Également: Mieux vaut accepter la stérilisation des handicapés de nationalité suisse afin d’éviter le rapatriement de ces personnes. Annexe de 16.9.1934 (CH-BAR#E4260C#1974/34#164*).
Abgedruckt in
Diplomatische Dokumente der Schweiz, Bd. 11, Dok. 175
volume linkBern 1989
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Archiv | Schweizerisches Bundesarchiv, Bern | |
▼ ▶ Signatur | CH-BAR#E2001C#1000/1534#2389* | |
Alte Signatur | CH-BAR E 2001(C)1000/1534 130 | |
Dossiertitel | Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre von 1935; Judenverfolgung in Deutschland (1935–1936) | |
Aktenzeichen Archiv | B.73.3.1.a • Zusatzkomponente: Deutschland |
dodis.ch/46096
Le Ministre de Suisse à Berlin, P. Dinichert, au Chef de la Division des Affaires étrangères du Département politique, P. Bonna1
Sie hatten die Gefälligkeit, mir von der Stellungnahme der Polizeiabteilung des Eidg. Justiz- und Polizeidepartements vom 28. vorigen Monats2 zum Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre und insbesondere zum Falle P. sowie von Ihrer Rückäusserung3 Kenntnis zu geben. Der von der Polizeiabteilung vertretene grundsätzliche Standpunkt des Rechtes des Schweizers im Auslande auf seine «staatsfreie Sphäre» lässt eine nähere Prüfung dieses Problems doch wünschenswert erscheinen, insbesondere im Hinblick auf andere Fälle, die eintreten könnten, und auch weil in der Sache Polizeiabteilung und Gesandtschaft aneinander vorbei zu reden scheinen. Dazu mag der Umstand mitgewirkt haben, dass die Polizeiabteilung das Problem von einer höheren grundsätzlichen Warte aus betrachtet, während es der Gesandtschaft mehr um Prüfung der Frage gelegen war, ob und bejahendenfalls wie die Interessen von Fräulein P. mit einiger Aussicht auf Erfolg den deutschen Behörden gegenüber vertreten werden könnten.
Die Polizeiabteilung geht in ihren Ausführungen vom Begriff der sogenannten «staatsfreien Sphäre» aus, wobei vorweg zu nehmen ist, dass der Fall P. nach schweizerischem Empfinden wohl ohne Zweifel darunter fällt. Allein, wie lässt sich dieser Begriff umschreiben? Wenn ich die Polizeiabteilung richtig verstehe, fallen darunter alle Handlungen, Beziehungen, Lebensverhältnisse, an denen sich der Staat desinteressiert; er weiss, dass sie bestehen, er duldet oder ignoriert sie, da seines Erachtens dadurch lebenswichtige Interessen des Staates nicht berührt werden oder nach seinem Empfinden es sich um Verhältnisse handelt, die in die Individualsphäre des Einzelnen fallen. Damit ist aber meines Erachtens durchaus nicht gesagt, dass, wenn der Staat eine Sache nicht verbietet, sich aber darin nicht einmischt, er sie billigt. Er verhält sich dazu eben vollständig neutral. Wenn aber wie im Falle P. durch einen Eingriff deutscherseits diese «staatsfreie Sphäre» im schweizerischen gegenwärtig anerkannten Umfange verletzt wird, so wird, wenn der Schutz der schweizerischen Regierung nachgesucht wird, diese eben zum konkreten Vorfälle Stellung zu nehmen haben. Sie kann sich der deutschen Regierung gegenüber kaum auf den allgemeinen Standpunkt stellen, es liege eine Verletzung der «staatsfreien Sphäre» vor, die zu unterlassen sei. Die schweizerischen Behörden werden sich über die Frage, ob im konkreten Falle ein schutzwürdiges Interesse vorliegt, schlüssig machen müssen. Die fragliche Handlung oder Beziehung wird dadurch der «staatsfreien Sphäre» entrückt, in gleicher Weise, wie wenn der Staat selbst durch gesetzgeberische Massnahmen diese Sphäre einschränken will. Der Staat wird gezwungen, einen Entscheid zu treffen, ob ein schutzwürdiges Interesse vorliegt, d. h. ein Interesse, das er nach seiner Auffassung einer ausländischen Regierung gegenüber vertreten kann. Wir kommen somit immer wieder zurück zur Frage der Stellungnahme zum konkreten Einzelfalle.
