Japanische Guthaben in der Schweiz: Übergabe an die Alliierten, die UdSSR eingeschlossen. Dennoch eine Entschädigung der von Schweizern in Japan und in den japanischer Kontrolle unterstellten Ländern erlittenen Schäden vorsehen: Bilanz der schweizerischen Ansprüche.
Abgedruckt in
Diplomatische Dokumente der Schweiz, Bd. 17, Dok. 43
volume linkZürich/Locarno/Genève 1999
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Archiv | Schweizerisches Bundesarchiv, Bern | |
▼ ▶ Signatur | CH-BAR#E2001E#1000/1571#3980* | |
Alte Signatur | CH-BAR E 2001(E)1000/1571 395 | |
Dossiertitel | Finanzielles. Japanische Guthaben in der Schweiz (1945–1950) | |
Aktenzeichen Archiv | B.22.10.21.1 • Zusatzkomponente: Japan |
Archiv | Schweizerisches Bundesarchiv, Bern | |
▼ ▶ Signatur | CH-BAR#E1004.1#1000/9#14299* | |
Alte Signatur | CH-BAR E 1004.1(-)1000/9 488 | |
Dossiertitel | Beschlussprotokoll(-e) 02.12.-05.12.1947 (1947–1947) |
Archiv | Schweizerisches Bundesarchiv, Bern | |
▼ ▶ Signatur | CH-BAR#E2001D#1968/154#1373* | |
Alte Signatur | CH-BAR E 2001(D)1968/154 395 | |
Dossiertitel | Kriegsschäden in Japan (1942–1959) | |
Aktenzeichen Archiv | B.51.350.0 • Zusatzkomponente: Japan |
dodis.ch/26
BUNDESRAT
Protokoll der Sitzung vom 5. Dezember 19471
2767. HERAUSGABE VON 8,9 MILLIONEN JAPANISCHER STAATSGELDER AN DIE ALLIIERTEN
Protokoll der Sitzung vom 5. Dezember 19471
Finanz- und Zolldepartement. Mitbericht vom 29. November 1947
I.
1. Im Verlaufe des Monats Februar 1946 hat das Politische Departement, gestützt auf den Bundesratsbeschluss vom 11. Januar 19462, dem Ende des Jahres 1945 von der japanischen Regierung gestellten Ersuchen3 entsprechend, das zu Handen der Alliierten in Gewahrsam genommene japanische Staatseigentum in der Schweiz den Vertretungen von China, Grossbritannien und den Vereinigten Staaten von Nordamerika in Bern übergeben.
Gemäss dem anlässlich dieser Übergabe vom 19. Februar 1946 errichteten Finanzprotokoll4 wurde damals ein Beitrag von ca. 8,9 Millionen Franken, der nach den von der Japanischen Gesandtschaft erhaltenen Auskünften Eigentum der Yokohama Specie Bank war, und nicht der japanischen Regierung gehörte, vorläufig zurückbehalten. Indessen wurde gleichzeitig die Zusicherung abgegeben, dass auch die genannte Summe an die Vertretungen der alliierten Mächte ausgefolgt werde, sobald diese schlüssig dartun, dass es sich wirklich um japanisches Staatseigentum handelt. Weitere Bedingungen wurden im erwähnten Finanzprotokoll an die Herausgabe nicht geknüpft.
2. Der seitens des Politischen Departements gestellten Forderung sind die Alliierten inzwischen nachgekommen. Mit Noten5 gleichen Inhalts haben zunächst die drei Gesandtschaften der Vereinigten Staaten Nordamerikas, Grossbritanniens und Chinas und hernach auf Verlangen des Politischen Departements auch die inzwischen neu errichtete Vertretung der Union der Sozialistischen Sowjet-Republiken in Bern6 bestätigt, dass der in Rede stehende Betrag Eigentum der japanischen Regierung sei. Gleichzeitig haben diese alliierten Missionen unter Berufung auf das Finanzprotokoll vom 19. Februar 1946 um Überweisung der bisher zurückbehaltenen Summe nachgesucht.
