Abgedruckt in
Diplomatische Dokumente der Schweiz, Bd. 23, Dok. 98
volume linkZürich/Locarno/Genève 2011
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Archiv | Schweizerisches Bundesarchiv, Bern | |
▼ ▶ Signatur | CH-BAR#E2001E#1978/84#6218* | |
Alte Signatur | CH-BAR E 2001(E)1978/84 972 | |
Dossiertitel | Anerkennung durch die Schweiz (1959–1966) | |
Aktenzeichen Archiv | B.15.11 • Zusatzkomponente: Singapur |
dodis.ch/31268 Der schweizerische Botschafter in Bangkok, R. Aman, an den Chef der Abteilung für Politische Angelegenheiten des Politischen Departements, P. Micheli1
Mit Genugtuung hatte ich Ihrer Mitteilung auf raschem Weg2 entnommen, dass der Bundesrat Singapore am 20. August3 anerkannt4 hat. Mit Interesse habe ich ferner von Ihrem diesen Schritt empfehlenden Antrag vom 13. Au gust5 an den Bundesrat Kenntnis genommen. Im letzten Absatz des Antrages erwähnen Sie, dass die Frage der künftigen konsularischen oder diplomatischen Vertretung der Schweiz in Singapore geprüft werde6.
Ich beehre mich, Ihnen mitzuteilen, dass ich anlässlich meines kurzen Aufenthaltes in Kuala Lumpur im Zusammenhang mit dem malaysischen Nationalfeiertag dieses Problem mit unserem dortigen Geschäftsführer, Herrn Martin7, besprach. Zufälligerweise hatte ich auch Gelegenheit, unseren Konsul in Singapore, Herrn Suter8, noch einen Moment zu sehen.
Die erste Massnahme, die zu ergreifen sein wird, ist die Übertragung der konsularischen Zuständigkeit in Sabah und Sarawak vom Konsulat in Singapore an die Botschaft in Kuala Lumpur. Der Konsularbezirk von Herrn Suter wird sich in Zukunft auf Singapore beschränken müssen. Es dürfte vorderhand genügen, wenn Singapore die sicher nicht zahlreichen Konsulardossiers der in den beiden fraglichen Ländern niedergelassenen Schweizer der Botschaft in Kuala Lumpur übergibt. Zuschriften von Landsleuten an das Konsulat in Singapore würden von ihm nach Kuala Lumpur weitergeleitet und von der Botschaft mit dem Hinweis auf die neue Situation jeweils beantwortet. Allenfalls könnte sie an die dortigen Schweizer eine entsprechende Mit teilung richten. Wie weit dadurch die zusätzliche Beanspruchung der Botschaft gehen wird, kann ich nicht beurteilen, doch dürfte sie nicht beträchtlich sein. Was die formelle Bereinigung der neuen Situation betrifft, so wird es meines Erachtens, zum mindesten vom Gesichtspunkt Singapores und Kuala Lumpurs aus betrachtet, vorderhand sicher genügen, wenn unser Konsulat dem Aussenministerium die Abtrennung der Konsularbezirke Sabah und Sarawak notifiziert und die Botschaft dem Aussenministerium in Kuala Lumpur eine entsprechende Mitteilung macht.
Der Entscheid der Frage, ob und allenfalls in welcher Form wir diplomatische Beziehungen mit Singapore aufnehmen sollen, drängt nicht. Ich glaube, dass wir ohne irgendwelche Nachteile für uns vorerst einmal etwas abwarten und zusehen können, wie sich die neue Lage Singapores in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht entwickelt. Der Schutz unserer Landsleute und die Wahrung der schweizerischen Wirtschaftsinteressen9 liegen in den erfahrenen Händen unseres Konsuls10. Singapores Aussenministerium, neben dem Minister11 eine Handvoll Beamte, hat auf dem Gebiet der internationalen Beziehungen wenig Erfahrung und sieht sich nun vor eine grosse Anzahl anderer wichtiger Probleme gestellt, die es zu regeln gilt. Es wird, wenn Singapore Mitglied des Commonwealth ist, zuerst wohl seine diplomatischen Beziehungen mit dessen Mitgliedstaaten regeln wollen. Gemäss den bisher vorliegenden Berichten soll die Regierung die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit nur den wichtigsten Commonwealth-Ländern und einigen wenigen ausgesuchten anderen Staaten ins Auge fassen. Es ist zum mindesten für die nächste Zukunft nicht wahrscheinlich, dass sich Singapore in der Schweiz diplomatisch vertreten lässt, so dass es sich um einen einseitigen Akt unserseits handeln würde.
