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Die Schweiz und die NNSC. Diplomatische Dokumente der Schweiz zur Geschichte der Neutral Nations Supervisory Commission in Korea 1951–1995, Bd. 21, Dok. 60
volume linkBern 2023
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| Archiv | Schweizerisches Bundesarchiv, Bern | |
| Signatur | CH-BAR#E2010A#1996/397#2764* | |
| Dossiertitel | Schweizerische Delegation in der Neutralen Kommission für die Ueberwachung des Waffenstillstandes in Korea: Allgemeines (1985–1987) | |
| Aktenzeichen Archiv | B.73.0.1 • Zusatzkomponente: Corée |
dodis.ch/65548Der schweizerische Botschafter in Seoul, Erismann, an den Direktor der Politischen Direktion des EDA, Staatssekretär Brunner1
[Optimale Gestaltung des Einsatzes der NNSC-Delegation]
Für die mir in Ihrem Telex Nr. 23 vom 20. Februar 19872 zugegangenen Bemerkungen betreffend schwedische Verhaltensweisen danke ich Ihnen bestens. Sie bestärken mich in meinem Gefühl, dass auch hier in Panmunjom das schwedische Gebaren zu wünschen übrig lässt. Es mag hier allerdings auch noch mit dem militärischen Wesen des schwedischen Generalmajors Frick zusammenhängen, der allerdings – gemäss Aussagen des hiesigen schwedischen Botschafters3 – vom MAE in Stockholm sehr geschätzt wird.
Dass wir Schweizer uns auf dem richtigen Weg befinden, beweisen die positiven Äusserungen, die mir direkt von südkoreanischer und amerikanischer und indirekt selbst von chinesischer, nordkoreanischer und polnischer Seite zugekommen sind.
In diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen auch mitteilen, in welch’ positiver Weise der Einsatz von Generalmajor P. Jordan von amerikanischer und südkoreanischer Seite gewürdigt wird. Anlässlich von Gesprächen mit Commander in Chief UNC General William J. Livsey, mit Admiral William T. Pendley, Senior Member UNCMAC, Botschafter James R. Lilley und mit verschiedenen hohen Beamten im Aussenministerium wurde mir mehrere Male das lobenswerte Wirken von Generalmajor Jordan in Panmunjom erwähnt. Ich selbst habe ihn während meiner ersten Wochen hier in Korea ebenfalls als angenehmen, intelligenten und fähigen Mann kennen und schätzen gelernt.
Seine Aufgabe ist bestimmt nicht immer einfach, gilt es doch oft, zwischen sehr verschiedenen Standpunkten einen Konsens herauszuarbeiten. Gedacht sei aber auch an das Leben in Panmunjom, das infolge der Abgeschiedenheit seiner Lage und wegen nicht leicht auszufüllender Musse- und Freizeit allgemein und auch in familiärer Hinsicht nicht immer sehr leicht sein muss.
Ein Delegationsleiter sollte also intelligent, diplomatisch gewandt und erfahren sein; er kann jedoch sein Wissen und Geschick nur beschränkt einsetzen. Aus diesem Zwiespalt heraus und durch das Streben nach einer gewissen Selbstrechtfertigung und -bestätigung kann wahrscheinlich der Fall eintreten, dass ein Mann – wie z. B. GM Frick – versucht ist, etwas zu aktiv zu werden und dann als Schaumschläger zu erscheinen.
