Sprache: Deutsch
19.7.1940 (Freitag)
CONSEIL FÉDÉRAL Procès-verbal de la séance du 19.7.1940
Bundesratsprotokoll (PVCF)
A Berlin, quelques questions ont été réglées: assurances; trafic frontalier; hypothèques sur l’or; transferts financiers. Restent les questions du trafic des marchandises (charbon) et du crédit à l’Allemagne. Opposition allemande à l’accord anglo-suisse sur le blocus. Rapport parallèle de Berlin (Kohli) non daté destiné à Pilet-Golaz (qui le lit le 18.7.1940).

Classement thématique série 1848–1945:
II. RELATIONS BILATÉRALES
A. AVEC LES ÉTATS LIMITROPHES
1. Allemagne
1.2. Affaires économiques.
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Abgedruckt in

Jean-François Bergier et al. (Hg.)

Diplomatische Dokumente der Schweiz, Bd. 13, Dok. 346

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Bern 1991

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Aufbewahrungsort

dodis.ch/47103
CONSEIL FÉDÉRAL
Procès-verbal de la séance du 19 juillet 19401

1226. Wirtschaftsverhandlungen mit Deutschland. 3. Zwischenbericht

«1. Seit unserem letzten Bericht vom 8. crt.2 sind die Wirtschaftsverhandlungen mit Deutschland intensiv weitergeführt worden, mit dem Resultat, dass die Versicherungs- und Grenzverkehrsfragen und die Goldhypotheken als erledigt betrachtet werden können, ebenso die Transferprobleme. Dagegen ist im Sektor Reise-Verkehr noch keine Einigung möglich geworden. Die Deutschen wollen von 2,8 Millionen Fr., die ursprünglich für Reisezwecke reserviert wurden, 1,2 Millionen Fr. auf das Waren-Konto übertragen, und nur 0,1 Million Fr. der Tilgung des Reiseverkehrs-Kontos I zuführen. Wir beantragten Übertrag von 1 Million Fr. auf das Waren-Konto und 0,3 Million Fr. für die erwähnte Tilgungsaktion. Von den noch verbleibenden 1,5 Millionen Fr. werden, 1,1 Millionen Fr. für den genehmigungspflichtigen Verkehr und 0,4 Million Fr. für den genehmigungsfreien Verkehr reserviert. Auch hier gehen die Meinungen noch auseinander über die Art und Weise des Übertrags der nicht verbrauchten Summen auf das Waren-Konto. Schliesslich haben die Deutschen auch die vom Fremdenverkehrs-Verband beantragte Wiederherstellung der ursprünglichen Kopfquote von 400 RM - gegenüber gegenwärtig nur noch 300 RM - abgelehnt. Immerhin sind die Differenzen hier nicht derart, dass eine erträgliche Lösung nicht möglich werden sollte.

2. Dagegen bestehen noch sehr wesentliche Differenzen im Waren-Verkehr. Die Deutschen haben sich nunmehr bereit erklärt, der Schweiz wiederum Kohlen zu liefern, aber leider nur in ungenügender Weise. Wir verlangten bis Ende des Jahres eine Menge von 1,138 Millionen Tonnen, entsprechend einem Kaufpreis von ca. 100 Millionen Fr. Die deutsche Offerte lautet auf 730000 Tonnen, die wir als absolut ungenügend bezeichnet haben. Wenn wir bedenken, dass die Schweiz in den letzten Jahren etwa 50% ihrer Kohlenbezüge aus den übrigen europäischen Staaten - ausgenommen Deutschland und Polen - bezogen hat und nunmehr auf diese Lieferungen einstweilen verzichten muss, so ergibt sich die dringende Notwendigkeit, doch wenigstens noch die bisherigen deutschen Kohlenzufuhren zu retten. Wir hoffen denn auch, dieses Ziel zu erreichen, indem eben Deutschland seine letzte Offerte von 730000 Tonnen auf rund 900000 Tonnen erhöht. Dieses Entgegenkommen darf erwartet werden, macht doch die Differenz nicht einmal l%o der jährlichen deutschen Kohlenproduktion aus. Wir haben auch nicht ermangelt, auf die Bedeutung der deutschen Kohlenlieferungen für die schweizerische Lieferfähigkeit im Export nach Deutschland hinzuweisen, sowie die Zusammenhänge mit der Ausfuhr elektrischer Energie nach Deutschland nachdrücklich zu betonen. Nach Angaben des Amtes für Elektrizitätswirtschaft entspricht die halbjährliche Ausfuhr elektrischer Energie aus der Schweiz nach Deutschland einer deutschen Kohlenersparnis von rund 200000 Tonnen ausgerechnet die uns noch fehlende Kohlenmenge. Schliesslich sind die Deutschen auch nicht in der Lage, sich in Verhandlungen bezüglich der Kohlenpreise zu binden; immerhin besteht die Aussicht, dass die von uns genannten Preise als Richtpreise in Betracht gezogen werden. Dagegen sind die Deutschen ausdrücklich bereit, bei einer Verhandlungs-Einigung eine feste Verflichtung für Kohlenlieferungen zu übernehmen.

