Classement thématique série 1848–1945:
II. RELATIONS BILATÉRALES
1. Allemagne
1.1. Relations commerciales
Pubblicato in
Documenti Diplomatici Svizzeri, vol. 10, doc. 271
volume linkBern 1982
Dettagli… |▼▶Collocazione
Archivio | Archivio federale svizzero, Berna | |
▼ ▶ Segnatura | CH-BAR#E7110-02#1000/1065#140* | |
Vecchia segnatura | CH-BAR E 7110-02(-)1000/1065 26 | |
Titolo dossier | Allgemeines über den Handelsvertrag mit Deutschland (1933–1934) | |
Riferimento archivio | 8.2.1 • Componente aggiuntiva: Deutschland |
dodis.ch/45813
Le délégué suisse pour les négociations commerciales avec l’Allemagne, E. Wetter, au Chef du Département de l’Economie publique, E. Schulthess1
Ich habe nach Empfang Ihres Schreibens3 heute Veranlassung genommen, in einer privaten Besprechung mit dem Führer der deutschen Delegation, Herrn Geheimrat Hagemann, die von Ihnen berührte Angelegenheit zu besprechen. Ich habe ihn darauf aufmerksam gemacht, dass die deutsche Einfuhr nach der Schweiz im Jahre 1932 noch rund 500 Mill. Fr. betragen hat, während die schweizerische Ausfuhr nach Deutschland sich nur auf ca. 110 Mill. Fr. belief. Aus dem Handelsverkehr resultierte also ein Defizit zulasten der schweizerischen Volkswirtschaft von 390 Mill. Fr. Wenn wir die Zins- und Amortisationszahlungen Deutschlands an die Schweiz auf jährlich rund 180 Mill. Fr. einschätzen und die Erträgnisse aus dem deutschen Fremdenverkehr mit rund 60 Mill. Fr. in Rechnung stellen, so ergibt sich als Resultat der Zahlungsbilanz Schweiz-Deutschland ein Passivsaldo der Schweiz von ungefähr 150 Mill. Fr. Diese Zahlen beweisen, dass im Gesamten der Verkehr Deutschland-Schweiz, alles eingerechnet, durchaus zugunsten der deutschen Volkswirtschaft sich auswirkt und dass die Schweiz infolgedessen in einer ändern Lage ist als die meisten übrigen Staaten.
Ich habe ihn darauf aufmerksam gemacht, dass die Andeutungen, die der Reichsbankpräsident Dr. Schacht schon an der Verwaltungsratssitzung der B.J.Z.4 in Basel gemacht hat, auf den Erlass eines Transfermoratoriums seitens Deutschlands schliessen lassen. Ich habe ihm mitgeteilt, dass die Schweiz deshalb in den gegenwärtigen Verhandlungen einen Vorbehalt formulieren muss ungefähr folgenden Inhalts: Sollte Deutschland ein ganzes oder teilweises Transfermoratorium für Finanzverpflichtungen über die heutigen Stillhalteabkommen5 hinaus ergreifen, so wird die Schweiz berechtigt sein, auf den Tag des Inkrafttretens dieses Transfermoratoriums vom heute geltenden und eventuell durch die jetzigen Verhandlungen modifizierten Abkommen zurückzutreten. Herr Hagemann hat von dieser Mitteilung Kenntnis genommen und seinerseits erklärt, dass er einen solchen Vorbehalt, Redaktion Vorbehalten, angesichts der momentanen Situation verstehe.
Ich habe darauf hingewiesen, dass infolge allerneuester Mitteilungen nun, wie es scheine, die deutsche Regierung mit den Gläubigerstaaten sich besprechen wolle, bevor sie irgendeinen Schritt in der Richtung eines Transfermoratoriums ergreife. Mit Bezug auf diese kommenden Verhandlungen müsse ich ihn auf folgendes aufmerksam machen: Die Schweiz müsste zum vorneherein sich alle Vorteile ausbedingen, die irgendwie ändern Staaten, z.B. Amerika, zugestanden würden. Sie müsste aber darüber hinaus im Hinblick auf unsere Handelsbeziehungen und mit Rücksicht auf die Gestaltung der Zahlungsbilanz Schweiz-Deutschland noch besondere Leistungen verlangen. Sie könnte sich nicht mit einer blossen Gleichstellung begnügen und könnte nicht zugeben, dass diejenigen Staaten, die an Deutschland viel zu fordern haben, ohne von ihm entsprechend Waren abzunehmen, gleichsam auf Kosten der Schweiz befriedigt würden.
