Classement thématique série 1848–1945:
II. RELATIONS BILATÉRALES
1. Allemagne
1.5. Affaires de presse
Abgedruckt in
Diplomatische Dokumente der Schweiz, Bd. 10, Dok. 252
volume linkBern 1982
Mehr… |▼▶Aufbewahrungsort
Archiv | Schweizerisches Bundesarchiv, Bern | |
▼ ▶ Signatur | CH-BAR#E2001C#1000/1534#2392* | |
Alte Signatur | CH-BAR E 2001(C)1000/1534 130 | |
Dossiertitel | Deutsch-schweiz. Pressebeziehungen, Allgemeines, I (1933–1934) | |
Aktenzeichen Archiv | B.73.3.2 • Zusatzkomponente: Deutschland |
dodis.ch/45794
Wir beehren uns, Ihnen beigeschlossen die Abschrift eines Berichtes der schweizerischen Gesandtschaft in Berlin vom 8. d.M.2 zu übermitteln, der auf die grundsätzliche Frage unserer Stellungnahme gegenüber heftigsten Presseangriffen auf fremde Regierungen Bezug hat. Anlass zu diesem Schreiben gab unsere Mitteilung an die Gesandtschaft – von der auch seinerzeit die Bundesanwaltschaft unterrichtet wurde – dass ein Artikel der «Berner Tagwacht» vom l.d.M.3 zu einer – übrigens in sehr gemässigter Form vorgetragenen – Intervention der Deutschen Gesandtschaft in Bern Gelegenheit gab.
Wir gehen mit den grundsätzlichen Ausführungen des schweizerischen Gesandten in Berlin in allen Teilen einig.
Die prinzipielle Auffassung Ihres Departements zu dem Problem, um das es sich handelt, ist uns aus Ihrem Gutachten vom 2. Juli. 1932 (C. 3.28, ad B.46.J. 18) bekannt4. Wir möchten der Ansicht Ausdruck geben, dass es jetzt an der Zeit wäre, eine Praxis von Administrativ-Massnahmen auf Grund von Art. 102 Ziffer 8 bis 10 der Bundesverfassung5 sukzessive zu entwickeln.
Wie Sie uns seinerzeit bekanntgaben, behält sich Ihr Departement vor, bei Gelegenheit zu prüfen, ob nicht eine Änderung der Verfassung in dem Sinne wünschbar wäre, dass dem Bundesrat, insbesondere in Erfüllung seiner völkerrechtlichen Verpflichtungen, Kompetenzen zu Massnahmen gegen Ausschreitungen der Presse und insbesondere zum Erlass von Strafsanktionen gegen die Umgehung dieser Massnahmen gegeben werden sollten. Die sukzessive Schaffung einer Administrativ-Praxis könnte vielleicht geeignet sein, einer solchen Verfassungsänderung, die unter Umständen notwendig werden kann, Vorschub zu leisten.
Wir finden uns mit Ihrem Departement einig in der Auffassung, dass zum mindesten in kritischen Zeiten der Bundesrat sich das Recht Vorbehalten muss, gegenüber der Presse Massnahmen wie Verwarnung, Einstellung und Beschlagnahme zu ergreifen. WT ir können nicht umhin feststellen, dass diese Voraussetzung des Bestehens kritischer Zeitläufte heute in besonderem Masse gegeben ist, namentlich angesichts des Umstandes, dass in unserm nördlichen, wie schon zuvor im südlichen Nachbarstaat Systeme bestehen, die dem unsrigen direkt entgegengesetzt sind. Auch ist zu gewärtigen, dass bei der fortschreitenden Entwicklung offizielle Interventionen aus Anlass unzulässiger PresseangrifTe gegen fremde Regierungen an Zahl und Deutlichkeit zunehmen werden. Was insbesondere unser Verhältnis zu Deutschland anbetrifft, so möchten wir uns für heute darauf beschränken, Sie auf folgende fett gedruckten Titel einiger Presseorgane aufmerksam zu machen:
Kämpfer (Zürich): «Unsere Antwort an Hitlers Mordbestie!»
