Interesse der Schweizerischen Studienkommission für Atomenergie, von China Uran zu erhalten: Kontakte zwischen schweizerischen Wissenschaftskreisen und hohen chinesischen Funktionären.
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 17, doc. 25
volume linkZürich/Locarno/Genève 1999
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001E#1000/1571#807* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(E)1000/1571 55 | |
Dossier title | Schweiz. Ingenieure und Geologen nach China (1946–1948) | |
File reference archive | B.31.232.1 • Additional component: China |
dodis.ch/163 Der Vorsteher des Militärdepartements, K. Kobelt, an die Vorsteher des Departements des Innern, Ph. Etter, und des Politischen Departements, M. Petitpierre1
Nachdem wir in den Besitz eines Berichtes über das Vorkommen von Uran und andern seltenen Metallen in China, verfasst durch den Direktor des Mineral-Explorationsbureau bei der Regierung von Nanking2, gelangt sind, unterbreitet uns die Kriegstechnische Abteilung im Einvernehmen mit der Schweizerischen Studienkommission für Atomenergie folgenden Antrag:
Es sei eine Mission nach China zu entsenden, um die Frage der Beschaffung von Uran für unsere Arbeiten auf dem Gebiet der Kernphysik einer Lösung näherzubringen.
Begründet wird dieser Antrag wie folgt:
«Wie mitgeteilt wurde, hat der Präsident der ‹National Resource Commission› Wong Wen Hao unserem Gesandten in China den erwähnten Bericht offiziell, wenn auch mit dem Ersuchen um streng vertrauliche Behandlung übergeben. Wir gehen wohl nicht fehl, wenn dies eine Folge der Bemühungen des Stellvertreters des chinesischen Erziehungsministers Dr. Ku ist, welcher letztes Jahr in der Schweiz weilte und beim Herrn Departementschef und beim Chef der Kriegstechnischen Abteilung durch Professor Zwicky3 eingeführt wurde. Dr. Ku hat sich damals bereit erklärt, unsere Bemühungen um die allfällige Beschaffung von Uran aus China zu unterstützen. Wir dürfen deshalb die Übergabe des Dokumentes als eine Einladung zur Weiterverfolgung der Angelegenheit betrachten und würden in Anbetracht der Wichtigkeit der Angelegenheit empfehlen, darauf einzutreten.
Wir geben uns Rechenschaft, dass die Schwierigkeiten sehr gross bleiben, insbesondere was den Transport des gesuchten Metalles nach der Schweiz anbelangt. Wir sind aber übereinstimmend der Ansicht, dass die gebotene Gelegenheit unbedingt ausgenützt werden muss. Die Mission müsste jedoch nicht als eine solche des Militärdepartementes, sondern als eine solche der Eidg. Technischen Hochschule betrachtet werden, womit sich das Departement des Innern sicher einverstanden erklären würde.
Wichtig ist selbstverständlich die Bezeichnung einer geeigneten Persönlichkeit als Missionsleiter. Wir haben dafür Herrn Professor Ed. Imhof, Professor für Geodäsie an der Eidg. Technischen Hochschule vorgesehen. Professor Imhof kennt China von einer zehnmonatigen Forschungsreise in das Innere dieses Landes sehr gut und verfügt über wichtige Verbindungen zu wissenschaftlichen Stellen des Landes. Er wäre bereit, den Auftrag anzunehmen. Als Begleiter von Professor Imhof würden ein bis zwei jüngere Geologen an der Mission teilnehmen. Die Kosten der Mission würden in der Grössenordnung von Fr. 50’000.– liegen und könnten zu Lasten der Kredite der Studienkommission für Atomenergie4 verrechnet werden.
Als Vorbereitung für die Mission empfehlen wir, nach Rücksprache mit Herrn Minister Zehnder vom eidg. Politischen Departement, die Schweizerische Gesandtschaft in Nanking durch ein Telegramm gemäss beigelegtem Entwurf5 zu orientieren und sie zu bitten, den Erziehungsminister Dr. Chu Chia Hua und seinen Stellvertreter Dr. Ku über den Plan der Expedition zu orientieren und um deren Zustimmung zu ersuchen.»
[Aus] Mitteilungen des Sekretariates der Schweiz. Studienkommission für Atomenergie entnehmen wir, dass nach der Auffassung dieser Kommission wirklich alles unternommen werden sollte, um Uran in die Schweiz hereinzubekommen. Der sich gegenwärtig in der Schweiz befindende Professor Dr. Zwicky, der über ausserordentlich gute Beziehungen zu hochgestellten Persönlichkeiten Chinas verfügt, ist ebenfalls der Auffassung, die Gelegenheit, möglicherweise Uran in China erwerben zu können, sollte nicht unbenützt bleiben. Heute ist es so, dass ausschliesslich Amerika (abgesehen von Russland) über Uranvorkommen verfügt. Es scheint, dass die Belgier ihr Verfügungsrecht über Uranvorkommen im Kongo den Amerikanern abgetreten haben6.
Unter diesen Umständen möchten wir die Entsendung einer Mission nach China unterstützen. Wir behalten uns vor, einen entsprechenden Antrag an den Bundesrat zu richten, möchten Sie jedoch vorher ersuchen, zur oben dargelegten Angelegenheit Stellung zu nehmen7.
- 1
- Schreiben: E 2001(E)-/1/55. An dieser Stelle befinden sich mehrere handschriftliche Anmerkungen. A. Zehnder: Ja, so habe ich es besprochen.↩
- 2
- Dieser Bericht wurde von C. Y. Hsieh, dem Direktor des Mineralexplorationsbureau, verfasst. Nicht ermittelt.↩
- 4
- Zu den Aufgaben dieser Kommission vgl. DDS, Bd. 16, Dok. 60, dodis.ch/335; zu ihren Arbeiten vgl. E 27/19039.↩
- 5
- Nicht abgedruckt.↩
- 6
- Zu den schweizerischen Interessen am belgischen Uran vgl. das Schreiben von E. C. G. Stueckelberg an König Léopold III vom 26. April 1946, E 27/19039/1 (dodis.ch/1665). Zu den Bestrebungen, Uran zu beschaffen, vgl. das Schreiben von D. Secrétan an das EMD vom 29. Mai 1946, E 27/19038/3 (dodis.ch/1662), E 27/19038/5 sowie E 27/19043.Vgl. auch Nr. 36, Anm. 2, in diesem Band.↩
- 7
- Vgl. das Schreiben von M. Petitpierre an K. Kobelt vom 1. Oktober 1947. Nicht abgedruckt.↩
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Belgium (Economy) Energy and raw materials Security policy Question of nuclear weapons Nuclear power