Erörterung einer notwendigen Information über die Schweiz in den Vereinigten Staaten, ohne "Propaganda" zu betreiben.
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 16, doc. 26
volume linkZürich/Locarno/Genève 1997
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001D#1000/1553#5446* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(D)1000/1553 254 | |
Dossier title | Schweiz. Kulturpropaganda in den USA (1927–1945) | |
File reference archive | B.38.36.0 • Additional component: Vereinigte Staaten von Amerika |
Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2801#1967/77#92* | |
Old classification | CH-BAR E 2801(-)1967/77 4 | |
Dossier title | U.S.A. (1944–1945) | |
File reference archive | 05 |
dodis.ch/1763 Politisches Departement1 PROTOKOLL DER KONFERENZ VOM 14. AUGUST 1945 ZUR BESPRECHUNG DER FRAGEN BETREFFEND DIE KULTURELLE ANNÄHERUNG DER SCHWEIZ ZU DEN VEREINIGTEN STAATEN
[...] 2
Herr Minister Stucki eröffnet die Sitzung um 15.30 Uhr. Er hebt hervor, dass verschiedene Kritiken von kompetenten und auch weniger kompetenten Persönlichkeiten betreffend die schweizerische Propaganda in den Vereinigten Staaten an das Politische Departement gelangt sind3. Herr Minister Stucki erörtert das Problem und betont, dass auf diesem Gebiete die Improvisation weder zulässig noch möglich ist. Dies sei der Grund dafür, dass er es als angebracht erachtet habe, die anwesenden Persönlichkeiten, die alle über die Situation im Bilde sind, die amerikanische Mentalität kennen und Beziehungen zu den Vereinigten Staaten haben, zusammenzuberufen. Er lädt jeden der Herren ein, seiner Meinung Ausdruck zu geben und Vorschläge zu unterbreiten. Herr Minister Stucki erteilt hierauf das Wort Herrn Minister Bruggmann. Unser Gesandter in Washington legt folgendes dar:
Das Problem, das Gegenstand der gegenwärtigen Besprechung bildet, habe ihn zu jeder Zeit beschäftigt. Die Amerikaner seien schlecht orientiert über das, was die Schweiz betrifft. Er habe auf diesem Gebiete mit einer ganzen Reihe von wichtigen Persönlichkeiten in den Vereinigten Staaten, Politiker, Journalisten etc., Kontakt genommen. Das Resultat dieser Unterredungen sei nicht ermunternd. Eine «schweizerische Propaganda» in den Vereinigten Staaten werde nicht zu einer gerechten Beurteilung unserer Lage führen. Zu diesem Zwecke müsste man die Amerikaner von Grund auf neu erziehen. Der Amerikaner ist vor allem utilitaristisch eingestellt, zumal in Kriegszeiten. Zwar ist der Krieg beendet, doch würde eine Propaganda, die über den Rahmen dessen hinausginge, was den Amerikaner interessiert, vielmehr Resultate zeitigen, die gerade nicht erwünscht sind. Die amerikanische Presse ist auf die Mentalität des Amerikaners zugeschnitten, und es ist eben diese selbe Presse, die den Amerikaner «erzieht». Sie legt keinen besondern Wert auf hundertprozentige Wahrheit; es genügt, dass die Nachrichten, die sie verbreitet, einen wahren Kern haben. Alles übrige kann «sensationell» sein. In Kriegszeiten zieht jeder den kürzeren, der nicht wie die Amerikaner denkt und handelt; ein neutrales Land wird als willkommener Sündenbock betrachtet. Das Schlechte, das sich sagen lässt, interessiert mehr als das Gute. Der Leser will das Schlechte lesen, und Berichtigungen sind somit gänzlich unnötig. Folglich war während des Krieges für uns der einzig einzuschlagende Weg angesichts der gegen die Schweiz gerichteten Angriffe derjenige, sich still zu halten und lediglich die krassen Falschmeldungen zu dementieren. Es handelte sich andererseits darum, die Veröffentlichung von falschen Nachrichten über unser Land von vorneherein zu verunmöglichen4. Der Gesandtschaft ist dies in einigen Fällen, wo sie mit den in Frage stehenden Reaktionen oder den interessierten Persönlichkeiten Fühlung genommen hatte, gelungen. Herr Minister Bruggmann hebt die Tatsache hervor, dass gewisse Behörden sich der Presse bedienten, um jeweils dann auf die neutralen Länder einen Druck auszuüben, wenn diese zögerten, den Vereinigten Staaten gewisse Konzessionen, die diese verlangten, einzuräumen. Der Schluss sei der, dass eine Propaganda-Aktion solange nichts nütze, als ein Krieg im Gang sei. Ein anderes Charakteristikum Amerikas bestehe im Umstande, dass der amerikanische Zeitungsleser oft Konfusionen mache und das Negative, das er über einen fremden Staat gelesen habe, einem andern ausländischen Staate zuschreibe.
