die eidg. Behörden viel zur Einhaltung der Frist beigetragen werden könne. Wie aber der Beginn der Frist fester umschrieben werden sollte, so sollte auch deutlicher gesagt werden, was für die Beendigung der Frist massgebend sein, wann die Konzession als erteilt betrachtet werden soll.

Auch Herr Im Hof betont die Notwendigkeit, die Frist genauer zu umschreiben und ihre Dauer nicht zu kurz zu bemessen, da ja drei Konzessionen für das Kembserkanal-Werk nötig sind, eine französische, eine deutsche und eine schweizerische, die offensichtlich in einzelnen Punkten übereinstimmen müssen. Hierauf sollten die Franzosen hingewiesen werden, um ihnen zu zeigen, dass die Frist vernünftig zu bemessen sei.

Herr Bundesrat Chuard ist der Meinung, wenn der Beginn der Frist, die Einreichung des Gesuches und die Beendigung der Frist, die Konzessionserteilung richtig umschrieben werden, so dürfte die Frist von einem Jahr genügen, um zu einer Einigung zu gelangen, dies um so eher, als eine Reihe grundlegender Erhebungen schon im Gange sind oder sofort eingeleitet werden können, während die Franzosen das Kembserkanal- und Wasserwerkprojekt noch den neuen Bedingungen anpassen müssen, bevor sie ein Konzessionsgesuch mit genügenden Grundlagen einreichen können. Das Amt für Wasserwirtschaft wird zu Händen der schweizerischen Abordnung in Strassburg feststellen, was für ein genügendes Konzessionsgesuch nötig ist, wann die Konzession als erteilt betrachtet werden kann und welche Punkte in der Konzession geregelt werden müssen.

Herr Herold zweifelt nicht am ernstlichen Willen Frankreichs, wie übrigens auch Deutschlands, sich die grossen Vorteile des Rückstaus zu sichern und zu diesem Zweck zu einer Einigung zu kommen. Doch legt Frankreich gleichzeitig grossen Wert darauf, mit den Arbeiten am Kembserkanal bald beginnen zu können.

Beginn und Ende der Frist müssen schärfer bestimmt und es muss darauf gedrungen werden, dass die Frist nicht offensichtlich ungenügend bemessen wird.

Über eine Einwirkung des Nichteinhaltens der Konzessionsfrist auf die Anerkennung der Regulierung ist in Strassburg nicht gesprochen worden. Es darf daher wohl angenommen werden, dass die Zusicherung der Regulierung bestehen bleibt, auch wenn infolge Nichterteilung der Konzession innert nützlicher Frist der für die Schifffahrt ungünstige steile Kanal zur Ausführung kommt.

Um die Beschlüsse über die beiden Fragen (Kanal und Regulierung) im Entwurf der Vereinbarung noch deutlicher zu trennen und selbständig zu stellen, schlägt Herr Im Hof y or, die Abordnung solle zu erwirken suchen, dass der erste Absatz der Vereinbarung: «Danslebut...» mit Ziffer I, der Absatz: «En outre, les soussignés...» mit Ziffer II bezeichnet wird. Herr Herold stimmt zu.

In der weitern Beratung wird von verschiedenen Seiten neuerdings hervorgehoben, es sei durchaus notwendig, die Erwirkung der Konzession und die Einhaltung der Frist unabhängiger vom guten Willen Frankreichs und Deutschlands zu gestalten und zu diesem Zwecke vorzusehen, dass eine Instanz geschaffen wird, die darüber zu entscheiden hätte, ob bei Nichteinhaltung der Frist für die Konzessionserteilung die Voraussetzungen der Wirksamkeit des Abs. 4 von Ziffer I der neuen Resolution gegeben sind und Frankreich somit wirklich freie Hand zum Bau des steilen Kanals erhält. Namentlich Herr Dinichert führt unter Hinweis auf seine frühere Umschreibung der diplomatischen Stellung der Schweiz in diesem Kampf (vgl. Prot, vom 1. Mai 1922)3 aus, die Schweiz könne mit allem Nachdruck verlangen, dass ihr eine angemessene Frist zur Konzessionserteilung eingeräumt und dass eine Instanz geschaffen werde, die über die Einhaltung oder Nichteinhaltung dieser Frist zwischen den daran beteiligten Parteien zu entscheiden hätte. Da die Rheinzentralkommission es ablehnt, ihre Entscheidungen einer Schiedsinstanz zu unterwerfen, so müsste eine andere Lösung gefunden werden (Entscheid durch Rheinzentralkommission selbst oder durch einen aus ihrer Mitte zu bestellenden Ausschuss). Nur so kann vermieden werden, dass der Schweiz aus ihrem Entgegenkommen in der Kanalfrage ein Strick gedreht wird und nur so bleibt ihr die Geltendmachung ihrer unzweifelhaften Rechte gewahrt. Gegenüber der Meinung, die auf Grund der Beratung im Zusammenhang mit der Fristsetzung und den Folgen der Fristverwirkung zu verlangenden Sicherungen, insbesondere die Schaffung einer Schiedsinstanz zur Schlichtung von Meinungsverschiedenheiten, müssten als unerlässliche Bedingungen für die Annahme des Vergleichsvorschlags aufgestellt werden, erhebt der Vertreter des Kantons Basel-Landschaft das Bedenken, bei allzu starrem Festhalten an diesen Bedingungen laufe die Schweiz Gefahr, dass der Rückstau überhaupt aufgegeben werde, womit seine doch nicht zu unterschätzenden Vorteile für die Schiffahrt verloren gingen.