Bei dieser Sachlage erscheint es richtig, dem gestellten Herausgabebegehren grundsätzlich zu entsprechen und die in Aussicht gestellte Übergabe nicht mehr länger hinauszuschieben.II.
Vom Eidgenössischen Politischen Departement wurde indessen in diesem Zusammenhang erneut die Frage geprüft, ob nicht anlässlich der Herausgabe der in Rede stehenden, als Staatsguthaben anerkannten Aktiven, die Gelegenheit benützt werden sollte, die Befriedigung schweizerischer Forderungen gegenüber dem japanischen Staat sicherzustellen.
1. Dabei kann es sich freilich nicht darum handeln, eine Sicherstellung vorzunehmen für die recht erheblichen schweizerischen Privatforderungen gegenüber dem japanischen Staate, wie solche aus Kapitalanlagen, aus Ansprüchen aus Waren, Dienstleistungs- und Versicherungsverkehr bestehen, da all diese Forderungen mit dem fraglichen japanischen Staatseigentum schwerlich in einen rechtlichen Zusammenhang zu bringen wären.
2. Dagegen stellt sich die Frage, ob es nicht angezeigt erschiene, ein Retentionsrecht für diejenigen schweizerischen Forderungen der japanischen Regierung gegenüber geltend zu machen, die sich auf in Japan oder den ehemals von den japanischen Streitkräften besetzten Gebieten Schweizern verursachten Requisitions- und Plünderungsschäden bezw. Schädigungen an Leib und Leben beziehen7. Nach den vorläufigen Erhebungen durch das Politische Departement belaufen sich diese Ansprüche auf ca. 10,4 Millionen Schweizerfranken, wovon ca. 3,8 Millionen auf Requisitionen, ca. 4,2 Millionen auf Plünderungen und ca. 2,4 Millionen auf Schäden an Leib und Leben entfallen.
3. Für Schädigungen an Leib und Leben ist der japanische Staat der Eidgenossenschaft gegenüber direkt verantwortlich. Die Entschädigungen hierfür kann die Eidgenossenschaft in ihrem Namen von der japanischen Regierung verlangen.
Da die japanische Regierung zur Zeit nicht über die volle Handlungsfreiheit verfügt, um ihrer völkerrechtlichen Verpflichtung nachzukommen, rechtfertigt sich die Geltendmachung des Retentionsrechtes, umsomehr als die Forderungen beim japanischen Staat angemeldet und von diesem bereits teilweise anerkannt wurden.
4. Die fraglichen Ansprüche setzen sich im einzelnen wie folgt zusammen:
a) Von der japanischen Regierung anerkannte Forderung
[...]8
Diese Summe entspricht einigen von den Japanern ohne Grund wegen Spionage während des Krieges verhafteten und schwer misshandelten Schweizern entstandenen Schäden. Die japanische Regierung wurde an der Zahlung des erwähnten Betrages durch die Alliierten bis jetzt gehindert.
b) Bei der japanischen Regierung bereits angemeldete, von dieser aber noch nicht anerkannte Forderungen im Betrage von ca. 2 Millionen:
[...]9
Ein Retentionsrecht für diesen Betrag ist gerechtfertigt, auch wenn eine Anerkennung bis jetzt nicht erfolgte. Es darf dabei von der Überlegung ausgegangen werden, dass infolge der Besetzung Japans die japanischen Behörden ihrer Handlungsfähigkeit beraubt und deshalb ausserstande waren, zu den Forderungen Stellung zu nehmen, bezw. sie anzuerkennen.
5. Gegen die Geltendmachung eines Retentionsrechtes könnte alliierterseits eingewendet werden, dass im Finanzprotokoll vom 19. Februar kein Vorbehalt in Bezug auf schweizerische Gegenforderungen gemacht wurde. Dieser Einwand ist aber nicht stichhaltig, er kann vielmehr mit dem Hinweis darauf entkräftet werden, dass schweizerischerseits im Februar 1946 nicht anzunehmen war, dass die Alliierten der japanischen Regierung die Erteilung des Zahlungsauftrages für die bereits angemeldeten, teilweise sogar schon anerkannten Forderungen verweigern würden. Zudem stand im damaligen Zeitpunkt auch gar noch nicht fest, dass es sich bei dem fraglichen Guthaben tatsächlich um japanisches Staatseigentum handelt. Erst der inzwischen von den Alliierten erbrachte Nachweis ermöglichte die Geltendmachung eines Retentionsrechtes. Schliesslich wäre zu betonen, dass einer Freigabe des zurückgehaltenen Betrages dann nichts mehr im Wege steht, wenn die japanische Regierung ihren Verpflichtungen gegenüber der Eidgenossenschaft nachgekommen ist.
