Classement thématique série 1848–1945:
II. RELATIONS BILATÉRALES
2. Allemagne
2.2. Traité d’établissement
Également: Tout en excluant un changement matériel par rapport à l’ancien traité, Droz ne voit pas d’inconvénient à prendre en considération les propositions allemandes relatives à la conclusion d’un nouveau traité. Annexe de s.d.
Pubblicato in
Documenti Diplomatici Svizzeri, vol. 4, doc. 2
volume linkBern 1994
Dettagli… |▼▶Collocazione
Archivio | Archivio federale svizzero, Berna | |
▼ ▶ Segnatura | CH-BAR#E21#1000/131#24534* | |
Vecchia segnatura | CH-BAR E 21(-)1000/131 2532 | |
Titolo dossier | Niederlassungsvertrag vom 31.5.1890, Bd 1-7 (1889–1905) | |
Riferimento archivio | 10.3.2-09.12 |
dodis.ch/42412
Gestern habe ich den Grafen Bismarck, anlässlich seines gewöhnlichen, wöchentlichen Nachmittags-Empfangs der Chefs de mission, besucht und ist bei diesem Besuche die Frage des Abschlusses eines neuen Niederlassungs-Vertrages mit der Schweiz in nachstehender Weise vertraulich zur Behandlung gelangt.
Über die Veranlassung gedachter Unterredung habe ich diesem meinem Berichte über letztere noch Folgendes vorauszuschicken:
Nachdem ich Ihr geehrtes Schreiben vom 26. Dezember. v.J.2 erhalten, durch welches Sie mich Ihres völligen Einverständnisses mit den Vorschlägen versichert haben, welche ich Ihnen vermittelst des Berichtes v. 17.Dez. v.J.3 betreffend meinen dem Grafen Bismarck im Verfolge unserer vertraulichen Unterredung vom Monat November zu ertheilenden Bescheid zu unterbreiten die Ehre hatte, machte ich Dienstag den 31.Dez. v.J. den Versuch, denselben (wiederum anlässlich eines gewöhnlichen Empfangstags) zu sprechen. Nachdem ich mit einigen meiner Collegen längere Zeit im Vorzimmer des Grafen verweilt, meldete uns indes ein Bureau-Diener, der letztere sei erst vor wenigen Minuten von Friedrichsruhe zurückgekehrt und habe sofort einige sehr dringliche Geschäfte zu erledigen; er bedaure, sich aus diesem Grunde nicht persönlich zu unserer Verfügung stellen zu können, der Unter-Staatssekretär Graf Berchem werde uns aber an seiner Stelle empfangen.
Diesem letztem äusserte ich mich dann in Sachen wie folgt:
Ich nehme an – begann ich einleitend – er habe von dem wesentlichen Inhalte meiner vertraulichen Besprechung mit dem Grafen Bismarck vom Monat November Kenntnis, (was Graf Berchem alsbald bestätigte).
Nachdem ich in den Besitz einer confidentiellen Rückantwort von Ihrer Seite gelangt sei, habe ich den wesentlichen Inhalt derselben dem Grafen Bismarck vertraulich zur Kenntnis bringen wollen.
Die Hauptpunkte Ihres Schreibens habe ich mir zu diesem Zwecke besonders notirt, nachdem ich dieselben in’s Deutsche übersetzt, und es sei wohl am besten, wenn ich ihm diese meine Notizen vorlese.
Hierauf erwiderte Graf Berchem, es liege ihm daran, unsere Unterredung möglichst genau zu skizziren. Er möchte mich daher gleich von vornherein bitten, ihm am Schlüsse unserer Conversation meine Notizen über Ihre Vernehmlassung als «mündliche Mittheilung» vertraulich zu überlassen; dies würde ihn davon dispensiren, dieselben stenographisch zu notiren, was er im ändern Falle unbedingt thun müsste.
Selbstredend konnte ich mich diesem Wunsche gegenüber nicht ablehnend verhalten und erklärte ich mich dann auch sofort bereit, dem Grafen fragliche Notiz anzuvertrauen, sofern er dieselbe also nur als «mündliche Mittheilung» und als streng vertraulich auffasse und behandle.
