dodis.ch/1672 Der Chef der Abteilung für Politische Angelegenheiten des Politischen Departements,
A. Zehnder, an den schweizerischen Gesandten in
Belgrad,
E. Zellweger1
Wir beehren uns, den Empfang Ihres Schreibens vom 8. d. M.2 zu bestätigen und Ihnen für Ihre Hinweise zur Frage der Anerkennung der Volksrepublik Albanien seitens der Schweiz verbindlich zu danken.
Von Ihren Ausführungen haben wir mit Interesse Kenntnis genommen und verschliessen uns durchaus nicht der Einsicht, dass es, von dem von Ihnen skizzierten Gesichtspunkte aus gesehen, von Vorteil sein könnte, die Anerkennung des neugeschaffenen albanischen Staates schweizerischerseits auszusprechen. Wir haben aber vorläufig noch einige Hemmungen aus anderen Gründen, die wir teilweise in unserem Schreiben vom 25. Februar d. J.3 andeuteten. Wir könnten auch anführen, dass die Konfliktstoffe, die zwischen Albanien und Griechenland in Erscheinung getreten sind, ein Phänomen der das ganze weltpolitische Geschehen heute weitgehend bestimmenden Spannungen zwischen der Sowjetunion und den westlichen Grossmächten, für uns bei Beurteilung des Sachverhalts von einer gewissen Bedeutung sind. Wir legen Wert darauf, die traditionellen freundschaftlichen Beziehungen zu Griechenland auch in Zukunft tunlichst zu pflegen; eine Anerkennung von Albanien wäre im gegenwärtigen Zeitpunkt geeignet, diese Beziehungen zu beeinträchtigen. Wir haben auch den Eindruck, dass sich die Verhältnisse in Albanien, über das unsere gegenwärtigen Informationen allerdings sehr prekär sind, noch zu wenig geklärt haben, als dass schon davon die Rede sein könnte, es habe sich dort eine vom Willen der Bevölkerung getragene wirklich stabile Staatsform und Regierung herausgebildet.
Man könnte uns deshalb unter Umständen vielleicht den Vorwurf machen, mit der Anerkennung von Albanien hätten wir nicht einen völkerrechtlich gebotenen Akt vorgenommen, sondern der noch nicht abgeschlossenen politischen Entwicklung in diesem Gebiet durch unsere Stellungnahme vorgegriffen. Wir würden es jedenfalls vorziehen, zunächst den Ablauf der Dinge noch einige Zeit zu beobachten und tunlichst auch durch die Pflege rein tatsächlicher Beziehungen mit der Regierung des Kleinstaates Albanien praktische Erfahrungen zu sammeln. Da die Kontakte über Ihre Gesandtschaft führen, sind wir Ihnen selbstverständlich sehr verbunden, wenn Sie dem Gegenstand weiterhin Ihre Aufmerksamkeit schenken und uns über Ihre Wahrnehmungen unterrichtet halten wollen.