Également: Sommes d’argent reçues par l'ESAP et liste des donateurs, selon son chef, E. Hofmann. Annexe de 12.11.1938
Également: Les sources de financement du mouvement d’après le compte bancaire de l'ESAP. Annexe de 12.11.1938
Pubblicato in
Documenti Diplomatici Svizzeri, vol. 12, doc. 475
volume linkBern 1994
Dettagli… |▼▶Collocazione
Archivio | Archivio federale svizzero, Berna | |
▼ ▶ Segnatura | CH-BAR#E4320B#1970/25#414* | |
Vecchia segnatura | CH-BAR E 4320(B)1970/25 76 | |
Titolo dossier | Hofmann, Ernst, 1912 (1938–1953) | |
Riferimento archivio | C.02-703 |
dodis.ch/46735
In Sachen: HofmannErnst, WechlinHeinrich, MannsdörferHans, SeminiPrimo, DiggelmannWalter, LeimbacherWalter, HofmannEdwin, alle wohnhaft in Zürich, Funktionäre der ESAP, betreffend: Verdacht der Widerhandlung gegen das Bundesgesetz betr. Angriffe auf die Unabhängigkeit der Eidgenossenschaft vom 8.10.1936 und gegen den BB betr. den Schutz der Sicherheit der Eidgenossenschaft vom 21. Juni 1935.
I. Vorbemerkungen
Am 10. November 1938 wurden bei obgenannten Personen a.uftragsgemäss Haussuchungen durchgeführt2, was ohne irgendwelche Zwischenfälle gemacht werden konnte. Das sichergestellte Material, die umfassenden Erhebungen, sowie die eingehenden Abhörungen ermöglichen uns heute die Beurteilung der Tragbarkeit der politischen Einstellung und Tätigkeit der eidg. Sozialen Arbeiterpartei (ESAP) für die Schweiz. Da eine Widerhandlung gegen das Unabhängigkeits- wie auch gegen das Spitzelgesetz nicht nachgewiesen werden kann, bleibt uns die Überprüfung, ob die Satzungen der Partei sowie deren politische Tätigkeit mit der Bundesverfassung und den bestehenden BB, BG und BRB vereinbar und für unseren demokratischen Staat tragbar seien. In Anbetracht der extremen politischen Strömungen von links und rechts, welche sich beide schlussendlich die Beseitigung unserer demokratischen Einrichtungen in der heutigen Form, wenn auch getarnt und auf einen noch nicht festgelegten Zeitpunkt, zum Ziele gesetzt haben, muss gesagt werden, dass auch wir in einer Zeit der politischen Undurchsichtigkeit und Verworrenheit leben. Diese Tatsache allein verlangt von den Anhängern aller demokratischen Parteien, welche die grosse Mehrheit unseres Volkes ausmachen, grösste Wachsamkeit und insbesondere von den Organen, welche von Amtes wegen wachen müssen, extensive Auslegung der in Betracht fallenden vorhandenen Gesetze, Verordnungen und Richtlinien zum Schutze unseres Staates in der heutigen Form. Wir wollen im Nachfolgenden versuchen, entsprechend diesen Vorbemerkungen, das Ergebnis unseres polizeilichen Ermittlungsverfahrens wiederzugeben.
II. Die ESAP, Satzungen, Zweck und Ziel
Vorerst wollen wir Satzungen und Programm in seinen für uns hier notwendigen Teilen wiedergeben:
«EIDG. SOZIALE ARBEITERPARTEI, SATZUNGEN
Art. 1 Name und Sitz. Die Eidg. Soziale Arbeiterpartie (ESAP) ist eine Vereinigung im Sinne von Art. 60ff des ZGB, Sitz ist Zürich.
Art. 2 Kampf und Ziel. Die ESAP bezweckt den Zusammenschluss aller national und sozial gesinnten Volksgenossen zur:
a) Erhaltung und Erweiterung sozialer Errungenschaften.
b) Verteidigung der Lebensrechte des schaffenden Volkes.
c) Neugestaltung des politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Lebens.
d) Neuschaffung einer starken und sozial gerechten Eidgenossenschaft.
Art. 3 Programm. Die Kampfgrundlage und Zielsetzung der ESAP bezeichnet das Parteiprogramm. Es bildet einen festen Bestandteil der Satzungen.
Art. 4 Symbole. Fahne und Parteiabzeichen zeigen im roten Feld einen weissen Blitz. Die Parteiführung erlässt besondere Bestimmungen über Ausführung, Verteilung, Verwendung und Verkauf.
Art. 5 Form. Die ESAP setzt sich zusammen aus Aktiv- und Passivmitgliedern bezw. der A-Organisation (Aktive) P-Organisation (Passive) F-Organisation (Frauen) J-Organisation (Jugend). Über die Zuteilung entscheidet die Parteiführung.