Man könne die amerikanische Presse orientieren, informieren, doch müsse man sich hüten, dieser Tätigkeit den Charakter der «Propaganda» zu geben. Es ist dies ein Vorgehen auf lange Sicht. Sogar die Engländer hätten es, trotz ihres beträchtlichen Propagandaapparates und der nahmhaften zu ihrer Verfügung stehenden Mittel nicht vermocht, in den Fällen, wo zwischen beiden Ländern Differenzen auftauchten, gewisse unangenehme Artikel für Grossbritannien zu verhindern. Solange gewisse von unseren Handlungen oder unsere Haltung Anlass zu Ausfällen gegen unser Land geben können, ist es in unserem Interesse, auf jede Propaganda zu verzichten, die diese Polemik nur speisen könnte. Schweden, das in den Vereinigten Staaten eine beträchtliche Propaganda entfaltet hat, musste auf eigene Kosten diese Erfahrung machen.
Herr Minister Bruggmann schlägt für die Zukunft die Errichtung des Postens eines Presseagenten in New York oder eines Presseattachés an unserer Gesandtschaft in Washington vor. Das in Frage stehende Büro würde damit betraut werden, die Schweiz über gewisse Ereignisse in Amerika zu unterrichten und die amerikanische Presse über die Schweiz zu informieren. Das Problem, das sich hier stellt, ist dasjenige der Kosten. Herr Minister Bruggmann habe sich mit Herrn Currie unterhalten. Dieser letztere war der Ansicht, dass die Schweiz hier etwas unternehmen sollte. Er nannte unserm Gesandten den Fall eines amerikanischen Journalisten, dem es gelungen war, einen Filmstar populär zu machen, der es bis dahin nicht war. Diese Kampagne zugunsten der Diva habe denjenigen, der sie geführt hatte, die hübsche Summe von 100’000 Dollars im Jahr gekostet.
Jetzt, wo der Krieg beendet ist, würde eine schweizerische Propaganda in den Vereinigten Staaten auf bedeutend geringere Hindernisse stossen. Sie müsste sich jedoch im Rahmen derjenigen Fragen halten, die die Amerikaner besonders interessieren. Sogar dann schliesst eine solche Propaganda Polemiken gegen die Schweiz, etwa von Seiten industrieller Gruppierungen oder Ausfuhrfirmen, nicht gänzlich aus. Diesen Angriffen gegen die Schweiz komme jedoch nicht diejenige Bedeutung zu, die ihr manche Leute jenseits des Atlantiks beizumessen scheinen.
Im gleichen Zusammenhange empfiehlt Herr Minister Bruggmann eine bessere Anwendung der Studentenaustausche, die Förderung persönlicher Beziehungen, die Veranstaltung von Konferenzen, von Zusammenkünften für Besprechungen, usw.5. Von grosser Wichtigkeit sei schliesslich die Tätigkeit der Korrespondenten ausländischer Zeitungen in der Schweiz. Ein besseres Verständnis für unsere Lage könne vorwiegend durch die Vermittlung dieser Berichterstatter in den Vereinigten Staaten geweckt werden.
Herr Professor Keller leitet aus dem Exposé von Herrn Minister Bruggmann ab, es handle sich hier im Grunde genommen um eine psychologische Frage; er selbst sei auch dieser Meinung. Seiner Ansicht nach sollten wir uns nicht der «Propaganda» hingeben. Unser Ausgangspunkt müsse Verbreitung, Vertiefung und Belebung des Verkehrs, des gegenseitigen Verständnisses sein. Er erinnert bei dieser Gelegenheit an zwei Memoranda, die er im Jahre 1939 und 1942 diesbezüglich dem Politischen Departement unterbreitet hatte6. Auf diesem Gebiete habe man schon etwas getan; in der Schweiz seien schon gewisse Institutionen gegründet worden, und man ist daran, auch in den Vereinigten Staaten welche zu gründen. Wir sollten das Problem nicht lediglich von seinem politischen, ökonomischen und touristischen Aspekte aus betrachten; es liege tiefer begründet. Es handle sich im wesentlichen um die Förderung der persönlichen Beziehungen auf allen Gebieten im geistigen Bereich.
