Classement thématique série 1848–1945:
II. RELATIONS BILATÉRALES
1. Allemagne
1.1. Relations commerciales
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Documents Diplomatiques Suisses, vol. 10, doc. 122
volume linkBern 1982
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Archives | Archives fédérales suisses, Berne | |
▼ ▶ Cote d'archives | CH-BAR#E7110-02#1000/1065#127* | |
Ancienne cote | CH-BAR E 7110-02(-)1000/1065 22 | |
Titre du dossier | Verkehr mit der Schweizer Delegation (1924–1931) | |
Référence archives | 8.2.1 • Composant complémentaire: Deutschland |
dodis.ch/45664
Le Directeur de l’Union suisse des paysans, E. Laur, au Chef du Département de l’Economie publique, E. Schulthess1
Heute früh bin ich von Berlin zurückgekehrt, um in Zürich meine Vorlesungen2 und am nächsten Sonntag in Altstätten einen Vortrag über die Versicherungsvorlage zu halten. Am Sonntag abend werde ich nach Berlin zurückfahren. Bis jetzt haben die Deutschen unsere Begehren dilatorisch behandelt und noch keine Antworten erteilt3. Wir haben in einer besondern Sitzung die landwirtschaftlichen Postulate besprochen und auch in internen Sitzungen der schweizerischen Delegation verschiedene Fragen noch weiter abgeklärt.
Gestern vormittag besprach die Delegation das Begehren des Schweizerischen Bauernverbandes betreffend den Grenzverkehr. Der Schweizerische Bauernverband schlägt vor, den Absatz 2 von B der Bestimmungen über den gegenseitigen Grenzverkehr betreffend den Marktverkehr4 abzuändern und die dort vorgesehenen Einfuhrmengen wie folgt zu verändern: Absatz 2, von B 2, Artikel 2, von Anlage C sollte aufgehoben werden5. (Lieferung in die Wohnstätten der Bewohner an Markttagen). Zudem sollte streng darauf geachtet werden, dass diese Erzeugnisse immer vom Landwirte selbst, resp. von einem Mitgliede seiner Familie oder einem Angestellten, auf den Markt geführt werden.
[...]6
Bevor der Schweizerische Bauernverband seine Eingabe formuliert hatte, hat die Handelsabteilung, gestützt auf eine allgemeine Bemerkung, die ich an der Konferenz der Unterhändler machte, die Regierungen der Grenzkantone um Ansichtsäusserung ersucht. Die betreffenden Antworten gingen aber von der unrichtigen Voraussetzung aus, es handle sich um die vollständige Aufhebung des gesamten Grenzverkehres, ja sogar des landwirtschaftlichen Bewirtschaftungsverkehres. Infolgedessen haben die Antworten der Regierungen nur eine beschränkte Bedeutung. Sie wären wahrscheinlich wesentlich anders ausgefallen, wenn ihnen der Antrag des Schweizerischen Bauernverbandes unterbreitet worden wäre.
Die Delegation hat leider mit allen gegen meine Stimme den Antrag des Schweizerischen Bauernverbandes abgelehnt und schlägt dem Bundesrate vor, die Frage bei diesen Verhandlungen nicht zu berühren. Dabei ist allerdings zu beachten, dass die deutsche Delegation das ganze Problem des Grenzverkehrs aufgerollt hat.
Der Schweizerische Bauernverband hat sich schon seit vielen Jahren mit den Verhältnissen befasst, die sich namentlich im Grenzverkehr mit Basel-Stadt ergeben haben. Es ist ein alter Wunsch der Landwirtschaft, es möchte hier eine Änderung vorgenommen werden. Dieser Wunsch ist namentlich auch verstärkt worden, seitdem die Schweiz es sich gefallen lassen musste, dass ihr Milchexport auch im Grenzverkehr mit einem sehr hohen Schutzzoll belegt wird. Sie hat infolgedessen den grössten Teil ihres Milchexportes verloren, und einzig bei Konstanz ist ein kleines zollfreies Quantum von 2500 Litern täglich geblieben, das neuerdings durch die Einführung der Vorschrift der Pasteurisation vielleicht gefährdet wird. Deutschland hat auch in den letzten Jahren die autonom gewährten Vergünstigungen im Grenz verkehr wesentlich reduziert. Die Tabakfabrikanten schätzen, dass dadurch ihnen ein Export von 2 Millionen Franken verlorenging.