Art. 6 Voraussetzungen. Mitglieder der ESAP können nur sein Schweizerbürger arischer Abstammung, die in bürgerlichen Ehren und Rechten stehen und keiner anderen politischen Partei oder Geheimorganisation (Loge und dergl.) angehören. Die Zugehörigkeit erfordert vorbehaltloses Bekenntnis zu Satzungen und Parteiprogramm und die kraftvolle Einsetzung für deren Verwirklichung.
Art. 7 Aufnahme. Die Aufnahme wird auf schriftliches Gesuch hin durch die Parteiführung vollzogen unter gleichzeitiger Zuteilung in eine der Organisationen Art. 5. II. Sie kann ohne Angabe eines Grundes verweigert werden.
Art. 8 Austritt. Der Austritt kann mit schriftlicher Erklärung jederzeit erfolgen.
Art. 9 Ausschluss. Der Ausschluss kann von der Parteiführung ohne Angabe eines Grundes vollzogen werden. Es steht dem Ausgeschlossenen frei, während 10 Tagen das Parteigericht anzurufen.
Art. 10 Beitrag. Der Mitgliedsbeitrag beträgt monatlich Fr. 1.- und ist im voraus zu entrichten. Die Beitragspflicht ändert mit dem Tage des Austrittes oder Ausschlusses. Bezüglich Zahlungsweise, Reduktion oder Erlass in Fällen der Not, erlässt die Parteiführung besondere Bestimmungen. Wird der Beitrag oder die fällige Bezugsgebühr für das «Schweizervolk» während 3 Monaten nicht bezahlt, gehen alle Mitgliedschaftsrechte zur ESAP verloren. Die Beiträge und Bezugsgebühren sind Bringschuld. Die Fälligkeit tritt ohne MahnungParteiführung
Art. 11 Diese setzt sich zusammen aus:
a) dem Parteiführer
b) seinen Mitarbeitern (Mitarbeiterstab)
Art. 12 Der Parteiführer ist auf die Satzungen und das Programm vereidigt. Er vertritt die ESAP nach aussen und bestimmt die politischen Kampfhandlungen. Er ist der Partei für seine Handlungen verantwortlich und kann nur bei Eidbruch durch Urabstimmung der Mitglieder sofort abberufen werden.
Art. 13 Der Mitarbeiterstab. Die Zahl der Mitarbeiter bestimmt der Parteiführer. Ernennung und Abruf erfolgen durch ihn. Sie kann jederzeit und ohne Begründung erfolgen. Die Parteiführung ist folgendermassen gegliedert:
a) Leiter der A-Organisation
b) Leiter der P-Organisation
c) Organisation
d) Oberster Schriftführer
e) Zentralkassier
f) Leiter des Mitgliederdienstes
g) Presseschef.
Die Mitarbeiter sind dem Parteiführer für ihre Ressort voll verantwortlich. Sie ernennen ihre Mitarbeiter und haben ebenso das Abberufungsrecht.
Art. 14 Führerrat. Parteiführer und Mitarbeiter-Stab bilden zusammen den Führerrat. Er wird durch den Parteiführer einberufen. Ihm obliegt insbesondere die Organisation der Partei und ihrer Gliederungen.Parteigericht
Art. 15 Das Parteigericht besteht aus einem Obmann und zwei Richtern. Der Obmann wird von der Parteiführung ernannt. Die zwei Richter wählt die Mitgliedschaft. Sie sind auf ein Jahr gewählt un nachher wieder wählbar.
Art. 16 Das Parteigericht ist ein Schiedsgericht im Sinne der Zivilprozessordnung des Kantons Zürich. Seine Entscheide sind endgültig und können an kein bürgerliches Gericht weitergezogen werden. Die Verhandlungen werden gemäss Zürcher Zivilprozessordnung geführt.»
Die Einsetzungsformel lautet:
«Die Einsetzung eines Ortsgruppenführers geschieht nach einheitlicher Formel.
Sie lautet:
K.d!
Sie sind von der Parteileitung mit dem Vorsitz der Ortsgruppe betraut worden.
1. K.d!
Sind Sie sich der vermehrten Pflichten und Arbeiten dieses schweren Amtes bewusst?
2. K.d!
Sind Sie gewillt, das Amt des Ortsgruppenführers mit aller Konsequenz zu übernehmen?
