[vgl. BRB Nr. 657 vom 3.4.1959]
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 21, doc. 36
volume linkZürich/Locarno/Genève 2007
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E1001#1000/6#660* | |
Old classification | CH-BAR E 1001(-)1000/6 660 | |
Dossier title | Anträge des Eidg. Volkswirtschaftsdepartementes Januar - April 1959 (1959–1959) | |
File reference archive | 1.7 |
Archive | Swiss Federal Archives, Bern |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E1004.1#1000/9#625* |
Old classification | CH-BAR E 1004.1(-)1000/9 624 |
Dossier title | Beschlussprotokolle des Bundesrates April 1959 (2 Bände) (1959–1959) |
dodis.ch/15547 Ausfuhr von Textilmaschinen nach Ägypten
Infolge seiner weitgespannten Entwicklungspläne ist Ägypten, einer unserer wichtigsten Handelspartner der arabischen Welt, in eine schwierige Lage geraten, welche durch die Suez-Krise noch verschärft wurde. Für die Finanzierung seiner industriellen Projekte stehen Ägypten neben ausländischen
Krediten, die ihm insbesondere von der Sowjetunion und der Deutschen Bundesrepublik in beträchtlichem Umfang gewährt werden, die Erlöse aus seinen
Exporten zur Verfügung. In letzterer Hinsicht hängt Ägypten als Land mit einer ausgesprochenen Monokultur fast ausschliesslich von seinen Einkünften aus den Baumwollverkäufen ab. In den letzten Jahren haben sich jedoch die
Möglichkeiten, ägyptische Baumwolle gegen Devisen oder im Rahmen von
Wirtschaftsabkommen mit westlichen Ländern abzusetzen, stark verschlechtert, weil die von der Regierung festgesetzten Preise ziemlich über dem Weltmarktniveau lagen und weil die im Zusammenhang mit der Agrarreform erfolgte
Aufteilung des Grossgrundbesitzes für gewisse Sorten eine Qualitätseinbusse nach sich zog. Anstatt seine Preise anzupassen, ging Ägypten mehr und mehr dazu über, seine Baumwolle in Kompensation an die Staaten des Ostblocks zu verkaufen, welche die hohen Preise ohne weiteres bezahlten und sich dafür bei ihren Gegenlieferungen schadlos hielten.
Diese ganze Entwicklung führte dazu, dass Ägypten auch seine Bezüge in zunehmendem Masse auf den Ostblock verlagerte. Importe von Produktionsgütern aus westlichen Ländern werden fast nur noch auf Grund entsprechender
Staatskredite zugelassen, während für Konsumgüter scharfe Einfuhrbeschränkungen, wenn nicht sogar Importsperren verfügt werden.
Die Schweiz mit ihrer ohnehin begrenzten Aufnahmekapazität für ägyptische Baumwolle wurde durch diese Massnahmen besonders hart getroffen.
Während der Gesamtwert unserer Einfuhren aus Ägypten 1954 noch 61 Mio.
Franken (wovon 58 Mio. Franken Baumwolle) betrug, belief er sich 1958 nur noch auf 25,7 Mio. Franken, wobei die Baumwollbezüge sogar auf 16,7 Mio.
Franken zurückgingen. Im gleichen Zeitraum fielen die schweizerischen Exporte von 78 Mio. Franken im Jahr 1954 und 116 Mio. Franken im Jahr 1955 bis auf
59 Mio. Franken für das Jahr 1958. Besonders ausgeprägt war dieser Rückgang bei den Maschinen (Durchschnitt 1954/56: 35 Mio. Franken; 1957/58: 14 Mio.
Franken). Ein spezielles Problem bilden in dieser Hinsicht die Textilmaschinen.
Ägypten ist entschlossen, seine Textilindustrie auszubauen und die erforderlichen Maschinen zu möglichst günstigen Zahlungsbedingungen zu beschaffen.
Dafür stehen ihm die Kredite der Bundesrepublik Deutschland sowie der Sowjetunion und die Kompensationsmöglichkeiten mit den Oststaaten offen. Die
ägyptischen Importeure stehen daher vor der Wahl, ihre Maschinen in diesen
Gebieten zu kaufen oder überhaupt keine Lizenzen zu erhalten, auch wenn sie durchaus bereit wären, ihre Aufträge in der Schweiz zu vergeben2.