Den Text dieser Notiz, welche ich ihm nichtsdestoweniger vorlas, theile ich Ihnen in der Anlage abschriftlich mit.4
Mit dem Beifügen, ich bitte ihn, dem Grafen Bismarck zu bemerken, wenn ich auch diese Angelegenheit fortgesetzt als keineswegs dringlich ansehe, so habe ich doch geglaubt, mit meiner anlässlich unserer Unterredung vom November verabredeten vertraulichen Rückäusserung nunmehr nicht länger zuwarten zu sollen, verabschiedete ich mich alsdann von dem Grafen Berchem.
Den Grafen Bismarck bekam ich erst am 11. d. M. wieder zu sehen und zwar bei Anlass der Tauerfeierlichkeit im Königl. Schloss für die Kaiserin Augusta. Als derselbe nach Beendigung der Feier zufällig in meine Nähe zu stehen kam und meiner gewahr wurde, kam er mit den Worten auf mich zu «es würde ihn freuen, wenn ich ihn bald besuchen würde; Graf Berchem habe ihm über meine neuliche Unterredung mit letzterm Vortrag gehalten; er wünsche nunmehr die vertraulichen Besprechungen mit mir über den Niederlassungsvertrag wieder aufzunehmen.»
So kam es also, dass ich ihn dann gestern im Auswärtigen Amte wieder aufsuchte.
Graf Bismarck äusserte sich bei diesem Anlasse in der Hauptsache mutatis mutandis wie folgt:
Nachdem ich die Güte gehabt habe, ihm durch Graf Berchem wissen zu lassen, dass und wie der Chef des eidg. Departementes des Auswärtigen, N. Droz, mich ermächtigt habe, die Frage des eventuellen Abschlusses eines neuen Niederlassungs-Vertrages vertraulich mit ihm zu besprechen, habe er dem Reichskanzler hierüber Vortrag gehalten und hierauf sei er von demselben beauftragt worden, mir streng vertraulich nachstehende Mittheilungen zu machen:
Die Kaiserliche Regierung habe den Niederlassungsvertrag keineswegs der Angelegenheit Wohlgemuth5 wegen gekündigt.
Die Kündigung sei vielmehr deswegen erfolgt, weil die französische Regierung auf Grund des Art. 11 des Frankfurter-Vertrages den Anspruch erhebe, dass die Franzosen in Deutschland bezw. in Elsass-Lothringen auch puncto Niederlassung auf gleichem Fusse behandelt werden, wie dies mit Rücksicht auf die Schweiz. Staatsangehörigen nach Massgabe des schweiz.-deutschen Niederlassungs-Vertrages der Fall sei.6
Habe die Kaiserliche Regierung einerseits nie Bedenken getragen, den friedliebenden und Deutschland befreundeten Schweizern den Aufenthalt und die Niederlassung in Deutschland in der denkbar coulantesten Weise zu gewähren, so könne sie sich anderseits unter keinen Umständen dazu verstehen, den hetzenden Franzosen für den Aufenthalt in Elsass-Lothringen die gleichen Erleichterungen zu Theil werden zu lassen.
Die Remedur, welche etwa in der Ausweisungs-Befugnis gesucht werden wollte, sei in der Praxis weder ausreichend, noch überhaupt empfehlenswerth. Ausweisungen tragen immer einen schroffen Charakter an sich, sie verursachen im einzelnen Falle viel Lärm in der Presse und führen, wenn die Beziehungen derart seien, wie es zwischen Deutschland und Frankreich der Fall sei, zu unerwünschten Auseinandersetzungen und Reclamationen.
Es werde sich also für die Kaiserliche Regierung darum handeln, bei einem neuen Niederlassungs-Vertrage mit der Schweiz obiger Schwierigkeit aus dem Wege zu gehen und seien die zuständigen Ressorts, vorab das Reichsjustizamt, bereits von dem Reichskanzler beauftragt worden, die Angelegenheit nach dieser Richtung einer sorgfältigen Prüfung zu unterziehen.
Gleichzeitig habe der Reichskanzler aber auch die bestimmte Weisung ertheilt, dass die gedachten Ressorts bei der Ausarbeitung bezüglicher Vorschläge und Redaktionen darauf Bedacht nehmen, dass hiebei die schweizerische Asylfreiheit nicht beeinträchtigt werde.