3. Getreu den Satzungen, dem Programm, dem Parteiführer?
So versprechen Sie es mir durch Handschlag und auf die Fahne. So ernenne ich Sie im Namen der eidg. sozialen Arbeiterpartei und des Parteiführers zum Ortsgruppenführer »
Aus diesen zwei Aktenstücken ist ersichtlich, dass wir es hier mit einer Partei zu tun haben, welche auf dem Führerprinzip aufgebaut ist. Als Hauptpunkte der Satzungen sind zu nennen:
Neugestaltung des politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Lebens, Neuschaffung einer starken und sozial gerechten Eidgenossenschaft, die Aufnahmebedingungen, die Juden und Angehörigen von Logen zum voraus als Mitglieder abweisen, sowie die Parteigerichtsbarkeit, wobei Entscheide nicht an die bürgerlichen Gerichte weitergezogen werden können. Diese Tatsachen beweisen die ideologische Verwandtschaft zum Führerstaat, wie wir das von Deutschland und Italien her kennen. Akt. 2 (der Akten Hofmann) zeigt uns, dass die Partei die heutige Staatsform ablehnt. Sie plant an Stelle des heutigen Nationalrates die sogenannte Berufskammerbehörde aus Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wie wir das von Italien her kennen. Hätte unser Ermittlungsverfahren die geistige und materielle Beeinflussung der ESAP durch ausländische Behörden oder Parteien zu beweisen vermocht, so müsste eine Anschlussvorbereitung angenommen werden. Da aber, vor allen Dingen, die Herkunft der finanziellen Mittel, monatlich rund Fr. 7000.- für Partei und Zeitung, restlos abgeklärt werden konnte (es handelt sich ausschliesslich um schweizerische Industrielle, Fabrikanten und Privatiers)3 und die direkte geistige Beeinflussung des Auslandes nicht bewiesen werden kann, müssen wir die ESAP als politisches Gewächs der Schweiz mit ausländischen und undemokratischen Grundsätzen und Ideen betrachten. Akt. 13, der wie folgt lautet:«Bund russischer Fascisten, Berlin W15, 27. Okt. 1938
(Allrussische fascistische Partei)
An die Parteileitung der ESAP,
Limmatstrasse 212, Zürich
Werte Kampfgenossen,
Durch unsere Gewährsmänner in der Schweiz erfahren wir über die Tätigkeit der ESAP. Wir stehen in Verbindung mit allen nationalen Organisationen nat.soz. und faschistischer Weltanschauung der Welt und möchten auch mit der ESAP in Verbindung treten. Es würde uns sehr interessieren, Ihre Literatur und Zeitungen zu erhalten/unsere Zeitung senden wir Ihnen/und Näheres über Organisation und Arbeit der ESAP zu erfahren.
Mit kameradschaftlichem Kampfgruss!
Stellvertreter des Führers des B.R.F.
sig. Bredl
Schriftwart: Gimanovsky
P.S. Unsere Zeitschrift erscheint in Harwin Mandschukuo. Die Leitung für Europa befindet sich in Berlin.»beweist uns allerdings einwandfrei, dass dieser getarnte aber rein nationalsozialistische «Bund russischer Fascisten» mit allen Organisationen nat.-soz. und faschistischer Weltanschauung in Verbindung steht und in der Schweiz seine Gewährsleute, oder offen gesagt, Spitzel besitzt. Der genannte Bund untersteht dem aussenpolitischen Amt der NSDAP, d.h. dem Balten Alfred Rosenberg. Wir sehen also hier, dass alle sogenannten nationalen Bewegungen in einem gewissen Zusammenhang zum aussenpolitischen Amt der NSDAP und damit zum dritten Reich stehen. Da die ESAP sich, wenigstens soweit feststellbar, auf legalem Boden bewegt und schweizerische Geldgeber sie finanziell unterstützen, kann man sie keiner irgendwie strafbaren Handlungen bezichtigen. Was uns aber immerhin nachdenklich stimmen muss und uns des weiteren zeigt, dass gerade Parteien wie die ESAP für unseren demokratischen Staat in der heutigen Form eine nicht zu unterschätzende Gefahr bilden können, ist die Tatsache der finanziellen Unterstützung durch kapitalkräftige Schweizer. Dazu kommt die nicht ganz verständliche und sicher zu verurteilende geistige Beeinflussung und Aufmunterung zur wirklichen Beseitigung der heutigen Staatsform durch die gleichen Personen. So schreibt am 17. September 1938 der Geldgeber Dr. Oskar Sulzer, Winterthur, an Ernst Hofmannfolgenden Brief:«Dr. Oskar SulzerWinterthur.
Winterthur, 17. September 1938
Herrn Ernst Hofmann,
Eidg. soziale Arbeiterpartei, Zürich.
Limmatstr. 212.
Lieber Ernst Hofmann,
Ich habe bei unserer Besprechung am 14. ds. Mts. versprochen, Ihnen jeweils eine kurze Appreciation Ihrer Zeitung zu geben. Hier ist sie, was Nr. 27/38 anbelangt:
Ich glaube, der Inhalt ist recht. Die Aufmachung ist wie immer, gut und klar, der Text vermeidet es, dem lauernden Gegner eine Blösse zu bieten, wie dies in den vorangehenden Nummern der Fall war.