Es mag darauf hingewiesen werden, dass, wie aus den Grundzügen des schweizerischen Strafrechtes von Professor Carl Stooss hervorgeht, noch im Jahre 1893 (Band II, Seite 257) die Kantone Luzern, Obwalden, St. Gallen und Appenzell und nach der Botschaft zu einem Gesetzentwurf enthaltend das schweizerische Strafgesetzbuch vom 23. Juli 1918 (B.B. 1918, IV, Seite 42)4 auch damals noch einige Kantone den ausserehelichen Beischlaf bestraften. Es beweist dies, dass man in berechtigter Weise darüber Zweifel haben kann, ob die Evolution heute schon soweit gediehen ist, dass über die gegenwärtig mit Recht geforderte Nichteinmischung des Staates in solche Verhältnisse hinaus, dieser im allgemeinen diese Beziehungen billigt und bereit ist, dem Auslande gegenüber den Schutz solcher Interessen zu übernehmen. Gerade auf dem geschlechtlichen Gebiete gehen die Auffassungen der Staaten, der Völker und der Rassen in weitgehendem Masse auseinander. Der schweizerische Strafgesetzentwurf verzichtet auch auf eine Bestrafung der widernatürlichen Unzucht, sofern nicht Unmündige gefährdet sind. Schon dieser Hinweis dürfte genügen, um festzustellen, dass die «staatsfreie Sphäre» nicht ohne Weiteres ein vorzüglich schutzwürdiges Interesse darstellt, dass vielmehr auch da auf den Einzelfall wird abgestellt werden müssen.
In internationaler Hinsicht ist daraufhinzuweisen, dass jedenfalls das Völkerrecht kaum diesen Rechtsbegriff der «staatsfreien Sphäre» (eigentlich dürfte es eher ein politisches Postulat sein) kennt, sodass es wohl jedem Staate nach wie vor überlassen bleibt, eigenmächtig zu bestimmen, wie weit er eine solche Sphäre seinen Staatsangehörigen gewähren will. Der totalitäre Staat wird deren Umfang sehr einschränken, wobei es praktisch, wie in Deutschland, dazu kommt, dass alles verboten ist, was nicht der Staat ausdrücklich erlaubt. Wie unsympathisch uns dies auch berühren mag, so kann der deutschen Regierung dieses Recht auf selbständige Bestimmung der durch Strafbestimmungen zu schützenden Rechtsgüter kaum bestritten werden. Ausländer haben sich nach der heute geltenden Rechtsanschauung den Gesetzen des Gaststaates zu fügen, es sei denn, es handle sich um Rechte, die der ausländischen Staatsangehörigkeit inhärent sind. Der Umfang dieser Rechte lässt sich schwer in allgemeiner Weise umschreiben. Die Polizeiabteilung wird einwenden, dass diese «staatsfreie Sphäre» in schweizerischem Sinne eben dazu gehöre. Es wäre dies meines Erachtens mehr ein Postulat als ein durch das gegenwärtige Völkerrecht anerkannter Grundsatz. Wenn Deutschland gegenwärtig schon seine staatsvertraglichen Verpflichtungen nicht hält, völkerrechtlich anerkannte Grundsätze ablehnt, wie es beispielsweise in der Staader Sprengstoffangelegenheit5 geschehen ist, kann nicht erwartet werden, dass es Verständnis für unsere These der «staatsfreien Sphäre» aufzubringen in der Lage sein könnte. Die Polizeiabteilung stellt zu hohe Ansprüche an die deutschen Stellen; die Waffe, die sie mir in die Hand gibt, ist zu fein, als dass sie mit Aussicht auf Erfolg verwendet werden könnte. Immerhin werde ich diese These bei auftretender Gelegenheit verwenden; sie gibt uns ein nützliches und verwendbares Argument.