Es dürfte deshalb nicht einfach sein, den richtigen Mann als Delegationsleiter zu finden. Gerade im jetzigen Zeitpunkt erscheint es mir aber besonders wichtig, eine fähige Persönlichkeit als Delegationsleiter in Panmunjom zu haben. Zur Zeit sind wir in der glücklichen Lage, dort über GM P. Jordan verfügen zu können. Nachdem er aber noch dieses Jahr versetzt werden dürfte, erscheint es mir als wichtig, sich jetzt für einen geeigneten Nachfolger umzusehen, der neben den fachlichen Qualitäten auch über die notwendige charakterliche Ausgeglichenheit verfügen müsste, die zur erfolgreichen Besetzung dieses besonderen Postens erforderlich ist. Zudem wäre es wünschbar, wenn der neue Mann mindestens zwei bis drei Jahre bleiben könnte. Es scheint, dass eine derart gewährleistete Kontinuität auch von sämtlichen beteiligten Parteien sehr geschätzt würde.4
In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass ich die Behausung unseres Delegationsleiters in Seoul als nicht mehr zu verantworten betrachte. Es ist ein kleines alphüttenartiges Haus, das im langen und kalten Winter stets durch eine unwahrscheinlich laute Zentralheizung mit Lärm durchflutet wird. Für Einladungen, die über einen kleinen und intimen Freundeskreis hinausgehen, ist die Unterkunft nicht brauchbar. Sollte ein Nachfolger von GM Jordan gar eine Familie mit Kindern mitbringen, wäre das Haus als total ungeeignet anzusehen. Ich vertrete die Ansicht, dass wir zwar als Teil unserer Aussenpolitik unsere guten Dienste anbieten und ausüben sollen, denjenigen Mitarbeitern, die dann mit der Ausübung dieser Funktionen betraut sind, aber auch die notwendige Infrastruktur zur Verfügung stellen sollten.
Schliesslich wäre auch darauf zu achten, dass bei der Auswahl des Stellvertreters ebenfalls sorgfältig vorgegangen würde. Auch wäre es nur von Vorteil, wenn in administrativer Hinsicht mindestens ein Mitglied der Delegation in der Lage wäre, für eine geordnete Administration zu sorgen; in dieser Hinsicht soll es in Panmunjom nicht zum besten bestellt sein.
Meiner Ansicht nach wäre es auch von Nutzen, wenn Panmunjom einen direkten Telexanschluss inklusive Chiffriereinheit erhalten würde. Die heutige Nachrichtenübermittlung via Botschaft, die für vertrauliche Mitteilungen via Boten erfolgt, mutet vorsintflutlich an. Einen entsprechenden Antrag werde ich demnächst unterbreiten.5
Ich habe diese Zeilen im Bestreben an Sie gerichtet, beitragen zu können, den Einsatz unserer NNSC-Delegation in Panmunjom für diese selbst und auch für die Schweiz als Entsendeland so optimal wie möglich gestalten zu können.
P. S. Die ersten Wochen in Korea sind sehr positiv verlaufen. Ich bin überzeugt, dass es mir hier gut gefallen wird und für die Schweiz auf verschiedensten Gebieten noch grosse Möglichkeiten genutzt werden können.
- 1
- CH-BAR#E2010A#1996/397#2764* (B.73.0.1). Dieses an den Direktor der Politischen Direktion des EDA, Staatssekretär Edouard Brunner, gerichtete Schreiben wurde vom schweizerischen Botschafter in Seoul, Hans-Peter Erismann, verfasst und unterzeichnet. Eine Kopie des Schreibens ging an das Generalsekretariat des EDA.↩
- 2
- Vgl. das Fernschreiben Nr. 23 von Staatssekretär Brunner an Botschafter Erismann vom 20. Februar 1987, dodis.ch/66641.↩
- 3
- John Wingstrand.↩
- 4
- Am 9. Juni 1987 ernannte der Bundesrat Botschaftsrat Pierre Monod zum neuen Chef der schweizerischen NNSC-Delegation, vgl. das BR-Prot. Nr. 1010, CH-BAR#E1004.1#1000/9#964* (4.10prov.). Er blieb bis am 13. September 1990 im Amt.↩
- 5
- Vgl. das Schreiben von Botschafter Erismann an das Generalsekretariat des EDA vom 30. März 1987, dodis.ch/66642, sowie die Antwort des EDA vom 22. April 1987, QdD 21, Dok. 61, dodis.ch/65653.↩
Tags
Neutrale Überwachungskommission des Waffenstillstands in Korea (NNSC)