Mit Ihrem Leitartikel bin ich ganz einverstanden. Nur dass ich die Menschen nach anderen Kategorien aufteile: In Träumer und solche, die den Mut haben, die Wirklichkeit zu sehen. Kommunisten und Sozialisten gehören zu den ersteren, und zwar sind sie die aktive, schädliche Abart der Träumer. Sie wissen nicht, dass man auf dem Wege, auf welchem sie mit Gebrüll und Fluchen vorwärts drängen, nirgends anders hingelangt als auf das Niveau des Höhlenbewohners. Neben ihnen gibt es aber noch den grossen Haufen der weniger aktiven, aber nicht weniger gefährlichen Idioten. Ich meine die bürgerlichen Politiker, die infolge der «Güte ihres Herzens» überhaupt nicht mehr wissen, was sie wollen.
Das wichtige, was ich Ihnen sagen wollte, ist etwas anders. Es genügt nicht, dass Sie Anklage gegenüber den Leuten von Moskau und gegenüber den bürgerlichen Schafen erheben, die Ihnen gehorchen. Das zweite ist ebenso unentbehrlich: Sie müssen selber wissen, wie man den bestehenden Zustand abändern soll. Nach meiner Meinung genügen neue Leute nicht; es ist damit nicht geholfen, dass an die Stelle der bisherigen Amtsinhaber andere gesetzt werden. Sondern Sie müssen auf die Fragen Antwort zu geben wissen: Soll die gegenwärtige Verfassung bleiben, wie sie ist, oder soll sie abgeändert werden? Wenn ja, wie? In welchem Teil und in welchem Sinne soll sie abgeändert werden? Ich komme damit auf das Thema zurück, von dem ich Ihnen schon wiederholt gesprochen habe. Glauben Sie mir, es ist kein blosses Steckenpferd; wohl aber ist es so, dass der Politiker, der wirklich Politiker ist, im Stande sein muss, auf diese Frage zu antworten. Darin zeigt sich, was der Angelsachse mit richtigem Gefühl die «konstruktive Politik» nennt. An diese Frage müssen Sie ran und rüber - sonst werden Sie in der Politik stets nur Leichtathlet sein.
Mit freundlichem Gruss
Sig. Sulzer»
Es scheint, dass die SBB zu wenig «Sulzermaschinen» bestellen, oder werden die Bestellungen auf diese Weise verdankt4. Gerade weil also die ESAP von schweizerischem Kapital lebt, und bewusst über die ausländischen diktatorischen Parteigrundsätze und -ziele einen schweizerischen Hirtenmantel umwirft, um ungehindert an der Unterhöhlung unserer Staatsform arbeiten zu können, ist sie ungleich gefährlicher als eine bekanntermassen von Deutschland abhängige Partei5. Diese Tatsache heute zu erkennen und daraus die Konsequenzen zu ziehen, ist dringend notwending. Dass Herr Sulzer nicht der einzige ist, welcher mit den staatsgefährlichen Zielen der ESAP einverstanden ist, beweisen die Aktenstücke 14-44. (Akt. Hofmann)
III. Personen
HofmannErnst Armin, des Gottlieb und der Frieda Marie geb. Neukomm, geb. 6.5.1912 in Zürich, von Seen-Winterthur, ledig, Journalist, Führer der ESAP, wohnhaft Schaffhauserstr. 124 in Zürich bei seiner Mutter, ist in Zürich geboren und aufgewachsen. Sein Vater war pensionierter Strassenbahnangestellter. Er ist der jüngste von 3 Kindern. Er besuchte 8 Jahre die Primarschule und 3 Jahre die Gewerbeschule. Bei der Firma A. Kern & Cie. später Mantel & Cie. an der Universitätsstrasse in Zürich absolvierte er eine 3-jährige Lehrzeit als Elektromonteur. Anschliessend betätigte er sich 6 Jahre lang bei verschiedenen Firmen sowie zeitweise auf eigene Rechnung in seinem Berufe. Seit dem Herbst 1936 wandte er sich der Politik zu.
