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Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 26, doc. 168
volume linkZürich/Locarno/Genève 2018
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2004B#1990/219#62* | |
Old classification | CH-BAR E 2004(B)1990/219 19 | |
Dossier title | Botschafterkonferenzen 1975, Band 1 (1975–1976) | |
File reference archive | a.133.41 |
dodis.ch/38341 Notiz für die Teilnehmer der Privatwirtschaft an der Botschafterkonferenz1
DIE EINSATZMÖGLICHKEITEN DER SCHWEIZERISCHEN AUSSENVERTRETUNGEN IM WIRTSCHAFTLICHEN BEREICH
Beiliegend übermitteln wir Ihnen als Dokumentation über die Möglichkeiten und Grenzen des Einsatzes unserer Aussenvertretungen im Interesse der Wahrung der schweizerischen Wirtschaftsinteressen folgende Unterlagen:
1. Richtlinien für die diplomatischen und konsularischen Vertretungen betreffend Wahrung der schweizerischen Wirtschaftsinteressen im Ausland (Weisung 951 von 19732);
2. Bericht der sog. Arbeitsgruppe «Florian» betitelt: «Ein Aussenministerium befragt sich selbst»3.
Wir verweisen insbesondere auf Kapitel 2 und 3 dieses soeben erschienen Berichtes sowie auf dessen Beilage 6, die eine Ergänzung zu den in Ziff. 1 erwähnten Richtlinien darstellt.
Herr Bundesrat Brugger wird in seinem Einleitungsreferat am Donnerstag, 4. September4 die Botschafter über die gegenwärtige schweizerische Wirtschaftslage orientieren, sodass sich eine allgemeine Diskussion hierüber anlässlich der Einzelbesprechungen mit den Industriegruppen5 erübrigt. Wir werden Ihnen den Text dieses Vortrages noch rechtzeitig zustellen.
Zusammenfassend möchten wir folgendes festhalten:
Bei den gegenwärtigen Rezessionserscheinungen liegen die Schwerpunkte der Tätigkeit unserer Aussenvertretungen im wirtschaftlichen Bereich auf folgenden drei Gebieten: – wirtschaftliche Berichterstattung an die Zentrale und von der Zentrale an
Dienstleistungsunternehmungen, die sich für neue Märkte interessieren.
Bezüglich dieses letzten Punktes sei festgehalten, dass die Einführung und Vermittlung von Kontakten schon bisher zum normalen Aufgabenbereich der Aussenposten gehörte. Bei den gegenwärtigen Rezessionserscheinungen kommt jedoch der Vermittlung von Kontakten an Ort und Stelle für Schweizer Firmen, die sich nach potentiellen Märkten umsehen, erhöhte Bedeutung zu. Die Vertretungen sollen über die zuständigen Instanzen und über die massgeblichen Persönlichkeiten ihres Gastlandes Auskunft erteilen sowie über genügend enge Kontakte verfügen, um Vorsprachen vermitteln zu können.
Demgegenüber können unsere Aussenvertretungen mit ihrem beschränkten Personal keine Marktanalysen durchführen. Hier wird, soweit nicht spezialisierte Firmen hiefür beansprucht werden, in vermehrtem Masse die Zentrale für Handelsförderung einspringen, beispielsweise durch Entsendung von Delegationen der Privatwirtschaft. In wichtigen Fällen (z. B. OPEC-Länder6) werden auch Delegationen des Vorortes erforderlich sein. Diese werden meistens von der Botschaft des Gastlandes zu betreuen sein, was wiederum einer Belastung für unsere Aussenvertretungen gleichkommt. Von grosser Bedeutung für die Privatwirtschaft ist des weitern die rasche Vorlage von inter nationalen Ausschreibungen (Submissionen). Unsere Aussenvertretungen sind beauftragt, alle ihnen zur Kenntnis gelangenden Ausschreibungen direkt und wenn nötig auf raschestem Wege der Zentrale für Handelsförderung (Sitz Lausanne) bekannt zu geben. So wurden der Handelszentrale z. B. 1974 rund 9000 Ausschreibungen mitgeteilt und von ihr veröffentlicht. Davon wurden 1200 von schweizerischen Firmen angefordert und weiterbehandelt.
Auch für die übrigen Tätigkeiten der Handelszentrale zugunsten der schwei zerischen Privatwirtschaft werden unsere Aussenvertretungen stark be ansprucht (Teilnahme an Messen und Ausstellungen, Organisation von schweizerischen Industrieausstellungen, Dokumentation und Information über fremde Märkte, Vertretervermittlung, Vertrieb von Propagandamaterial etc.7).
