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Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 27, doc. 139
volume linkZürich/Locarno/Genève 2022
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001E-01#1988/16#5372* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(E)-01/1988/16 1004 | |
Dossier title | Politische Bewegungen und Zustände im Ausland (1971–1978) | |
File reference archive | B.73.0 • Additional component: El Salvador |
Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2024B#2001/146#1213* | |
Old classification | CH-BAR E 2024(B)2001/146 129 | |
Dossier title | von schweizerischen Vertretungen: Brüssel; Budapest; Guatemala; Mexico; Montevideo; Paris; San Salvador (1970–1989) | |
File reference archive | a.595.31 |
Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2003A#1990/3#662* | |
Old classification | CH-BAR E 2003(A)1990/3 327 | |
Dossier title | Entraide Protestante Suisse EPER/HEKS (1976–1978) | |
File reference archive | o.231.07 |
dodis.ch/48208Der stv. Chef der Politischen Abteilung II des Politischen Departements, H. Kaufmann, an den schweizerischen Geschäftsträger a. i. in San Salvador, Th. Portier1
Sie hatten kürzlich den längerdauernden «Besuch» einer Delegation von salvadorianischen Bauern, die auf diesem Wege eine weitere Öffentlichkeit auf ihre Probleme und Anliegen aufmerksam zu machen versuchten2.
Es steht zwar ausser Frage, dass die Besetzung einer diplomatischen Mission3, und erfolge sie noch so friedlich, zwecks Unterstützung von noch so legitimen Anliegen, heikle Probleme im Verhältnis zum Residenz-Staat aufwirft. Es werden dabei die einer diplomatischen Vertretung gemäss Usus und Wiener Konvention4 zustehenden Immunitäten verletzt, und die lokalen Behörden sind an sich verpflichtet, diese Verletzung zu ahnden, ohne Rücksicht darauf, aus welchen Motiven die Besetzung erfolgt bzw., ob die besetzte Botschaft diesen Motiven allenfalls ein gewisses Verständnis entgegenbringen kann5.
Die Lösung, die in San Salvador in dieser Situation von allen beteiligten Stellen und Instanzen gefunden und verwirklicht wurde, stellte dann aber insofern einen guten Kompromiss dar, als sie einerseits sowohl den oben zitierten Grundsätzen des Völkerrechts Rechnung trug, als auch anderseits den im vorliegenden Fall relevanten und legitimen Postulaten der Menschenrechte und Menschenwürde Genüge zu leisten trachtete6.
Die Besetzung ist zu Ende, und wir könnten an sich zur Tagesordnung zurückkehren. Doch glauben wir, das Schicksal dieser Bauern, auf das diese uns durch die Besetzung der Botschaft aufmerksam zu machen suchten, nicht völlig aus den Augen verlieren zu sollen7. Dies selbstverständlich nicht im Sinne einer Einmischung oder Stellungnahme in innere Verhältnisse El Salvadors, sondern einfach aus einer rein menschlichen Sorge sowie aus der Verpflichtung heraus, welche uns die humanitäre Tradition unseres Landes auferlegt. Wir würden uns deshalb dafür interessieren, von Ihnen gelegentlich Nachrichten über das Schicksal der Besetzer im besonderen, und allgemein über die Entwicklung der Lage der Campesinos im Verhältnis zu Regierung und Verwaltung etc. zu erfahren8.
Sie weisen selbst auf die möglicherweise zentrale Rolle hin, die Erzbischof Romero in der Aktionen der Campesinos – so vermutlich auch bei der Besetzung ausländischer Botschaften – spielt. Wir glauben, dass dem oben skizzierten Postulat der weiteren Informationen über das Schicksal der Campesinos am ehesten und unverfänglichsten durch die Weiterführung eines informellen Kontakts zu Mgr. Romero oder dessen Stellvertreter9 entsprochen werden könnte.
Unserem allgemeinen Interesse schliesst sich ein spezifisches des «Hilfswerks der evangelischen Kirchen der Schweiz (HEKS)» an. Es ist Ihnen möglicherweise bekannt, dass das HEKS in El Salvador seit 1977 ein Projekt zur juristischen Beratung der Campesinos10 mitfinanziert, wobei es vor allem darum geht, die Bauern in der Wahrung ihrer Rechte gegenüber Spekulanten, Grossgrundbesitzern und einzelnen (vielfach mit ersteren in einer Art Symbiose agierenden) Verwaltungszweigen zu beraten und zu unterstützen. Es versteht sich von selbst, dass das HEKS ein lebhaftes Interesse daran hat zu erfahren, welche Wirkungen einerseits dieses Projekt allenfalls auf die Haltung der Campesinos gegenüber der Regierung zeitigt, und anderseits ob die Besetzung der Botschaften irgendwelche negativen Folgen in der Haltung der Regierung gegenüber diesem Projekt nach sich ziehen könnte.
- 1
- Schreiben (Kopie): CH-BAR#E2003A#1990/3#662* (o.231.07). Kopie an P. Aubert, J. H. Ghisler, J. Iselin, L. Meier, die Direktion für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe des Politischen Departements und die schweizerische Botschaft in Guatemala-Stadt.↩
- 2
- Zur Besetzung der schweizererischen Botschaft in San Salvador vgl. das Telegramm Nr. 10 von Th. Portier an das Politische Departement vom 12. April 1978, dodis.ch/48184 sowie die Notiz von Th. Portier vom 14. April 1978, dodis.ch/48186.↩
- 3
- Vgl. dazu DDS, Band 26, Dok. 38, dodis.ch/38191. Zur Besetzung der argentinischen Botschaft in Bern vgl. den Bericht der Stadtpolizei Bern vom 6. Juni 1978, dodis.ch/48930. Zur Besetzung der schweizerischen Botschaft in Guatemala-Stadt vgl. das Telegramm Nr. 128 von Y. A. Berthoud an die schweizerische Botschaft in Guatemala-Stadt vom 1. Oktober 1978, dodis.ch/48136 sowie den Bericht von Y. A. Berthoud vom 16. Oktober 1978, dodis.ch/48140. ↩
- 4
- Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen vom 18. April 1961, AS, 1964, S. 435–455. Vgl. dazu die thematische Zusammenstellung dodis.ch/T961.↩
- 5
- Zur Wiener Konvention vgl. die thematische Zusammenstellung dodis.ch/T961.↩
- 6
- Über den Ausgang der Besetzung vgl. die Notiz von Th. Portier vom 19. April 1978, dodis.ch/48187.↩
- 7
- Vgl. dazu das Schreiben von H. Kaufmann an Th. Portier vom 6. Juli 1978, dodis.ch/51606.↩
- 8
- Vgl. dazu das Schreiben von Th. Portier an J. Iselin vom 19. Mai 1978, dodis.ch/48189.↩
- 9
- M. Revelo.↩
- 10
- Vgl. dazu das Schreiben von H. Schaffert an J. Iselin vom 24. April 1978, dodis.ch/50870.↩
Tags
Human Rights Assaults on diplomatic and consular representations