Zu Beginn des Jahres 1933 trat er der nationalen Front bei, wo er den Sportring gründete und sich in demselben als Sporttrainer betätigte. Dann war er Führer der Propagandagruppe und zwar bis zu seinem Austritt aus der Partei im Februar 1936. Zu dieser Zeit, d. h. Mitte März oder April 1936, kamen erstmals aus der nationalen Front ausgetretene Mitglieder, u.a. Mannsdörfer, Leimbacher, HofmannEdwin, zur Besprechung der politischen Lage zusammen. Es wurde damals an der Webergasse in Zürich für den monatlichen Zins von Fr. 20.- ein Bureau gemietet. Am 1. Juni 1936 erfolgte die Gründung der ESAP. Damals wurde HofmannErnst von ca. 15-20 Mann als Parteiführer gewählt. Am 1. Oktober 1936 wurde der Sitz des Parteibureaus an die Zähringerstr. 25 verlegt, die monatliche Miete machte Fr. 200.- aus. Am 1. Mai 1937 wurde der Sitz der Partei neuerdings gewechselt und zwar an die Limmatstr. 212 in Zürich 5, wofür ein monatlicher Zins (Autogarage inbegriffen) von Fr. 200.- bezahlt wurde. (Siehe Skizze Geschäftsräumlichkeiten der ESAP bei den Akten HofmannErnst). Ideologisch ist HofmannErnst mit allen Nationalsozialisten der Schweiz in Verbindung. Brieflicher Verkehr unterhält er mit dem «Volksbund». Die persönliche politische Einstellung stimmt überein mit den Parteisatzungen. Hofmann ist der eigentliche Kämpfer und nach aussen vorgeschobene Führer der Partei. Sein einfaches Auftreten, die bescheidenen Ansprüche und die leidenschaftliche politische Kampftätigkeit haben ihm verschiedene gewöhnliche Arbeiter für seine Partei zugänglich gemacht. Er besorgt das Inkasso sämtlicher ganz ansehnlicher Gönnerbeträge, die sich nach eigenen Depositionen bis heute auf rund 66000 belaufen. Hofmann gibt zu, sich offen zur Weltanschauung des Nationalsozialismus in vollem Umfange zu bekennen. Er hat mit dem Auslande, d. h. mit Amts- oder Parteistellen, keine Verbindung, wenigstens konnte ihm das nicht nachgewiesen werden.
WechlinHeinrich Eugen, des Heinrich und der Charlotte geb. Tissot, geb. 22. August 1897 in Genf, von Zürich, verehelicht mit Margaretha geb. Lichtenhahn, Dr. Phil., Redaktor der Zeitung «Schweizervolk» und Pressechef der ESAP, wohnhaft an der Heliosstr. 8 in Zürich, war bis zu seinem 7. Lebensjahre in Genf. Zu Beginn des Jahres 1904 kam er nach Zürich, wo er 6 Jahre die Primarschule und 1 Jahr das Gymnasium besuchte. Anschliessend besuchte er während 4 Jahren das Gymnasium in Schiers (Graubünden). Dann war er 1 Jahr als Volontär bei einem Landwirt Dübendorfer im Riedhof, Regensdorf (Zürich), tätig, um neuerdings bis 1918, zu welcher Zeit er seine Matura machte, in Schiers zu studieren. 1916 absolvierte er seine Rekrutenschule, in den Jahren 1917 und 1918 leistete er bereits Aktivdienst. Das Sommersemester 1918 als cand. theol. absolvierte er an der Universität Zürich. Im Herbst 1918 leistete er noch einmal Aktivdienst und anschliessend studierte er bis im Frühjahr 1919 an der Universität Zürich. Vom Frühjahr 1919 bis Frühjahr 1920 studierte er an der Universität Basel, daran anschliessend bis Dezember 1921 an der Universität Freiburg i.Ue., wo er zu genannter Zeit als Dr. phil. doktorierte. Bis im Frühjahr 1922 ruhte er sich aus oder machte Studienreisen, so u. a. nach Littauen und Lettland. Im Frühjahr 1922 besuchte er noch ein Semester journalistische und geschichtliche Vorlesungen an der Universität Zürich. Im Herbst 1922 bestand er mit gutem Erfolg das aargauische Bezirkslehrerexamen. Bis 1924 war er dann als freier Journalist in Bern tätig. Im Frühjahr 1924 wurde er als stellvertretender Redaktor an die Mittelpresse in Bern berufen. Im Herbst gleichen Jahres engagierte ihn das «Berner Tagblatt» als Inlandsredaktor, was bis 1931 der Fall war. Zu dieser Zeit wurde er zum Chefredaktor ernannt. Am 30. Juni 1936 musste Wechlin wegen politischen Meinungsverschiedenheiten seinen Posten einem ändern überlassen. Im Monat August 1936 eröffnete Wechlin in Berlin ein schweizerisches Pressebureau, welches über die politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Geschehnisse