Lingua: tedesco
2.12.1940 (lunedì)
CONSEIL FÉDÉRAL Procès-verbal de la séance du 2.12.1940
Verbale del Consiglio federale (PVCF)
Décision d’engager des négociations commerciales directes avec l’URSS, mais sans renouer les relations diplomatiques. Réserves du DPF (Pilet-Golaz).

Classement thématique série 1848–1945:
II. RELATIONS BILATÉRALES
B. AVEC LES ÉTATS EUROPÉENS NON LIMITROPHES
17. Union soviétique
17.1. Relations commerciales
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Pubblicato in

Jean-François Bergier et al. (ed.)

Documenti Diplomatici Svizzeri, vol. 13, doc. 420

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Bern 1991

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Collocazione

dodis.ch/47177
CONSEIL FÉDÉRAL
Procès-verbal de la séance du 2 décembre 19401

1947. Wirtschaftsverhandlungen mit der U.d.S.S.R.

Das Volkswirtschaftsdepartement berichtet folgendes:

«Der Rapport über die Beziehungen zwischen der Schweiz und der U.d.S.S.R., den das Politische Departement zusammen mit Herrn Dr. Ebrard, Delegierter für Handelsverträge, am 10. August vergangenen Jahres3 der Kommission für Auswärtige Angelegenheiten erstattet hat, ist im Sektor der wirtschaftlichen Betrachtungen zum Ergebnis gelangt, dass in dem an sich bescheidenen Rahmen des russischen Gesamtexportes die Schweiz wohl die Möglichkeit besitzt, ihren Warenverkehr mit der U.d.S.S.R. in fühlbarer Weise zu entwickeln, dass jedoch eine wesentliche Verbesserung des gegenseitigen Warenaustausches nur dann erwartet werden könne, wenn das ausgefahrene und untauglich befundene Geleise des seit 1933 bestehenden Kompensationsverkehrs (im besonderen russischen Sinne verstanden) endgültig verlassen werde.

[...]4

[...]5

[...]6

Damit sind die statistischen Angaben über Produktions- und Exportkapazität Sowjetrusslands, soweit sie hier greifbar sind, erschöpft.

Was sich aus diesem Material entnehmen lässt, ist das Bestehen der objektiven Möglichkeit, in der gegenwärtigen Periode dringlichen Importbedarfs für eine Reihe von Rohstoffen und rohstoffnahen Produkten auf den sowjetrussischen Markt greifen zu können, der zweifellos, gemessen am in Betracht fallenden schweizerischen Importvolumen, als leistungsfähig anzusprechen ist.

Ob und in welchem Ausmass Sowjetrussland in Anbetracht einmal seiner Lage und der gegenwärtigen internationalen Konstellation, ferner seines Expansionsdranges und damit verbunden seines militärischen Bedarfes, zum ändern im Hinblick auf das Fehlen offizieller Beziehungen zur Schweiz in der Lage und bereit ist, in vermehrtem Masse seine Waren auch der Schweiz zur Verfügung zu stellen, dies wird sich nur auf empirischem Wege, eben durch Verhandlungen mit den zuständigen Stellen in Moskau selbst, einwandfrei feststellen lassen.

Hinzu kommt, dass den Fragen des Transits für sowjetrussische Ware derzeit besondere Bedeutung zukommt. Gelingt es, taugliche Transitwege zu eröffnen, so wird die Schweiz dadurch in zusätzlicher Weise unabhängig von den Einwirkungen der Blockademassnahmen der Westmächte sowohl wie auch derjenigen Deutschlands.

Unsere Gesandtschaften in Rumänien und Jugoslawien sind beauftragt worden, die erforderlichen Erhebungen über die Benützbarkeit des ebenfalls in Frage kommenden Donauweges sofort anzustellen. Die beiden Gesandtschaften sind dabei zu durchaus positiven Ergebnissen gelangt.

Zunächst, d.h. solange nicht zwischen Italien und der U.d.S.S.R. Schwierigkeiten entstehen, liegt der Transit durch Dardanellen und Adria durchaus im Bereich normaler Annahmen. Der Transit über die Nordhäfen Stettin und Danzig wird der Schweiz offen stehen, solange sie selbst geregelte Handelsbeziehungen zu Deutschland unterhalten kann und sich im Verhältnis zwischen Deutschland und der U.d.S.S.R. nichts ändert.

Nicht zu übersehen ist schliesslich, dass auch der Transit durch Russland nach dem Fernen Osten für die Schweiz von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist. So hat sich der Export deutscher Waren nach China dank der Transitmöglichkeit durch die U.d.S.S.R. im ersten Quartal 1940 gegenüber der gleichen Zeit des Vorjahres um ca. 55970 vermehrt.

Selbstverständlich ist im voraus kein Urteil darüber möglich, ob die U.d.S.S.R. bei Aufnahme direkter Verhandlungen in Moskau grössere Anstrengungen zu machen bereit ist als bisher, den Handelsverkehr mit der Schweiz, sowohl nach der Export- wie nach der Importseite, wirklich zu entwickeln. Es ist jedoch nicht zu übersehen, dass in der jüngsten Vergangenheit solche Versuche nicht ohne Erfolg von verschiedenen anderen Staaten unternommen worden sind, wenn immerhin klar erkennbar ist, dass die Aufnahme von Wirtschaftsverhandlungen in Moskau selbst nicht immer rein wirtschaftlichen Belangen dienen sollte als vielmehr der Wiederherstellung geordneter zwischenstaatlicher Beziehungen.

