92.1037. Réduction de l'aide au développement
zu leisten. Verschiedene Programme und Projekte mussten gekürzt werden.
Darin: Dringliche Einfache Anfrage von Nationalrat Scheidegger vom 1.6.1992 (Beilage).
Darin: Antwort des Bundesrates vom 24.8.1992 (Beilage).
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 1992, doc. 40
volume linkBern 2023
more… |▼▶4 repositories
Archive | Swiss Federal Archives, Bern |
Old classification | CH-BAR Amtl. Bull. NR, 1992 V, S. 2233–2235 |
(1992–1992) |
Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
Archival classification | CH-BAR#E2025A#2002/145#30* | |
Dossier title | Scheidegger Urs, Einfache Anfrage vom 1.6.1992 (1992–1992) | |
File reference archive | t.011(562) P |
Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
Archival classification | CH-BAR#E2010A#2001/161#151* | |
Dossier title | Einfache Anfragen, Band 2 (1992–1992) | |
File reference archive | A.12.11.3 |
Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
Archival classification | CH-BAR#E2025A#2002/145#31* | |
Dossier title | Spielmann Jean, Einfache Anfrage vom 12.6.1992 (1992–1992) | |
File reference archive | t.011(563) P |
dodis.ch/61423Antwort des Bundesrats auf die Dringliche Einfache Anfrage Scheidegger1
Kürzung der Entwicklungshilfe
Die notwendigen Sanierungsmassnahmen für den Bundeshaushalt2 treffen die Entwicklungszusammenarbeit zu einem Zeitpunkt, da der internationale Druck auch auf die Schweiz wächst, in diesem Bereich mehr zu tun. Die Konferenz von Rio hat der Weltöffentlichkeit deutlich ins Bewusstsein gerufen, dass der Finanzbedarf des Südens gross und dringend ist und dass der Norden aus eigenen Sicherheitserwägungen und in globaler Mitverantwortung die politischen Prioritäten entsprechend anpassen muss.3
Der Beitritt der Schweiz zu den Institutionen von Bretton Woods hat Kosten zur Folge, welche der Bundesrat in der entsprechenden Botschaft detailliert beschrieben hat.4 Damit dies nicht zu einer inakzeptablen Reduktion der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit führen würde, ist der Beitrittsentscheid in der Annahme getroffen worden, dass die öffentliche Entwicklungszusammenarbeit substantiell erhöht werde, so dass in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre möglichst 0,4 Prozent des BSP erreicht würden.
Der Bundesrat hält weiterhin an dieser Zielsetzung fest. Gemäss den vor der Verabschiedung des Budgets 1993 verfügbaren finanziellen Eckdaten verbleibt für den Zeitraum 1990–1995 ein Wachstum der öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit von nominell 6,9 Prozent pro Jahr; dies bei einem angenommenen BSP-Wachstum von 5 Prozent und einem Einnahmenwachstum von 5,5 Prozent (einschliesslich Treibstoffzoll- und Tabaksteuererhöhung). Für den Zeitraum 1991–1995 berechnet, beträgt dieses Wachstum 5,3 Prozent. Es handelt sich also um eine Redimensionierung des ursprünglich geplanten Ausgabenwachstums. Dies bedeutet aber, dass der heute erreichte Anteil von 0,34 Prozent BSP bis 1995 nicht anwachsen wird.
Die haushaltspolitischen Sanierungsmassnahmen führen nicht zu Vertragsbrüchen. Weil aber gewisse Bereiche der Entwicklungszusammenarbeit auf unwiderruflichen Verpflichtungen beruhen (Kapitalbeitrag Weltbank,5 Beiträge an regionale Entwicklungsbanken und -fonds,6 IKRK-Beitrag7), sind andere Bereiche überproportional betroffen. So müssen besonders bilaterale Programme redimensioniert werden.8 Auch wird der Spielraum kleiner, auf neue Herausforderungen reagieren zu können. Für die einzelnen Instrumente der Entwicklungszusammenarbeit ergibt sich folgendes Bild.