in Deutschland allgemein und in der Reichshauptstadt im speziellen Berichte für schweizerische Zeitungen erstellte. Zufolge der Frankenabwertung im Herbst 1936, musste Wechlin seine Tätigkeit in Berlin aufgeben. In der Dezembersession desselben Jahres, nachdem er in Berlin vernommen hatte, dass Herr alt Bundesrat Musy die schweizerische Aktion gegen den Kommunismus gegründet habe und einen Pressechef suche, begab er sich nach Bern, um mit Herrn Musy die Möglichkeit einer Anstellung als Pressechef zu besprechen. Die beiden Herren einigten sich, sodass Herr Wechlin laut Vertrag vom 31. Dezember 1936 für ein Jahr als Pressechef mit einem Salär von Fr. 9600.- angestellt wurde. Als Pressechef der SAK redigierte Wechlin die deutsche Ausgabe der Schrift der SAK. Am 1. Mai 1937 nahm Wechlin auch in Freiburg seinen Wohnsitz, was bis zum 30. Juni 1938 der Fall war. Im Verlaufe des Jahres 1937 wurde in Zürich ein deutschschweizerisches Sekretariat der SAK an der Glärnischstr. 40 eröffnet, als Sekretär betätigte sich Dr. Franz Riedwegaus Luzern (jetzt SS-Hauptsturmführer in München), der sehr viel auf Reisen war und von Zeit zu Zeit zur Rapporterstattung nach Freiburg kam. Seit Beginn des Jahres 1938 war Wechlin dann teilweise in Zürich teilweise in Freiburg tätig, da er den inzwischen aus der Schweiz ausgereisten Dr. Franz Riedweg in Zürich remplacieren musste. Im Einverständnis mit Herrn Musy stellte Wechlin in der Folge Frl. Jaggi als Sekretärin an. Inzwischen wurde Herrn Wechlin zur Kenntnis gebracht, dass in Zürich eine neue Zeitung das «Schweizervolk» erscheinen werde, und dass ein Redaktor gesucht sei. Nachdem Wechlin die Sicherheit hatte, dass die Mittel zur Bezahlung eines Redaktors sichergestellt waren, schloss er im Laufe des Monats Juni 1938 mit dem Parteiführer HofmannErnst einen 2jährigen Dienstvertrag ab, wonach Wechlin Chefredaktor und Pressechef mit einer monatlichem Besoldung von Fr. 750.- ist. Mit Herrn Musy wurde vereinbart, dass der Mitteilungsdienst der SAK nicht mehr weiter vom Redaktor einer viel bekämpften Zeitung wie das «Schweizervolk» redigiert werden könne, sodass seit ungefähr Ende September auf die Herausgabe eines deutschsprachigen Mitteilungsdienstes verzichtet wurde.
Die politische Tätigkeit des Wechlin innerhalb der ESAP besteht darin, dass er ständig die In- und Auslandspresse nach gewissen für seine Partei festgelegten Richtlinien verfolgt und nach Durcharbeitung zur Katalogisierung dem Kanzleipersonal übergibt. Im weitern ist er journalistischer, propagandistischer und politischer Berater der Partei und macht als solcher sowie als Referent bei Parteiversammlungen Reisen in der ganzen Schweiz, wobei ihm die Spesen gedeckt werden. Man kann also ruhig sagen, dass Wechlin der eigentliche vor allen Dingen geistige Leiter der Partei ist. Sein riesiger Bekanntenkreis im In- und Auslande, lassen ihn als eigentlicher Führer der ESAP in einem ganz anderen, für uns auf alle Fälle gefährlicheren Lichte erscheinen. Neben Reisen nach Littauen, Lettland, Dänemark, Polen, Tschechoslowakei, Belgien, Frankreich, Italien und Österreich, denen teils journalistische teils politische Motive zu Grunde lagen, interessieren uns naturgemäss am meisten die auf jeden Fall beachtenswerten Beziehungen zu reichsdeutschen Stellen. Im Januar 1936 machte Wechlin seine erste grössere Reise nach Deutschland, bei welchem Anlasse er verschiedene prominente politische Persönlichkeiten, wie Reichsaussenminister von Neurath, Propagandaminister Goebbels, Kirchenminister Kerrl, Reichsminister Hess, Reichsleiter Rosenbergbesuchte. Ausserdem wurde Wechlin vom Chef der Presseabteilung des Auswärtigen Amtes, Gesandter Aschmann, besucht. Aus dieser Tatsache müssen wir schliessen, dass Wechlin bei den leitenden Persönlichkeiten des Dritten Reiches kein Unbekannter ist, was im Zusammenhang mit seiner heutigen Stellung in einer angeblich schweizerischen Partei beachtenswert erscheint. Wenn, wie Wechlin dem Unterzeichneten gegenüber behauptete: «Längstens in 4-5 Jahren sind wir (die ESAP) ja