Abgesehen von den allfälligen Wünschen Singapores scheint es mir grundsätzlich jedoch als angezeigt, dass die Schweiz diplomatische Beziehungen mit dem neuen Staat aufnimmt. Die ansehnliche Schweizerkolonie, unsere grossen Wirtschaftsinteressen und die politische Bedeutung, die Singapore allein schon aufgrund seiner geographischen Lage, der dortigen britischen Militärbasis und seines Wirtschaftspotentials als führender asiatischer Umschlagshafen in der Auseinandersetzung der Freien Welt mit dem Kommunismus in dieser Region zukommt, sprechen dafür. Ob, wie es mich dünkt, die Akkreditierung eines im Ausland residierenden Botschafters (aus politischen und geographischen Gründen kämen nur Bangkok und Manila in Frage) unter Beibehaltung des gegenwärtigen Status unserer konsularischen Vertretung die zweckmässigste Form der schweizerischen diplomatischen Präsenz wäre, wird in Abwägung der verschiedenen in Betracht fallenden Faktoren noch genauer zu prüfen sein.
Unser Konsul in Singapore und in dem Ausmasse, in dem dieses Problem Kuala Lumpur und die dort etablierten diplomatischen Missionen berührt, auch Herr Martin, werden Sie über die einsetzende Entwicklung, die Haltung der zuständigen Behörden und die Massnahmen der in den beiden Metro polen konsularisch und diplomatisch vertretenen Länder orientieren können.
- 1
- Schreiben: E 2001(E) 1978/84 Bd. 972 (B.15.11). Kopien an die Abteilung für Verwaltungsangelegenheiten des Politischen Departements und die schweizerische Botschaft in Kuala Lumpur.↩
- 2
- Telegramm Nr. 29 des Politischen Departements an die schweizerische Botschaft in Bangkok vom 21. August 1965, Doss. wie Anm. 1.↩
- 3
- BR-Prot. Nr. 1392 vom 20. August 1965, dodis.ch/31269.↩
- 4
- Zur Anerkennung neuer Staaten vgl. für die Malediven DDS, Bd. 23, Dok. 139, dodis.ch/31274, bes. Anm. 3; für die Mongolei vgl. das BR-Prot. Nr. 935 vom 15. Mai 1964, dodis.ch/31469; das Schreiben von H. Keller an P. Micheli vom 19. Mai 1964, dodis.ch/31468; das Schreiben von A. R. Ganz an P. Micheli, vom 7. Januar 1965, dodis.ch/31465 und den Bericht von A. R. Ganz vom 3. August 1965, dodis.ch/31466; zur Frage der Aufnahme von diplomatischen Beziehungen mit Libyen vgl. die Notiz von R. Probst an P. Micheli vom 14. Januar 1964, dodis.ch/31773; die Notiz von R. Probst an P. Micheli und M. Grässli vom 1. September 1964, dodis.ch/31774; die Notiz des Politischen Departements vom 22. September 1964, dodis.ch/31775; das Schreiben von F. T. Wahlen an B. Galli vom 22. Dezember 1964, dodis.ch/31772 sowie das Schreiben von R. Stoudmann an P. Micheli vom 30. Dezember 1966, dodis.ch/31778. Zur Anerkennung und Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit afrikanischen Staaten vgl. DDS, Bd. 23, Dok. 104, dodis.ch/31614, bes. Anm. 9.↩
- 5
- Antrag des Politischen Departements an den Bundesrat vom 13. August 1965, E 1001(-) 1970/24 Bd. 13.↩
- 6
- Zur Frage der Aufnahme von diplomatischen Beziehungen zwischen der Schweiz und Singapur vgl. die Botschaft des Bundesrats an die Bundesversammlung über die Errichtung neuer diplomatischer Vertretungen vom 19. September 1966, BBl, 1966, II, S. 517–522.↩
- 9
- Zum Handel Singapurs mit der Schweiz vgl. den Bericht vom November 1965, dodis.ch/31271. Zu den Interessen der schweizerischen Uhrenindustrie vgl. DDS, Bd. 23, Dok. 70, dodis.ch/31272.↩
- 11
- S. Rajaratnam.↩