Das Auswärtige Amt beehrte sich, der Schweizerischen Gesandtschaft mit Beziehung auf den von dem Herrn Schweizerischen Geschäftsträger übergebenen Entwurf einer Vereinbarung2 über die passrechtliche Behandlung deutscher Emigranten folgendes mitzuteilen:
Der schweizerischen Regierung ist bereits von den Anordnungen Kenntnis gegeben worden, die von deutscher Seite getroffen worden sind, um, soweit es an ihr liegt, den nichtordnungsmässigen Übertritt österreichischer Juden über die schweizerische Grenze zu verhindern. Dabei ist zum Ausdruck gebracht worden, dass deutscherseits die Abwanderung österreichischer Juden in die Schweiz nicht gewünscht wird, und dass demgemäss die Förderung des Zustroms solcher Juden in die Schweiz durch deutsche Organe nicht in Frage kommt. Auf Wunsch der schweizerischen Regierung hat die deutsche Regierung sodann einer Anzahl schweizerischerseits bezeichneter Passtellen, darunter insbesondere der Passtelle in Wien, die Weisung erteilt, bis auf weiteres deutsche Reisepässe mit Geltung für das Ausland an Juden in den Fällen nicht auszustellen, in denen nicht einwandfrei feststeht, dass der Pass nicht zur Reise nach der Schweiz benutzt wird. Schliesslich hat die deutsche Regierung, wie dem Herrn schweizerischen Geschäftsträger mündlich mitgeteilt worden ist, seiner Anregung entsprechend in Aussicht gestellt, alle deutschen Passtellen vertraulich anzuweisen, Juden, von denen bekannt oder zu vermuten ist, dass sie ihren Pass zur Reise in die Schweiz benutzen wollen, einen Pass nur auszustellen, wenn der Antragsteller nachweist, dass seine Anwesenheit in der Schweiz genehm ist. Zum Erlass einer solchen Anweisung ist die deutsche Regierung nach wie vor bereit. Sie setzt dabei voraus, dass diese Zusage auch auf schweizerischer Seite vertraulich behandelt wird.
Die deutsche Regierung ist umsomehr überzeugt, dass mit einer solchen Regelung der von der schweizerischen Regierung erstrebte Zweck erreicht werden wird, als, wie hier wiederholt werden mag, deutscherseits eine Ausreise österreichischer Emigranten nach der Schweiz überhaupt nicht gewünscht wird, ihre Verhinderung demgemäss in gleicher Weise den schweizerischen wie den deutschen Absichten entspricht.
Auf der anderen Seite glaubt die deutsche Regierung mit diesen Zugeständnis die Grenzen dessen erreicht zu haben, was von ihr in dieser Frage geschehen kann. Insbesondere sieht sie sich sowohl aus grundsätzlichen Erwägungen wie aus technischen Gründen nicht in der Lage, einer Vereinbarung des von der schweizerischen Regierung nunmehr vorgeschlagenen Inhalts zuzustimmen.
Das Auswärtige Amt darf unter diesen Umständen die Vermittlung der Schweizerischen Gesandtschaft in Anspruch nehmen, damit von der schweizerischen Regierung nochmals geprüft wird, ob nicht durch die von deutscher Seite in Aussicht genommene Weisung an die deutschen Passtellen in Verbindung mit den sonstigen in dieser Frage getroffenen Massnahmen den beiderseitigen Interessen besser gedient wird als etwa durch eine Kündigung des deutsch-schweizerischen Sichtvermerkabkommens, die eine erhebliche Erschwerung des gesamten deutsch-schweizerischen Reiseverkehrs zur Folge haben würde.