Herr Minister Sulzer hebt hervor, dass die Kenntnis der Schweiz in den kultivierten Schichten der Vereinigten Staaten besser sei als bei der Masse. Die Beziehungen zwischen gewissen amerikanischen und den entsprechenden Kreisen in der Schweiz weisen bereits eine erfreuliche Entfaltung auf. Sie sollen weiter gefördert werden und Früchte tragen. In Amerika findet man viel Verständnis für die Schweiz, und zwar vorwiegend in den gebildeten Schichten. Herr Minister Sulzer setzt uns von gewissen Erfahrungen in Kenntnis und lenkt die Aufmerksamkeit auf die Gründung, in Amerika, einer Gesellschaft der «AmericanFriends of Switzerland Incorporated». Herr Dr. Thorin sei in der Lage, uns über diese Organisation näheres mitzuteilen.
Es besteht eine weitgehende Freundschaft zwischen den Vereinigten Staaten und der Schweiz; sie ist vorwiegend historisch und idealistisch begründet. Das ganze Problem der Annäherung zwischen den beiden Ländern geht über Pressefragen hinaus. Eine besondere Rolle kommt in den USA der öffentlichen Meinung zu. Was die Bildung dieser Meinung durch die Presse anbelangt, sei auf die Eigenart hingewiesen, dass eine gewisse Anzahl Artikel gefordert werde. Stehe das nötige Material nicht zur Verfügung, so werde eben erfunden. Man dürfe dann diese Presseprodukte nicht allzu ernst nehmen. Die Aufklärung der öffentlichen Meinung drüben solle durch eine fortlaufende, regelmässige Unterrichtung und Orientierung, nicht aber durch Propaganda erfolgen. Einerseits müsse die Presse in den Vereinigten Staaten auf dem laufenden gehalten, andererseits aber die in unserm Lande anwesenden amerikanischen Pressevertreter mit Material versehen werden. Der Information der Berichterstatter in unserem Lande könne dadurch besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden, dass diese ständig durch eine eventuell auf privater Grundlage zu errichtende Instanz orientiert werden. Im Zusammenhang mit der Förderung einer Annäherung zu den Vereinigten Staaten komme, so führt Herr Minister Sulzer weiter aus, der «AmericanFriends of Switzerland Incorporated» eine besondere Bedeutung zu. Der Initiant dieser Gründung sei bekannt: Rechtsanwalt Edward Goodwin in New York. Herr Goodwin ist Rechtskonsulent von verschiedenen Schweizerfirmen und eine in jeder Beziehung vertrauenswürdige Persönlichkeit, die sich stets für unser Land eingesetzt hat. Zum Präsidenten der Organisation habe Mr. Goodwin den Präsidenten der J. G. White Engineering Corporation in New York, Mr. Gano Dunn, in Aussicht genommen. Mr. Dunn ist ein seit Jahrzehnten in Regierungskreisen und in Kreisen der technischen Wissenschaften hochangesehener Mann. Herr Minister Sulzer ist der Ansicht, dass den «American Friends …» alles Vertrauen geschenkt werden darf. Er ist überzeugt, dass die Gesellschaft unserem Lande ausserordentlich nützliche Dienste leisten wird, und empfiehlt, ihr alles Interesse entgegenzubringen.