Die Gründe, welche die Delegation veranlassen, den Vorschlag des Schweizerischen Bauernverbandes abzulehnen, sind folgende:
1. Die Verhältnisse seien nicht genügend untersucht. Demgegenüber stellen wir fest, dass es sich hier um Beschwerden handelt, die schon seit vielen Jahren Gegenstand von Eingaben waren. Es liegt auch in bezug auf die Kartoffeln ein Bericht der eidg. Alkoholverwaltung vor, der viele Einzelangaben über die Missstände im Kartoffelverkehr enthält. An der Delegiertenversammlung des Schweizerischen landwirtschaftlichen Vereines, die jüngst in Basel stattgefunden hat, kam die Frage zur Sprache, und von allen Seiten, selbst von den Vertretern der Konsumvereine, wurde erklärt, dass die heutigen Zustände einfach unhaltbar seien. Einer der besten Kenner der Verhältnisse, Herr Feigenwinter in Basel, hat uns einen schriftlichen Bericht7 erstattet, den wir der Handelsabteilung zur Kenntnis brachten. Alle diese Tatsachen stehen im Widerspruch zu der Behauptung der Oberzolldirektion, es sei in Basel alles in schönster Ordnung, und ein Bedürfnis nach Änderung liege nicht vor. Es gibt wohl von allen Begehren, die von industrieller Seite zu diesen Verhandlungen mit Deutschland gemacht worden sind, kein einziges, das so vielseitig und gründlich behandelt worden ist wie die Frage des Grenzverkehres. Bei den industriellen Begehren hat man sich in der Regel mit einem Briefe einer interessierten Firma begnügt. Hier bei dieser Grenzverkehrsfrage wird ein viel strengerer Massstab von der Delegation angewendet.
2. Die Hauptmissstände betreffen nicht die Einfuhr aus Deutschland, sondern aus dem Eisass. Es ist dies richtig, wenn schon auch die deutsche Einfuhr zu Klagen Anlass gibt. Nun hat aber der Bundesrat autonom Frankreich die gleichen Vergünstigungen zugestanden, die im deutschen Vertrage vereinbart worden waren. Er liess sich dabei wohl von der Überlegung leiten, dass das Eisass vor dem Kriege im Mitgenuss der Grenzerleichterungen war. Trotzdem Frankreich kein Gegenrecht hält, wurde ihm die Vergünstigung freiwillig zugestanden. Wird der Handelsvertrag mit Deutschland abgeändert, so wird Frankreich ohne weiteres der Änderung zustimmen. Ganz anders liegen aber die Dinge, wenn man auf dem Markte in Basel eine Differenzierung zwischen der Einfuhr aus Deutschland und aus dem Eisass machen wollte. Das gäbe sicherlich Anlass zu grossen Beschwerden. Wir haben Bedenken, im gegenwärtigen Augenblicke, wo immer die Frage der Kontingentierung unseres Käseexportes in Diskussion ist, eine solche Differenzierung einzuführen. Wir sehen deshalb als sicher voraus, dass, wenn uns hier die Lösung der Frage im deutschen Vertrage verweigert wird, eine Beseitigung der Missstände unmöglich ist. Wenn aber der deutsche Vertrag eine Änderung erfährt, so kann der elsässische Verkehr ohne jede Schwierigkeit sofort rationeller gestaltet werden.