Rechnet man die Tätigkeit hinzu, welche für die Zentrale (Handelsabteilung, Finanz- und Wirtschaftsdienst des EPD) geleistet werden muss (wirtschaftliche Berichterstattung, Interventionen, Vorbereitung von Verhandlungen, Lagebeurteilung für die ERG und IRG8, etc.), so kann man sich leicht vorstellen, welcher Belastung unsere kleinen Aussenvertretungen ausgesetzt sind.
Hinzu kommt, dass der Aufgabenbereich des EPD in den letzten Jahren erheblich gewachsen ist. Der zunehmenden Arbeitslast steht kein adäquater Personalzuwachs gegenüber. Das Parlament hat, im Gegenteil, die Vermehrung der öffentlichen Dienste scharfen Beschränkungen unterworfen. Das EPD und die Handelsabteilung EVD werden davon auch betroffen.
Die grosse Mehrheit unserer Aussenposten besteht aus kleineren und kleinsten Vertretungen (29 Vertretungen verfügen über einen einzigen Diplomaten – den Missionschef oder Geschäftsträger, 17 Vertretungen verfügen, einschliesslich des Missionschefs, über 2 Diplomaten, 19 Vertretungen über drei oder mehr Diplomaten). Zudem sind von unseren 92 Vertretungen (einschliesslich der Missionen bei internationalen Organisationen) deren 35 in 2 bis 6 Ländern akkreditiert (Mehrfachakkreditierungen9). Der sog. «Florianbericht» gibt hierüber nähere Auskunft.
Nachdem in der gegenwärtigen Situation kaum mit einer personellen Ausdehnung unserer Aussenvertretungen gerechnet werden kann, ist es von besonderer Bedeutung, die verfügbaren Beamten auf unseren Aussenposten möglichst wirkungsvoll einzusetzen. Die Diskussionen anlässlich der Botschafterkonferenz sollten somit klarstellen, welche Dienste für die Privatwirtschaft am wichtigsten sind, welche Tätigkeiten dementsprechend verstärkt und welche abgebaut werden sollen10.
- 1
- Notiz: CH-BAR#E2004B#1990/219#62* (a.133.41).↩
- 2
- Wahrung der schweizerischen Wirtschaftsinteressen im Ausland. Richtlinien für die diplomatischen und konsularischen Vertretungen vom 1. Januar 1970, Stand vom August 1973, dodis.ch/40819.↩
- 3
- Politisches Departement, Ein Aussenministerium befragt sich selbst, Bern 1975, dodis.ch/40926. Vgl. ferner DDS, Bd. 26, Dok. 87, dodis.ch/39216.↩
- 4
- Referat von E. Brugger vom 4. September 1975, dodis.ch/38334 sowie dodis.ch/38335.↩
- 5
- Vgl. dazu das Protokoll der Botschafterkonferenz vom 4.–9. September 1975, dodis.ch/38333.↩
- 6
- Zur Förderung der Handelsbeziehungen mit den OPEC-Staaten vgl. DDS, Bd. 26, Dok. 142, dodis.ch/37208. Zur Rolle der Privatwirtschaft vgl. z. B. das Schreiben von H. Hofer an Ch.-A. Wetterwald vom 1. April 1975, dodis.ch/37663.↩
- 7
- Für die Werkzeugmaschinenausstellung in der Sowjetunion vgl. DDS, Bd. 26, Dok. 34, dodis.ch/38769, Punkt 1; für die Swiss Industrial Technology Exhibition SITEX 74 in Peking vgl. DDS, Bd. 26, Dok. 137, dodis.ch/37700 sowie für die Industrieausstellung in Sao Paulo vgl. DDS, Bd. 26, Dok. 40, dodis.ch/38919.↩
- 8
- Vgl. dazu DDS, Bd. 26, Dok. 11, dodis.ch/38471.↩
- 9
- Vgl. dazu DDS, Bd. 26, Dok. 63, dodis.ch/39412.↩
- 10
- Vgl. dazu das Schreiben von P. Dumont an A. Janner vom 29. Juli 1975, dodis.ch/38345 sowie die Referate an der Botschafterkonferenz vom 4.–9. September 1975 von M. Erb, dodis.ch/38336 und von E. Nef, dodis.ch/38337.↩
Relations to other documents
http://dodis.ch/38341 | cf. | http://dodis.ch/38333 |
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Conference of the Ambassadors Actors and Institutions