Ob angesichts der grundlegenden Änderungen in der gesamten Struktur des europäischen Kontinents nicht auch für die Schweiz sich die Frage stellt, ob nicht eine Überprüfung auch der staatsrechtlichen bezw. völkerrechtlichen Seite des schweizerisch-russischen Problems nunmehr erwogen werden sollte, ist hier nicht zu untersuchen. Zweifellos aber sind Wirtschaftsverhandlungen mit den zuständigen Amtsstellen in Moskau geeignet, eine eventuell nachfolgende Abklärung dieser Fragen zu erleichtern. Es werden sich jedoch anlässlich von in Moskau zu führenden Unterhandlungen Fragen stellen, die an sich nicht ausschliesslich wirtschaftliche Belange betreffen, sondern zum mindesten Grenzgebiete berühren. Hieher gehören alle mit der Aufteilung Polens zusammenhängenden Probleme; ferner diejenigen, die sich aus der Übernahme Bessarabiens und der sogenannten Randstaaten ergeben.

[...]7

Der Vorort des Schweizerischen Handels- und Industrie-Vereins, Zürich, den wir ebenfalls in dieser Angelegenheit begrüsst haben, teilt uns mit, dass er es für ausserordentlich wichtig hält, die in Aussicht genommenen Wirtschaftsverhandlungen mit der russischen Regierung sobald als möglich zu beginnen; er ist jedoch mit dem Politischen Departement der Ansicht, dass es sich dabei ausschliesslich um die Regelung wirtschaftlicher Fragen handeln soll.

Wir schliessen uns den vorstehenden Ausführungen des Eidgenössischen Politischen Departementes sowie des Vororts des Schweizerischen Handelsund Industrie-Vereins durchaus an. Die schweizerische Delegation, welche sich zu eventuellen Wirtschaftsverhandlungen nach Moskau begeben würde, hätte selbstverständlich neben den Fragen, welche den Warenverkehr zwischen der Schweiz und der U.d.S.S.R. betreffen, auch die Frage der schweizerischen Finanzforderungen aufzuwerfen, jedoch ohne über die einschlägigen schweizerischen Forderungen eine Zusammenstellung vorzunehmen und ohne dadurch die grundsätzliche Frage der schweizerischen Forderungen gegenüber dem eigentlichen Russland zu präjudizieren.

Gleichwohl wird bei einer ersten Fühlungnahme zwischen beiden Wirtschaftsdelegationen in Moskau die Diskussion unter allen Umständen ausschliesslich und allein auf rein wirtschaftliches Gebiet sich zu beschränken haben, was nicht hindert, allenfalls von der russischen Regierung unterbreitete Anregungen oder Vorschläge, die über diesen abgegrenzten Bezirk hinausreichen sollten, zum Bericht an den Bundesrat und zur Prüfung durch ihn entgegen zu nehmen.

Zu Beginn des Monats Oktober dieses Jahres ist schweizerischerseits abermals der Versuch gemacht worden, auf dem üblichen Wege der Verhandlungen mit der russischen Handelsvertretung in Berlin die der Entwicklung der Handelsbeziehungen zwischen beiden Staaten sich entgegenstellenden Hemmnisse zu beseitigen oder doch zu mindern8. Einmal mehr, und diesmal in besonders eindrücklicher Weise, hat festgestellt werden müssen, dass alle Schweiz. Begehren unerfüllt blieben, ja nicht einmal sachgemäss behandelt werden konnten, da der die Verhandlungen leitende stellvertretende Handelsvertreter nicht in der Lage war, sich zu äussern und jede Frage in Moskau telephonisch unterbreiten musste.

Dabei ist gerade [in der gegenwärtigen internationalen Lage die Schweiz in besonderem Masse auf wichtigste russische Exportgüter weitgehend angewiesen. Wir dürfen sie in diesem Zusammenhang als allgemein bekannt voraussetzen. Hingewiesen sei noch auf die wirtschaftlichen Abmachungen, die Russland in den letzten vergangenen Monaten mit einer Reihe von Staaten getroffen hat, so beispielsweise mit Deutschland am 19. August 1939, mit Iran am 25. März 1940 und mit Schweden am 7. September 1940, sowie mit Jugoslawien im Mai 1940, mit Ungarn am 3. September 1940. Wenn auch die Texte dieser Abkommen bisher nur sehr summarisch durch unsere Auslandvertretungen in Erfahrung haben gebracht werden können, so geht aus dem uns inzwischen zugänglich gemachten Material immerhin soviel hervor, dass im Rahmen von zum Teil beachtlichen Wert- oder Mengengrenzen die russische Ausfuhr nach diesen Ländern für eine Reihe auch für die Schweiz wertvoller Waren vereinbart bezw. geplant worden ist.