3. Die Delegation ist der Meinung, dass, wenn die Schweiz ein Grenzverkehrsbegehren einbringen werde, sie genötigt sei, auch den deutschen Begehren entgegenzukommen. Die Deutschen haben ja bereits, namentlich in Rücksicht auf die Brot- und Mehlausfuhr, die Änderung des Grenzverkehrs angemeldet. Es ist aber nicht einzusehen, weshalb nun plötzlich beim Grenzverkehr die Stellung der Schweiz schwächer sein soll als bei allen ändern Positionen. Die Industrie hat nicht nur in bezug auf Zollerhöhungen und Kontingente sehr weitgehende Forderungen gestellt, sondern sie meldet auch für den Export sehr weitgehende Begehren an. Wenn die Schweiz die Kraft hat, das ohne wesentliche Gegenkonzessionen an Deutschland durchzusetzen, warum soll das nun hier im Grenzverkehr nicht möglich sein, wo es sich einfach um Aufhebung offenbarer Missstände und nicht einmal um völlige Beseitigung dieses Grenzverkehres handelt?
Ich gestatte mir, darauf hinzuweisen, dass, abgesehen vom Holz, die ganze vorgesehene Revision fast ausschliesslich industrielle und gewerbliche Positionen betrifft. Für die Landwirtschaft bedeutet das Abkommen unzweifelhaft eine Belastung durch Verteuerung industrieller Produkte. Ich habe vergeblich darauf aufmerksam gemacht, dass der grosse Wunschzettel der Industrie und des Gewerbes es rechtfertigen würde, auch in den wenigen landwirtschaftlichen Positionen einiges Entgegenkommen zu zeigen. Die Landwirtschaft wird ja im Hinblick auf die Holzfrage dem Abkommen unter allen Umständen beistimmen. Das erleichtert es natürlich denjenigen Kreisen, die an den industriellen und gewerblichen Positionen interessiert sind, die landwirtschaftlichen Postulate im weitern abzulehnen.
Man wird es aber in den landwirtschaftlichen Kreisen ausserordentlich bedauern, dass diese wohl einzige Gelegenheit, die schlimmen Zustände im Grenzverkehr etwas zu bessern, versäumt wird. Man muss das um so mehr empfinden angesichts der Tatsache, dass es dem Bundesrate nicht möglich war, der Landwirtschaft in Sachen des Grenzverkehres mit Milch helfen zu können.
Aus allen diesen Gründen ersuche ich Sie, hochgeehrter Herr Bundesrat, dringend, Sie möchten dem Bundesrate beantragen, es sei, entgegen der Ansicht der Mehrheit der Delegation, der Wunsch des Schweizerischen Bauernverbandes in die Begehrenliste der Schweiz aufzunehmen8.
- 1
- Lettre: E 7110 1/22.↩
- 3
- Laur est membre de la délégation suisse qui négocie à Berlin, depuis le 11 novembre, la modification du traité de commerce germano-suisse. Le Conseil fédéral, lors de sa séance du 9 novembre a accepté les instructions destinées aux délégués suisses à Berlin, instructions proposées par Schulthess: [...] [das Volkswirtschaftsdepartement stellt den Antrag], es seien der deutschen Regierung die schweizerischen Begehren für die weitern Verhandlungen zu überreichen, und zwar in zwei Listen: Die eine Liste soll die Waren enthalten, bei denen die Einfuhr aus Deutschland unbedingt eingeschränkt werden muss, ohne dabei jedoch schon die Frage der dafür in Betracht fallenden Mittel zu präjudizieren. Diese Liste wird eine Zusammenfassung und teilweise Erweiterung der dem Bundesrate bereits am 22. Oktober unterbreiteten zwei provisorischen Listen (K und Z) sein. Der deutschen Regierung sei vorzuschlagen, diese Liste durch die beiderseitigen Delegationen im einzelnen zu diskutieren. Der schweizerischen Delegation sei die Instruktion zu erteilen, überall dort, wo auf dem Zollwege Erleichterungen