ohnehin an der Macht», wahr werden sollte, würden sich die oben angeführten Beziehungen erst richtig auswirken, auf jeden Fall wäre die schweizerische Unabhängigkeit dahin. Im März 1938 reiste Wechlin ein zweites Mal nach München um dort die Textbereinigung des antikommunistischen Films «Die rote Pest» im Aufträge von Herrn Musy vorzunehmen. Anlässlich derselben Reise besuchte Wechlin den uns aus dem Fall «Graf Karl von Meran» bekannten Herausgeber der «Kontra-Komintern», Nils von Bahr, in Berlin. Ende Oktober 1938 reiste Wechlin das letzte Mal nach Deutschland, er besuchte in München den SS-Hauptsturmführer Dr. Franz Ried weg. Es handelte sich um die Regelung eines strittigen Betrages von Fr. 3-4000 im Zusammenhang mit der SAK. Bei diesem Anlasse stellte Wechlin fest, dass Dr. Riedweg heute bei der SS Aushebungsarzt ist. Im vergangenen Frühjahr war Herr Wechlin beim deutschen Gesandten zusammen mit Herrn Musy sen. und jun. und ändern Personen zu einem Essen eingeladen. Bei diesem Anlasse erklärte der anwesende Freiherr von Bibra, dass die deutsche Kolonie in der Schweiz jetzt dann wieder eine eigene Zeitung haben dürfe. Auf das Verlangen von Wechlin versicherte Bibra, dass er dieselbe jeweils zustellen werde. Auch in diesem Falle müssen wir feststellen, dass Wechlin zu den Vertretern Deutschlands in der Schweiz Beziehungen hat, welche doch vermutlich auf seine politische Einstellung und Tätigkeit zurückzuführen sind. Zusammenfassend muss gesagt werden, dass Dr. Wechlin als eigentlicher Leiter einer nationalsozialistisch eingestellten Partei in der Schweiz unter Einbeziehung seiner Beziehungen zu reichsdeutschen Ministern des In- und Auslandes für die Schweiz und insbesondere deren Unabhängigkeit als äusserst gefährlich betrachtet werden muss.
Mannsdorf er HansAlfred, des Hans Paul und der Frieda geb. Hunziker, geb. 24. Juni 1911 in und von Zürich, verehelicht mit Nelly Anna geb. Pfenninger, kaufm. Angestellter und Mitglied der Parteileitung (Leiter der A-Organisation), ist in Zürich geboren und aufgewachsen. Er absolvierte 6 Jahre Primär- und 3 Jahre Sekundarschule und absolvierte anschliessend eine dreijährige kaufmännische Lehrzeit. Seit 1930 bis Dezember 1936 war Mannsdorfer als Handlanger, kaufm. Angestellter u.s.w. tätig, teilweise war er auch arbeitslos. Seit dieser Zeit aber befasst er sich ausschliesslich mit politischen Problemen der ESAP. Als Angestellter der ESAP bezieht er einen monatlichen Gehalt von Fr. 400.-. Bei Mannsdorfer haben wir es mit einem untergeordneten Funktionär der ESAP zu tun, welcher nur die Befehle der eigentlichen Parteileitung (Hofmann-Wechlin) ausführt.
Semini Primo Ernesto Rinaldo, des Primo und der Marie geb. Ammann, geb. 22.11.1913 in und von Zofingen, kaufmännischer Angestellter, wohnhaft bei Schmid, Krokusweg 9 in Zürich-Oerlikon, ist in Zofingen geboren und aufgewachsen, hat dort 9 Jahre Primär- und Bezirkschule besucht und anschliessend 3 Jahre die Handelsschule des kaufmännischen Vereins. Dann war er während 4 Jahren bei der Firma Rossi in Zofingen tätig. Im Jahre 1937 begab sich Semini nach England, um die englische Sprache zu erlernen. Nach kurzer Zeit musste er aber wegen Schwierigkeiten, eine Arbeitsbewilligung zu bekommen, wieder nach der Schweiz zurückkehren. Auf eine Offerte der Buchdruckerei Stampfenbach A.G. wurde er dort als Acquisiteur und Administrateur angestellt. Semini musste die Inseratenwerbung für die neue Zeitung Das «Schweizervolk» übernehmen. Nachdem Semini bei seiner neuen Tätigkeit keinen grossen Erfolg hatte, sah er sich aus finanziellen Gründen genötigt, mit dem Chef der Firma Rücksprache zu nehmen. Daraufhin wurde mit dem Parteiführer Hofmann die Vereinbarung getroffen, dass in Zukunft die Partei Arbeitgeber sei, welche ein monatliches Fixum von Fr. 300.-, ein Generalabonnement der SBB und Provision bei Insertionsaufträgen zusicherte. In der Folge wurde Semini auch Parteimitglied. Seit Mai 1938 ist er bei der ESAP angestellt, auch er versieht Funktionen eines untergeordneten Parteiangestellten.