Die Auffassung der Polizeiabteilung, wonach Deutschland heute kaum mehr das Recht erheben kann, ein Rechtsstaat zu sein, vermag ich voll und ganz zu teilen, wie auch ihre Ausführungen zu den Eingriffen der NSDAP in die Aufgaben des Staates. Mit ihr bin ich vollständig einig, dass die Erledigung des Falles P. nicht nur unbefriedigend, sondern sogar empörend ist, zumal unsere Landsmännin sich ja keiner strafbaren Handlung im Sinne der staatlichen deutschen Strafgesetzgebung schuldig gemacht hat. Man wird der Gesandtschaft kaum den Vorwurf machen können, dass sie die Interessen ihrer Schutzbefohlenen in energischer Weise zu vertreten nicht gewillt ist. Ihrer dahingehenden Tätigkeit sind jedoch gewisse Grenzen gesetzt, da die tatsächlichen Verhältnisse in Deutschland heute eben derartige sind, dass mit einer erfolgreichen Erledigung in gewissen Fällen nicht gerechnet werden kann. Wenn die Polizeiabteilung sich vorbehält, gegebenenfalls fremdenpolizeiliche Konsequenzen aus dem Falle P. zu ziehen, so spricht sie mir aus dem Fierzen. Ich habe im Laufe der letzten Jahre Ihnen gegenüber immer wieder darauf hingewiesen, dass, wenn in konkreten Fällen, in denen unsere Landsleute in vertragswidriger oder willkürlicher Weise behandelt worden sind und diplomatische Vorstellungen nichts gefruchtet haben, eben in der Schweiz entsprechende Gegenmassnahmen zu treffen seien. Dieser Auffassung haben sich die Bundesstellen bis heute nicht anschliessen wollen und Sie haben in verschiedenen Fällen sogar die Drohung mit Gegenmassnahmen als unerwünscht erachtet, wodurch ich auf diese im Hinblick auf die grosse deutsche Kolonie in der Schweiz wirksame Waffe verzichten musste6. Es ist daher nicht ohne eine grosse Genugtuung, dass ich dem Schreiben der Polizeiabteilung entnehme, dass sie sich auch zur Auffassung durchzuringen scheint, dass in krassen Fällen, in denen Schweizer das Opfer der deutschen Willkür sind und diplomatische Vorstellungen nicht zum Ziele geführt haben, Gegenmassnahmen zu treffen sind. Ich gestatte mir jedoch darauf hinzuweisen, dass neben dem Falle P. seit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten zahlreiche Fälle ein derartiges Vorgehen, vielleicht noch in grösserem Masse, gerechtfertigt hätten.
Zu den allgemeinen Ausführungen der Polizeiabteilung zum Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre ist zu bemerken, das es wohl mehr innerpolitische und innerparteiliche Gegensätze sind, die die Veröffentlichung der Durchführungsbestimmungen verzögert haben. Ich glaube kaum, dass die Parteistellen sich der aussenpolitischen Verwicklungen, zu denen das Gesetz führen kann, bewusst sind. Erst durch Reklamationen der ausländischen Vertretungen dürften die Behörden auf die auftauchenden Schwierigkeiten aufmerksam gemacht worden sein. Dass der Augenblick äusserst geschickt gewählt wurde, liegt auf der Hand, da alle Staaten mit dem italienisch-äthiopischen Konflikt7 beschäftigt sind.
Was die Ausführungen der Polizeiabteilung über die verschiedenen Möglichkeiten von Ehen zwischen Schweizern und Deutschen, wobei ein Teil jüdischer Abstammung ist, anbelangt, so nehme ich an, dass die erwähnte Amtsstelle in erster Linie den schweizerischen Standpunkt im Auge hatte. Es trifft zu, dass wir in der Tat kein Interesse an Heiraten deutscher Juden mit Schweizerinnen haben, da die Gefahr vorliegt, dass die Familie alles tun wird, um die Erlaubnis zur Übersiedlung nach der Schweiz zu erwirken. Man wird in dieser Hinsicht wohl sehr vorsichtig sein müssen; sollte es sich herumsprechen, dass in dieser Beziehung Erleichterungen gewährt werden, muss mit einer beträchtlichen Zunahme solcher Eheschliessungen gerechnet werden. Ob man allenfalls Erleichterungen für solche Ehen, die vor der Machtübernahme geschlossen wurden, gewähren kann, ist nicht an mir zu entscheiden, wenn auch zuzugeben ist, dass die Ansetzung eines Stichtages immer unvermeidliche Härten mit sich bringt. Es wird auch Vieles von den besonderen Umständen des Einzelfalles abhängen.
