Classement thématique série 1848–1945:
2. RELATIONS BILATÈRALES
2.1. ALLEMAGNE
2.1.6. PARTICIPATIONS SUISSES À DES ORGANISATIONS ALLEMANDES
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 14, doc. 272
volume linkBern 1997
more… |▼▶Repository
Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001D#1000/1553#7885* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(D)1000/1553 493 | |
Dossier title | Int. Rechtskammer, Berlin (1941–1945) | |
File reference archive | B.63.270 |
dodis.ch/47458
Im Anschluss an unsere frühere Korrespondenz und insbesondere an unser Schreiben2 vom 31. August letzthin, betreffend die internationale Rechtskammer in Berlin, beehren wir uns, Ihnen anbei den Durchschlag eines neuen Berichtes3 der schweizerischen Gesandtschaft in Berlin zu übermitteln. Wie Sie daraus ersehen wollen, hat Herr Dr. Etscheit, ein etwas betriebsamer deutscher Rechtsanwalt in Berlin, der mit manchen schweizerischen Stellen gute Beziehungen unterhält4, nach Fühlungnahme mit der internationalen Rechtskammer die Gesandtschaft wissen lassen, sein früherer Vorschlag, Herr Dr. Frick, Rechtsanwalt in Zürich, solle dieser Körperschaft persönlich als Beobachter beitreten (s. Aktennotiz der Gesandtschaft vom 1. August, in der Beilage zu unserm eingangs erwähnten Schreiben), finde die volle Zustimmung der Rechtskammer. Die Gesandtschaft ersucht uns demzufolge, wir möchten uns mit Herrn Dr. Frick in Verbindung setzen, ihn über die Angelegenheit orientieren und um seine Stellungnahme bitten.
Was die Sache selbst anbelangt, neigen wir der Ansicht zu, der Beitritt von Herrn Dr. Frick zur Rechtskammer als Einzelmitglied würde gewisse Vorteile bieten, ohne dass, soweit wir sehen, ernstliche Bedenken dagegen aufkommen könnten. Natürlich müsste Herr Dr. Frick seinen Entscheid ganz aus freien Stücken treffen, und es ginge nicht an, dass die Behörden auf ihn den geringsten Druck auszuüben suchen würden. Fällt sein Entscheid positiv aus, so könnte wohl damit gerechnet werden, dass weitere deutsche Bemühungen um den Beitritt der Schweiz, die stets zu einigen Ungelegenheiten Anlass geben, bis auf weiteres unterbleiben würden.
Herr Dr. Wilhelm Frick ist Ihnen wohl genügend bekannt, sodass wir es uns ersparen können, zu der Frage Stellung zu nehmen, ob er die für eine solche Aufgabe erforderliche Eignung besitze. Er ist ein Bruder von Oberstdivisionär H. Frick, Kommandanten der 7. Division, und selbst Oberstleutnant der Infanterie, Rechtsanwalt des Deutschen Generalkonsulats in Zürich und den deutschen Behörden bestens bekannt. Welches heute sein Verhältnis zur Eidgenössischen Front ist, bei der er früher rege tätig war, entzieht sich unserer Kenntnis5.
Was die Art des Vorgehens anbelangt, so kann man sich fragen, ob die Bundesbehörden sich in diese zwischen der internationalen Rechtskammer und Herrn Dr. Frick von einem deutschen Privatmann aufgeworfene Frage einzuschalten haben. An sich scheint uns dies um so weniger unerlässlich, als das Herrn Dr. Frick zugedachte Mandat ja auch rein privaten Charakter hätte. Es könnte mithin Herrn Dr. Etscheit geantwortet werden, es sei wohl am zweckmässigsten, wenn er Herrn Dr. Frick in der Sache direkt begrüsse. Indessen steht zu befürchten, dass eine solche Haltung in Berlin als Interesselosigkeit unsererseits unangenehm vermerkt würde und zu unfreundlichen Reaktionen führen könnte. Unter diesen Umständen scheint es uns der Erwägung wert zu prüfen, ob Sie gegebenenfalls, sei es persönlich oder durch einen Ihrer Mitarbeiter, mit Herrn Dr. Frick in dieser Angelegenheit offiziös in Verbindung treten wollen; dass ein solcher Schritt von Ihrer Seite aus, eher als durch das Politische Departement, zu unternehmen wäre, scheint uns nicht zuletzt auch deshalb das Gegebene, als Ihr Departement sachlich zuständig ist und intern mit der Berufsorganisation der schweizerischen Anwaltschaft gewisse Beziehungen unterhält.
Wir gewärtigen mit Interesse Ihre geschätzte Rückäusserung und bitten Sie, Herr Bundesrat, die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung zu genehmigen6.
