Thematische Zuordung Serie 1848–1945:
IV. NIEDERLASSUNGS- UND ASYLPOLITIK
2. Die schweizerische Asylrechtspraxis
Darin: Bismarck werde sich wahrscheinlich damit zufrieden geben, dass die Schweiz ihre fremdenpolizeilichen Massnahmen verschärfe. Annex vom 13.6.1889
Pubblicato in
Documenti Diplomatici Svizzeri, vol. 3, doc. 411
volume linkBern 1986
Dettagli… |▼▶Collocazione
Archivio | Archivio federale svizzero, Berna | |
▼ ▶ Segnatura | CH-BAR#E2#1000/44#78* | |
Vecchia segnatura | CH-BAR E 2(-)1000/44 4 | |
Titolo dossier | Konflikt mit Deutschland betr. Verhaftung des deutschen Polizeiinspektors August Wohlgemuth in Rheinfelden AG wegen Unruhestiftung und Spionage, sowie Ausweisung aus der Schweiz (Wohlgemuth-Handel) (1889–1892) | |
Riferimento archivio | B.255 |
dodis.ch/42390
Kaum war mein erstes Telegramm von heute2 und mein Schreiben von heute Mittag3 expedirt, so besuchte mich mein Gewährsmann, um mir mitzutheilen, er habe mittlerweile, d.h. seit heute Vormittag, da ich bei ihm war, erfahren, dass die H.H. von Bülow und Hamburger bereits gestern in Bern Noten (im früher angegebenen Sinne) abgegeben haben und dass der östreichische Gesandte diese Démarche von Deutschland und Russland heute mündlich unterstützen werde. Über diese Noten mich hier noch näher auszusprechen, wäre für Sie und für mich unnützer Zeitverlust.
Ich beschäftige mich einzig mit dem «Was nun» und beziehe mich diesbezüglich in der Hauptsache auf mein Telegramm, welches im Laufe dieser Nacht an Sie abgehen wird.4 Und da die Postzeit drängt, verlasse ich mich auf die Richtigkeit der Expedition dieses Telegramms und verzichte auf die Reproduktion desselben. Dasselbe interpretirend und ergänzend will ich Ihnen nur noch Folgendes zur Kenntniss bringen: Der Reichskanzler, sagte mir mein Gewährsmann, beschäftigt sich zur Zeit mit dem Falle Wohlgemuth nur noch insofern, als ihm derselbe betreffend die Mängel unserer Fremdenpolizei als typisch erscheint. Wohlgemuth selbst ist ihm vollständig gleichgültig. Es würde jetzt auch gar nichts mehr nützen, wenn der Bundesrath den Ausweisungsbefehl zurücknehmen würde. Der Reichskanzler verlangt nunmehr positive Erklärungen betr. die feste Absicht des Bundesrathes, auf dem Gebiete der Fremdenpolizei die erforderliche Remedur eintreten zu lassen. Verschiedene Persönlichkeiten, welche die Situation sehr gut kennen, vertreten nun die Ansicht, dass bestimmte schriftliche Erklärungen an Herrn v. Bülow, im Sinne der Mittheilungen, welche H. Droz demselben gelegentlich mündlich gemacht hat, sehr, sehr viel Aussicht darauf haben könnten, dass der Reichskanzler damit die ganze Angelegenheit als abgethan betrachten würde. Seien wir in der Lage, solche Erklärungen abzugeben, so werde der Reichskanzler nichts weiter dahinter suchen, wenn der Bundesrath nebenbei seine bisher vertretene Auffassung nochmals vertrete. Ein einlässliches Zurükkommen auf den Fall Wohlgemuth sei indess inopportun und zwar um so mehr, als wir, bei obiger Lösung der Differenzen, Wohlgemuth speziell betreffend eigentlich unbedingt Recht behalten.
Verweigern wir die fragl. Erklärungen, dann werde die Situation sehr ernst. Wir mögen doch bedenken, was es bei den heutigen unsichern Zeiten für uns bedeute, wenn 3 Grossmächte die Frage unserer Neutralität als eine offene betrachten. Dass Deutschland in der Affaire Wohlgemuth Hintergedanken allgemein politischer Natur leiten, könne er, mein Gewährsmann, mir als absolut grundlos erklären. Deutschland habe ein Interesse an der Neutralität der Schweiz und wünsche das bisherige Verhältniss beizubehalten. Dabei dürfen wir aber doch nicht vergessen, dass wenn in Folge eines unbefriedigenden Bescheides des Bundesrathes die Frage der Neutralität und Unverletzbarkeit der Schweiz eine offene bleiben sollte, die Militärpartheien der Grossmächte eben doch ein viel leichteres Spiel hätten, ihren Wünschen pcto. strategischer Nutzbarmachung der Schweiz im gegebenen Momente Geltung zu verschaffen, als wenn es bei dem status quo bleibe etc.
Sehr zu empfehlen sei, wie ich auch telegraphisch gemeldet, dass der Bundesrath auf die Collectiv-Note recht bald antworte. Pcto. Grenz-Repressalien sei noch gar nichts festgestellt.
Ich danke Ihnen nachträglich noch für Ihre gefälligen Mittheilungen vom 12.d.M.5 und verbleibe mit ausgezeichneter Hochachtung.
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