Language: German
15.5.1936 (Friday)
CONSEIL FÉDÉRAL Procès-verbal de la séance du 15.5.1936 1
Minutes of the Federal Council (PVCF)
Le Conseil fédéral accepte la proposition du Ministère public de rendre un non-lieu dans l’affaire Colombi. Proposition d’élaboration d’une loi protégeant l’indépendance de la Confédération.

Également: Communiqué à la presse du non-lieu prononcé dans l’affaire Colombi. (annexe)
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Jean-Claude Favez et al. (ed.)

Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 11, doc. 234

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Bern 1989

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dodis.ch/46155
CONSEIL FÉDÉRAL
Procès-verbal de la séance du 15 mai 19361

821. Strafsache Colombi und Kons. Bericht des Bundesanwaltes

Am 9. August 19352 beschloss der Bundesrat gestützt auf den Antrag des Justiz- u. Polizeidepartements vom 8. August und einen Bericht der Bundesanwaltschaft vom 1. August gemäss Art. 1053 die Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens gegen Emilio Colombi und Kons, wegen Landesverrats (Art. 37 f. des Bundesstrafrechts)4. Am 4. Dezember sandte der Untersuchungsrichter für die italienische Schweiz die Akten mit seinem Schlussbericht ein5.

Der Bundesanwalt hatte sich zu entscheiden, ob er Anklage erheben oder von der Verfolgung zurücktreten will. Im Falle der Anklageerhebung entscheidet die Anklagekammer des Bundesgerichts über die Anklagezulassung. Tritt der Bundesanwalt von der Verfolgung zurück, so hat der Untersuchungsrichter die Untersuchung einzustellen (Art. 120 Bundesstrafprozess)6. Der Bundesrat hat in diesem gerichtlichen Verfahren keine Verfügung mehr zu treffen. Der Bundesanwalt, der gemäss Art. 14 des Bundesstrafprozesses unter der Aufsicht und Leitung des Bundesrates steht, unterbreitet ihm durch Vermittlung des Departementes seine Schlussnahme und ersucht um Weisung, ob der Bundesrat mit seiner Verfügung einverstanden ist.

Der Bundesanwalt kommt in seinem Berichte an das Justiz- und Polizeidepartement vom 2. Mai 19367 zu folgenden Schlüssen:

1. Der Bundesbeschluss betreffend den Schutz der Sicherheit der Eidgenossenschaft vom 21. Juni 19358 kommt nicht zur Anwendung, weil die Untersuchung keine Handlung festgestellt hat, die in den zeitlichen Geltungsbereich dieses Erlasses fallen würde.

2. Von den verschiedenen Strafbestimmungen des BG über das Bundesstrafrecht der Schweiz. Eidgenossenschaft vom 4. Februar 1853 gegen Landesverrat kann einzig die Bestimmung des Art. 37 in Betracht kommen, wonach ein Bürger oder Einwohner der Schweiz mit Zuchthaus von wenigstens 10 Jahren bis auf Lebenszeit zu bestrafen ist, der eine fremde Macht zu Feindseligkeiten gegen die Schweiz oder einen Teil derselben oder zu einer die Schweiz gefährdenden Einmischung in ihre innern Angelegenheiten anreizt.

Die Untersuchung hat nicht festgestellt, dass einer der Beschuldigten zu einer Feindseligkeit, d. h. zu einer militärischen Aktion oder zu einer auf feindlicher Gesinnung ruhenden für die Schweiz wirtschaftlich nachteiligen Zwangsmassnahme angereizt hat.

Es ist auch nicht nachgewiesen, dass einer der Beschuldigten vorsätzlich, d. h. mit Wissen und Wollen und im Bewusstsein der Rechtswidrigkeit eine auswärtige Regierung zu einer bestimmten, die schweizerische Unabhängigkeit gefährdenden Einmischung in unsere innern Angelegenheiten angereizt hat.

3. Der Bundesanwalt beabsichtigt deshalb gestützt auf Art. 120 des BG über die Bundesstrafrechtspflege vom 15. Juni 1934 u. gemäss der im Entwurf vorgelegten Verfügung von der Verfolgung zurückzutreten. Er gibt unter Berufung auf Art. 14 des Bundesstrafprozesses dem Bundesrat durch Vermittlung des Justizund Polizeidepartementes von diesem Entschlüsse Kenntnis.

4. Der Bundesanwalt hält eine Ergänzung des Bundesstrafrechts durch Erlass einer dem Art. 230, Ziff. 1, des Strafgesetzentwurfes9 entsprechenden Strafbestimmung gegen Angriffe auf die Unabhängigkeit der Eidgenossenschaft für nötig.