Über den weitern Gang der Verhandlungen in der Rheinzentralkommission gibt Herr Herold dahin Aufschluss, es werde am kommenden Dienstag zunächst noch zwischen den Abordnungen der Schweiz, Deutschlands und Frankreichs verhandelt werden und am Mittwoch soll dann die Gesamtkommission endgültig Beschluss fassen. Es werde also nicht möglich sein, noch einmal über die Angelegenheit wie jetzt zu beraten. Die in der Beratung geäusserten Wünsche zur Ergänzung des Vergleichsvorschlags scheinen nicht von vornherein unerfüllbar zu sein.

Die Anfrage des Bundespräsidenten, ob er annehmen dürfe, dass, wenn es unserer Abordnung gelingt, in den eben besprochenen Hauptpunkten zu einer annehmbaren Lösung zu gelangen, die Vertreter der beteiligten Kantone das Eintreten auf den Vergleich nicht ablehnen, wird von den HH. Miescherund Im Hof in folgender Weise beantwortet:

Am 1. Mai haben wir erklärt, dass die Mehrheit des Regierungsrates von Basel-Stadt der Meinung ist, es sei auf den Vergleichsvorschlag einzutreten. Was sich seither geändert hat, kann uns nicht veranlassen, von der damaligen Stellungnahme abzugehen. Weitere Erklärungen können wir aber nicht abgeben, weil wir der Meinung sind, dass darüber, ob die Aufnahme einer Befristung der Konzessionserteilung und der an die Nichteinhaltung der Frist geknüpften Folgen in den Vergleich annehmbar seien, die Bundesbehörde allein zu entscheiden hat, gleichviel wie Basel-Stadt sich zu dieser Frage stellen möge. Wenn sich in dieser Beziehung noch Erleichterungen erzielen lassen, so wird das für die Stimmung im Lande sehr wertvoll sein. Wird dem Vergleich zugestimmt, so werden wir, was an uns liegt, zur Förderung der Angelegenheit beitragen.

Herr Tanner erklärt sich im Namen seiner Regierung mit dem Vorgehen der Regierung von Basel-Stadt solidarisch.

Auf Grund der Beratung wird beschlossen:

Da über das Eintreten auf den Vergleichsvorschlag keinerlei Meinungsverschiedenheiten bestehen, so werden der schweizerischen Abordnung in der Rheinzentralkommission für die Fortsetzung der Verhandlungen folgende Weisungen erteilt:

1. Im «Projet d’accord» sollen, um die Bestimmungen über den Kanal und die Regulierung besser zu trennen und selbständig zu stellen, der erste Absatz: «Dans le but...» und der Absatz: «En outre...» mit römischen Zahlen oder mit Buchstaben versehen werden.

2. Der Beginn und die Beendigung der für die Erteilung der schweizerischen Konzession vorgesehenen Frist von einem Jahr sollen schärfer bestimmt werden durch genauere Festsetzung dessen, was unter «dépôt de la demande» und unter Erteilung der Konzession zu verstehen ist; das Amt für Wasserwirtschaft wird der Abordnung die hiefür nötigen Unterlagen beschaffen (vgl. oben Votum von B.R. Chuard).

3. Es soll im Vergleich eine Instanz bezeichnet werden, die bei Meinungsverschiedenheiten über die Nichteinhaltung der für die Konzessionserteilung vorgesehenen Frist zu entscheiden hat, ob die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Abs. 4 von Ziffer I der neu vorgeschlagenen Resolution («Toutefois, dans le cas...») gegeben sind.

4. Die in den frühem Vergleichsvorschlag auf Grund der Schlussnahme vom l.Mai 1922 eingefügte Bestimmung betr. die Aufsicht über die Schifffahrt im Kembserkanal (vgl. Prot, vom 1. Mai 19224, Ziffer I, Abs. 3 «Il est constaté à nouveau...») soll auch in den neuen Vergleichsvorschlag aufgenommen werden.5

1
E 1005 2/21. Un texte identique se trouve dans les procès-verbaux ordinaires du Conseil fédéral, cf. E 1004 1/283, no 1233. Etaient absents: G. Motta, E. Schulthess, H. Hâberlin. Ont participé à la séance: le Dr. Herold, 1. Delegierter der Schweiz in der Rheinzentralkommission und Minister Dinichert vom politischen Departement.
2
Cf. no 186.
3
Cf. no 186.
4
Cf. no 186.
5
Sur l’accord entre la France, la Suisse et l’A llemagne et la résolution de la Commission centrale du Rhin du 10 mai 1922 relatifs au canal latéral du Rhin et aux travaux de régularisation du fleuve, cf. FF, 1922, vol. II, pp. 1060-1064.