Ich teile ebenfalls die Auffassung der Polizeiabteilung, dass bei der Heirat deutscher Jüdinnen mit Schweizern die Gefahr der Scheinheirat besteht; es fragt sich dabei nur, ob nicht Strafsanktionen vorgesehen werden sollten. Wir haben kein Interesse daran, die Leute straflos gehen zu lassen, wenn ein solcher Tatbestand nachgewiesen ist. Interessehalber sei erwähnt, dass auch die Gefahr von getarnten Scheidungen vorliegt, indem Schweizerinnen, die Deutsche geheiratet haben, sich scheiden lassen, nach der Schweiz übersiedeln und sich und ihre Kinder dort wieder einbürgern lassen, während die freundschaftlichen Beziehungen zum deutschen Ehemanne fortbestehen. In einem Falle, wo ihr Kind unfruchtbar gemacht werden sollte8, hat tatsächlich eine Schweizerin diese Lösung in Aussicht genommen; es stellte sich jedoch heraus, dass das Kind bereits mehrjährig war, sodass die Sache gegenstandslos wurde.
Die Frage, ob unter «Staatsangehörige deutschen oder artverwandten Blutes» nur deutsche Staatsangehörige fallen, ist, wie Sie meinem Bericht vom 2. dieses Monats9 entnommen haben werden, vom Auswärtigen Amte in bejahender Weise beantwortet worden.
Endlich möchte ich noch zur Frage des Auswanderungswillens von deutschen Juden bemerken, dass die französischen Konsulate in Deutschland in dieser Hinsicht in letzter Zeit strenge Weisungen erhalten haben. Bekanntlich besteht für Deutsche, die nach Frankreich reisen, der Visumzwang. Die französischen Behörden haben nun die Erfahrung gemacht, dass namentlich bei Juden, die angeblich zum Zwecke des Besuchs ihrer bereits ausgewanderten Glaubensgenossen um das Visum einkommen, die grosse Gefahr besteht, dass sie im Lande bleiben. Man schickt eine Vorhut, die die Aufgabe hat, die Auswanderung für die anderen vorzubereiten. Solche Fälle von Reisen zu Besuchszwecken werden von den französischen Konsulaten dilatorisch behandelt; wenn das Visum überhaupt erteilt wird, so muss man mit einer Wartefrist von drei Monaten rechnen.