Unter Hinweis auf die obigen Ausführungen und im Hinblick auf das alliierte Herausgabebegehren betreffend den bei der Schweizerischen Nationalbank deponierten Betrag in Höhe von 8,9 Millionen Franken wird im Einverständnis mit dem Finanz- und Zolldepartement beschlossen:
1. Das Politische Departement wird ermächtigt und beauftragt, von dem bei der Schweizerischen Nationalbank befindlichen japanischen Staatsguthaben in Höhe von Fr. 8’973’681.35 den alliierten Vertretungen von China, Grossbritannien, der Union der Sozialistischen Sowjet-Republiken und der Vereinigten Staaten von Nordamerika einen Betrag von Fr. 6’546’988.35 zu übergeben.
2. Die Differenz von Fr. 2’426’693.– ist vorläufig zur Sicherstellung der bei der japanischen Regierung angemeldeten und teilweise bereits anerkannten Forderungen der Eidgenossenschaft zurückzubehalten.
Eine Übergabe dieser Summe kann in Aussicht gestellt werden, sobald die japanische Regierung ihren Verpflichtungen der Eidgenossenschaft gegenüber nachgekommen ist.
3. Das Politische Departement wird beauftragt zu prüfen, ob nicht ein allgemeiner Vorbehalt zu machen wäre in Bezug auf die Wiedergutmachung der von Schweizern erlittenen Kriegsschäden.
- 1
- E 1004.1(-)-/1/488. Vgl. E 2001(E)-/1/395 und E 2001(D)1968/154/395.↩
- 2
- Vgl. DDS, Bd. 16, Dok. 53, dodis.ch/22.↩
- 3
- Vgl. die Noten vom 1. November 1945, E 2001(D)-/3/72 und E 2001(E)-/1/394, sowie das Schreiben vom 1. Dezember 1945, E 2001(E)-/1/394.↩
- 4
- Vgl. E 2001(E)-/1/395.↩
- 5
- Vgl. die Noten der britischen und der amerikanischen Gesandtschaft vom 4. November 1946 sowie die Note der chinesischen Gesandtschaft vom 11. November 1946. Mit den zwei Noten vom 1. und 2. August 1947 teilte die Gesandtschaft der UdSSR mit, dass sie gemeinsam mit den Vertretungen der USA, Grossbritanniens und Chinas in der Schweiz die Vermögensverwaltung der japanischen Regierung übernehme. Die Teilnahme der UdSSR war eine der Voraussetzungen, welche die schweizerischen Behörden für die Aushändigung der Vermögen gestellt hatten. Vgl. E 2001(E)-/1/395.↩
- 6
- Vgl. DDS, Bd. 16, Thematisches Verzeichnis: Sowjetunion – Politische Beziehungen.↩
- 7
- Für zwei Listen vom 23. Juli 1947 mit den Fällen von Schweizern, die durch Japan Schäden erlitten hatten und die für die Berechnung des schweizerischen Anspruches berücksichtigt wurden, vgl. E 2001(E)-/1/395.Zu einzelnen Fällen vgl. u. a. E 2001(D)-/3/ 402, E 2001(D)1968/154/395 –396 sowie E 2001(E)1969/121/182.↩
- 8
- Für die Tabelle vgl. dodis.ch/26. Pour le tableau, cf. dodis.ch/26. For the table, cf. dodis.ch/26. Per la tabella, cf. dodis.ch/26.↩
- 9
- Für die Tabelle vgl. dodis.ch/26. Pour le tableau, cf. dodis.ch/26. For the table, cf. dodis.ch/26. Per la tabella, cf. dodis.ch/26.↩
Verknüpfungen mit anderen Dokumenten
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