dodis.ch/42421
Le Ministre de Suisse à
Berlin,
A. Roth, au Chef du Département des Affaires étrangères,
N. Droz 1
Berlin,
18. Februar 1890, 12h20 M2;
Graf Bismarck liess mich heute gegen Mittag für halb drei Uhr3 zu sich ins Auswärtige Amt bitten. Er begann unsere Unterredung mit der Mittheilung, er habe dem Kaiser die Antwort des Bundesrathes betr. Arbeiterschutzconferenz4 zur Kenntniss gebracht und der Kaiser habe ihn Bismarck heute Vormittag dieser Angelegenheit wegen aufgesucht und ihm den Auftrag ertheilt, mir zu Händen des Bundesrathes folgende Eröffnungen zu machen. Er, der Kaiser, versichere aufs neue, dass er bei Ausstellung seiner Erlasse von unseren Einladungen nichts gewusst habe, der Gedanke, als hätte er uns hindernd in den Weg treten wollen, sei also von vornherein ausgeschlossen. Er, der Kaiser, nehme den Zusammentritt der Berliner Conferenz bestimmt für Mitte März in Aussicht. Es liege ihm sehr viel an dem Zustandekommen derselben und da die Einladungen zur Berner Conferenz der Berliner Einladung hindernd in den Weg treten könnten, so ersuche er, der Kaiser, den Bundesrath bis auf weiteres auf die Berner Conferenz zu verzichten, d.h. dieselbe auf unbestimmte Zeit zu vertagen. Er, der Kaiser, würde es dankbar anerkennen und als einen neuen Beweis unserer freundnachbarlichen Gesinnungen entgegennehmen, wenn der Bundesrath seinem Wunsche entsprechen würde. Graf Bismarck fügte bei, der Reichskanzler schliesse sich diesem Wunsche an. Es sei eher anzunehmen, dass die Berliner Conferenz nicht sehr lange dauern werde, es sei aber auch möglich, dass etwa eine Pause eintrete und die Fortsetzung etwas später stattfinde. Im letzten Falle würde die Berner Conferenz natürlich hindernd im Wege stehen und im ersten Falle würde sie riskiren gegenstandslos zu werden, so dass der Bundesrath wohl auch aus diesem Grunde es als angezeigt erachten dürfte, wenn nicht die unbedingte Zurücknahme so doch die Vertagung auf unbestimmte Zeit zu beschliessen. Vorerst wünsche er, Graf Bismarck, die mündlichen Verhandlungen mit mir fortzusetzen und abzuwarten was für eine Antwort ich aus Bern erhalten werde. Dann werde man schriftlich antworten und Bülow weitere Instruktionen geben. England und Österreich haben mehr oder weniger schon zugestimmt. Der französische Botschafter sei, während wir zusammen sprechen, in Konferenz mit dem Reichskanzler. Meine Frage, ob ich als offiziell nach Bern melden könne, dass der Kaiser dem Grafen obigen Auftrag ertheilt habe, antwortete Letzterer mit einem entschiedenen Ja. Graf Bismarck beabsichtigt, den verschiedenen Chefs de mission von dem ihm ertheilten uns betreffenden Auftrag Kenntniss zu geben. Ich habe Grund anzunehmen, dass Österreich und Italien veranlasst werden dürften, die Erfüllung des Wunsches des Kaisers bei Ihnen zu befürworten. Nachdem der Kaiser diese Demarche uns gegenüber gemacht, erachte ich unser Entgegenkommen als in hohem Grade opportun und würde ich es als einen glücklichen Griff taxiren, wenn der Bundesrath der Vermittlung der anderen Cabinete durch rasche Berücksichtigung des Wunsches des Kaisers zuvorkommen würde.5