dodis.ch/42201
Der schweizerische Gesandte in
Wien, J. J. von
Tschudi, an den Bundespräsidenten und Vorsteher des Politischen Departements,
S. Bavier1
Auf meiner Rückreise von Wiesbaden nach Wien habe ich mich nach Innsbruck begeben um bei der Statthalterei von Tirol die Angelegenheit der Rheinkorrektion auf das angelegentlichste zu betreiben. Da der Statthalter Baron Wiedemann [sic] zum Kurgebrauche in Ems abwesend war, so verhandelte ich mit dem prov. Statthaltereileiter, der zugleich auch Referent über die Rheinkorrektion ist. Im Grossen und Ganzen stimmt die Statthalterei bezüglich der Korrektionsarbeiten mit uns überein und auch das Ministerium des Innern ist principiel damit einverstanden. Nur der Vorarlberger Landesausschuss opponirt noch mit seiner altgewohnten Hartnäckigkeit. Ich vertrat daher bei der Statthalterei die Ansicht, die Regierung solle über den Landesausschuss hinweg zum Abschlüsse des Staatsvertrages schreiten. Da das Land Vorarlberg an den Korrektionsarbeiten nichts zahlen werde, sondern das Reich dieselben zahlen müsse, so könne man auch dem Vorarlberger Landesausschuss unmöglich eine decidirende, sondern nur eine konsultative Stimme einräumen. Man habe nun seit mehr als einem Decenium mit der grössten Geduld alle Ein würfe des Landtages angehört und sie wohl erwogen, dabei aber auch, wenn man auf die letzten Ursachen der Opposition zurückgehe, die Überzeugung gewinnen müssen, dass ganz andere Motive, als die wirklichen Interessen des Landes, die Opposition geleitet haben, dass gerade die am meisten gefährdeten Gemeinden die Korrektion sehnlich wünschen und über das Hinausschleppen der Angelegenheit in der Landtagsstube sehr unzufrieden seien. Die Regierung wolle sich ermannen um diesem unnatürlichen Zustande ein Ende zu machen. Ich ergriff nochmals die Gelegenheit um dem Statthaltereileiter die stets wachsende Gefahr klar zu machen und ihm ganz entschieden zu erklären, dass die Schweiz nicht mehr länger gewillt sei zuzuwarten, sondern energisch an die Wahrung ihrer Ufer gehen werde, möge daraus für die österr. Ufer entstehen was da wolle; sie wälze die Verantwortlichkeit von sich ab; sie habe lange genug gewartet und Österreich die Hand gebothen, jetzt trete aber gebieterisch die Pflicht an sie heran für die Sicherheit ihrer Ufergemeinden zu sorgen.2
Der Statthaltereileiter versichert mich, dass er meine Ansichten vollkommen theile, dass er sich der Gefahr, die den Vorarlberg’schen Ufergemeinden drohe, bewusst sei und Alles aufbiethen werde seinerseits die Angelegenheit in kürzester Frist einem Abschlüsse entgegen zu führen. Er erwarte täglich das Gutachten der internen kulturtechnischen Commission unter Professor Pereis um dann seinen Bericht und Vorschläge an das k.k. Ministerium des Innern zu leiten. Er bat mich um Erlaubniss sich darin auf meinen Besuch in Innsbruck und auf unsere Unterredung zu berufen, was ich ihm gerne gestatete und beifügte dass ich in dem nämlichen Sinne mich direkte in Wien bei der Regierung verwenden werde.3