Également: Les demandes d’asile en Suisse par des combattants du maquis posent des problèmes délicats qui n’ont pas été réglés par la jurisprudence. Il est important d’être bien informés sur les mouvements de résistance armée dans les pays voisins. Annexe de 13.7.1944 (CH-BAR#E4800.1#1967/111##282*).
Abgedruckt in
Diplomatische Dokumente der Schweiz, Bd. 15, Dok. 172
volume linkBern 1992
Mehr… |▼▶Aufbewahrungsort
Archiv | Schweizerisches Bundesarchiv, Bern | |
▼ ▶ Signatur | CH-BAR#E2001E#1970/217#4420* | |
Alte Signatur | CH-BAR E 2001(E)1970/217 207 | |
Dossiertitel | Holländische politische Flüchtlinge in der Schweiz (1941–1955) | |
Aktenzeichen Archiv | B.41.21.0 • Zusatzkomponente: Niederlande |
dodis.ch/47776
Le Chef de la Division de Police du Département de Justice et Police, H. Rothmund, au Chef de la Division des Affaires étrangères du Département politique, P. Bonna1
Die Holländische Gesandtschaft hat am 3. Juli 19442 eine Note an Sie gerichtet, mit welcher sie gegen die Rückweisung der vier Holländer
Peter J. Wiersma, geb. 9. August 1915,
Lammert Boekhoudt, geb. 3. Juni 1917,
Francis Henri Kousbroek, geb. 9. März 1918,
Adrien Bransen, geb. 22. Juli 1917, protestiert. Herr Minister Bosch van Rosenthal hat dem Unterzeichneten bei Anlass einer Besprechung von dieser Note Kenntnis gegeben. Er ist von uns mündlich kurz orientiert worden; wir haben ihm jedoch in Aussicht gestellt, dass er durch Ihre Abteilung eine Antwort erhalten werde.
Um Sie in die Lage zu versetzen, rasch antworten zu können, erlauben wir uns, zur holländischen Note hiermit Stellung zu nehmen:
Nach unserer Flüchtlingskartothek sind die vier in der Note erwähnten Holländer am 16. März 1943 bei La Cure an der Schweizergrenze erschienen und am selben Tag zurückgewiesen worden. Nach den Angaben in unserer Kartothek haben sich alle vier als Büroangestellte ausgegeben und als Grund für die Flucht genannt: «Wollten nicht in den deutschen Arbeitsdienst. Zwangsrekrutierung.» Aus den uns bisher vorliegenden Angaben geht somit nicht hervor, dass die vier Flüchtlinge den schweizerischen Grenzorganen gegenüber erklärt hätten, sie seien holländische Unteroffiziere, 1940 in deutsche Kriegsgefangenschaft geraten, dann nach Hause entlassen und im März 1943 wiederum in die Kriegsgefangenschaft zurückgerufen worden. Es geht ferner daraus nicht hervor, dass die vier Flüchtlinge von den schweizerischen Grenzorganen den deutschen Grenzorganen übergeben worden wären, wie in der Note dargelegt wird; wir betrachten es nicht als ausgeschlossen, dass die vier Flüchtlinge schweizerischerseits zwischen zwei Grenzposten über die Grenze zurückgestellt, dann aber einer deutschen Patrouille begegnet und von dieser angehalten worden sind. Wir haben immerhin die Eidg. Oberzolldirektion gebeten, den Tatbestand, soweit das heute noch möglich ist, abzuklären und uns darüber zu berichten. Wir behalten uns vor, später auf die Sache zurückzukommen.
Heute schon muss u.E. in aller Form festgehalten werden, dass die Schweiz nach Art. 13 des Haager Abkommens über die Rechte und Pflichten der neutralen Mächte und Personen im Falle eines Landkrieges, vom 18. Oktober 1907, nicht verpflichtet ist, entwichene Kriegsgefangene bei sich aufzunehmen. Der Wortlaut des Artikels lässt hierüber keine Zweifel offen; überdies bestätigt die Anmerkung 1 der schweizerischen amtlichen Ausgabe (1939) des Haager Abkommens in der Sammlung «Staatsverträge über Landkrieg und Neutralität» ausdrücklich, dass der neutrale Staat völlig frei sei in der Aufnahme oder Rückweisung entwichener Kriegsgefangener.
Man könnte sich fragen, ob Flüchtlinge von der Art der hier in Frage stehenden vier Holländer rechtlich als entwichene Kriegsgefangene zu behandeln seien. Es ist jedoch nicht notwendig, dies zu entscheiden; denn wenn schon die Schweiz nicht verpflichtet ist, entwichene Kriegsgefangene aufzunehmen, ist sie auf jeden Fall auch nicht verpflichtet, Flüchtlinge der in Frage stehenden Art aufzunehmen.