Basler Arbeiterzeitung: «Die braunen Hunnen über Deutschland».
Basler Vorwärts: «Henker! Nieder mit Hitlers Arbeitermördern!»
An diese Beispiele Hessen sich zahlreiche andere, die den Gesamteindruck verstärken, dass eine Administrativaktion gegenüber gewissen extremen Organen unumgänglich werden dürfte, anreihen.
- 1
- Lettre (Copie): E 2001 (C) 4/130. Paraphe: DD.↩
- 2
- Non reproduit. Le Ministre de Suisse à Berlin, P. Dinichert, pense, comme le Chef du Département politique, que le Conseil fédéral doit intervenir contre les attaques de la presse suisse à l’égard du IIIe Reich.↩
- 3
- Dans sa lettre du 2 mars 1933 au Ministre de Suisse à Berlin, le Chef de la Division des Affaires étrangères, M. de Stoutz, décrit ainsi l’intervention: Der in Form und Titel mehr als heftige Artikel der «Berner Tagwacht» vom l.März 1933, den Sie beiliegend finden wollen, [non reproduit]gab bereits zu einem Telegramm des Auswärtigen Amtes an die Deutsche Gesandtschaft Anlass. Ihrer bisherigen Praxis gemäss nahm die Deutsche Gesandtschaft von einer eigentlichen Intervention in dieser Angelegenheit Abstand, verhehlte aber nicht, dass diese Veröffentlichung ihr Unannehmlichkeiten bereite. Mitglieder der deutschen Kolonie haben sich bereits darüber aufgeregt und eines derselben kündigte an, dass, «sofern die Gesandtschaft nicht einschreite, persönliche Beziehungen zu Herrn Goering verwendet würden, um das Erforderliche zu veranlassen». Für den Augenblick brauchen wir dem vorstehend Angeführten keine besondere Bedeutung beizumessen, um so mehr als der Vertreter der Deutschen Gesandtschaft keineswegs insistierte. Wir können uns indessen nicht verhehlen, dass mit der Zeit, je nach der Entwicklung der Verhältnisse, eine ähnliche Situation sich ergeben kann, wie dies nach dem Marsch auf Rom hinsichtlich Italiens der Fall war, dass nämlich unter dem Druck gewisser Exponenten der Kolonie die amtliche Vertretung Deutschlands zu zeitraubenden und unerquicklichen Interventionen auf Grund von Äusserungen einer gewissen Presse veranlasst wird. Was den Artikel der «Tagwacht» anbetrifft, so haben wir der Deutschen Gesandtschaft die ihr übrigens bekannte Tatsache auseinandergesetzt, dass es einer fremden Regierung gemäss Bundesstrafrecht zusteht, Klage zu erheben [Art.42 du code pénal fédéral du 4 février 1853, RO, 1851-1853, III, pp.347-348], dass aber ein solches Vorgehen angesichts der Schwerfälligkeit des Assisenapparates nicht anzuempfehlen sei. Es war nicht der Moment, mit besonderem Nachdruck auf die frühem Beziehungen des Postenchefs [Le Ministre d’Allemagne à Berne, A.Müller, est en poste depuis avril 1919]mit der Leitung der Tagwacht hinzuweisen (E 2001 (C) 3/87).↩
- 4
- Non reproduit.↩
- 5
- 8. Il [le Conseil fédéral] veille aux intérêts de la Confédération au dehors, notamment à l’observation de ses rapports internationaux, et il est, en général, chargé des relations extérieures. 9. Il veille à la sûreté extérieure de la Suisse, au maintien de son indépendance et de sa neutralité. 10. Il veille à la sûreté intérieure de la Confédération, au maintien de la tranquillité et de l’ordre.↩
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