Herr Walter Bosshard beleuchtet die Fragen vom beruflichen Standpunkt aus. Er nennt zunächst zwei Fälle, welche die offenbar ungenügende Zusammenarbeit mit den Vertretern der Auslandpresse illustrieren sollen. Anlässlich der Ankunft in der Schweiz der ersten amerikanischen Urlauber sei kein einziger ausländischer Korrespondent im Bilde und somit auch nicht in der Lage gewesen, die Leute an der Grenze zu begrüssen. Als es sich darum handelte, die Presse über die im Gang befindlichen Verhandlungen mit der russischen Delegation7 zu orientieren, seien die Auslandskorrespondenten erst zwei Tage nach den Schweizer Journalisten informiert worden. Es erscheine dringend notwendig, in Bern eine Institution zu errichten, die als Zentralstelle für den Auslandspressedienst zu funktionieren hätte. Es würde ihr obliegen, einerseits Material für unsere Konsulate und Gesandtschaften zu sammeln, andererseits die ausländischen Journalisten in unserem Lande regelmässig und weitgehend unterrichtet zu halten. Herr Bosshard empfiehlt weiterhin die Durchführung von Informationsreisen, denen aber kein touristischer Charakter zukommen soll. Er erwähnt in diesem Zusammenhange das eigenartige Verhalten der Zentrale für Verkehrsförderung, die kürzlich, als eine solche Reise für englische Berichterstatter hätte durchgeführt werden sollen, für deren Zustandekommen zur Bedingung stellte, dass die Herren darauf hinzuweisen hätten, die Sache sei von ihr finanziert worden. Ferner ist dem Journalistenaustausch besondere Bedeutung zuzumessen. Es erscheint jedoch erforderlich, dass die ausgetauschten Berichterstatter letzten Endes wieder in ihr Land zurückkehren. Bei Studentenaustauschen hätte man oft die Erfahrung gemacht, dass die Leute ihrem Lande endgültig den Rücken gekehrt hätten. Auch Austausche von bedeutenden Persönlichkeiten beider Länder sollten in Frage gezogen werden. Eine weitere Notwendigkeit sei die Zusammenarbeit mit dem Landessender Beromünster. Was den 16 mm Film anbelange, so müsse getrachtet werden, einen eigenen Stil zu bringen. Bis jetzt seien die Streifen zu langweilig gewesen. Herr Bosshard glaubt der Heranbildung von Presseattachés besondere Bedeutung beimessen zu müssen. Er persönlich sei der Ansicht, dass jede Zweideutigkeit in bezug auf die «Stellung nach aussen» einer schweizerischen Pressestelle in Washington oder New York vermieden werden müsse. Als günstigen Anknüpfungspunkt für eine Annäherung zu Amerika bezeichnet der Referent die Anwesenheit in der Schweiz der amerikanischen Urlauber.
Herr Minister Stucki stellt die Frage, ob unser Landessender in den Vereinigten Staaten entsprechend abgehört werde und insbesondere, ob dies auch nach der Hochkonjunktur der Fall sein würde, was Herr Bosshard bejahend beantwortet. Herr Minister Stucki weist darauf hin, dass an der gegenwärtigen Konferenz kein Vertreter der schweizerischen Verkehrsinteressen anwesend sei: Dies sei kein Zufall, denn er habe bewusst jeden Einfluss der Touristik ablehnen wollen.
Herr Thorin weist darauf hin, dass man jenseits des Atlantik nicht wisse, dass Beromünster eine verstärkte Emission für die Vereinigten Staaten vorbereite. Er macht sodann einige Angaben über die «American Friends of Switzerland», die sich an das Memorandum von Herrn Goodwin halten.
Herr von Reding spricht sich über die Fragen der Radiosendungen nach Amerika aus. Er stellt fest, dass bis anhin die Kurzwellen, die Nachrichten und Grüsse an die Soldaten vermittelten, viel gehört wurden. Die wichtigsten Sendungen erfolgen über das USA-Sendernetz; wir seien in der Tat nicht in der Lage, solche Emissionen, für die pro halbe Stunde etwa 20’000 Dollars bezahlt werden, zu finanzieren. Etwas Phantasie und «Sensation» sei bei uns notwendig, um die Sendungen anregender zu gestalten. Herr von Reding ist der Ansicht, dass auch der Austausch von Künstlern und musikalischen Werken sowie Einladungen von amerikanischen Reportern notwendig seien. Die Frage der finanziellen Unterstützung sei akut. Die Verkehrszentrale beispielsweise zahle nichts, wenn «ihr Aushängeschild» nicht zugelassen werde.
Herr Minister Stucki fragt Herrn von Reding, warum er bei seinen Bemühungen nicht im Politischen Departement einen Bundesgenossen gesucht habe.