möglich sind, diesen Weg zu wählen, in den andern Fällen hingegen die Kontingentierung zu verlangen. Bei den Kategorien Holz und Konfektion, deren Kontingentierung den Hauptinhalt des vorläufigen Akommens gebildet hätte, sei die Delegation zu ermächtigen, nötigenfalls noch gewisse Erhöhungen der Kontingente zuzugestehen. Eine zweite Liste soll die Waren enthalten, wofür Erleichterungen bei der schweizerischen Ausfuhr nach Deutschland verlangt werden. Dabei handelt es sich einerseits um Begehren, die auf Wiederherstellung der durch die deutsche Zollpraxis zu unserm Nachteil alterierten vertraglichen Ansprüche gehen, andererseits, wie namentlich bei den Uhren und der Stickerei, aber auch bei mehreren andern Waren, um Begehren auf neue wesentliche Erleichterungen durch Herabsetzung der deutschen Zölle. Überdies habe die schweizerische Delegation das Äusserste zu versuchen, um so rasch wie möglich von Deutschland die schon seit langem verlangte Freigabe der Bindung der schweizerischen Schuhzölle zu erwirken. Der Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartementes fügt mündlich bei, dass die vorgelegten beiden Listen nicht vollständig seien und noch der Ergänzung bedürften. Aus Mangel an Zeit sei es nicht möglich gewesen, auf die heutige Sitzung alle Zollpositionen aufzuzeichnen, die Gegenstand der Verhandlungen mit Deutschland bilden müssen. Er bittet daher um die Ermächtigung zur Vervollständigung der Listen. Ferner macht er darauf aufmerksam, dass der Schweizer Hotelierverein das Gesuch gestellt habe, es möchte in den kommenden Handelsvertragsverhandlungen von Deutschland auch eine Milderung des gegenwärtigen Zustandes auf dem Gebiete der Devisenbewirtschaftung erwirkt werden. Herr Schulthess glaubt, dass es schwierig sein werde, in dieser Beziehung etwas zu erreichen. Allerdings wäre es für unsere Fremdenindustrie von Wichtigkeit, wenn der Betrag, der an deutschen Devisen bei einer Reise nach der Schweiz aus Deutschland ausgeführt werden darf, angemessen erhöht würde. Deshalb sollte immerhin versucht werden, auch in dieser Hinsicht gewisse Zugeständnisse von Deutschland zu erlangen. Doch wäre diese Frage des Touristenverkehrs erst am Ende der Verhandlungen aufzuwerfen, also nachdem die Besprechungen über den Warenverkehr gewissermassen abgeschlossen sind. Der Rat stimmt den Ausführungen und Anträgen des Volkswirtschaftsdepartementes zu (E 1004 1/331).↩
- 4
- Ces dispositions sur le trafic réciproque de frontière constituent l’Annexe C au traité de commerce germano-suisse du 14 juillet 1926. Cf. RO, 1926, vol.42, p. 913.↩
- 5
- La teneur exacte du paragraphe dont Laur demande la suppression est la suivante: Est assimilé à la vente sur les marchés la livraison qui est faite au domicile des habitants des localités où a lieu le marché et le jour où il se tient (RO, 1926, vol. 42, p. 913).↩
- 6
- Für die Tabelle vgl. dodis.ch/45664. Pour le tableau, cf. dodis.ch/45664. For the table, cf. dodis.ch/45664. Per la tabella, cf. dodis.ch/45664.↩
- 7
- Non retrouvé.↩
- 8
- Le résultat des négociations de Berlin est constitué par le deuxième arrangement additionnel au traité de commerce germano-suisse, signé le 23 novembre, accepté par le Conseil fédéral le 27 novembre et mis provisoirement en application (par échange de notes du 3 décembre) à partir du 15 décembre 1931. Cf. le texte de l’arrangement et les notes échangées in E 7110 1/26.↩
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