Bei dieser Sachlage gelangten wir im Einvernehmen mit dem Verein Schweizerischer Maschinen-Industrieller zur Überzeugung, dass sich eine besondere
Aktion aufdränge, wenn unser Land nicht Gefahr laufen wollte, auf Jahre hinaus vom ägyptischen Markt verdrängt zu werden. Der ägyptischen Regierung werden daher Vorschläge unterbreitet, die nach längeren Verhandlungen zu folgender Verständigung führten:
In einer Regierungsvereinbarung erklärt sich Ägypten bereit, in den kommenden Monaten für die Einfuhr von schweizerischen Textilmaschinen Lizenzen bis zum Betrage von 25 Mio. Franken zu verabfolgen. Die Bezahlung erfolgt in freien Schweizerfranken, mit Transfergarantie der ägyptischen Regierung.
Die Zahlungsbedingungen lauten: 10% nach Erteilung der Einfuhrlizenz, 10% gegen Versanddokumente, 80% in 9 gleichen halbjährlichen Raten, beginnend
6 Monate nach Zahlung der zweiten 10%. Die beiden Teilzahlungen von je
10% werden direkt an den Lieferanten geleistet. Die restlichen 80% werden durch die drei schweizerischen Grossbanken finanziert, welche die Lieferanten auszahlen und ihrerseits den ägyptischen Abnehmern den erforderlichen Kredit auf viereinhalb Jahre gewähren. Als Sicherheiten dienen ihnen einerseits die
Exportrisikogarantie des Bundes und anderseits eine Vereinbarung mit der
ägyptischen Nationalbank, welche die von den Abnehmern zu eröffnenden
Akkreditive bestätigt und damit die Haftung übernimmt. Die Zinsen von 5% gehen zu Lasten der ägyptischen Importeure. Da sich die ganze Transaktion unter dem demnächst in Kraft tretenden neuen Bundesgesetz über die Exportrisikogarantie3 abwickeln wird, kann auf Grund der erwähnten Bestätigung der
Akkreditive seitens der ägyptischen Zentralbank auch das private Schuldnerrisiko durch die Garantie gedeckt werden. Die Gewährung des Kredites von
20 Mio. Franken (80% von 25 Mio. Franken) fällt unter die Bestimmungen von
Art. 8 des Bankengesetzes. Mit Rücksicht auf das schweizerische Interesse an der Durchführung dieser Vereinbarungen wäre dem Gesuch, das die Bankengruppe wie üblich über die Schweizerische Nationalbank an die zuständigen
Departemente richten wird, zuzustimmen.
Dank der Zusammenarbeit zwischen Industrie, Banken und Bund ist es gelungen, einem bedeutenden Zweig der schweizerischen Wirtschaft einen wichtigen Markt offen zu halten. Darüber hinaus geht aber die Vereinbarung auch durchaus in der Richtung der schweizerischen Bestrebungen einer Hilfe an die in Entwicklung begriffenen Länder. Es zeigt sich hier einmal mehr, dass unser Land auf diesem Wege einen wertvollen Beitrag leisten kann, ohne direkte Staatskredite einsetzen zu müssen.
Auf Grund der vorstehenden Ausführungen beantragen wir Ihnen, von diesem Bericht in zustimmendem Sinne Kenntnis zu nehmen4.
- 1
- Antrag: E 1001(-)1000/6/660.↩
- 2
- Zur Frage der Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Schweiz und Ägypten vgl. den sehr detaillierten Bericht, Die gegenwärtige Wirtschaftspolitik Ägyptens – ihr Einfluss auf den Handelsverkehr mit der Schweiz, von P. Nussbaumer, von Mitte Mai 1960, E 2001(E)1972/33/ C189 (dodis.ch/15559), sowie das BR-Prot. Nr. 1844 vom 28. Oktober 1960, E 1004.1(-)1000/9/642 (dodis.ch/15558).↩
- 3
- Vgl. das Bundesgesetz über die Exportrisikogarantie vom 26. September 1958, BBl, 1958, Bd. II, S. 799–803.↩
Tags
Egypt (General) Textile industry Mechanical and electrical engineering industries Suez Crisis (1956)