Der Beitrag für das Programm für Kleinkredite an gewerbliche und landwirtschaftliche Betriebe der Interamerikanischen Entwicklungsbank/IDB musste gestrichen werden.10 Für verschiedene Organisationen, die im Bereich angepasster Kreditsysteme für Kleinunternehmer in Entwicklungsländern tätig sind, müssen schweizerische Beiträge gekürzt werden. Eine weitere Folge der Kürzungen im bilateralen Bereich ist die Erstreckung von Kofinanzierungen von einzelnen IDA-Programmen. Die multilateralen Beiträge mussten grösstenteils auf das nominelle Niveau von 1991 begrenzt werden, was für 1992/1993 auf eine reale Reduktion von 4 bis 5 Prozent hinausläuft. Als neues Mitglied der Weltbank wird die Schweiz den ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit entsprechenden Beitrag im Rahmen des geltenden Finanzplanes nicht leisten können, ohne die bilateralen Programme zu beeinträchtigen. Im Rahmenkredit zur 700-Jahr-Feier sind 300 Millionen Franken zur Finanzierung von Umweltprogrammen von globaler Bedeutung in Entwicklungsländern beschlossen worden.11 Geplant waren jährliche Ausgaben von etwa 35 Millionen Franken für bilaterale Massnahmen. Im Budget 199212 und im Finanzplan 1993/9513 mussten diese Beträge auf 15 respektive je 22,5 Millionen Franken gekürzt werden.
Die Möglichkeiten, auf nicht vorhersehbare Ereignisse reagieren zu können, sind durch die Kürzungen eingeschränkt. Die von der Schweiz erwarteten Leistungen an die wichtigsten Partnerorganisationen (das Internationale Komitee vom Roten Kreuz, das Flüchtlingshochkommissariat der UNO, das Welternährungsprogramm) können nur teilweise erbracht werden. Zahlreiche dringende Gesuche von internationalen oder schweizerischen Organisationen müssen zurückgewiesen werden. In Fällen von zwingenden, massiven und akuten Notlagen (z. B. Dürre im südlichen Afrika, Jugoslawien-Konflikt)15 kann der schweizerische Beitrag via Nachtragskredit bereitgestellt werden. Dieses Vorgehen braucht jedoch Zeit, und die Realisierung kann unter Umständen nicht im erforderlichen Zeitrahmen ablaufen.
In die Kategorie der nicht kürzbaren Programme fallen vor allem die Mischfinanzierungen. Hier übersteigen die 1993 aus rechtlich verbindlichen Verpflichtungen erwachsenden Ausgaben die in der Finanzplanung enthaltenen Mittel aus mehreren Gründen. Erstens haben die Erhöhung des Bundesanteils bei den Mischkrediten und die Umwandlung der Bundestranche in Geschenke zu einem erhöhten Finanzmittelbedarf geführt. Zweitens werden die Mischfinanzierungen von den Entwicklungsländern generell in einem schnelleren Rhythmus als ursprünglich angenommen ausgenützt. Schliesslich haben auch die momentanen Auftragsprobleme der schweizerischen Industrie zu einem erhöhten Druck auf eine schnellere Ausnützung der Mischkredite geführt. Zu beachten ist hierbei, dass die Schweiz nach Zustandekommen eines Mischkredites keinen Einfluss nehmen kann auf den jeweiligen Auszahlungszeitpunkt für die einzelnen Projekte. Im weiteren können in den nächsten Jahren keine neuen Engagements eingegangen werden. Es sind bereits Zusagen der Schweiz an die Philippinen, Vietnam, Zimbabwe17 Türkei18 sowie an eine regionale Entwicklungsbank in Lateinamerika (Corporacion Andina de Fomento)19 abgegeben worden, an denen festzuhalten ist.20 In der jetzigen Budgetsituation müssen somit alle bilateralen Zahlungsbilanzhilfen, Entschuldungsmassnahmen und sämtliche Projekte im Bereich der Industrie- und Handelsförderung sowie der Kompensation von Rohstoffexport-Erlösausfällen der ärmsten Entwicklungsländer (Stabex-Programm) nach unten angepasst werden. Es können kaum neue Projekte finanziert werden.21
Verschiedene bilaterale Projekte, die der Bund an Hilfswerke in Regie überträgt, mussten gekürzt werden. Dies betrifft Programme in den Bereichen Gesundheit, Trinkwasser, Aufforstungen. Auswirkungen auf die Betriebsbudgets der Hilfswerke sind dabei unvermeidlich. Bei den Bundesbeiträgen an Hilfswerke für die Durchführung ihrer zahlreichen kleineren Projekte kann das Finanzvolumen nur geringfügig angehoben werden, womit die Teuerung nur teilweise ausgeglichen wird.22
Der Bundesrat ist sich bewusst, dass sich zwischen dem Finanzbedarf des Südens und den Budgetmitteln des Nordens eine wachsende Lücke auftut.23 Er ist sich auch bewusst, dass im bestehenden Finanzplan bis 1995 keine Annäherung an den europäischen Durchschnitt von 0,5 Prozent möglich ist. Bisher hat jeweils das Entwicklungskomitee der OECD anlässlich des Examens unserer öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit deutlich in Erinnerung gerufen, dass sich die Schweiz ein ehrgeizigeres Ziel als den OECD-Durchschnitt von 0,35 Prozent setzen müsse, welches dem wirtschaftlichen Gewicht, der Rolle in den internationalen Wirtschaftsbeziehungen und der humanitären Tradition der Schweiz besser entspreche.24 In Zukunft wird voraussichtlich die Kommission für Umwelt und Entwicklung jedes Jahr die Leistungen der Industrieländer für öffentliche Entwicklungszusammenarbeit überprüfen und den Quervergleich in die internationale Debatte tragen.
