dodis.ch/45077 Der Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartementes,
E. Schulthess, an den Direktor der Handelsabteilung des Volkswirtschaftsdepartementes,
W. Stucki1
Der gleichzeitig an die Delegation abgehende Brief bringt Ihnen einige Instruktionen, die zwar nicht gerade viel Neues bieten2. Die Diskussion über das Tierseuchenabkommen ist meines Erachtens speziell sehr heikel und ich sehe nicht ein, wie bei uns ein Vertrag ratifiziert werden könnte, der punkto Vieheinfuhr der Schweiz nicht das autonome Entscheidungsrecht wahrt. Ich weiss wohl, dass Laur Erleichterungen haben möchte für die Einfuhr von Nutz- und Zuchtvieh, allein ein Vertrag hat eben doch nur Aussicht abgeschlossen werden zu können auf Grundlage der Gegenseitigkeit, und wenn er Konzessionen verlangt, so werden die Österreicher auch solche verlangen.
Der spezielle Zweck dieser Zeilen ist nun noch der, dass ich Sie bitten möchte, die Verhandlungen klug und so zu leiten, dass schliesslich, wenn nichts aus dem Vertrage wird, die Besprechungen am richtigen Punkte scheitern (Stickereiveredlungsverkehr, Grenzverkehr usw.), kurz an Punkten, die dann nicht zu unliebsamen internen Diskussionen Anlass geben.
Ich will nun morgen noch einmal den gesamten Text des Vertrages durchsehen und Ihnen dann nochmals berichten. Es wäre ja unangenehm, wenn die Verhandlungen scheitern, noch unangenehmer aber, wenn nichts Rechtes zustande käme. Sollte vielleicht noch versucht werden, ob provisorisch für einige Monate auf dem Wege des Notenaustausches ein modus vivendi geschaffen werden soll?
Sie verstehen, dass es unangenehm wäre, wenn die Verhandlungen speziell am Tierseuchenabkommen scheitern, anderseits aber muss ich sagen, dass so verschieden die Auffassungen über Kontingentierung und Menge der Einfuhr sind, doch, was die seuchenpolizeilichen Sicherungen betrifft, die grosse Mehrheit der Bundesversammlung auf strenge Bestimmungen hält. Ich verweise auch noch auf die jüngste Interpellation des Herrn Pitton, die dadurch veranlasst wurde, dass ich einen Transport erkrankten Viehs über die österreichische Grenze hineinliess. [...]