Das Justiz- u. Polizeidepartement erklärt sich mit der vom Bundesanwalt vertretenen Rechtsauffassung einverstanden und sieht sich nicht veranlasst, gegen den Rücktritt von der Strafverfolgung Einsprache zu erheben. Ausschlaggebend ist die Erwägung, dass das Bundesstrafrecht weniger weit geht, als der Strafgesetzentwurf (Art. 230, Ziff. 1). Das Departement hat übrigens bereits in seinem Antrage vom 8. August 1935 auf die Schwierigkeiten in der Anwendung des veralteten Bundesstrafrechtes vom 4. Februar 1853 aufmerksam gemacht und hervorgehoben, dass eine gerichtliche Untersuchung zu einer allseitigen Abklärung des Sachverhaltes notwendig sei.

Im Mitbericht vom 7. Mai 1936 hat sich auch das Politische Departement der Auffassung des Bundesanwaltes angeschlossen. Der Vertreter des Bundesanwaltes für die italienische Schweiz, Herr Staatsanwalt Gallacchi in Lugano, der die Anklage vor dem Bundesstrafgericht zu vertreten hätte, sprach sich in seinem Schreiben an die Bundesanwaltschaft vom 5. Mai10 mit Bestimmtheit gegen die Anklageerhebung aus.

Das Justiz- u. Polizeidepartement ist auch mit der Anregung, das Bundesstrafrecht bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit zu ergänzen, einverstanden.

Da die Öffentlichkeit an der Erledigung des in Frage stehenden politischen Straffalles stark interessiert ist, empfiehlt sich der Erlass einer Mitteilung an die Presse nach der endgültigen Erledigung des Verfahrens.

Antragsgemäss wird beschlossen:

1. Der Bundesrat nimmt vom Bericht des Bundesanwaltes vom 2. Mai 1936 über die in Aussicht genommene Einstellung der Strafuntersuchung gegen Emilio Colombi und Kons, wegen Landesverrates (Art. 37 f. des Bundesstrafrechts) in zustimmendem Sinne Kenntnis.

2. Der Bundesrat erklärt sich mit der Anregung einer Ergänzung des Bundesstrafrechts durch Aufnahme einer dem Art. 230, Ziff. 1 des Strafgesetzbuchentwurfes entsprechenden Bestimmung gegen Angriffe auf die Unabhängigkeit der Eidgenossenschaft grundsätzlich einverstanden und beauftragt das Justiz- und Polizeidepartement mit der Ausarbeitung einer Vorlage11.

3. Der Bundesrat ermächtigt den Bundesanwalt, das im Entwurf vorgelegte Communiqué12 im Einvernehmen mit dem eidg. Untersuchungsrichter nach Beendigung des Verfahrens der Presse zu unterbreiten.

1
E 1004 1/358. Absent: Etter.
2
Cf. no 142, n. 6.
3
De la Loi fédérale sur la procédure pénale, du 15 juin 1934 (RO, 1934, vol. 50, pp. 709ss.).
4
Cf. no 142, n. 7.
5
Cf. no 198.
6
Cf. n. 3 ci-dessus.
7
Un exemplaire de ce rapport se trouve in E 2001 (C) 4/102.
8
RO, 1935, vol. 51, pp. 495-497.
9
Le nouveau Code pénal suisse, adopté par l’Assemblée fédérale le 21 décembre 1937 et accepté par le peuple le 3 juillet 1938, entrera en vigueur le 1er janvier 1942 (RO, 1938, vol. 54, pp. 781 ss.). L’article 230, chiffre 1, dont il est question ici, deviendra l’article 266, chiffre 1, dans le texte définitif adopté par l’Assemblée fédérale en 1937. Cet article a la teneur suivante: 1. Celui qui aura commis un acte tendant à porter atteinte à l’indépendance de la Confédération ou à mettre en danger cette indépendance, ou à provoquer de la part d’une puissance étrangère, dans les affaires de la Confédération, une immixtion de nature à mettre en danger l’indépendance de la Confédération, sera puni de la réclusion ou de l’emprisonnement pour un à cinq ans.
10
Cette lettre, datée en réalité du 6 mai, se trouve in E 4320 (B) 1/24.
11
Le 8 octobre 1936, l’Assemblée fédérale, se basant sur le message du Conseil fédéral du 23 juin (FF, 1936, II, pp. 172 ss.) adoptera une Loi fédérale réprimant les atteintes à l’indépendance de la Confédération (addition au code pénal fédéral du 4 février 1853) (RO, 1937, vol. 53, pp. 37—38). Selon cette loi, le code pénal fédéral est complété par un nouvel article 37bis, dont le texte est identique à celui de l’article 266 du nouveau Code pénal adopté en 1937 par l’Assemblée fédérale (cf. n. 9 ci-dessus).
12
Cf. annexe au présent document.