Hieraus könne ich ersehen, dass der Reichskanzler persönlich eine Verständigung über einen neuen Vertrag als erwünscht betrachte. Ein sprechender Beweis hiefür liege u. a. in einer Randbemerkung des Fürsten in dem fraglichen schriftl. Vortrage des Auswärtigen Amtes, des Inhalts, man möge sich uns gegenüber in Sachen entgegenkommend verhalten. (Graf Bismarck legte mir diese Randbemerkung zur Kenntnisnahme vor.)
Er, Graf Bismarck, hoffe mich nun in etwa 4 Wochen von dem Resultate der erwähnten Erörterungen der zuständigen Ressorts vertraulich in Kenntnis setzen zu können. Dann werden wir also in der Lage sein, der Sache auch unserseits materiell näher zu treten. Nach seiner, des Grafen Bismarck, Auffassung dürfte sich doch eine Redaktion finden lassen, welche geeignet wäre, der gedachten Situation Rechnung zu tragen und zugleich auch unseren Anschauungen und Wünschen zu entsprechen. Man könnte ja vielleicht den bezüglichen Artikel ganz kurz fassen oder sogar weglassen. Doch wolle er sich für den Moment in diese Details nicht weiter einlassen.
Es sei mir zur Genüge bekannt, dass er der Ansicht gewesen, man dürfte eventuell auch ohne Vertrag auskommen können, wie dies vor dem Inkrafttreten des derzeitigen Vertrages der Fall gewesen. In diesem Sinne habe er sich im Reichstage ausgesprochen. Indes anerkenne er gerne die Berechtigung der z. Z von mir vertretenen Anschauung, dass jetzt, nachdem die in Frage liegenden Verhältnisse so viele Jahre hindurch vertraglich geregelt waren, ein Vacuum von der öffentlichen Meinung eben doch wenig günstig beurtheilt würde, etc. Er stehe auch nicht an, mir offen zu bekennen, dass die süddeutschen Bundes-Regierungen auf das Zustandekommen des Vertrages grossen Werth legen.
Sehr müsse er aber wünschen, dass bis auf weiteres alles was er und ich in Sachen verhandeln, unbedingt geheim bleiben, bezw. dass auch Sie in Bern, die bez. Akten streng sekretirt halten und dass überhaupt vorderhand, ja, er möchte fast sagen, bis zu dem Momente des eventuellen Perfektwerden’s des neuen Vertrages, nichts über unsere Pourparlers und späteren Unterhandlungen in die Öffentlichkeit dringe.
Letztem Punkt betreffend – erwiderte ich – theile ich vollkommen die Anschauungen des Grafen und glaube ich überdies bestimmt annehmen zu können, dass Sie gleicher Ansicht seien. Immerhin werde ich nicht ermangeln, Ihnen seine diesbez. Wünsche ausdrücklich zur Kenntnis zu bringen.
Auf die Wiedergabe dieser und jener Zwischenbemerkungen, welche anlässlich dieser Unterredung mit dem Grafen Bismarck meinerseits erfolgten, glaube ich füglich verzichten zu können. Dieselben entsprachen genau der Situation und Ihren Instructionen.
Ich bemerke im allgemeinen nur noch, dass sich Graf Bismarck während der ganzen Unterredung sehr verbindlich zeigte und sowohl die Neuchäteler Gerichtsverhandlungen, als auch die Berner-Vorgänge betr. den Schriftsetzer-Ausstand7 mit keinem Worte berührte. Die Wohlgemuth-Affaire streifend, beschränkte er sich auf die Zwischenbemerkung, im internationalen Verkehr für einen ungeschickten Beamten einzutreten, sei für die betr. Regierung immer eine sehr precäre Sache und ungeschickt sei Wohlgemuth in höchstem Grade gewesen.
- 1
- Lettre: E 21/24534.↩
- 2
- Cf. DDS vol. 3, no 429, dodis.ch/42408.↩
- 3
- Non reproduit.↩
- 4
- Reproduit en annexe au présent document.↩
- 5
- Cf. DDS vol. 3, chap. IV. 5.2.↩
- 6
- Cf. DDS vol. 3, no 426, dodis.ch/42405.↩
- 7
- Le Ministre allemand à Berne sollicite la protection des ouvriers de nationalité allemande qui ne suivent pas le mouvement de grève (‹Streikbrecher›). Cf. PVCF du 31.12.1889 (E 1004 1/159, no 5205).↩
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