- 1
- Lettre: E 2001 (C) 4/130. Paraphe: GX.↩
- 2
- Cf. no 171.↩
- 3
- Cf. lettre du 30 octobre in E 2001 (C) 4/130.↩
- 4
- Datédu 21 décembre 1937, le code pénal est adopté en votation populaire en 1938(RO, 1938, vol. 54, pp. 781 ss.). Ilentreen vigueur le 1er janvier 1942. Pour leprojet, cf. Message du Conseil fédéral à l’Assemblée fédérale à l’appui d’un projet de code pénal suisse (du 23 juillet 1918) in FF, 1918, IV, pp. Iss.↩
- 5
- RG, 1934, p. 73.↩
- 6
- Le 22 novembre 1935, H. Rothmund reçoit les secrétaires de Légation du Reich, K. Geffcken et A. von Kessel. Il intervient pour un ressortissant allemand marié à une juive qui veut s’établir en Suisse comme représentant d’une firme allemande et pour Erika P.: [...] Es handle sich hier nicht darum, für eine notwendige Generalvertretung den Mann zu bestimmen, sondern darum, für den bestimmten Mann eine Generalvertretung zu schaffen. F. sei mit einer Jüdin verheiratet und möchte deshalb mit seinen vier Kindern Deutschland verlassen. Die Firma Knorr-Bremse habe übrigens einen Schweizer als Vertreter für die Schweiz. Es berühre eigenartig, dass das Auswärtige Amt in Berlin den Versuch mache, uns Deutsche aufzudrängen, für die wegen der deutschen Judengesetze der Aufenthalt in Deutschland unhaltbar geworden sei. Wir müssten das ablehnen. Hingegen könne vielleicht etwas anderes aus dieser Intervention herausgelesen werden: Man scheine in Berlin die neuen Gesetze nicht gleichmässig auf alle Juden anzuwenden. Es sei mir bekannt, dass schon verschiedene Schweizer Juden, die in Deutschland wohnhaft sind, Schwierigkeiten gehabt hätten. Es sei sogar der Fall vorgekommen, dass eine Schweizerin, Frl. P., in Dresden, die mit einem Juden offenbar seit langem ein Liebesverhältnis unterhalte, von den Behörden zitiert worden sei und ihre Stelle verloren habe. Es gehe nun weiss Gott niemand etwas an in Deutschland, wenn eine Schweizerin Beziehungen zu einem Juden unterhalten wolle; das habe auch gar nichts zu tun mit den neuen Gesetzen und sei eine reine Chicane. Ich könnte es verstehen, wenn ein schweizerischer Jude Unannehmlichkeiten hätte, weil er sich mit einem deutschen Christenmädchen einlasse. Wenn wir vom Aussenministerium die Erklärung erhalten würden, dass die schweizerischen Juden von der innerdeutschen Judengesetzgebung ausgenommen würden, sei ich bereit, unter diesem Gesichtspunkte mich bei einem Kanton für die Aufenthaltsbewilligung für Herrn F. zu verwenden. Allerdings dürfte auch dann durch die Übersiedelung des Herrn F. als Generalvertreter der bisherige schweizerische Vertreter nicht um seine Arbeit gebracht werden. Ich erklärte den Herren am Schlüsse noch, in welch’ unangenehme Situation wir durch die deutschen Massnahmen gegen die Juden gekommen seien, namentlich auch dadurch, dass diese Leute direkt oder indirekt aus Deutschland vertrieben würden, dass man aber ihr Geld nicht herauslasse und so das Ausland zwinge, für sie zu sorgen. Das sei eine Rücksichtslosigkeit, die sicher vermieden werden könnte. Den Einwand, es fehle an Devisen, liess ich nicht gelten. Da ich die Herren etwas in die Enge getrieben hatte, erklärten sie mir, die Gesandtschaft tue ja alles zur Vermeidung von Schwierigkeiten, aber weder sie noch das Auswärtige Amt habe Einfluss auf die massgeblichen Stellen. Deutschland befände sich eben immer noch im Zustande der Revolution. Ich bin aus folgenden drei Gründen etwas deutlich geworden: Einmal ist mir aus einem kürzlichen Bericht unserer Gesandtschaft in Berlin in Erinnerung, dass das Auswärtige Amt sich darüber ausgelassen hat, dass viele Deutsche aus der Schweiz weggewiesen würden (solche, die die Niederlassungsbewilligung noch nicht haben, deren Aufenthaltsbewilligung abgelaufen ist und deren weitere Anwesenheit den Arbeitsmarkt belasten würde). Angesichts der ganzen heutigen Sachlage müssen solche Beschwerden energisch zurückgewiesen werden. Um dies unserer Gesandtschaft