Die Holländische Gesandtschaft beruft sich auf die Note, die Ihr Departement am 6. Juli 19433 an die Gesandtschaft gerichtet hat. In dieser Note haben Sie, gestützt auf unser Schreiben vom 29. Juni 19434, der Gesandtschaft die Zusicherung abgegeben, dass holländische Wehrmänner, die von den deutschen Behörden wiederum in Kriegsgefangenschaft zurückgerufen worden sind, von der Schweiz gleich entwichenen Kriegsgefangenen behandelt und aufgenommen würden. Ihre Note war die Antwort auf eine entsprechende Anfrage der Holländischen Gesandtschaft mit Note vom 1. Juni 1943. Die Holländische Gesandtschaft kann sich für die vier erwähnten Holländer aber nicht auf die ihr am 6. Juli 1943 gegebenen Zusicherung berufen, weil die Rückweisung längere Zeit vorher, nämlich am 16. März 1943, erfolgt ist.
Unseres Wissens ist der Holländischen Gesandtschaft, ausser mit der erwähnten Note vom 6. Juli 1943, nie in verbindlicher Weise zugesichert worden, dass holländische entwichene Kriegsgefangene in der Schweiz unter allen Umständen aufgenommen würden. Allerdings sind entwichene Kriegsgefangene seit längerer Zeit von den schweizerischen Behörden als Flüchtlinge aufgenommen worden; dies geschah aber freiwillig, ohne Verpflichtung. Es ist ferner unberechtigt, wenn sich die Holländische Gesandtschaft auf das Asylrecht beruft; denn weder der Ausländer noch sein Heimatstaat kann der Schweiz gegenüber einen Anspruch auf Asylgewährung geltend machen.
Die Holländische Gesandtschaft protestiert ferner dagegen, dass die vier Flüchtlinge den deutschen Behörden übergeben worden seien; sie betrachtet dies als eine Unterstützung der einen der kriegführenden Parteien und damit als neutralitätswidrige Handlung. Wir lassen vorerst die Frage offen, ob die vier Holländer tatsächlich den deutschen Behörden übergeben worden sind. Auch wenn dies der Fall gewesen wäre, ist der holländische Protest unberechtigt. Die Schweiz ist völlig frei, Ausländer, die illegal über die Schweizergrenze zu kommen versuchen, so wieder über die Grenze zurückzuschaffen, wie sie es den Umständen nach für richtig betrachtet. Es wäre unrichtig, die Ausschaffung als Unterstützung der einen Kriegspartei und damit neutralitätswidrige Handlung zu bezeichnen. Weder die Unterstützung einer fremden Macht noch Neutralität stehen in Frage, vielmehr einzig und allein eine polizeiliche Selbstschutzmassnahme der Schweiz, nämlich die Abwehr unerwünschter und illegal eingereister Ausländer. Die Übergabe eines unerwünschten Flüchtlings an die Grenzorgane des Nachbarstaates ist allerdings auch uns unsympathisch; wir wenden sie in der Regel nur dann an, wenn keine andere Möglichkeit, den Ausländer definitiv über die Landesgrenze zurückzubringen, besteht. Dabei ist aber nicht zu übersehen, dass jeder Grenzübertritt zwischen zwei Grenzposten nicht bloss nach dem Recht unserer Nachbarstaaten unerlaubt ist, sondern auch gegen die schweizerischen Vorschriften verstösst. Die Schweiz kann sich nie verpflichten oder verpflichten lassen, Ausländer in Widerspruch zu schweizerischen Vorschriften über die Grenze zu stellen. An dieser rechtlichen Lage ändert nichts, dass in der Praxis meist so vorgegangen wird.
Wir gestatten uns, Ihnen aus diesen Gründen zu beantragen, Sie möchten die Holländische Protestnote schon jetzt als in vollem Umfange unbegründet energisch zurückweisen. Herr Minister Bosch van Rosenthal hat uns mündlich dargelegt, dass er die Note im ausdrücklichen Auftrag der holländischen Regierung in London so abgefasst habe. Es ist deshalb umso nötiger, die Sache von Anfang an deutlich klarzustellen. Wir möchten beifügen, dass uns die Protestnote aber auch deshalb peinlich berührt, weil wir doch schon seit langer Zeit recht viele holländische Flüchtlinge in der Schweiz aufgenommen und Beträchtliches für sie getan haben. Man sollte erwarten können, dass die holländische Regierung die nötige Anerkennung hierfür aufbringt und nicht wegen eines verhältnismässig harmlosen Vorfalles sofort in der vorliegenden, ziemlich scharfen Form protestiert. Wir behalten uns vor, Ihnen in einem spätem Schreiben auch noch nähere Angaben über die Zahl, Zusammensetzung und Unterbringung der holländischen Flüchtlinge in der Schweiz zu machen.
- 1
- Lettre: E 2001 (E) 1970/217/207.↩
- 2
- Non reproduite. Cf. la notice (non reproduite) du 11 juillet 1944 de H. Rothmund sur son entretien avec le Ministre van Rosenthal (E 4260 (C) 1974/34/109).↩
- 3
- Non reproduite.↩
- 4
- E 4260 (C) 1974/34/109.↩
Tags
Internierte und Kriegsgefangene (1939–1946)