Language: French
11.7.1940 (Thursday)
Le Ministre de Suisse à Berlin, H. Frölicher, au Chef de la Division des Affaires étrangères du Département politique, P. Bonna
Letter (L)
Expulsion de Caratsch. Polémiques de presse et de radio. Remarques critiques de Frölicher et projet de réponse du DPF (Rezzonico).

Classement thématique série 1848–1945:
VI. AFFAIRES DE PRESSE, CENSURE, PROPAGANDE ET OPINION PUBLIQUE
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Printed in

Jean-François Bergier et al. (ed.)

Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 13, doc. 338

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Bern 1991

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Cover of DDS, 13

Repository

dodis.ch/47095
Le Ministre de Suisse à Berlin, H. Frölicher, au Chef de la Division des Affaires étrangères du Département politique, P. Bonna1

Die polemischen Äusserungen des deutschen Rundfunks wegen der Ausweisung von Herrn Dr. Caratsch2 und der Nichtveröffentlichung des diesbezüglichen deutschen Kommentars in der Schweiz, worüber Sie mit Ihrem Schreiben vom 6. dieses Monats berichten3, habe ich leider überhört. Diese Ausführungen hätten mir aber auch kaum Anlass gegeben, mich beim Auswärtigen Amt darüber zu beschweren.

Am besten wäre es gewesen, wenn Herr Caratsch von der «Neuen Zürcher Zeitung» schon längstens zurückgezogen worden wäre, wie ich dies vergeblich bei Ihnen angeregt hatte. Dann wäre er nicht in der Lage gewesen, seine unbesonnenen Berichte über die deutsch-russischen Unstimmigkeiten und das deutsche Weissbuch betreffend Belgien zu verfassen. Die Abberufung wäre hier als eine freundliche Geste vermerkt worden. Unglücklich war es auch, dass die Meldung des Deutschen Nachrichtenbureaus nur auszugsweise bei uns wiedergegeben wurde. Es hätte meines Erachtens nichts geschadet, wenn man bei uns weiss, das sich Deutschland solche Unfreundlichkeiten in Zukunft nicht mehr gefallen lässt und dass wir anderenfalls mit dem Schlimmsten rechnen müssen. Offenbar hat man bei uns den Ernst der Situation noch nicht voll erkannt.

Aber wenn man schon unserer Presse nicht zumuten wollte, selbst zu zeigen, in welche Gefahren ihre unkluge Haltung die Schweiz hineinmanövriert hat, so hätte man vermeiden sollen, den Kommentar der «Neuen Zürcher Zeitung» über die Gründe der Ausweisung zu verbreiten, wonach die deutsche Massnahme auf eine grundsätzliche unterschiedliche Auffassung über die Aufgaben eines Ausländskorrespondenten zurückzuführen sei.

Es ist keine Notwendigkeit vom schweizerischen Standpunkt, dass über Deutschland unfreundlich berichtet wird, wie dies Herr Caratsch seit Jahr und Tag getan hat. Im Gegenteil, es ist eine Existenzfrage für unser Land geworden, dass freundlich berichtet wird und dass die Schweizerpresse zur Verbesserung der deutsch-schweizerischen Beziehungen beiträgt. Vergeblich habe ich bisher empfohlen, dass nach Berlin Korrespondenten entsandt werden, die in diesem Sinne für das Wohl unseres Landes wirken.

Ihre Bemühungen für eine Verbesserung der Pressebeziehungen in allen Ehren. Sie haben aber erst etwas genützt, als Deutschland entgegen allen Erwartungen erfolgreich war und das Gebäude wie ein Kartenhaus zusammenstürzte, in dem man unsere antideutsche geistige Landesverteidigung untergebracht hatte.

Es genügt heute nicht mehr, wenn unser Land nicht weiterhin grössten Gefahren ausgesetzt bleiben soll, dass unsere Presse «vorsichtig» und «korrekt» ist. Sie muss endlich die Notwendigkeiten der schweizerischen Aussenpolitik erkennen und das Verständnis hierfür im Volk wecken. Die schweizerische Pressefreiheit ist nicht dazu da, dass man von ihr aus Dummheit oder noch Schlimmerem einen landesgefährlichen Gebrauch macht. Man bekämpfe auch nicht mehr, wenigstens intern, den Begriff der Gesinnungsneutralität; denn ohne das Schweizervolk lässt sich auf die Dauer keine Aussenpolitik machen. Der Schweizer muss erkennen und die Presse soll dieses Verständnis vermitteln, dass unser Land in dem neuen Europa nur existieren kann, wenn es uns gelingt, wieder ein freundliches Verhältnis mit Deutschland herzustellen.

1
Lettre: E 2001 (D) 1/8.
2
Cf. No 327.
3
Non reproduite.