Herr Stierlin betont die «curiosity» der Amerikaner. Wir sollen ihnen unsere Werte zeigen. Amerika sei schwer von hier aus zu beurteilen, und ein Kontakt mit der Kultur dieses Landes müsse durch Besuche desselben hergestellt werden. Es wäre zu empfehlen, dass Persönlichkeiten aus allen Kreisen, wie etwa Wissenschaftler, Mediziner und Künstler, Amerika besuchen.
Prof. Rohn betont, dass es besonders begrüssenswert wäre, wenn alle Bestrebungen betreffend die Annäherung an die Vereinigten Staaten in einer Hand zusammengefasst würden und sich womöglich für einen einheitlichen Zweck einsetzten. Zersplitterung müsse vermieden und Koordination angestrebt werden. Wichtig ist der Studentenaustausch. Er sei gerne bereit, diesem Problem unter einem weiteren Gesichtswinkel seine besondere Aufmerksamkeit zu schenken: Nicht nur Studenten, sondern auch Wissenschaftler und Künstler sollen in diese Bestrebungen einbezogen werden. Bisher seien jährlich etwa 15 Schweizer Studenten nach Amerika gelangt. Die Zahl der in die Schweiz geschickten amerikanischen Studenten sei hauptsächlich aus dem Grunde geringer gewesen, weil es an Stipendien, und zwar im wesentlichen an Verpflegungsstipendien, mangelte. Der Redner beabsichtigt, demnächst eine Konferenz der schweizerischen Hochschulrektoren einzuberufen; diesen Fragen werde besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden.
Dr. Fueter gibt einen kurzen Überblick über die Probleme des Instituts für Auslandforschung, dessen «Amerika-Europa-Sektion» in Entstehung begriffen sei. Was den Studentenaustausch anbelange, so planen die Vereinigten Staaten einmal einen kurzfristigen Aufenthalt in der Schweiz von Militärpersonen aus deutschbesetzten Gebieten und andererseits einen längeren Studienaufenthalt entlassener amerikanischer Wehrmänner für «postgraduate studies» bei uns8. Auch der Dozentenaustausch dürfe nicht vergessen werden. Vom Politischen Departemente möchte er eine möglichst weitgehende Vermittlung von Dokumentation wünschen. Er weist in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung der in unserm Land zu gründenden «Zentralstelle» hin. Was die politischen Fragen anbelange, wundern sich, so führt Herr Dr. Fueter weiter aus, die Vereinigten Staaten darüber, dass die Schweiz so wenig am Wiederaufbau teilnehme. Unserem Lande sollte der gebührende Platz in der Völkergemeinschaft gesichert werden. Eine Beteiligung in irgendeiner Form an der Zusammenarbeit aller Länder sei notwendig; dazu könnte die Unterstützung des Politischen Departements von besonderem Wert sein.
Herr Minister Stucki stellt fest, dass die Frage der Stellung der Schweiz zur internationalen Organisation von allergrösster Bedeutung sei9. Sobald der Standpunkt unseres Landes festgelegt sein wird, soll er dem Auslande bekanntgegeben werden; vorher sei eine Stellungnahme nicht möglich. Das Parlament und der Bundesrat müssen zunächst die wesentlichen Linien unserer Politik festlegen; viele Fragen bedürfen noch der Abklärung.
Herr Prof. Brunner führt aus, er stehe noch unter dem Eindruck des pessimistischen Votums von Herrn Minister Bruggmann, dessen etwas düsteres Bild im wesentlichen jedoch eher vom politischen Standpunkt aus entworfen worden sei. Er möchte im übrigen die Anregung machen, dass wir uns im Verlaufe der Bemühungen, mit den Vereinigten Staaten Kontakt zu schaffen, etwas weniger Reserve auferlegten. Insbesondere die Fühlungnahme mit den ausländischen Journalisten sollte entschieden gefördert werden. Auch Herr Prof. Brunner legt weitgehendste Koordination aller Bestrebungen zur Förderung der gegenseitigen Beziehungen nahe. Die «SwissAmerican Society for Cultural Relations»10 und die «Associationof Swiss Friends of the United States», beide in Zürich, sollten mit einheitlichen Zielen nach aussenhin geschlossen auftreten können.
Herr Minister Bruggmann erklärt, es sei «sub specie aeternitatis» gegen die Bestrebungen verschiedenster Art zur Förderung unserer Beziehungen mit den Vereinigten Staaten nichts einzuwenden; grundsätzlich müsse aber der Satz gelten «e pluribus unum».
