Herr Aussenminister Kreisky telephonierte mir heute wegen der Verhandlungen für eine Anleihe von 50 Millionen Schweizerfranken, die seit längerer Zeit von Herrn Generaldirektor Dr. E. Reinhardt von der Schweizerischen Kreditanstalt mit dem österreichischen Finanzministerium geführt werden. Er machte mir Angaben über die Laufzeit, die Bedingungen und den Zweck der Anleihe, die ich als bekannt voraussetzen darf2.
In letzter Zeit hätten sich nun bedeutende Schwierigkeiten ergeben, die nach den Herrn Kreisky zugekommenen Mitteilungen zu einem Echec führen könnten.
Er würde dies ausserordentlich bedauern, da in einem solchen Falle wahrscheinlich nur der deutsche Markt als Alternative in Frage käme. Herr Kreisky bat mich deshalb, mein möglichstes zu tun, um den Abschluss der Verhandlungen noch diesen Herbst möglich zu machen.
In Abwesenheit von Herrn Bundesrat Schaffner und Herrn Botschafter Stopper setzte ich mich telephonisch mit Herrn Generaldirektor Reinhardt in Verbindung, der mir den Gang der bisherigen Verhandlungen und die Intervention des Vororts sowie einzelner Firmen wie BBC und Rieter, Winterthur3, hinsichtlich der Umsatzsteuerfrage skizzierte. Er machte darauf aufmerksam, dass diese Interventionen ebensosehr das Steuersystem der Deutschen Bundesrepublik visieren, das mit demjenigen Österreichs übereinstimmt. Offenbar hofft man auf Grundlage eines Erfolges in Wien auch einen Druck auf die deutschen Steuerbehörden ausüben zu können.
Es ist mir nicht bekannt, auf welche Bestimmungen (GATT, EFTA?) sich diese Interventionen stützen. Es scheint mir jedoch sehr fraglich, ob es angängig ist, ein Junktim zwischen den beiden Fragen herzustellen. Die Schweiz würde sich jeden Fall eine Intervention in Fragen der internen Steuergesetzgebung lebhaft verbitten.
Nach meiner Auffassung, die sich allerdings nicht auf eingehende Kenntnis der ganzen Sachlage stützen kann, sollte die Anleihe, falls alle übrigen Voraussetzungen gegeben sind, ohne Rücksicht auf die Steuerfrage gewährt werden4.