Die Budgetdebatten ab 1993 werden zeigen müssen, wann genau das Ziel von 0,4 Prozent während der zweiten Hälfte der neunziger Jahre erreicht werden kann und wie die wachsenden Verpflichtungen gegenüber der Weltbanktochter IDA25 und im globalen Umweltbereich eingehalten werden können, ohne die geplanten bilateralen und multilateralen Programme massiv einzuschränken.26
- 1
- Amtl. Bull. NR, 1992, V, S. 2233–2235. Diese Antwort des Bundesrats auf die Dringliche Einfache Anfrage 92.1037 Kürzung der Entwicklungshilfe von Nationalrat Urs Scheidegger vom 1. Juni 1992 wurde vom diplomatischen Stagiaire Alexandre Fasel unter der Verantwortung des Chefs der Sektion Politik und Forschung der Direktion für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe (DEH) des EDA, Adrian Hadorn, ausgearbeitet. Für die sieben Teilfragen des Vorstosses vgl. das Faksimile dodis.ch/61423. Mit Ausnahme der Finanzverwaltung des EFD haben die konsultierten Ämter der Bundesverwaltung den Antwortentwurf gutgeheissen. Erstere monierte, dass es sich nicht um eine Kürzung der Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit, sondern um eine Verlangsamung der Wachstumsrate handle. Ferner sei diese im Verhältnis zu anderen Budgetposten angesichts der angespannten Finanzlage des Bundes dennoch als überdurchschnittlich zu beurteilen. Im Bereich der Entschuldungsmassnahmen sei zudem keine Kürzung der Ausgaben beschlossen worden, sondern eine Staffelung, welche einen sparsameren Umgang mit den Bundesressourcen gewährleiste. Für den entsprechenden Mitbericht des EFD vom 1. Juli 1992 vgl. das BR-Prot. Nr. 1445 vom 24. August 1992, CH-BAR#E1004.1#1000/9#1022* (4.10prov.).↩
- 2
- Vgl. dazu die Botschaft über die Sanierungsmassnahmen 1992 für den Bundeshaushalt vom 25. März 1992, BBl, 1992, III, S. 349–439.↩
- 3
- Vgl. dazu DDS 1992, Dok. 22, dodis.ch/61051, sowie die thematische Zusammenstellung Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung (UNCED) in Rio de Janeiro (1992), dodis.ch/T1726.↩
- 4
- Vgl. die Botschaft über den Beitritt der Schweiz zu den Institutionen von Bretton Woods vom 15. Mai 1991, dodis.ch/54060. Vgl. insbesondere DDS 1991, Dok. 40, dodis.ch/58258, sowie die thematische Zusammenstellung Beitritt zu den Bretton-Woods-Institutionen (1989–1993), dodis.ch/T1721.↩
- 5
- Vgl. dodis.ch/54060, S. 1241–1243.↩
- 6
- Vgl. dazu z. B. das BR-Prot. Nr. 2352 vom 2. Dezember 1991, dodis.ch/57754, sowie das BR-Prot. Nr. 1819 vom 21. September 1992, dodis.ch/60825.↩
- 7
- Vgl. dazu die Botschaft über den ordentlichen Bundesbeitrag an das Internationale Komitee vom Roten Kreuz vom 18. Januar 1989, dodis.ch/55478.↩
- 8
- Vgl. dazu die Notiz des Vizedirektors der DEH, Rudolf Dannecker, vom 30. September 1992, dodis.ch/60881.↩
- 9
- Zum Rahmenkredit für technische Zusammenarbeit und Finanzhilfe für die Legislaturperiode 1991–1995 vgl. DDS 1990, Dok. 3, dodis.ch/56143.↩