Ich habe ihn gebeten, diese Mitteilungen, die die Ansicht der schweizerischen Regierung widerspiegeln, an die massgebende Stelle weiterzuleiten, dass ich auch bereit sei, sie an anderer Stelle zu wiederholen, damit sie tatsächlich auch zur Kenntnis der deutschen Regierung, in erster Linie des Reichswirtschaftsministeriums und der Reichsbank gelange. Ich hätte den Weg beschritten, mich vorerst an ihn zu wenden, weil es für einen Aussenstehenden momentan schwer sei, zu entscheiden, an wen man sich wenden müsse.
Herr Hagemann hat mir zugesagt, dass er diese Mitteilungen zur Kenntnis des Ministeriums und der Reichsbank bringen wolle, dass er sich Vorbehalte, mich eventuell noch mit der massgebenden Stelle direkt in Verbindung zu setzen.
Ich habe diesen Weg beschritten, weil es tatsächlich, wenn man nicht den offiziellen Weg über die Gesandtschaft einschlagen will, schwer ist, zu wissen, an wen man sich wenden muss.
Herr Ritter6, der sonst solche Mitteilungen jeweilen entgegengenommen und weitergeleitet hat, ist, wie ich von anderer Stelle erfahren habe, mehr oder weniger mindestens momentan nebenausgestellt.
Die Verhandlungen haben normalerweise begonnen, und die Spezialbesprechungen über den Grenzverkehr scheinen zu einem befriedigenden, wenn auch bescheidenen Resultat zu führen7. Über die übrigen Verhandlungen lässt sich noch nichts sagen. Es scheint mir, dass alle Stellen heute mehr oder weniger desorientiert sind und dass auch Herr Hagemann von seiner früheren, sowieso nicht so grossen Aktivität angesichts seiner unsichern Situation noch eingebüsst hat. Er macht mir den Eindruck eines Mannes, der seiner Lage gegenüber der Regierung nicht mehr sicher ist und der infolgedessen kaum den Mut aufbringt zu irgendwelchen entscheidenden Schritten. Es wird sich ja in den nächsten Tagen zeigen, wie weit diese Befürchtung gerechtfertigt ist.
Ich lese soeben im Berliner Tageblatt folgende Notiz: «Die nach Berlin einberufene Schuldenkonferenz8 soll, soweit man hört, nicht nur die Aufgabe haben, die rein finanzielle Seite des Schulden- und Transferproblems zu lösen, sondern sie wird sich vermutlich auch mit der Frage zu beschäftigen haben, ob und auf welchem Wege Deutschland erhöhte Exportmöglichkeiten verschafft werden können. Somit wird man vielleicht von der Berliner Konferenz gewisse unmittelbare Rückwirkungen auf die Gestaltung unseres Aussenhandels erwarten dürfen, die dem Export einen neuen Auftrieb geben könnten.» Diese Mitteilung, dann aber auch die Tatsache, dass die schweizerischen Banken nun die Hilfe des Staates anrufen zur Geltendmachung ihrer Forderungen, eventuell auch auf dem Wege seiner handelspolitischen Machtmittel, veranlassen mich, bei Ihnen die Prüfung der Frage anzuregen, ob es richtig sei, dass auch in Zukunft die Banken bei diesen Stillhalteverhandlungen respektive dieser kommenden Schuldenkonferenz ohne irgendwelche Verbindung mit dem Staat vorgehen und Vereinbarungen treffen. Es war das vielleicht richtig, solange sie glaubten, selber die Macht zu besitzen, ihre Geschäfte zu ordnen. Nachdem dies aber heute kaum mehr der Fall sein dürfte, scheint mir eine genaue Prüfung der gemachten Anregung am Platze zu sein9.
- 1
- Lettre (Express): E 7110 1/26. Cette lettre porte l’en-tête du Vorort de l’Union suisse du commerce et de l’industrie, dont Wetter était le vice-président. Les autres délégués suisses pour les négociations commerciales avec l’Allemagne (qui avaient commencé à Berlin le 15 mai), étaient: E. Laur, Directeur de l’Union des paysans et A. Gassmann, Directeur des douanes. Cf. PVCF du 16 mai 1933 (E 1004 1/340).↩
- 2
- ;Hotel Esplanade.↩
- 3
- Non retrouvé.↩
- 4
- Banque des règlements internationaux.↩
- 5
- Cf. no 94, n. 2.↩
- 6
- De l’Office des Affaires étrangères du Reich.↩
- 7
- Ces négociations devaient aboutir à la signature d’une convention germano-suisse sur le petit trafic de frontière, le 19 mai suivant à Berlin; convention entrée en vigueur à titre provisoire le ier juin 1933 et à titre définitif le 11 janvier 1934. Non publiée. Texte de la convention in E 7110 1/51.Sur la question du trafic de frontière entre la Suisse et l’Allemagne cf. aussi le no 122.↩
- 8
- Cf. no 277.↩
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