3. Was die Kreditfrage anbelangt, so verlangten die Deutschen die Möglichkeit, bis auf 150 Millionen Fr. gehen zu können, lehnten es aber strikte ab, für diese Art Clearing-Bevorschussung eine Verzinsung zu übernehmen. Es wird nichts anderes übrig bleiben, als dass die Schweiz selber dafür aufkommt. Wir stellen uns das so vor, dass die Verrechnungsstelle ihre bisherige Auszahlungskommission von 1U°/o auf1/2% erhöht. Dadurch wird sie in die Lage versetzt, ihr letztes Defizit abzutragen und noch eine ansehnliche Summe dem Finanzdepartement zuhanden der Nationalbank für ihre Bevorschussungsaktion zur Verfügung stellen zu können.

Wir halten diese zwei Fragen für derart wichtig, dass es sehr wünschenswert wäre, wenn auch noch der Chef des Politischen Departements die dringende Notwendigkeit der Kohlenlieferung Deutschlands an die Schweiz min. im Umfang des 2. Semesters 1939 auch für das laufende Halbjahr gegenüber dem deutschen Gesandten unterstreichen könnte3.

4. Recht schwierig steht es noch auf dem Gebiete der «Blockadefragen», indem die Deutschen von Berlin den Auftrag erhalten haben, auf einem Ausfuhrverbot gegenüber England und bis auf weiteres auch gegenüber Frankreich zu bestehen. Wir haben darauf hingewiesen, dass Deutschland es ja tatsächlich in der Hand habe, die ihm nicht genehme Ausfuhr nach den genannten Staaten zu verhindern, es solle aber von uns nicht eine de jure Anerkennung dieses Zustandes fordern. Unsere Berstrebungen gingen immer noch dahin, nicht nur interessante Zufuhren von Übersee durch die englische Blockade hindurch in unser Land zu bringen, was auch Deutschland wiederum zugute komme, sondern auch unsern Export in bescheidenem Umfange wenigstens mit unsern Schiffen nach den neutralen Übersee-Staaten wiederum in Gang bringen zu können. Ein Ausfuhrverbot gegenüber England müsste aber alle diese Bemühungen völlig zum Scheitern bringen. Es wird sich zeigen, ob in Berlin mehr Verständnis für unsere Lage zu erreichen ist als dies mit der deutschen Verhandlungsdelegation der Fall war. Es ist aber von höchster Wichtigkeit, dass uns gerade in diesem Moment England nicht im Stiche lässt und weitere Schiffe für die Zufuhr über italienische Häfen mit Bestimmungsort Schweiz freigibt. Leider hat uns die gestrige englische telegraphische Antwort schwer enttäuscht und wir haben uns daher in Übereinstimmung mit dem Politischen Departement, sowie dem Kriegs-Transport-Amt entschlossen, im Sinne vorgelegten Telegrammes in London und Bern bei den Engländern dringend vorstellig zu werden4. Auch in dieser lebenswichtigen Frage erbitten wir die Unterstützung, durch einen ensprechenden Schritt des Chefs des Politischen Departements beim englischen Gesandten Kelly. Wir sind zudem der Meinung, dass auch die amerikanische Regierung durch unseren Gesandten Bruggmann in Washington zu unsern Gunsten mobilisiert werden muss5. Schliesslich werden wir auch in der morgen vormittag stattfindenden commission mixte Gelegenheit haben, dem englischen Handelsattaché Setchell die grosse Bedeutung und die absolute Dringlichkeit eines englischen Entgegenkommens am Vorabend unserer entscheidenden Verhandlungen in Berlin in aller Eindringlichkeit vor Augen zu führen.

5. Da die deutsche Verhandlungsdelegation - die seit über 3 Wochen in Bern verhandelt hatte - am 17. crt. zu dringenden weitern Aufgaben wiederum nach Berlin zurückreisen musste, ist zwischen den beiden Delegationschefs vereinbart worden, die Verhandlungen kommenden Montag, den 22. crt., in Berlin weiterzuführen und wenn immer möglich bis Ende Juli a.c. zu beendigen. Es wird keine leichte Aufgabe sein, in so kurzer Zeit zu einer für unser Land erträglichen Lösung zu kommen; umsomehr müssen wir Sie bitten, der Delegation im Rahmen dieses Berichtes eine möglichst weitgehende Bewegungs-Freiheit zu gewähren.»

Gestützt auf diese Ausführungen wird antragsgemässDieser Bericht wird als Instruktion für die kommenden Verhandlungen genehmigt:

die Delegation für diese Verhandlungsetappe wird wie folgt bestellt: Direktor Hotz, Verhandlungsleiter, Direktor Hornberger, Prof. Laur, Direktor Schwab, R. Kohli (Chef des Rechtsbureaus) und Nationalrat Dr. Gafner, eventuell in dessen Vertretung Direktor Hunziker vom Fremdenverkehrs-Verband. Ferner wird für den Fall, dass Herr Dr. Vieli aus Gesundheitsgründen nicht nach Berlin reisen kann, der Delegation als weitern Delegierten Herrn Dr. Jöhr, Präsident der Schweizerischen Kreditanstalt, Zürich, beigegeben, der bekanntlich zu den höchsten Berliner Stellen ausgezeichnete Beziehungen unterhält. Als Experten werden die Delegation begleiten Vize-Direktor Burger von der Schweizerischen Verrechnungsstelle und Fürsprech Marti von der Handelsabteilung.

1
E 1004.1 1/399. Etait absent: H. Obrecht.
2
Cf. No 336. Cf. E 7110 1967/32/900Deutschland /!/ 1939-1940.
3
Une telle démarche ne semble pas avoir eu lieu; cf. E 2001 (D) 2/228 et 229.
4
Cf. annexe au No 343.
5
Cf. No 347.