Von Delegationsmitgliedern solcher Drittstaaten, wie denjenigen Bulgariens und Ungarns, ist uns mitgeteilt worden, dass Russland im Zuge solcher Wirtschaftsverhandlungen irgendwelche politische Fragen nicht berührt habe. Äusserungen solcher Delegationsmitglieder sind auch in der Presse publiziert worden (vgl. Pester Lloyd vom 15. Sept. 1940) und lassen erkennen, dass auch der reservierte und nüchtern urteilende Beobachter bei aller erforderlichen Kritik gegenüber der russischen Wirtschaftspolitik zu anerkennender Feststellung über die russische Produktionskapazität und damit zu einer positiven Wertung der Voraussetzungen intensiverer Wirtschaftsbeziehungen gelangt.»

Gestützt auf den obzitierten Rapport des Politischen Departementes an die Kommission für Auswärtige Angelegenheiten vom 10. August 1939 und die dort erklärte Bereitschaft, die Wirtschaftsverhandlungen in Moskau durchzuführen, wenn der Weg des sogenannten Kompensationsverkehrs sich als ungangbar erweise, gestützt ferner auf die auseinandergesetzten Erwägungen wird antragsgemäss beschlossen:

1. Es sind im Dezember 1940 oder im Januar 1941 Wirtschaftsverhandlungen mit der U.d.S.S.R. in Moskau aufzunehmen9. Direkten und ungezwungenen Anlass hiezu bietet eine offizielle Einladung des Volkskommissariats für den Aussenhandel («Narkomwneschtrog»), die durch Vermittlung der zuständigen Sektion der Schweiz. Gesandtschaft in Berlin der Schweiz. Delegation mit Schreiben vom 12. Okt. 1940 zugegangen ist und die folgenden Wortlaut hat:

«Hiermit bitten wir Sie, Herrn Dr. Ebrard bekanntzugeben, dass sein Vorschlag über die Lieferung von Getreide und anderer Waren aus der U.d.S.S.R. nach der Schweiz von dem Volkskommissariat für Aussenhandel («Narkomwneschtrog») geprüft wurde. Man ist zur Schlussfolgerung gekommen, dass diese Frage in Berlin bis zu Ende nicht gelöst werden kann.

Das Volkskommissariat für Aussenhandel ist einverstanden, die Frage über die Sowjetlieferungen der Getreide und anderer Waren nach der Schweiz gemeinsam mit den Vertretern der Schweiz. Seite in Moskau zu besprechen. Falls die Schweizerseite sich einverstanden erklärt, diese Frage zu besprechen und darauf eine konkrete Antwort zu bekommen, kann die Schweizerdelegation, zwecks unmittelbaren Verhandlungen mit dem Volkskommissariat für Aussenhandel über diese Fragen, nach der U.d.S.S.R. fahren.

Das Volkskommissariat für Aussenhandel der U.d.S.S.R. ist bereit, Vertreter des Schweiz. Landes zu empfangen und mit ihnen die Frage der Sowjetlieferungen nach der Schweiz zu besprechen.»

2. Die Wirtschaftsdelegation wird aus folgenden Herren bestellt: Dr. Ebrard, Delegierter für Handelsverträge, als Vorsitzender, Dr. P. Aebi, I. Sekretär des Vororts des Schweiz. Handels- und Industrie-Vereins in Zürich, als Delegierter, F. Bauer, Adjunkt der Handelsabteilung. Dr. Zehnder, Legationssekretär, z.Zt. Ankara.

3. Die Delegation wird angewiesen sich ausschliesslich auf die wirtschaftlichen Fragen zu beschränken und allfällige Anregungen politischer Natur nur zur Übermittlung an den Bundesrat entgegen zu nehmen.

4. Das Volkswirtschaftsdepartement wird ermächtigt, der Delegation die zur Durchführung ihrer Aufgabe erforderlichen Experten beizugeben.

1
E 1004.1 1/404.
2
;Une esquisse de cette proposition, préparée par la Division du Commerce, avait été mise en circulation le 23 octobre déjà. Cf. la réaction de Pilet-Golaz, du 12 novembre, reproduite ci-dessous en annexe.
3
Extraits reproduits au No 126.
4
Suivent quelques alinéas du rapport du 10 août 1939 (No 126) suggérant que la reprise des relations diplomatiques, peut-être d’une façon sensible, n’est pas la seule chance de développer avec l’U.R.S.S. le trafic commercial russo-suisse.
5
Für die Tabelle vgl. dodis.ch/47177. Pour le tableau, cf. dodis.ch/47177. For the table, cf. dodis.ch/47177. Per la tabella, cf. dodis.ch/47177.
6
Für die Tabelle vgl. dodis.ch/47177. Pour le tableau, cf. dodis.ch/47177. For the table, cf. dodis.ch/47177. Per la tabella, cf. dodis.ch/47177.
7
Suivent les conclusions du Département politique sur une éventuelle reprise des relations diplomatiques; cf. annexe ci-dessous
8
Cf. E 7110 1976/16/53.
9
Ces négociations auront lieu à partir de la mi-janvier 1941.