Herr Minister Sulzer weist darauf hin, dass Herr Goodwin im Rahmen der «American Friends of Switzerland» einen «Advisory Council» aus Schweizerbürgern vorgesehen habe. Er empfiehlt, den Initianten zur Besprechung der diesbezüglichen Fragen einzuladen.
Herr Minister Stucki stellt zusammenfassend folgendes fest: Die Gründung der «American Friends of Switzerland» ist sehr zu begrüssen. Wichtig erscheint der Umstand, dass diese Gesellschaft ihre Tätigkeit ganz unabhängig von Einflüssen des Staates oder halbamtlicher Instanzen wird entfalten können. Das Politische Departement ist jederzeit zur Unterstützung ihrer Bestrebungen bereit. Grundsätzlich können von Seiten des Departements nur jene Sachbereiche herausgegriffen werden, die des Staates sind. Auf den übrigen Sachgebieten dürfen wir uns lediglich als wohlwollende und fördernde Zuschauer verhalten.
Die Anregungen von Herrn Bosshard sind wertvoll. Eine gewisse Kritik an der bisherigen Gestaltung des Presseinformationswesens ist berechtigt, doch können mildernde Umstände geltend gemacht werden. Die Zentralstelle für den Auslandspressedienst ist unerlässlich, und sie wird heute unter normalen Verhältnissen an keinen Paralysen leiden. Wir sind auf falschem Wege mit Bezug auf die Anwendung von finanziellen Mitteln für die Propaganda. Die Kredite, die für die Werbung für das Ansehen unseres Landes bestimmt sind, müssen nicht allein Handel und Tourismus zufliessen: es gilt, unsere Kultur zu propagieren.
Was die Behandlung der ausländischen Journalisten in der Schweiz anbelangt, ist unser guter Wille oft schlecht gelohnt worden; ich habe diesbezüglich in der letzten Zeit persönliche Erfahrungen gemacht. Wir werden uns weiterhin nach Möglichkeit bemühen, jedoch ist «good will» auf beiden Seiten nötig. Für die Propaganda in den Vereinigten Staaten können wir keine amerikanischen Methoden anwenden. Von grosser Bedeutung ist die Bestellung eines Presseattachés11. Hier darf nicht camoufliert, sondern es muss offene Arbeit geleistet werden. Die Schwierigkeit liegt in der Wahl des geeigneten Mannes. Ich bitte die Herren, die dazu in der Lage sind, mir schriftlich diesbezügliche vertrauliche Vorschläge zu unterbreiten.
- 1
- E 2801/1967/77/4.↩
- 2
- Die im Titel erwähnte Konferenz stand unter der Leitung von W. Stucki. Es nahmen folgende Personen teil: K. Bruggmann, H. de Torrenté, C. Rezzonico, A. Keller, E. Brunner, Ed. Fueter, W. Bosshard, R. von Reding, H. R. Stirlin, Dr. Koch, F. von Schulthess, W. Schiess, W. Keller, A. Rohn, P. Thorin, H. Sulzer, R. Jaeger (Protokoll).↩
- 3
- Nicht abgedruckt.↩
- 4
- Vgl. DDS, Bd. 15, Thematisches Verzeichnis: II.9.1. Etats-Unis – Relations politiques.↩
- 5
- Zum Studentenaustausch vgl. E 2001 (E) 1968/78/176, 177.↩
- 6
- Nicht ermittelt.↩
- 7
- Die sowjetische Miltärdelegation zur Lösung der Frage der sowjetischen Internierten befand sich im Sommer 1945 in der Schweiz. Vgl. E 2001 (E) 1/103.Vgl. auch Thematisches Verzeichnis in diesem Band: Schweizerische Asylpolitik und UdSSR – Politische Beziehungen.↩
- 8
- Vgl. BR-Prot. Nr. 2148 vom 31. August 1945, dodis.ch/1285, sowie E 2001 (D) 3/308.↩
- 10
- Vgl. E 2001 (D) 3/257.Über die Gründung dieser Gesellschaft im März 1940, vgl. E 2200 New York 7/91.↩
- 11
- Gemäss BR-Prot. Nr. 400 vom 8. Februar 1946, E 1004.1 1/466, wurde E. Kessler zum Schweizer Presseattaché in Washington ernannt.↩
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United States of America (USA) (Politics)