dodis.ch/15402 Interne Notiz des Generalsekretärs des Politischen Departements, R.
Kohli1 Besuch des deutschen Botschafters
Ich empfange Herrn Dr. Mohr auf seinen Wunsch hin. Er hat um eine dringende Audienz nachgesucht.
1. Vertretung der deutschen Interessen in Kuba?
Herr Botschafter Mohr ist von seiner Regierung beauftragt worden, beim
Politischen Departement anzufragen, ob die schweizerische Regierung bereit wäre, die Wahrung der deutschen Interessen in Kuba zu übernehmen für den
Fall, dass Bonn die diplomatischen Beziehungen mit Havanna unterbrechen sollte. Anscheinend rechne man in Bonn damit, dass die Regierung Castro die
DDR demnächst anerkenne. Für den Fall des Eintritts dieses Ereignisses sei er mit der obigen Anfrage beauftragt worden.
Ich erwidere, dass ich Herrn Bundespräsident Petitpierre sofort informieren werde. Derzeit seien unsere Beziehungen zu Kuba durchaus normal. Das könnte sich aber ändern, wenn gewisse schweizerische Interessen in Kuba erheblich tangiert werden sollten. Irgendwelche Anzeichen hiefür lägen aber nicht vor.
Herr Botschafter Mohr ersucht noch besonders um eine möglichst baldige, vielleicht sogar provisorische Antwort2.
Es ist mir kein Fall bekannt, wo die Schweiz die Wahrung fremder Interessen abgelehnt hatte. Willkommen kann uns ein deutscher Auftrag kaum sein. Kuba wird wohl viel heftiger auf den Abbruch der Beziehungen durch Bonn reagieren, als dies für Jugoslawien der Fall war. Deutschland und Jugoslawien haben bekanntlich ihre Konsulate weiterhin aufrechterhalten; mit der Wahrung der diplomatischen Interessen hat Deutschland Frankreich betraut. Es erscheint nicht völlig ausgeschlossen, dass die Stellung der schweizerischen Interessen in
Kuba, die ganz bedeutend sind, durch die Übernahme der Interessenvertretung für Deutschland tangiert wird.
– Kopie an Herrn Dr. Probst zur Vorbereitung einer telegraphischen Anfrage an Herrn Botschafter Bossi über seine Stellungnahme und über den ungefähren Umfang der Interessen in Kuba (Personaldotierungen).
2. Verlegung des Sitzes der UNO
Herr Dr. Mohr erkundigt sich, welches die Haltung der Schweiz wäre, wenn sich die Frage der Verlegung des Sitzes nach Genf stellen sollte, womit auf
Grund der politischen Entwicklungen in der Generalversammlung der UNO zu rechnen sei.
Ich antworte ausweichend: Bis jetzt habe sich für die Schweiz diese Frage praktisch gar nicht gestellt.
– Kopie an Herrn Minister de Rham.
3. EFTA-Konferenz3
Herr Dr. Mohr möchte erfahren, was ich ihm hierüber sagen könne.
Da ich heute eben erst von meiner Reise zurückgekehrt bin und an der
Konferenz nicht teilnehmen konnte, bin ich im Moment nicht in der Lage, ihm irgendwelche Auskünfte zu erteilen.