zu erleichtern, wollte ich einen deutlichen Bericht durch die Deutsche Gesandtschaft in Bern an das Auswärtige Amt in Berlin provozieren. Sodann habe ich bei meiner gestrigen Anwesenheit in Zürich beim Chef der kantonalen Fremdenpolizei vorgesprochen, der mir klagte, wie schwer die Auswirkungen des Berliner Abkommens für die Kantone seien, namentlich deshalb weil immer wieder Schweizer aus Deutschland zurückkehrten, die sich dort nicht länger halten könnten. Wenn einer einmal seine Stelle verloren habe, sei es ganz ausgeschlossen für ihn, eine andere zu finden. Ich habe Herrn Bergmaier etwas «abgenommen». Früher oder später könnten die Kantone aber doch ernstlich die Frage der Kündigung des Berliner Abkommens aufwerfen. Ich bin zwar nicht der Auffassung, dass wir einem solchen Verlangen leichthin Folge geben sollten, die deutsche Regierung soll sich aber ganz klar darüber sein, dass sie mit dem Berliner Abkommen, namentlich mit den 5 Jahren, nach denen die Niederlassung bewilligt werden muss, und mit der durch unser Niederlassungsgesetz absoluten Sicherstellung der 100000 niedergelassenen Deutschen eine aussergewöhnlich gute Stellung für ihre Landsleute in der Schweiz hat, die immer wieder verdient werden muss durch besonderes Entgegenkommen den Schweizern in Deutschland gegenüber, und die auch dadurch nicht geschmälert wird, dass wir die noch nicht niedergelassenen Deutschen wegweisen, sobald es der Arbeitsmarkt erfordert. Endlich habe ich die Intervention im Falle F. gerne dazu benutzt, um den Nachfolger von Dr. Geffcken von allem Anfang an richtig in die Situation einzuführen (E 2001 (D) 2/110). Dans une lettre du 28 novembre adressée à la Division des affaires étrangères du DPF, P. Dinichert commente la démarche entreprise par H. Rothmund de la façon suivante: Herr Dr. Rothmund, Chef der Polizeiabteilung, hatte die Gefälligkeit, der Gesandtschaft einen Durchschlag seiner sehr interessanten und aufschlussreichen Notiz über seine Unterredung mit den Herren Gesandtschaftssekretären Geffcken und von Kessel der deutschen Gesandtschaft in Bern über den Fall F. und die Weiterungen, die sich daraus ergeben, zu übermitteln. Man wird Herrn Dr. Rothmund Dank wissen, dass er die sich bietende Gelegenheit benutzt hat, um den Herren in klarer und unmissverständlicher Weise den schweizerischen Standpunkt in dieser Sache bekanntzugeben. Seinen Ausführungen kann ich mich voll anschliessen bis auf diejenigen über den Fall P. Man wird doch gut tun, dieser Frage des ausserehelichen Verkehrs keine allzu grosse Bedeutung beizumessen; es gilt in erster Linie, weit schutzwürdigere Interessen, von denen die wirtschaftliche Existenz unserer Landsleute abhängt, zu wahren. Durch die an sich sehr begrüssenswerte Tatsache, dass Herr Rothmund die Gewährung der Aufenthaltsbewilligung an Herrn F. gewissermassen von der Bedingung abhängig gemacht hat, dass die schweizerischen Juden von der innerdeutschen Judengesetzgebung ausgenommen würden, scheint mir nunmehr diese grundsätzliche Frage gegenüber der deutschen Gesandtschaft aufgeworfen worden zu sein. Ich glaube annehmen zu können, dass Herr Rothmund ebenso sehr die wirtschaftlichen Massnahmen gegen Juden im Auge hatte als die blosse Rassenschutzgesetzgebung. Immerhin wird man sich darüber im Klaren sein müssen, dass die Aktionen Ihrer Abteilung und diejenigen der Polizeiabteilung koordiniert sein müssen, damit nicht eine Stelle die grundsätzliche Frage aufwirft, die andere aber diesbezüglich eine zurückhaltende Stellung einnimmt und sich auf die Behandlung von Einzelfällen beschränkt. Man wird auf die Rückäusserung der deutschen Stellen gespannt sein dürfen; ich glaube kaum, dass die deutsche Gesandtschaft auf die Sache zurückkommen wird (E 2001 (D) 2/110).↩
- 7
- Cf. rubrique 1.4: SdN, conflit italo-éthiopien.↩
- 8
- Cf. annexe au présent document.↩
- 9
- Non reproduit.↩
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