dodis.ch/46803
Notice du suppléant du Chef de la Division des Affaires étrangères du Département politique,
P. A. Feldscher1
In einer Unterredung, um die der deutsche Geschäftsträger von Bibra heute mittags telephonisch dringend gebeten hatte, macht er auf eine Äusserung des Genfer Staatspräsidenten Adrien Lachenal aufmerksam, die im Bericht der Schweizerischen Depeschenagentur über eine Verhandlung des Genfer Grossen Rates wiedergegeben worden ist. In seiner Antwort an Herrn Nicole, der wegen der Vergewaltigung der Tschecho-Slowakei die Einberufung der Völkerbundsversammlung angeregt hatte, habe Herr Lachenal im Namen der Regierung des Kantons Genf eine Erklärung abgegeben, in der \i[nter]Anderem] dem Bedauern über die Vernichtung der so teuer erkauften Freiheiten eines souveränen Staates durch die Anwendung brutaler Gewalt Ausdruck gegeben wird2 «Il déplore, dans un sentiment intense de commisération, l’anéantissement par l’application de la force brutale, des libertés chèrement acquises d’un Etat souverain».
Herr von Bibra betont, dass die deutschen Behörden bisher die Haltung der Schweiz gegenüber den jüngsten Ereignissen als ruhig und zurückhaltend beurteilt hätten und dass es höchst bedauerlich wäre, wenn solche Ausfälle von Seiten der Regierung eines Kantons Anlass dazu geben könnten, diese Beurteilung der Dinge zu ändern. Er würde deshalb grossen Wert darauf legen, nach Berlin berichten zu können, welche Stellung das Politische Departement zu der fraglichen Äusserung einnehme.
Ich erwiedere, dass der gegenüber einer befreundeten Regierung verwendete Ausdruck in der Tat sehr bedauerlich erscheine. Im übrigen käme es nicht der Genfer Regierung zu, in derartigen auswärtigen Angelegenheiten Erklärung abzugeben, sondern das sei Sache der eidgenössischen Behörden3.
Herr von Bibra nimmt diese Bemerkungen zur Kenntnis und erklärt, an das Auswärtige Amt in Berlin telegraphisch einen aufklärenden Bericht abgehen lassen zu wollen, um der ganzen Sache etwas die Spitze zu nehmen4.