- 10
- Vgl. dazu die Notiz des Chefs der Sektion Lateinamerika der DEH, Pietro Veglio, an den Direktor der DEH, Botschafter Fritz Staehelin, vom 30. April 1992, dodis.ch/63194.↩
- 11
- Vgl. die Botschaft im Rahmen der 700-Jahrfeier der Eidgenossenschaft über zwei neue Rahmenkredite zur Finanzierung von Entschuldungsmassnahmen zugunsten ärmerer Entwicklungsländer und Umweltprogrammen und -projekten von globaler Bedeutung in Entwicklungsländern vom 30. Januar 1991, dodis.ch/56084, sowie das BR-Prot. Nr. 195 vom 30. Januar 1991, dodis.ch/57380. Zu den Entschuldungsmassnahmen im Rahmen der 700-Jahrfeier vgl. DDS 1991, Dok. 59, dodis.ch/57999, sowie die Zusammenstellung dodis.ch/C1755.↩
- 12
- Vgl. die Botschaft zum Voranschlag 1992 vom 30. September 1991, CH-BAR#E6103#1960/102#119* (26.01.4).↩
- 13
- Vgl. den Bericht über die Legislaturplanung 1991–1995 vom 25. März 1992, BBl, 1992, III, S. 1–200, zur Entwicklungszusammenarbeit bes. S. 40 f.↩
- 14
- Zum Rahmenkredit für humanitäre Hilfe für die Legislaturperiode 1991–1995 vgl. DDS 1991, Dok. 18, dodis.ch/57414.↩
- 15
- Vgl. dazu DDS 1992, Dok. 20, dodis.ch/60663.↩
- 16
- Zum Rahmenkredit für wirtschafts- und handelspolitische Massnahmen für die Legislaturperiode 1991–1995 vgl. die Botschaft des Bundesrats vom 21. Februar 1990, dodis.ch/55483, sowie das BR-Prot. Nr. 364 vom 21. Februar 1990, dodis.ch/56144. ↩
- 17
- Vgl. dazu dodis.ch/56059.↩
- 18
- Der geplante Mischkredit zur Realisierung eines hydroelektrischen Projekts der ABB in Batman wurde Ende 1992 vorläufig verworfen, vgl. dodis.ch/63197.↩
- 19
- Vgl. dazu den Wochentelex 51/92 vom 14. Dezember 1992, dodis.ch/62989.↩
- 20
- Zum Stand der Planung der Mischkreditprojekte Ende 1992 vgl. dodis.ch/63198.↩
- 21
- Zu den Auswirkungen der Budgetkürzungen auf die Entwicklungsprojekte des BAWI vgl. auch dodis.ch/63011.↩
- 22
- Vgl. dazu dodis.ch/62252 sowie die BR-Prot. Nr. 1753 vom 16. September 1992, dodis.ch/60625, und Nr. 2491 vom 23. Dezember 1992, dodis.ch/60624.↩
- 23
- Auch bezüglich der schweizerischen Osteuropa-Hilfe wurde der Effekt der Sanierungsmassnahmen diskutiert, vgl. dazu das Protokoll der Finanzkommission und der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats zur Sitzung vom 2. Juli 1992, dodis.ch/60965.↩
- 24
- Zum letzten Examen der schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit im Entwicklungsausschuss der OECD am 19. Oktober 1990 vgl. dodis.ch/63211.↩
- 25
- Für die Beteiligung der Schweiz an der 10. Wiederauffüllung der IDA vgl. das BR-Prot. Nr. 2165 vom 11. November 1992, dodis.ch/60992.↩
- 26
- Zur Frage der Budgetkürzungen bei der Entwicklungszusammenarbeit vgl. auch das Schreiben des Vorstehers des EDA, Bundespräsident René Felber, an den Vorsteher des EFD, Bundesrat Otto Stich, vom 1. Oktober 1992, dodis.ch/60882, sowie die Zusammenstellung dodis.ch/C2312.↩
Tags