HofmannEdwin, des Gottlieb und der Frieda geb. Neukomm, geb. 11. Februar 1903, von Winterthur, verehelicht mit Martha geb. Bader, Magaziner, wohnhaft Hallwylstr. 3 in Zürich 4, ist in Oerlikon geboren und besuchte in Affoltern-Zürich und Seebach-Zürich die Schule. Anschliessend absolvierte er bei der Basler Versicherungsgesellschaft gegen Feuerschaden in Zürich eine Lehrzeit als kaufm. Angestellter. In dieser Firma verblieb er bis 1924. Bis Ende März 1927 war Hofmann an verschiedenen Orten, so auch als Hilfsarbeiter tätig. Seit Ende März 1927 ist er am städtischen statistischen Amt, wo er heute als Kanzlist I. Klasse einen Monatslohn von Fr. 497.45 bezieht. Im Jahre 1933 trat Hofmann der Nationalen Front bei. Im Februar 1936 verliess er dieselbe und gründete mit seinem Bruder Ernst die ES AP. Seit dieser Zeit ist er Mitglied des sogenannten Leiterstabes. Hie und da schreibt er kleinere Artikel für das Parteiorgan. Hie und da leitet er auch Bildungskurse der Partei. Trotzdem Hofmann kein Angestellter der Partei ist, scheint er einigen Einfluss auf die Tätigkeit der Partei ausüben zu können.
IV. Ansicht des Unterzeichneten
Gesamthaft ergibt sich, dass die ESAP eine Partei mit undemokratischen ausländischen Grundsätzen und Zielen ist, welche darauf gerichtet sind (siehe Parteiprogramm und Satzungen), unsere heutige Staatsform in einen autoritären Führerstaat umzuwandeln. Die persönlichen Beziehungen des geistigen Führers der Partei, Dr. Wechlin, zu ausländischen Behörden und Parteistellen erreichen einen Grad, den wir sonst nur bei Diplomaten in gleichem Masse vorfinden. Neben allen ändern Gefahrenmomenten muss diese Tatsache festgehalten werden, da durch die Beispiele unserer Nachbarländer illustriert wird, wie sich solche Beziehungen plötzlich auswirken können. Schweizerische Geldgeber, welche wissentlich solche staatsunterhöhlende politische Parteien unterstützen und sogar fördern, sollten, soweit das in der Macht des Staates liegt, bei Auftragserteilungen konsequent übergangen werden. Die Tätigkeit der verschiedenen getarnten nationalsozialistischen Organisationen (wie: Bund der russischen Faschisten, SAK usw.) sollte auf Schweizerboden verboten werden.
Vorliegender Fall zeigt uns drastisch, dass es, ohne den gesetzlichen Boden zu verlassen oder mit undemokratischen Mitteln zu operieren, unwirksam ist und bleibt, offensichtlich staatsunterhöhlende Parteien nur mit polizeilichen Mitteln bekämpfen zu wollen. Parallel dazu sollte eine wirtschaftliche Umstellung und zwar gerade unter Einbeziehung der freiwilligen Geldgeber der Erneuerungsbewegungen stattfinden, damit einmal der Arbeitslosigkeit (fruchtbarster Boden für die Erneuerer) gesteuert werden kann. Wenn die in letzter Zeit einzeln gemachten Wahrnehmungen sich mehren sollten, dass Deutschland ansehnliche Kontingente unzufriedener arbeitsloser Schweizer von einem Tag auf den ändern zu annehmbaren Bedingungen beschäftigt, dann nützt letzten Endes die grösste Wachsamkeit nichts mehr, um die absolute Abhängigkeit unseres Landes (siehe heutige Tschechoslowakei) oder sogar den Anschluss zu verhindern. Die schweizerischen Arbeitslosen werden unter Hinweis auf die bestehenden Verhältnisse in Deutschland, nämlich dass es keine Arbeitslosen gebe, jeder Arbeiter sein genügendes Auskommen habe und eine Reihe sozialer Wohlfahrtseinrichtungen vom Staate geschaffen worden seien (KDF)6, systematisch bearbeitet und landen so, schlussendlich, bei diesen extremen schweizerischen Erneuerungsbewegungen. Die unserseits bereits ergriffenen Massnahmen und die im Zusammenhang mit dem ab 15. Dezember 1938 in Kraft tretenden Bundesratsbeschluss noch zu ergreifenden Mittel, um der Weiterverbreitung nationalsozialistischen oder faschistischen Gedankengutes Einhalt zu gebieten, müssen negativ verlaufen, wenn nicht in erster Linie in wirtschaftlicher Hinsicht Massnahmen zur fühlbaren Beseitigung der Arbeitslosigkeit und Unzufriedenheit unter den breiten Massen des Volkes ergriffen werden. Allein mit polizeilichen Massnahmen können wir erreichen, dass die Erneuerungsbewegungen keine schweizerische finanzielle Unterstützung mehr erhalten, was automatisch zur Folge haben wird, dass deutsches Geld und die direkte deutsche geistige Beeinflussung der Erneuerungsbewegungen eintreten wird, was sich für unser Land noch ungleich gefährlicher auswirken wird.
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