- 1
- Lettre (Copie): E 2001 (D) 3/493. Paraphe: FY.↩
- 2
- Non reproduit. Fondée en avril 1941 à Berlin, /’ InternationaleRechtskammer est présidée par H. Frank, Gouverneur général de Pologne.↩
- 3
- Rapport de H. Frölicher du 11 novembre 1942, E 2001 (D) 3/493.↩
- 4
- Cf. aussi les documents sur les entretiens de K. Hügel en Suisse en mai 1942, notamment lors d’un séjour chez l’industriel Max Stoffel à Saint-Gall, E 2001 (D) 3/493.Sur les séjours en Suisse de K. Hügel, cf. le rapport de C. Jenny à H. Hornberger du 30 janvier 1941, E 2001 (D) 3/306 et DDS, vol. 13, doc. 205, dodis.ch/46962, doc. 386, dodis.ch/47143.↩
- 5
- Cf. aussi le rapport du 4 décembre 1942 du Procureur de la Confédération, F. Stämpfli: [...] Frick war seinerzeit Mitglied der «Eidgenössischen Front» - eine früher rechtsextreme Vereinigung, nicht zu verwechseln mit der eidg. Sammlung. - In Der Nation No. 4 vom 23.1.1941 wird Wilhelm Frick als Unterzeichner einer Eingabe an den Bundesrat namens der «Aktion zur Wahrung der Neutralität» erwähnt. [...] Er ist uns auch als Bezüger von deutschem Propagandamaterial bekannt. Er hat viele geschäftliche Beziehungen in Deutschland. [...] Über die Rechtskammer sind wir nicht orientiert worden. Es besteht wie bei allen solchen Organisationen im heutigen Deutschland während des Krieges die Gefahr, dass damit Propagandazwecke verbunden sind. Jedenfalls ist hier grösste Vorsicht am Platze. Die Ansicht des Politischen Departementes, wonach unser Departement mit Herrn Dr. Frick über den Eintritt in die Rechtskammer verhandeln soll, teile ich nicht. Nach schweizerischer Auffassung ist die Rechtskammer eine private Institution. Jedenfalls ist es Privatsache eines jeden Schweizer Bürgers, über den Eintritt zu entscheiden. Das Departement könnte höchstens mit dem schweizerischen Juristenverein, dem Anwaltsverband oder einer ändern schweizerischen Vereinigung verhandeln, niemals aber mit einem einzelnen Juristen und schon gar nicht mit Herrn Dr. Frick, der wegen seiner politischen Gesinnung in Juristenkreisen sehr angefochten ist. Die Vorstände dieser Verbände wären dem Departement kaum dankbar, wenn es zwischen der ausländischen Institution und einem einzelnen Juristen vermitteln würde. Ich persönlich würde mit Rücksicht auf den genannten Verdacht jeden Schweizer vor dem Eintritt warnen. Nach meinem Dafürhalten sollte jede amtliche Vermittlung für den Eintritt in die Rechtskammer abgelehnt werden (E 2001 (D) 3/493).↩
- 6
- Au cours du premier semestre de 1943, une correspondance s’échange à ce sujet. Cf. notamment la réponse du 1er juillet de Pilet-Golaz à une lettre de von Steiger du 29 juin 1943: Wir haben Ihren Zeilen entnommen, dass sich Herr Dr. Frick entschloss, die Einladung abzulehnen, nachdem Sie ihn darüber verständigt hatten, dass ein förmlicher Auftrag von seiten des Bundesrates oder einer ändern offiziellen Stelle nicht in Frage komme und seine Mitgliedschaft daher keinen ändern als rein privaten Charakter tragen könnte, mit allen daraus sich ergebenden Konsequenzen (E 2001 (D) 3/493). Cf. aussi la lettre du 16 juillet 1943 de la DAE à la Légation de Suisse à Berlin qui avait transmis un article du Frankfurter Zeitung: Es war für uns von Interesse zu vernehmen, dass der Präsident dieser Institution, Herr Generalgouverneur Dr. Frank, es sich anlässlich einer in Tschirmersee/Hohe Tatra gehaltenen Rede angelegen sein liess, zu betonen, dass die Internationale Rechtskammer keine Grossmächte und kleine Mächte unterscheide. Diese Versicherung wird nach dem Buchstaben des Statuts der IRK ihre Richtigkeit haben. Wieweit indessen die Tatsachen mit der Theorie übereinstimmen, mag dahingestellt bleiben. Selbst wenn sie zu ganz bestimmten Zwecken abgegeben worden sein sollte, ähnlich wie dies beim denkwürdigen Communiqué über die letzte Zusammenkunft Hitler- Mussolini der Fall war, so sind solche neuartigen Töne, wie sie bisher der deutschen Propaganda fremd waren, als Symptom doch sehr bemerkenswert, und man vernimmt sie in den europäischen Kleinstaaten ohne Zweifel lieber als die programmatischen Erklärungen über den Führungsanspruch gewisser Mächte und die Neuordnung oder Hierarchisierung der Grossräume (E 2001 (D) 3/493).↩
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